European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00228.16T.1219.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.
Begründung:
Mit dem angefochtenen Beschluss bestätigte das Rekursgericht die Entscheidung des Erstgerichts, wonach die Erblasserin jene letztwilligen Verfügungen, auf die sich die Rechtsmittelwerberin stützt, bereits im Zustand der Testierunfähigkeit errichtet habe. Der dagegen gerichtete außerordentliche Revisionsrekurs zeigt keine erhebliche Rechtsfrage auf.
Rechtliche Beurteilung
Zwar begründet es einen vom Obersten Gerichtshof wahrzunehmenden Verfahrensfehler, wenn das Berufungs- oder Rekursgericht von (auf unmittelbarer Beweisaufnahme beruhenden) Tatsachenfeststellungen des Erstgerichts ohne Beweiswiederholung oder Beweisergänzung abgeht oder ergänzende Feststellungen trifft (RIS-Justiz RS0043026, RS0043057). Ein Verfahrensmangel liegt aber dann nicht vor, wenn das zweitinstanzliche Gericht nur auf weitere Beweisergebnisse verweist oder bisher nicht ins Treffen geführte Argumente zur Untermauerung der Richtigkeit der erstinstanzlichen Beweiswürdigung heranzieht (1 Ob 147/11s mwN; RIS-Justiz RS0043021 [T2]). Ein solcher Fall liegt hier vor, sodass die Ausführungen des Revisionsrekurses zur angeblichen Verletzung des rechtlichen Gehörs und des Unmittelbarkeitsgrundsatzes ins Leere gehen. Vielmehr bekämpft das Rechtsmittel in Wahrheit die Beweiswürdigung des Erstgerichts, was (auch) im Revisionsrekursverfahren nach dem Außerstreitgesetz nicht möglich ist (RIS-Justiz RS0108449). Gleiches gilt für die behauptete Mangelhaftigkeit des erstinstanzlichen Verfahrens (RIS-Justiz RS0050037).
Ob Testierfähigkeit vorlag, ist eine Frage der rechtlichen Beurteilung, die aufgrund der Feststellungen über den Geisteszustand des Erblassers und den Grad der Beeinträchtigung der Willensbildung zu beantworten ist (RIS‑Justiz RS0012408). Es handelt sich dabei um eine Frage des Einzelfalls, die – von Fällen krasser Fehlbeurteilung abgesehen – die Zulässigkeit des Revisionsrekurses nicht begründen kann (RIS-Justiz RS0012408 [T2]). Die vom Rekursgericht übernommenen Feststellungen zum Zustand der Erblasserin (fortgeschrittene Demenz; schwere kognitive Einschränkungen; pathologische Suggestibilität; Unmöglichkeit eines freien Willensentschlusses) können in jedenfalls vertretbarer Weise dahin beurteilt werden, dass die Erblasserin bei Errichtung der strittigen Verfügungen nicht mehr testierfähig war. Durch eine Demenzerkrankung ausgelöste Abbauerscheinungen wurden schon mehrfach als Ursache für die Testierunfähigkeit bewertet (1 Ob 28/03d; 3 Ob 1/11k; 3 Ob 76/11i; zuletzt etwa 2 Ob 170/15m); einer ausdrücklichen Feststellung, ob der Erblasser die kognitiven Fähigkeiten eines (zumindest) 14‑Jährigen hatte, bedarf es jedenfalls nicht (vgl 4 Ob 198/11p für den Fall der Bejahung der Testierfähigkeit; die Annahme deren Fehlens kann nicht anders beurteilt werden).
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