European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00223.16M.1129.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Die Klägerin replizierte erst am 27. 2. 2015 auf die Klagebeantwortung der Beklagten, nachdem ihr das Erstgericht bereits am 20. 8. 2014 aufgetragen hatte, binnen drei Wochen zur Klagebeantwortung zu replizieren und Urkunden vorzulegen (in der Klage hatte sich die Klägerin auf „vorzulegende Auftrags‑ und Rechnungsunterlagen“ berufen). Zuvor hatte das Erstgericht insgesamt fünf Fristerstreckungsansuchen der Klägerin stattgegeben, in denen gesundheitliche Probleme des einzigen Geschäftsführers (Oberschenkelliegegips, Nierenprobleme mit kolikartigen Schmerzen, Depression) releviert worden waren.
Rechtliche Beurteilung
Die Abweisung des Klagebegehrens infolge nicht gehöriger Fortsetzung des Verfahrens nach § 1497 ABGB durch die Vorinstanzen ist vertretbar; die Frage, ob ein längeres Zuwarten mit der Fortsetzung der Verfolgung eines Anspruchs noch hingenommen werden kann oder ob eine ungewöhnliche Untätigkeit vorliegt, ist unter Berücksichtigung der Umstände des jeweiligen Falls zu beantworten (RIS‑Justiz RS0034805).
1. Es entspricht ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die Verjährungsbestimmungen nicht in erster Linie auf den subjektiven Rechtsverfolgungswillen des Gläubigers abstellen, sondern den Zweck verfolgen, den Gläubiger zu zwingen, seinen Anspruch zu einer Zeit geltend zu machen, in der regelmäßig die Prüfung dessen Voraussetzungen noch ohne übermäßigen Aufwand möglich ist. Zögert der Gläubiger mit der Verfolgung eines Anspruchs, muss er die Verjährung hinnehmen (RIS‑Justiz RS0034674). Grundsätzlich kommt es nicht auf die längere oder kürzere Dauer der Untätigkeit an, sondern auf den Umstand, ob diese Untätigkeit gerechtfertigt gewesen ist (RIS‑Justiz RS0034710, RS0034704), also darauf, ob der Kläger triftige Gründe für sein Zögern in der Fortsetzung des Prozesses ins Treffen führen kann (RIS‑Justiz RS0034624 [T14]). Diese Gründe müssen im Verhältnis zwischen den Parteien gelegen sein (RIS‑Justiz RS0034849 [T1]; aus jüngerer Zeit 3 Ob 110/11i), weshalb Krankheit der klagenden Partei nach herrschender Auffassung ihre prozessuale Untätigkeit nicht rechtfertigen kann (RIS‑Justiz RS0034640; Vollmaier in Fenyves/Kerschner/Vonkilch, Klang³ [2012] § 1497 Rz 79; Mader/Janisch in Schwimann/Kodek, ABGB4 [2016] § 1497 Rz 35), es sei denn, es wäre damit eine geistige Beeinträchtigung verbunden gewesen (vgl 6 Ob 256/67 [mehrere Schlaganfälle]), wovon hier aber nicht ausgegangen werden kann.
Letztlich vermag die Revision auch nicht darzulegen, warum die Erkrankung des Geschäftsführers der Erstellung der Replik überhaupt konkret entgegen gestanden sein soll.
2. Dass das Erstgericht der Klägerin fünfmal eine Fristerstreckung gewährte, ändert an dieser Beurteilung nichts. Wie der Oberste Gerichtshof bereits in der Entscheidung 8 Ob 16/11b ausführte, muss einer klagenden Partei, die gehalten ist, eine Prozesshandlung vorzunehmen, nämlich einen vorbereitenden Schriftsatz einzubringen und Urkunden vorzulegen, unter Umständen klar sein, dass das Gericht vor Erstattung dieses Schriftsatzes nicht von sich aus tätig werden wird; dies gilt erst recht, wenn das Gericht den Fristerstreckungsanträgen stattgibt und dem die beklagte Partei nicht entgegentritt.
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