European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0060OB00115.16D.1129.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen (§ 71 Abs 3 AußStrG).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
Der außerordentliche Revisionsrekurs zeigt keine erhebliche Rechtsfrage (§ 62 Abs 1 AußStrG) auf.
1.1. Die Rechtsmittelwerber rügten in ihrem Rekurs als Verletzung ihres rechtlichen Gehörs, dass das Erstgericht ihnen vor seiner Entscheidung Eingaben eines vormaligen Aufsichtsratsmitglieds, des schließlich vom Gericht bestellten Aufsichtsratsmitglieds und des Erstantragsstellers nicht zur Äußerung zugestellt und nicht Gelegenheit gegeben habe, zur Person, die es zu bestellen beabsichtigte, Stellung zu nehmen.
Das Rekursgericht verneinte einen Gehörverstoß.
Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerber kann diese Verneinung nicht eine Verletzung ihres rechtlichen Gehörs durch das Rekursgericht bilden.
1.2. Die Rechtsmittelwerber wiederholen ihre Rüge der Verletzung des rechtlichen Gehörs in erster Instanz und bringen vor, die oben genannten Eingaben seien ihnen nach der Rekurserhebung zugestellt worden. Das Rekursgericht hätte den Beschluss des Erstgerichts wegen des Gehörverstoßes aufheben müssen.
1.2.1. Eine Verletzung des rechtlichen Gehörs (§ 58 Abs 1 Z 1 AußStrG) in erster Instanz kann (wie auch ein anderer in § 66 Abs 1 Z 1 AußStrG genannter Mangel) in einem Revisionsrekurs auch dann geltend gemacht werden, wenn sie das Rekursgericht verneinte (RIS‑Justiz RS0121265 [T4]). Ein Gehörverstoß muss nicht jedenfalls zu einer Aufhebung der mit einem solchen Mangel behafteten Sachentscheidung führen (RIS‑Justiz RS0120213 [T11]).
1.2.2. Gemäß § 58 Abs 1 und 3 AußStrG ist vor der Entscheidung auf Aufhebung und Zurückverweisung der Außerstreitsache an eine Vorinstanz zu prüfen, ob nicht eine Bestätigung „selbst aufgrund der Angaben im (Revisons-)Rekursverfahren“ oder eine Abänderung ohne weitere Erhebungen möglich ist (2 Ob 77/08z mwN). Dieser Fall ist im Verfahren dritter Instanz jenem gleichzuhalten, dass der Oberste Gerichtshof zur Ansicht gelangt, ein – ordentlicher oder außerordentlicher – Revisionsrekurs sei mangels erheblicher Rechtsfrage zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0123810). Um diese Prüfung vornehmen zu können, muss daher von einem Revisionsrekurswerber, der den Gehörverstoß geltend macht, gefordert werden, dass er seine Rüge durch Darlegung der Entscheidungserheblichkeit des Verfahrensverstoßes entsprechend konkretisiert (RIS‑Justiz RS0123872).
1.2.3. Zu derartigem Rechtsmittelvorbringen sind die Revisionsrekurswerber in der Lage, wurden ihnen doch nach ihrer Ausführung die oben genannten Eingaben vom Erstgericht nach der Rekurserhebung zugestellt. Die geforderte Darlegung der Entscheidungserheblichkeit fehlt jedoch im außerordentlichen Revisionsrekurs.
2. Die im Revisionsrekurs erhobene Rüge der qualifiziert mangelhaften Begründung des Beschlusses des Erstgerichts kann nicht aufgegriffen werden, weil ein allfälliger Begründungsmangel jedenfalls geheilt ist, wenn das Rekursgericht die angeblich mangelhafte Begründung – im Sinn ihrer Überprüfbarkeit – ausreichend ergänzte (6 Ob 62/10a; 3 Ob 21/15g; 7 Ob 181/15s mwN). Die geltend gemachte „Nichtigkeit“ des erstgerichtlichen Beschlusses liegt daher nicht vor. Die Vorgangsweise des Rekursgerichts, die Begründung des Erstgerichts durch den (den Rechtsmittelwerbern bei der Rekurserhebung nicht vollständig bekannten) Akteninhalt zu ergänzen, bildet nicht den Revisionsrekursgrund nach § 66 Abs 1 Z 1 iVm § 57 Z 1 AußStrG, weil dieser Rechtsmittelgrund nur die Entscheidung betreffen kann. Die Verneinung eines Begründungsmangels ist weder eine unrichtige rechtliche Beurteilung der Sache noch eine „Nichtigkeit“ oder Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Ob die Begründung einer Entscheidung hinreichend ist, kann nicht davon abhängen, dass einem Rechtsmittelwerber der Akteninhalt vollständig bekannt ist.
3. Die Frage der Eignung einer bestimmten Person zu einem Aufsichtratsmitglied hängt von den Umständen des Einzelfalls ab und bildet daher in der Regel keine Rechtsfrage im Sinn des § 62 Abs 1 AußStrG. Die Rechtsmittelwerber stellen nicht in Abrede, dass die Auswahl der für die Funktion eines Aufsichtsratsmitglieds geeigneten Person im Ermessen des Gerichts steht (vgl 6 Ob 164/12d, 6 Ob 243/15a zur vergleichbaren gerichtlichen Bestellung eines Vorstandsmitglieds einer Privatstiftung). Demgemäß ist das Rechtsmittelverfahren auf die Überprüfung allfälliger Ermessensfehler beschränkt. Die Beurteilung des Rekursgerichts, dass die Rechtsmittelwerber derartige Ermessensfehler nicht aufzuzeigen vermochten, bedarf keiner Korrektur. Dem Rekursgericht ist nicht entgegenzutreten, wenn es der Auffassung ist, dass keiner der Rekurswerber konkrete Umstände ausführte, aus denen abgeleitet werden könnte, das bestellte Aufsichtsratsmitglied würde den ihm obliegenden Aufgaben nicht nachkommen und sei nicht hinreichend geeignet, diese Funktion auszuüben. Eine mangelnde Eignung der bestellten Person ergibt sich nicht schon daraus, dass – vorgeschlagen durch eine Gesellschaftergruppe, die über die Hälfte der Stimmen verfügt, – ihre Bestellung durch die Generalversammlung am Stimmenpatt der Gesellschafter scheiterte.
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