OGH 3Ob108/16b

OGH3Ob108/16b13.7.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hoch als Vorsitzenden sowie die Vizepräsidentin Dr. Lovrek, die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch und die Hofrätin Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei C*****, vertreten durch Mag. Jörg Zarbl, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei E***** GmbH, *****, vertreten durch Sollhart & Taumberger Rechtsanwälte OG in Graz, wegen 55.361,64 EUR sA (Revisionsinteresse 27.680,82 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 13. April 2016, GZ 4 R 54/16t‑20, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0030OB00108.16B.0713.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Inwieweit sich ein Anleger ein

Mitverschulden am Scheitern seiner Veranlagung anrechnen lassen muss, etwa weil er Risikohinweise nicht beachtet hat, sich auf beschwichtigende Aussagen seines Beraters nicht verlassen durfte oder irreal hohe Gewinnversprechen nicht hinterfragt hat, ist aufgrund der Umstände des Einzelfalls zu beurteilen und begründet daher im Regelfall keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 502 Abs 1 ZPO (RIS‑Justiz

RS0078931 [T5],

RS0102779 [T8]).

Die Verneinung eines Mitverschuldens der Klägerin durch die Vorinstanzen begegnet im vorliegenden Einzelfall keinen Bedenken: Die Klägerin hat das Anlegerprofil samt den darin enthaltenen Risikohinweisen, insbesondere jenem, dass es sich – entgegen der mündlichen Zusicherung der Beraterin – nicht um eine „sichere“, sondern um eine „spekulative“, mit dem (im mündlichen Beratungsgespräch zwar genannten, aber gleichzeitig bagatellisierten) Risiko des Totalverlusts des eingesetzten Kapitals einhergehende Veranlagung handelte, nur deshalb nicht gelesen, weil die Beraterin die Unterfertigung dieser – von ihr bereits vor dem Beratungsgespräch ausgefüllten – Urkunde als (nur) „aus formellen Gründen erforderlich“ darstellte. Die von der Beraterin in Aussicht gestellte jährliche Rendite (von bis zu 14 %) ist – anders als etwa in den Fällen, die den im Rechtsmittel angesprochenen Entscheidungen 5 Ob 106/05g (bis zu 170 % Gewinn pro Jahr, davon 40 % garantiert) und 8 Ob 60/14b (Rendite von 15 bis 20 % jährlich, durchschnittlich zwischen 1,5 und 2 % pro Monat) zugrunde lagen – auch nicht so hoch, dass die Klägerin schon deshalb Zweifel an der zugesagten „Sicherheit“ der Investition hätte haben müssen.

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