OGH 8Ob51/16g

OGH8Ob51/16g28.6.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsrekursgericht durch den Vizepräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden, die Hofrätin Dr. Tarmann‑Prentner, den Hofrat Dr. Brenn und die Hofrätinnen Mag. Korn und Dr. Weixelbraun‑Mohr als weitere Richter in der Pflegschaftssache des mj N* R*, geboren am *, wohnhaft bei seiner Mutter J* R*, diese vertreten durch die Jaeger Loidl Welzl Schuster Schenk Rechtsanwälte OG in Linz, wegen Unterhalt, über den Revisionsrekurs des Vaters T* A*, vertreten durch die Summereder Rechtsanwaltsgesellschaft mbH in Pasching, gegen den Beschluss des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 9. März 2016, GZ 21 R 32/16d‑17, mit dem der Beschluss des Bezirksgerichts Wels vom 3. Dezember 2015, GZ 2 PU 157/15p‑8, hinsichtlich der Abweisung des Unterhaltsmehrbegehrens aufgehoben wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:E115264

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

 

Begründung:

Das siebenjährige Kind wird von der Mutter in ihrem Haushalt betreut. Der Vater wohnt im Inland, arbeitet seit September 2013 aber in Deutschland. In Österreich geht er keiner sozialversicherungspflichtigen Beschäftigung nach. Aufgrund des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Deutschland (BGBl III 2002/182) erfolgt die Besteuerung des Arbeitseinkommens im Tätigkeitsstaat. Für den Fall, dass die Einkünfte einer in Österreich ansässigen Person in Deutschland besteuert werden, nimmt Österreich diese Einkünfte von der Besteuerung aus. Im erstinstanzlichen Verfahren legte der Vater am 2. Dezember 2015 die Gehaltsnachweise für den Zeitraum Jänner bis Oktober 2015 vor, wobei das Erstgericht das Einkommen nur für die letzten sechs Monate (Mai bis Oktober 2015) heranzog. Mit seiner Rekursbeantwortung übermittelte der Vater eine fremdsprachige Ehebescheinigung sowie ein Semesterzeugnis betreffend seine Ehegattin für das Schuljahr 2014/2015. Bisher war der Kindesunterhalt außergerichtlich geregelt. Danach leistete der Vater einen Unterhaltsbeitrag von monatlich 350 EUR.

Mit Antrag vom 29. September 2015 begehrte das Kind, den Vater ab 1. Oktober 2015 zu einem monatlichen Unterhaltsbeitrag von 600 EUR zu verpflichten.

Der vom Vater geleistete Unterhalt sei zu niedrig. Sein Einkommen betrage monatlich zwischen 3.000 und 5.000 EUR; er habe keine weiteren Sorgepflichten.

Der Vater trat dem Erhöhungsantrag entgegen. Sein Einkommen sei wesentlich geringer, als es von der Mutter angegeben werde. Im August 2015 habe er 200 Überstunden geleistet. Unter Berücksichtigung dieser Überstunden habe er etwa 3.000 EUR verdient. Normalerweise leiste er wesentlich weniger Überstunden. Außerdem sei er für seine einkommenslose Ehegattin sorgepflichtig.

Das Erstgericht verpflichtet den Vater, ab 1. Oktober 2015 für das Kind einen monatlichen Unterhaltsbeitrag von 350 EUR zu zahlen. Das Mehrbegehren wies es ab. Nach der Prozentsatzmethode stehe dem Kind ein Anteil von 18 % an der ermittelten Bemessungsgrundlage zu. Die Sorgepflicht des Vaters gegenüber seiner einkommenslosen Ehefrau sei mit 3 % zu berücksichtigen. Davon ausgehend ergebe sich ein monatlicher Betrag von 380 EUR. Da die staatliche Familienbeihilfe auch zur Entlastung des Geldunterhaltspflichtigen diene, sei der monatliche Unterhaltsbeitrag mit 350 EUR festzusetzen gewesen.

Das Rekursgericht gab dem Rekurs des Kindes statt und hob die Entscheidung des Erstgerichts (im Umfang der Abweisung des Mehrbegehrens) auf. Für die Frage, ob der Vater für eine neue Ehegattin tatsächlich sorgepflichtig sei, bestünden keine Beweisergebnisse. Außerdem sei die für den Vater maßgebende Unterhaltsbemessungsgrundlage einer neuerlichen Prüfung zu unterziehen. Da sein Einkommen beträchtlichen Schwankungen unterliege, könne für die Ermittlung der Bemessungsgrundlage nicht lediglich auf sechs Monate (von Mai bis Oktober 2015) abgestellt werden. Vom Vater sei jedenfalls zu verlangen gewesen, dass er auch den Gehaltsnachweis für November 2015 zur Verfügung stelle. Den Unterlagen lasse sich auch nicht entnehmen, ob der Vater Bonuszahlungen, Steuergutschriften oder Sonderzahlungen erhalte. Die von der Mutter bezogene Familienbeihilfe sei im Anlassfall nicht im Sinn einer steuerlichen Entlastung unterhaltsmindernd zu berücksichtigen, weil der Vater in Österreich nicht steuerpflichtig sei. Nach dem maßgebenden Doppelbesteuerungsabkommen erfolge in Österreich keine Besteuerung. Der Anlassfall sei mit jenem der Entscheidung zu 8 Ob 90/09g vergleichbar. Mit dieser Entscheidung habe der Oberste Gerichtshof eine Anrechnung der Familienbeihilfe mit dem Argument verneint, dass die Einkommensteuerpflicht des Vaters in Österreich wegen des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens derart eingeschränkt sei, dass sie im Inland faktisch nicht bestehe. Der Revisionsrekurs an den Obersten Gerichtshof sei zulässig, weil eine Diskrepanz zwischen der Entscheidung 8 Ob 90/09g einerseits und der Entscheidung 4 Ob 143/12a andererseits bestehe, zumal in der zuletzt genannten Entscheidung auf die grundsätzliche Einkommensteuerpflicht im Inland (§ 1 Abs 2 EStG) abgestellt werde.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Vaters, mit der er die Wiederherstellung der Entscheidung des Erstgerichts anstrebt.

Mit seiner Revisionsrekursbeantwortung beantragt das Kind, den Revisionsrekurs des Vaters zurückzuweisen, in eventu, diesem den Erfolg zu versagen.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen dem – den Obersten Gerichtshof nicht bindenden – Ausspruch des Rekursgerichts ist der Revisionsrekurs mangels Aufzeigens einer entscheidungsrelevanten Rechtsfrage im Sinne des § 62 Abs 1 AußStrG nicht zulässig.

1.1 Der geltend gemachte Verfahrensmangel liegt – wie der Oberste Gerichtshof geprüft hat – nicht vor.

Der Vater erblickt den Mangel des Rekursverfahrens darin, dass das Rekursgericht die von ihm mit der Rekursbeantwortung vorgelegten Urkunden nicht berücksichtigt habe. Aus diesen Urkunden hätte sich seine Sorgepflicht gegenüber seiner Ehegattin ergeben. Das Rekursgericht hätte die Entscheidung des Erstgerichts daher nicht aufheben dürfen.

1.2 Bei den vom Vater angesprochenen Urkunden handelt es sich um eine fremdsprachige Ehebescheinigung aus Dänemark vom 2. Mai 2014 sowie um ein Semesterzeugnis einer höheren gewerblichen Bundeslehranstalt für das Schuljahr 2014/2015 betreffend seine Ehegattin. Selbst bei Berücksichtigung dieser Urkunden beruhte die Schlussfolgerung des Rekursgerichts, dass keine (ausreichenden) Beweisergebnisse für eine weitere Sorgepflicht des Vaters vorliegen, auf keiner falschen Rechtsansicht. In einem solchen Fall kann der Oberste Gerichtshof der vom Rechtsmittelgericht angeordneten Ergänzung des Verfahrens auf Tatsachenebene nicht entgegentreten. Davon abgesehen ist die Aufhebung der Entscheidung des Erstgerichts auch zur Ermittlung der für den Vater maßgebenden Bemessungsgrundlage gerechtfertigt.

2.1 Zur Frage der Ermittlung der Bemessungsgrundlage meint der Vater, dass die von ihm vorgelegten Gehaltsunterlagen für die Monate Mai bis Oktober 2015 ausreichend seien. In dieser Hinsicht hätte die Entscheidung des Erstgerichts ebenfalls nicht aufgehoben werden dürfen.

Auch damit ist der Vater nicht im Recht.

2.2 Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist bei der Bemessung des Unterhalts vom Einkommen des Unterhaltspflichtigen in dem der Entscheidung unmittelbar vorangehenden Bezugszeitraum auszugehen. Vor allem bei schwankendem Einkommen ist das in einem längeren Beobachtungszeitraum erzielte Durchschnittseinkommen maßgebend. In einem solchen Fall stellt das monatliche Durchschnittseinkommen auf Basis des Jahresnettoeinkommens eine geeignete Grundlage dar (vgl RIS‑Justiz RS0113405; RS0047509). Die Beurteilung der Angemessenheit des konkreten Berechnungszeitraums richtet sich jedoch nach den Umständen des Einzelfalls (vgl auch 3 Ob 113/04w).

2.3 Das Rekursgericht ist von diesen Grundsätzen ausgegangen. Dabei gelangte es zum Ergebnis, die von ihm verlangten weiteren Gehaltsunterlagen seien deshalb erforderlich, weil das monatliche Einkommen des Vaters insbesondere aufgrund der unterschiedlichen Überstundenleistungen beträchtlichen Schwankungen unterliege.

Auch in dieser Hinsicht liegt dem Aufhebungsbeschluss des Rekursgerichts somit keine unrichtige Rechtsansicht zugrunde, weshalb der Oberste Gerichtshof der Beurteilung des Rekursgerichts, das Verfahren sei ergänzungsbedürftig, nicht entgegentreten kann.

3.1 Zur Frage der steuerlichen Entlastung des geldunterhaltspflichtigen Vaters durch Anrechnung der Familienbeihilfe als Transferleistung hat sich das Rekursgericht auf die Entscheidung 8 Ob 90/09g gestützt. So wie in diesem Fall sei auch hier der Vater im Endeffekt in Österreich steuerbefreit. Den Revisionsrekurs hat es aufgrund einer von ihm angenommenen Diskrepanz zwischen der genannten Entscheidung und der Entscheidung 4 Ob 143/12a zugelassen.

Die vermeintliche Diskrepanz zwischen den beiden genannten Entscheidungen liegt in Wirklichkeit nicht vor.

3.2 Unstrittig ist, dass der geldunterhalts-pflichtige Vater nach dem für die vorliegende Entscheidung relevanten Sachverhalt in Österreich seinen Wohnsitz hat und ihn in Österreich daher die grundsätzliche Steuerpflicht nach § 1 Abs 2 EStG trifft, weiters dass er nur in Deutschland einer unselbständigen Erwerbstätigkeit nachgeht und keine zusätzlichen Einkünfte bezieht, sowie dass nach Maßgabe des Doppelbesteuerungsabkommens zwischen Österreich und Deutschland (BGBl III 2002/182) die in Deutschland erzielten Einkünfte dort besteuert werden und in diesem Fall diese Einkünfte von der Besteuerung in Österreich ausgenommen sind.

3.3 Ein Doppelbesteuerungsabkommen regelt, welcher der beiden betroffenen Staaten (Wohnsitzstaat oder Tätigkeitsstaat) sein innerstaatliches Steuerrecht anwenden, also die Besteuerung vornehmen darf, und wie in diesem Fall im anderen Staat bei der Besteuerung vorzugehen ist. Kommt nach dem anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen dem Tätigkeitsstaat das Besteuerungsrecht zu, so richten sich die näheren Umstände, insbesondere die Steuererklärung und die Steuerentrichtung, ausschließlich nach dem dortigen Steuerrecht. In einem solchen Fall erfolgt die Vermeidung der Doppelbesteuerung entweder dadurch, dass die im Ausland besteuerten Einkünfte in Österreich steuerfrei sind, eine Besteuerung also unterbleibt, oder aber durch Anrechnung der Auslandssteuer auf die österreichische Einkommensteuer.

3.4 Nach dem hier anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommen zwischen Österreich und Deutschland unterbleibt die Besteuerung in Österreich. Dies bedeutet, dass vom Vater in Österreich keine Einkommensteuer (Lohnsteuer) eingehoben wird; er zahlt in Österreich von seinem Arbeitseinkommen keine Steuern. Die grundsätzliche Steuerpflicht nach § 1 Abs 2 EStG hat damit derzeit keine praktische Bedeutung.

4.1 Es besteht nun kein Zweifel daran, dass sich die Familienbeihilfe nach den Erkenntnissen des Verfassungsgerichtshofs zu § 12a FLAG vom 27. Juni 2001, B 1285/00, und vom 19. Juni 2002 G 7/02, nur in jenen Fällen unterhaltsmindernd auswirken kann, in denen sie neben ihrem Zweck, grundsätzlich den betreuenden Elternteil zu entlasten, auch der steuerlichen Entlastung des steuerpflichtigen Unterhaltsschuldners (zur Abgeltung steuerlicher Mehrbelastungen des Geldunterhaltspflichtigen aufgrund der Individualbesteuerung nach Leistungsfähigkeit) zu dienen hat (vgl dazu auch RIS‑Justiz RS0117023). Davon ausgehend entspricht es der ständigen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs, dass die im Rahmen der Unterhaltsbemessung gebotene steuerliche Entlastung dann nicht zu erfolgen hat, wenn der Unterhaltsschuldner im Inland nicht steuerpflichtig ist (RIS‑Justiz RS0117122) oder der über Transferleistungen herzustellende Ausgleich sonst über das Steuerrecht hergestellt werden kann (RIS‑Justiz RS0117023 [T6]). Diese Grundsätze anerkennt auch der Vater.

Für den Anlassfall ist somit zu klären, was unter der Wendung „im Inland (Österreich) nicht steuerpflichtig“ zu verstehen ist.

4.2 Die Ausgangsentscheidung zu dieser Frage 6 Ob 108/02d betraf einen Dienstnehmer der internationalen Atomenergiebehörde. Für ihn bestand keine Steuerpflicht.

Die Entscheidung 2 Ob 86/02i betraf einen in Deutschland lebenden Vater. Auf dessen Revisionsrekurs antwortete der Oberste Gerichtshof wie folgt:

Der Vater übersieht, dass er in Österreich nicht steuerpflichtig ist, keine – österreichische – Einkommenssteuer zu zahlen hat und somit alleine in Deutschland steuerpflichtig ist. Das Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs hat daher auf seine Steuerpflicht in Deutschland auch nach dem Abkommen zwischen der Republik Österreich und der Bundesrepublik Deutschland zur Vermeidung der Doppelbesteuerung (BGBl 1955/221 idgF) keine Auswirkungen. Es hat daher auch nach Aufhebung des zweiten Halbsatzes des § 12a FLAG als verfassungswidrig im Fall in Österreich nicht steuerpflichtiger Unterhaltsschuldner dabei zu bleiben, dass die Familienbeihilfe nicht auf die Unterhaltspflicht des geldunterhaltspflichtigen Elternteils anzurechnen ist.

Diese Entscheidung nahm somit auf die Steuerpflicht in Deutschland nach Maßgabe des (damaligen) Doppelbesteuerungsabkommens Bezug und stellte auf eine in Österreich effektiv zu zahlende Steuer ab.

Auch die Entscheidung 6 Ob 43/03x betraf einen in Deutschland lebenden Vater; inhaltlich folgte diese Entscheidung der Entscheidung 2 Ob 86/02i.

Die Entscheidung 7 Ob 207/03x betraf einen in der Schweiz lebenden Vater, der in Liechtenstein beschäftigt war; er wurde ausschließlich in der Schweiz steuerlich erfasst. In dieser Entscheidung verwies der Oberste Gerichtshof darauf, dass die Familienbeihilfe dann nicht zur steuerlichen Entlastung eines Geldunterhaltspflichtigen heranzuziehen ist, wenn es sich um einen ausschließlich im Ausland steuerlich veranlagten Vater handelt, der in Österreich keiner Steuerpflicht unterliegt.

Die Entscheidung 7 Ob 60/04f betraf einen Vater, der nach den Feststellungen in Deutschland ansässig und überwiegend auch dort berufstätig war. Seine Forderung auf steuerliche Entlastung verneinte der Oberste Gerichtshof mit der Begründung, es lasse sich nicht einmal der Aufstellung seiner Einkommensverhältnisse entnehmen, dass er in Österreich Steuern zu bezahlen hätte.

Auch diese Entscheidung verlangte somit effektive Steuerleistungen im Inland.

Völlige Klarheit in dieser Hinsicht schaffte schließlich die Entscheidung 8 Ob 90/09g, die auf den Anlassfall übertragbar ist. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall hatte der Vater seinen Wohnsitz in Österreich und war grundsätzlich (§ 1 Abs 2 EStG) in Österreich einkommensteuerpflichtig. Er übte seine Arbeitstätigkeit jedoch ausschließlich in der Slowakei aus. Aufgrund des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens erfolgte die Besteuerung ausschließlich in der Slowakei; in Österreich erfolgte hingegen keine Besteuerung der Einkünfte des Vaters. In dieser Entscheidung führte der Oberste Gerichtshof aus:

Der vorliegende Fall unterscheidet sich von den bisher entschiedenen zwar dadurch, dass der Vater seinen Wohnsitz in Österreich hat und hier daher auch grundsätzlich persönlich steuerpflichtig wäre. Der Grundsatz, dass unbeschränkt Steuerpflichtige mit ihrem gesamten Einkommen der Einkommensteuer unterliegen, erfährt jedoch insbesondere auch durch die Anwendbarkeit von Doppelbesteuerungsabkommen Einschränkungen, die die einzelnen Einkünfte einem der beiden Vertragsstaaten zur Besteuerung zuweisen und damit das Besteuerungsrecht des anderen Staates beschränken. Ein Doppelbesteuerungs-abkommen soll lediglich verhindern, dass ein und dieselben Einkünfte in beiden Staaten zur Gänze besteuert bleiben. Da die Einkünfte nach dem anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommen in der slowakischen Republik besteuert werden, nimmt die Republik Österreich diese Einkünfte von der Besteuerung aus. Der Wegfall der Anrechnung der Familienbeihilfe als unterhaltsmindernd korrespondiert mit dem Umstand, dass die Einkommensteuerpflicht des Vaters in Österreich wegen des anzuwendenden Doppelbesteuerungsabkommens derart eingeschränkt ist, das sie im Inland faktisch nicht besteht . Der Revisionsrekurswerber ist damit unterhaltsrechtlich nicht anders gestellt als jeder andere aus rechtlichen Gründen in Österreich nicht steuerpflichtiger Unterhaltsschuldner, sodass eine Entlastung im Sinn der dargestellten Judikatur nicht geboten ist.

Wenn Gitschthaler (Unterhaltsrecht3 Rz 738 Anm 5) meint, diese Entscheidung verkenne den Unterschied zwischen Personen, die überhaupt keine Einkommensteuer zahlen, und jenen, die im europäischen Ausland steuerpflichtig seien und lediglich in Österreich keine Einkommensteuer zahlen, ist dies nicht richtig. Die zitierte Entscheidung nimmt ausdrücklich auf den Sonderfall Bezug, dass die Einkünfte aufgrund des anwendbaren Doppelbesteuerungsabkommens ausschließlich im anderen Vertragsstaat besteuert werden, also dort die effektive Steuerpflicht besteht. Gitschthaler geht auch unrichtig davon aus, dass die Entscheidung 7 Ob 60/04f einen Fall betreffe, in dem überhaupt keine Einkommensteuer zu zahlen sei. Die Entscheidung 6 Ob 91/03f, die ebenfalls als Belegstelle angeführt wird, betraf einen herkömmlichen Unterhaltsfall ohne Auslandsbezug.

4.3 Die zitierten Entscheidungen sprechen im Ergebnis dafür, dass es für die Frage, ob der Vater im Inland steuerpflichtig ist, nicht auf die grundsätzliche Steuerpflicht nach § 1 Abs 2 EStG, sondern vielmehr darauf ankommt, ob in Österreich effektiv eine Besteuerung erfolgt, seine Einkünfte also ganz oder teilweise in Österreich tatsächlich zur Berechnung seiner Steuerlast herangezogen werden. Dies ist nicht der Fall, wenn der Vater in Österreich nicht veranlagt wird oder aufgrund eines Doppelbesteuerungsabkommens eine Besteuerung in Österreich unterbleibt.

Die zuletzt genannte Voraussetzung ist im Anlassfall gegeben. Das Rekursgericht hat daher zu Recht die Familienbeihilfe nicht im Sinn einer steuerlichen Entlastung als unterhaltsmindernd berücksichtigt.

4.4 Diesem Ergebnis steht auch die Entscheidung 4 Ob 143/12a nicht entgegen. In diesem Fall war der Vater ein österreichischer Grenzgänger, der sein Einkommen vollständig in der Schweiz zu versteuern hatte. Nach dem relevanten Doppelbesteuerungsabkommen wurde die in der Schweiz entrichtete Steuer auf die in Österreich zu entrichtende Steuer angerechnet. Es erfolgte somit auch in Österreich eine Festsetzung der Einkommensteuer. Dazu führte der Oberste Gerichtshof aus:

Bei dieser Sachlage ist kein Grund ersichtlich, dem im Inland unbeschränkt steuerpflichtigen Vater jene steuerliche Entlastung zu verwehren, wie sie nach der Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs Unterhalts-pflichtigen im Fall der Haushaltstrennung bei höheren Unterhaltsbemessungsgrundlagen zu gewähren ist, um auf diese Weise die Minderung der Leistungsfähigkeit des Steuerpflichtigen durch gesetzliche Unterhaltsleistungen an Kinder im Einkommensteuerrecht zu berücksichtigen. Der Senat billigt damit die Entscheidung des Rekursgerichts in ihrem Ergebnis, dass auch einem Grenzgänger mit Wohnsitz in Österreich, der im Inland weiterhin unbeschränkt steuerpflichtig ist, eine steuerliche Entlastung entsprechend den Grundsätzen der Rechtsprechung zuzubilligen ist, damit der vom Verfassungsgerichtshof für notwendig erachtete Ausgleich der Transferleistung eintreten kann. Die Entlastung steht – sofern wie hier die Bagatellgrenze überschritten wird – dem Unterhaltspflichtigen unter den aufgezeigten Umständen unabhängig davon zu, wie hoch gemäß den Bestimmungen eines anwendbaren Doppelbesteuerungs-abkommens jener Anteil der von ihm abzuführenden Einkommensteuer ist, der dem österreichischen Fiskus zufließt .

Diese Entscheidung nimmt zwar auf die grundsätzliche (unbeschränkte) Steuerpflicht nach § 1 Abs 2 EStG im Inland Bezug. Das die Entscheidung tragende Begründungselement besteht aber darin, dass in Österreich tatsächlich eine Besteuerung erfolgte und die im Ausland entrichtende Steuer auf die österreichische Steuer (nur) angerechnet wurde. Ein Teil der Steuer war somit auch in Österreich zu entrichten.

5. Entgegen der Ansicht des Rekursgerichts liegt somit keine uneinheitliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs vor. Damit besteht auch keine erhebliche Rechtsfrage.

Angemerkt wird, dass sich der Vater im Revisionsrekurs nur auf seine grundsätzliche Steuerpflicht nach § 1 Abs 2 EStG in Österreich stützt. Andere Gründe hat er auch im erstinstanzlichen Verfahren nicht geltend gemacht.

Insgesamt gelingt es dem Vater nicht, mit seinem Revisionsrekurs eine erhebliche Rechtsfrage aufzuzeigen. Der Revisionsrekurs war daher zurückzuweisen.

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