OGH 2Ob64/16z

OGH2Ob64/16z12.4.2016

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden, die Hofräte Dr. Veith und Dr. Musger, die Hofrätin Dr. E. Solé und den Hofrat Dr. Nowotny als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach J***** Z*****, verstorben am *****, zuletzt wohnhaft *****, über den Revisionsrekurs der Tochter U***** H*****, vertreten durch Dr. Stefan Gloss, Rechtsanwalt in St. Pölten, gegen den Beschluss des Landesgerichts St. Pölten als Rekursgericht vom 13. Jänner 2016, GZ 23 R 524/15d‑22, womit infolge Rekurses der Tochter der Beschluss des Bezirksgerichts St. Pölten vom 28. Oktober 2015, GZ 2 A 514/14z‑13, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0020OB00064.16Z.0412.000

 

Spruch:

Aus Anlass des Revisionsrekurses wird der angefochtene Beschluss als nichtig aufgehoben und der Rekurs gegen den Beschluss des Erstgerichts zurückgewiesen.

Ein Kostenersatz findet nicht statt.

Begründung

Das Erstgericht ordnete die Inventarisierung, Feststellung des Übernahmspreises hinsichtlich des erbhofgebundenen sowie Schätzung des erbhoffreien Nachlasses an, und wies den Antrag der Tochter, auch das erbhofgebundene Vermögen nach dem Verkehrswert zu schätzen, ab. Weiters bestellte es einen Sachverständigen, den es beauftragte, einen zweiten bäuerlichen Sachverständigen beizuziehen und Befund und Gutachten zu näher dargelegten Umständen zu erstatten.

Dem dagegen gerichteten Rekurs der Tochter gab das Rekursgericht insoweit teilweise Folge, als es einen zweiten bäuerlichen Sachverständigen bestellte. Im Hinblick auf die ausdrückliche gesetzliche Anordnung der Bewertung durch zwei bäuerliche Sachverständige in § 11 AnerbenG könne die Auswahl des zweiten Sachverständigen nicht dem ersten überlassen werden, sondern müsse durch das Gericht erfolgen. Im Übrigen sei dem Rekurs aus näher dargelegten Umständen nicht Folge zu geben. Der ordentliche Revisonsrekurs sei zuzulassen, weil es sich vorliegend nicht um einen verfahrensrechtlichen Beschluss iSd § 45 AußStrG handle. Die Frage, ob Liegenschaften nach dem Verkehrswert zu bewerten seien, oder (nur) der Übernahmspreis festzusetzen sei, sei eine materiellrechtliche Frage.

Den nichtstattgebenden Teil dieser Entscheidung bekämpft die Tochter in ihrem Revisionsrekurs mit dem Abänderungsantrag, auszusprechen, dass sämtliche Grundstücke des Nachlasses nach dem Verkehrswert zu schätzen seien.

Der erbsantrittserklärte Witwer beantragt in seiner Revisionsrekursbeantwortung, den Rekurs mangels Beschwer bzw mangels Dartuung einer erheblichen Rechtsfrage zurückzuweisen, in eventu, ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

1. Nach der neueren Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs ist auch im Außerstreitverfahren eine gesonderte Anfechtung der Sachverständigenbestellung ausgeschlossen (1 Ob 10/04h; RIS‑Justiz RS0040607 [T17, T19], RS0120052, RS0120910). Erfasst ist nicht nur die Auswahl des Sachverständigen (RIS‑Justiz RS0040578) sondern auch die Frage, ob überhaupt ein Sachverständiger bestellt werden soll (8 Ob 109/09z; RIS‑Justiz RS0040607 [T26]). Auch die konkreten Aufträge an den Sachverständigen über den Umfang seiner Begutachtung sind zum Zweck der Beweisaufnahme getroffene Verfügungen, die mit abgesondertem Rechtsmittel nicht angefochten werden können (1 Ob 113/00z; RIS‑Justiz RS0040607 [T12]). Um solche handelt es sich aber hier bei der Anordnung des Erstgerichts.

2. Da somit das im vorliegenden Verfahrenstadium ergriffene, abgesonderte Rechtsmittel jedenfalls nicht zulässig ist, braucht auf die Frage nicht näher eingegangen zu werden, ob die zufolge Verweisung in § 35 AußStrG auch im außerstreitigen Verfahren anwendbare Bestimmung des § 366 Abs 2 ZPO (vgl Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 35 Rz 4), wonach ua die Entscheidung über die Anzahl der zu bestellenden Sachverständigen überhaupt nicht bekämpfbar ist (vgl hiezu auch RIS‑Justiz RS0040714 und 1 Ob 10/04h), auch im Zusammenhang mit § 11 AnerbenG anzuwenden ist. Auch die Verneinung dieser Frage würde wieder nur zur nicht abgesonderten Bekämpfbarkeit nach der aufgezeigten Judikatur führen (vgl RIS‑Justiz RS0099186, wonach die Nichtbeiziehung zweier „bäuerlicher“ Sachverständiger allenfalls nur einen Verfahrensmangel begründen könnte).

3. Damit erweist sich bereits der Rekurs als unzulässig und die darüber dennoch ergangene meritorische Entscheidung des Rekursgerichts, weil der verfahrensrechtliche Beschluss nicht der materiellen Rechtskraft fähig war (vgl Deixler‑Hübner in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG § 43 Rz 31), zur Gänze als nichtig, was zur ersatzlosen (7 Ob 143/15b) Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und Zurückweisung des Rekurses gegen den erstgerichtlichen Beschluss führen muss (RIS‑Justiz RS0043969, RS0115201), hätte doch bereits das Rekursgericht das unzulässige abgesonderte Rechtsmittel zurückweisen müssen (§ 54 Abs 1 Z 1 AußStrG; 7 Ob 143/15b).

4. Der erbantrittserklärte Witwer hat die Kosten seiner Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen, weil ein Ersatz von Vertretungskosten im Verlassenschaftsverfahren nur im Verfahren über das Erbrecht stattfindet (§ 185 AußStrG).

Stichworte