OGH 12Os159/15x

OGH12Os159/15x28.1.2016

Der Oberste Gerichtshof hat am 28. Jänner 2016 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Schroll als Vorsitzenden sowie durch die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. T. Solé, Dr. Oshidari, Dr. Michel‑Kwapinski und Dr. Brenner in Gegenwart der Richteramtsanwärterin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Strafsache gegen Florian L***** wegen des Verbrechens des schweren gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 128 Abs 1 Z 4, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 Abs 1 StGB und weiterer strafbarer Handlungen über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten sowie die Berufung der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 24. September 2015, GZ 12 Hv 48/15y‑35, sowie die Beschwerde des Angeklagten gegen den Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2016:0120OS00159.15X.0128.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufungen und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Florian L***** des gewerbsmäßig durch Einbruch begangenen Diebstahls nach §§ 127, 129 Z 1, 130 vierter Fall, 15 Abs 1 StGB (I./) und mehrerer Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II./) schuldig erkannt.

Danach hat er

I./ von Anfang Jänner bis 17. Mai 2015 in L***** und an anderen Orten gewerbsmäßig mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz in acht im Urteil einzeln angeführten (1./ bis 8./) sowie in etwa 90 weiteren (nach Art einer gleichartigen Verbrechensmenge pauschal bezeichneten) Angriffen (9./) anderen fremde bewegliche Sachen, nämlich Bargeld, Gold‑ und Silbermünzen sowie sonstige Wertgegenstände durch Einbruch in Wohnungen weggenommen (2./, 7./ sowie ein Teil der Fakten laut 9./) und (in den übrigen Fällen) wegzunehmen versucht;

II./ am 4. Mai 2015 in L***** Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, nämlich vinkulierte Sparbücher der Doris Le*****, durch Wegnahme und anschließendes Verbrennen mit dem Vorsatz vernichtet, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus Z 5, 10 und 11 des § 281 Abs 1 StPO ergriffene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten schlägt fehl.

Mit dem Hinweis auf die vom Angeklagten für den 17. Mai 2015 geplante Flucht nach Spanien und sein deshalb „3000 Euro keinesfalls übersteigendes“ Erwerbsziel stellt die (zu Schuldspruch I./ erstattete) Mängelrüge (Z 5) die Konstatierungen zur Absicht fortlaufender Einnahmenverschaffung iSd § 70 StGB bloß nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldberufung in Frage. Denn die Tatrichter gingen in freier Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) auf Basis vernetzter Betrachtung der Beweisergebnisse (triste Einkommens- und Vermögenssituation, knapp 20‑wöchige Delinquenz, Vielzahl deliktischer Angriffe, zahlreiche Vorstrafen wegen Vermögensdelikten) davon aus, dass sich der Angeklagte durch sein kriminelles Handeln nicht nur den behaupteten limitierten Erwerb zur Fluchtfinanzierung zum Ziel gesetzt hatte, sondern auch seinen weiteren Lebensunterhalt bestreiten wollte (vgl US 5, 9 f).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) geht mit ihrer Behauptung, der Angeklagte habe im Hinblick auf seine geplante Flucht bloß einen betragsmäßig begrenzten Deliktserfolg angestrebt, an den genau gegenteiligen Urteilsannahmen vorbei (US 10), womit sie den im festgestellten Sachverhalt liegenden Bezugspunkt materieller Nichtigkeit verfehlt (RIS‑Justiz RS0099810; zur Tatfrage der Einnahmenverschaffung vgl im Übrigen RIS‑Justiz RS0108963).

Die gegen Schuldspruch II./ gerichtete Rüge (nominell Z 10, der Sache nach Z 9 lit a) leitet ihre Rechtsbehauptung, ein Sparbuch sei keine Urkunde im strafrechtlichen Sinn (§ 74 Abs 1 Z 7 StGB), weil dessen Vorlage „zum Nachweis des Rechts nicht erforderlich“ sei, prozessordnungswidrig nicht aus dem Gesetz ab.

Insoweit ignoriert die Beschwerde auch ‑ wie im Übrigen angemerkt sei ‑ § 32 Abs 2 erster Satz BWG, wonach Auszahlungen aus einer Spareinlage nur gegen Vorlage der Sparurkunde geleistet werden dürfen (instruktiv zur Beweisfunktion von Urkunden Kienapfel/Schroll in WK 2 StGB § 223 Rz 37 ff).

Entgegen der Sanktionsrüge (Z 11) ist das Erstgericht zu Recht vom Vorliegen der Voraussetzungen nach § 39 StGB ausgegangen, weil die sich (soweit hier von Bedeutung) auf gewerbsmäßigen Suchtgiftverkauf beziehende Vorverurteilung durch das Landesgericht Linz vom 11. April 2012, AZ 34 Hv 15/11a, auf gleicher schädlicher Neigung wie die hier abgeurteilten Tatvorwürfe beruht (RIS‑Justiz RS0087884; Jerabek in WK 2 StGB § 71 Rz 8).

Der unsubstantiierte Rechtsmitteleinwand, es seien die aufgrund des StRÄG 2015 (BGBl I 2015/112) geänderten Strafvorschriften anzuwenden, weil „die Strafdrohung des § 129 StGB“ auf „drei Jahre gesenkt worden sei“, hat keine tragfähige Basis (vgl § 129 Abs 2 Z 1 StGB idF StRÄG 2015) und trifft auch prozessual nicht zu (RIS‑Justiz RS0088808, RS0087462).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufungen und die (implizite) Beschwerde des Angeklagten (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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