OGH 13Os73/15g

OGH13Os73/15g18.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 18. Dezember 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kirchbacher als Vorsitzenden sowie die Hofräte und die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Dr. Lässig, Mag. Michel, Dr. Oberressl und Dr. Brenner in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Jukic als Schriftführerin in der Finanzstrafsache gegen Mag. Erich S***** wegen des Verbrechens des Abgabenbetrugs nach §§ 13, 33 Abs 1, 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG sowie einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerden und die Berufungen des Angeklagten und der Staatsanwaltschaft gegen das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt als Schöffengericht vom 27. März 2015, GZ 72 Hv 41/14f‑35, nach öffentlicher Verhandlung in Anwesenheit der Vertreter der Generalprokuratur und der Finanzstrafbehörde, Generalanwalt Mag. Bauer und HR Dr. Pressler, des Angeklagten Mag. Erich S***** und seines Verteidigers Mag. Tschernitz zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0130OS00073.15G.1218.000

 

Spruch:

 

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten wird verworfen.

In Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft wird das angefochtene Urteil, das im Übrigen unberührt bleibt, in der Nichtvornahme der Subsumtion nach § 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG sowie demzufolge auch im Strafausspruch aufgehoben und in diesem Umfang in der Sache selbst erkannt:

Mag. Erich S***** hat durch die vom Schuldspruch umfasste Tat das Verbrechen des Abgabenbetrugs nach §§ 13, 33 Abs 1, 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG begangen und wird hiefür gemäß § 39 Abs 3 lit c FinStrG zu einer Freiheitsstrafe von

zwei Jahren

und einer Geldstrafe von

250.000 Euro,

im Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG zu einer Ersatzfreiheitsstrafe von acht Monaten, verurteilt.

Gemäß § 26 Abs 1 erster Satz FinStrG iVm § 43 Abs 1 StGB wird die Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen.

 

Mit ihren Berufungen werden der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung verwiesen.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des Rechtsmittelverfahrens zur Last.

 

Gründe:

Mit dem angefochten Urteil wurde Mag. Erich S***** (soweit im Rechtsmittelverfahren von Bedeutung) des Finanzvergehens der Abgabenhinterziehung nach §§ 13, 33 Abs 1 FinStrG schuldig erkannt.

Danach hat er im Jahr 2011 im Zuständigkeitsbereich des Finanzamts Klagenfurt (US 9 iVm US 14) vorsätzlich unter Verletzung abgabenrechtlicher Anzeige‑, Offenlegungs‑ oder Wahrheitspflichten eine Verkürzung an Einkommensteuer um 680.000 Euro zu bewirken versucht, indem er in der Abgabenerklärung für das Jahr 2010 Einkünfte in der Höhe von 1.360.000 Euro (US 8) verschwieg.

Beim Versuch blieb es, weil die Behörde die Einkommensteuer nicht erklärungskonform festsetzte (US 8).

Nach den Feststellungen des Erstgerichts fertigte der Angeklagte eine inhaltlich falsche Urkunde an, nach der ihm der nicht erklärte Einkommensbetrag von Ing. Gaston G***** schenkungsweise überlassen worden sei (US 6 f). Diese Urkunde hielt er im Wissen und Wollen bereit, sie auf Verlangen der Behörde zum Nachweis der Richtigkeit seiner Abgabenerklärung für das Jahr 2010 vorzulegen (US 8 iVm US 15 f).

Auch die Höhe der intendierten Abgabenverkürzung (680.000 Euro) war vom Wissen und Wollen des Angeklagten umfasst (US 8).

Rechtliche Beurteilung

Sowohl der Angeklagte als auch die Staatsanwaltschaft bekämpfen dieses Urteil mit Nichtigkeitsbeschwerde, wobei sich Ersterer auf Z 5, 5a, 9 lit a und 9 lit b, Letztere auf Z 10, jeweils des § 281 Abs 1 StPO, stützt. Der Beschwerde der Staatsanwaltschaft, nicht jedoch jener des Angeklagten kommt Berechtigung zu.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten:

Soweit die Mängelrüge (Z 5) den Einwand der Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) aus einer „Stiftungsurkunde“ entwickelt, bezeichnet sie kein in der Hauptverhandlung vorgekommenes Verfahrensergebnis (§ 258 Abs 1 StPO) und entzieht sich solcherart einer meritorischen Erledigung (13 Os 138/03, SSt 2003/93; RIS‑Justiz RS0118316).

Im Übrigen erschöpft sich die Mängelrüge darin, den ‑ logisch und empirisch einwandfreien (Z 5 vierter Fall) ‑ Überlegungen des Erstgerichts (US 8 bis 13) eigene Beweiswerterwägungen entgegenzusetzen und wendet sich damit nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen (§ 283 Abs 1 StPO) Schuldberufung in unzulässiger Weise gegen die tatrichterliche Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO).

Auf die Tatsachenrüge (Z 5a) war vom Obersten Gerichtshof keine Rücksicht zu nehmen, weil sie unausgeführt blieb und solcherart die Beschwerdegründe nicht bestimmt bezeichnet wurden (§ 285 Abs 1 zweiter Satz StPO).

Die Rechtsrüge (Z 9 lit a) beschränkt sich darauf, die dem Schuldspruch zugrunde liegenden Feststellungen des Erstgerichts (US 5 bis 8) zu bestreiten, und verfehlt damit den gerade darin gelegenen Bezugspunkt materieller Nichtigkeit (RIS‑Justiz RS0099810).

Die im Rahmen der Rechtsrüge abgegebene Erklärung, sich insoweit auch auf die Nichtigkeitsgründe des § 281 Abs 1 Z 2 und 4 StPO zu stützen, ist unverständlich. Es wird dabei nämlich weder auf ein Protokoll oder ein anderes amtliches Schriftstück über angeblich nichtige Erkundigungen oder Beweisaufnahmen im Ermittlungsverfahren (Z 2) noch auf einen in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Beschwerdeführers oder einen gegen seinen Antrag oder Widerspruch gefassten Beschluss (Z 4) Bezug genommen.

Das Vorbringen der weiteren Rechtsrüge (Z 9 lit b), der Beschwerdeführer wäre einem Tatbildirrtum unterlegen, bestreitet im Ergebnis die Feststellungen zur subjektiven Tatseite (RIS‑Justiz RS0088950 [der Sache nach Z 9 lit a]) und orientiert sich damit ‑ wie dargelegt ‑ nicht an den Kriterien materieller Nichtigkeit.

Soweit die Beschwerde Rechtsirrtum (§ 9 FinStrG) einwendet, argumentiert sie ersichtlich in Richtung eines Feststellungsmangels in Bezug auf den angesprochenen Schuldausschließungsgrund. Da sie es unterlässt, diesbezügliche in der Hauptverhandlung vorgekommene (§ 258 Abs 1 StPO) Indizien zu bezeichnen, entzieht sie sich aber auch insoweit einer inhaltlichen Erwiderung (RIS‑Justiz RS0116735).

Die Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten war daher zu verwerfen.

 

Zur Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft:

Die Subsumtionsrüge (Z 10) zeigt zutreffend auf, dass der vom Erstgericht festgestellte Sachverhalt nicht bloß dem Grundtatbestand des § 33 Abs 1 FinStrG, sondern auch den Qualifikationstatbeständen des § 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG zu unterstellen ist:

Gemäß § 39 Abs 1 lit a FinStrG macht sich des Abgabenbetrugs unter anderem schuldig, wer ausschließlich durch das Gericht zu ahndende Finanzvergehen der Abgabenhinterziehung unter Verwendung falscher Beweismittel begeht.

Nach den Feststellungen des Erstgerichts fertigte der Angeklagte zum Nachweis einer tatsächlich nicht erfolgten Schenkung eine entsprechende Urkunde an (US 6 f). Derartige, zu Beweiszwecken errichtete echte Urkunden mit unwahrem Inhalt sind nach ständiger Judikatur und herrschender Lehre falsche Beweismittel ( Kirchbacher in WK 2 StGB § 147 Rz 36, Tipold SbgK § 293 Rz 23, jeweils mwN).

Da der Angeklagte nach den Urteilskonstatierungen Einkünfte in der Höhe von 1.360.000 Euro nicht in seine Einkommensteuererklärung für das Jahr 2010 aufnahm und die eben diesen Betrag fälschlich als Schenkung ausweisende Urkunde bereithielt, um sie über allfälliges Verlangen der Behörde (§§ 137 f BAO) vorzulegen (US 8 iVm US 15 f), verwendete er das falsche Beweismittel im Sinn des § 39 Abs 1 lit a FinStrG ( Lässig in WK 2 FinStrG § 39 Rz 6).

Zumal nach den Feststellungen der Tatrichter sowohl die Verwendung des falschen Beweismittels als auch der 500.000 Euro übersteigende Hinterziehungsbetrag vom Vorsatz des Angeklagten umfasst war (US 8), erfüllte er die Qualifikationstatbestände des § 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG nicht nur in objektiver, sondern auch in subjektiver Hinsicht ( Lässig in WK 2 FinStrG § 39 Rz 16 und 28).

Nichtigkeit aus Z 2 bis 5a des § 281 Abs 1 StPO bezüglich der Konstatierungen zur in Rede stehenden Qualifikation wird in der ‑ über entsprechende Einladung des Obersten Gerichtshofs erstatteten (RIS‑Justiz RS0114638 [insbesondere T2]) ‑ Äußerung des Verteidigers nicht aufgezeigt:

Der Einwand offenbar unzureichender Begründung (Z 5 vierter Fall) der Feststellungen zur subjektiven Tatseite orientiert sich nicht an der Gesamtheit der diesbezüglichen Überlegungen des Erstgerichts (US 10 bis 13) und entzieht sich solcherart einer inhaltlichen Erwiderung.

Das übrige Vorbringen beschränkt sich darauf, der tatrichterlichen Beweiswürdigung (§ 258 Abs 2 StPO) nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren nicht vorgesehenen Schuldberufung eigene Beweiswerterwägungen entgegenzusetzen.

Es war daher in Stattgebung der Nichtigkeitsbeschwerde der Staatsanwaltschaft das angefochtene Urteil in der Nichtvornahme der Subsumtion nach § 39 Abs 1 lit a und Abs 3 lit c FinStrG aufzuheben und ein entsprechender Schuldspruch zu fällen.

 

Zur Strafneubemessung:

Bei der Strafbemessung wertete der Oberste Gerichtshof keinen Umstand als erschwerend. Mildernd war, dass der Angeklagte bisher einen ordentlichen Lebenswandel geführt hat und die Tat mit seinem sonstigen Verhalten in auffallendem Widerspruch steht (§ 23 Abs 2 FinStrG iVm § 34 Abs 1 Z 2 StGB) und dass es beim Versuch geblieben ist (§ 23 Abs 2 FinStrG iVm § 34 Abs 1 Z 13 StGB).

Davon ausgehend war bei einer Strafdrohung von einem Jahr bis zu zehn Jahren Freiheitsstrafe zuzüglich einer Geldstrafe bis zu 2,5 Millionen Euro (§ 39 Abs 3 lit c FinStrG) mit Blick auf die gezielte, durchdachte Vorgangsweise (§ 23 Abs 2 FinStrG iVm § 32 Abs 1 StGB), die Höhe des nicht erklärten Abgabenbetrags (680.000 Euro, sohin markant über die Wertgrenze des § 39 Abs 3 lit c FinStrG) unter Berücksichtigung des Umstands, dass dieser mittlerweile berichtigt wurde (§ 23 Abs 2 FinStrG iVm § 32 Abs 3 StGB), sowie auf die persönlichen Verhältnisse und die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Angeklagten (§ 23 Abs 3 FinStrG) eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren zuzüglich einer Geldstrafe von 250.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit gemäß § 20 FinStrG eine Ersatzfreiheitsstrafe von acht Monaten, tat‑ und schuldangemessen.

Da der Angeklagte weder gerichtliche noch finanzstrafbehördliche Vorstrafen aufweist, ist davon auszugehen, dass dabei die Androhung der Freiheitsstrafe unter Bestimmung einer dreijährigen Probezeit genügen werde, ihn von weiterer Delinquenz abzuhalten (§ 26 Abs 1 erster Fall FinStrG iVm § 43 Abs 1 StGB).

Generalpräventive Überlegungen sprechen zwar nicht gegen diese Verfügung, unter Berücksichtigung des hohen Unwertgehalts der strafbaren Handlung und des sowohl aus strafrechtlicher als auch aus volkswirtschaftlicher Sicht gegebenen Erfordernisses, gleichgelagerte Delinquenz hintanzuhalten, aber sehr wohl gegen die teilweise (§ 26 Abs 1 dritter und vierter Satz FinStrG) bedingte Nachsicht der Geldstrafe.

 

Mit ihren Berufungen waren der Angeklagte und die Staatsanwaltschaft auf die Strafneubemessung zu verweisen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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