OGH 16Ok4/15x

OGH16Ok4/15x1.12.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Rekursgericht in Kartellrechtssachen durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Schramm und Univ.‑Prof. Dr. Kodek sowie die fachkundigen Laienrichter Kommerzialräte Dr. Haas und Dr. Dernoscheg als weitere Richter in der Kartellrechtssache der Antragstellerin Bundeswettbewerbsbehörde, 1020 Wien, Praterstraße 31, gegen die Antragsgegner 1. F***** GmbH, *****, vertreten durch DLA Piper Weiss-Tessbach Rechtsanwälte GmbH in Wien, 2. P***** GmbH, *****, vertreten durch Eisenberger & Herzog Rechtsanwalts GmbH in Wien, 3. P***** AG‑*****, vertreten durch Dr. Roland Weinrauch, Rechtsanwalt in Wien, 4. T***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Karin Wessely, Rechtsanwältin in Wien, 5. B*****, vertreten durch bpv Hügel Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 1. Abstellung des Missbrauchs einer marktbeherrschenden Stellung, 2. Geldbußen gemäß § 29 Z 1 lit a und d KartG 2005 sowie § 142 Z 1 lit b und d KartG 1988, 3. Geldbuße gemäß § 29 Z 2 lit c KartG 2005, über den Rekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Kartellgericht vom 28. Oktober 2014, GZ 27 Kt 23, 24/09, 27 Kt 22/10-216, in nichtöffentlicher Sitzung den

B e s c h l u s s

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0160OK00004.15X.1201.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

 

B e g r ü n d u n g :

I. Festgestellter wesentlicher Sachverhalt

Zum Flüssiggasmarkt:

Flüssiggas wird in Haushalten und von gewerblichen und industriellen Verbrauchern hauptsächlich zu Heizzwecken, bei der Warmwasserbereitung und zum Kochen verwendet. Tankflüssiggas ist physikalisch und chemisch ein homogenes Produkt.

Die in Österreich abgesetzte Menge an Flüssiggas wird einerseits in der Raffinerie der OMV produziert und andererseits sowohl aus den umliegenden Ländern als auch aus weiter entfernten Staaten wie zB Kasachstan importiert. Im Jahr 2009 beliefen sich die Importe an Flüssiggas auf 112.171 t und die Exporte auf 7.736 t. In der Raffinerie wurden 39.792 t ausgestoßen. Der Gesamtverbrauch im Jahr 2009 betrug 142.877 t.

Flüssiggas muss der ÖNORM C 1301 entsprechen. Diese regelt, welche Komponenten Flüssiggas enthalten darf und welchen Reinheitsgrad es haben muss. Die Vorschriften sind in Österreich und Deutschland gleich, eine europaweite Harmonisierung gibt es nicht.

Flüssiggas wird für Gasflaschen (mit Füllmengen zwischen 5,5 kg und 35 kg), für Flüssiggastanks für den mehrheitlich häuslichen Gebrauch und für Flüssiggastanks für den Gebrauch von Gewerbe und Industrie verwendet.

Gegenstand des Verfahrens ist Tankflüssiggas für Tanks mit maximal 2,2 t Fassungsvermögen („Kleintanks“), somit vorwiegend für den häuslichen Gebrauch und für Kleingewerbe. In Österreich gibt es etwa 40.000 Flüssiggastanks < 2,2 t.

Eine mit Flüssiggas betriebene Heizungsanlage besteht aus dem Flüssiggastank, der außerhalb des Gebäudes entweder als Oberflurtank relativ leicht aufzustellen und wieder zu entfernen ist oder als Unterflurtank in das Gelände eingegraben wird. Am Tank sind verschiedene Armaturen wie Regler und Sicherheitsventile angebracht. Vom Tank führen Rohrleitungen zum Gebäude und im Gebäude zum Verbrauchsgerät (Gasbrenner). Die Rohrleitungsanlage ist fix mit der Liegenschaft verbunden und steht im Eigentum des jeweiligen Liegenschaftseigentümers.

Eigentankkunden kaufen den Tank und tragen die übrigen Kosten der Installation der Anlage. Sie können den Lieferanten des Flüssiggases frei wählen. Da diese Kosten in der Größenordnung von mehreren Tausend Euro für die Kunden im Hinblick auf die oft enge finanzielle Situation bei Fertigstellung eines Eigenheims eine erhebliche Belastung bedeuten, bieten fast alle Flüssiggaslieferanten ein Miettankmodell an. Bei diesem verbleibt der Flüssiggastank im Eigentum der Flüssiggasfirma, die sich in der Regel vertraglich das alleinige Recht der Befüllung des Flüssiggastanks für die Dauer des Mietvertrags vorbehält. Bei dieser Variante entfällt jedenfalls der Kauf des Tanks. Die Lieferung des Tanks sowie die Errichtung und Montage einschließlich des behördlichen Genehmigungsverfahrens sind in der Regel durch die vom Vermieter verrechneten Anschlusskosten abgedeckt. Die Erd-, Grabungs-, Stemm-, Elektro- und Kernbohrarbeiten sowie Endgeräte sind in jedem Fall vom Kunden zu zahlen.

Die jährlichen Kosten für den Betrieb der Heizungsanlage umfassen die Positionen Kauf des Flüssiggases, Transportkosten (Zustellgebühr), Wartungs- und Servicekosten inklusive der vorgeschriebenen Überprüfungen und Miete. Dabei fallen die ersten drei Positionen auf jeden Fall an.

Sicherheitsaspekte:

Die Richtlinie 97/23/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 29. 5. 1997 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedsstaaten über Druckgeräte wurde in Österreich durch die Druckgeräteverordnung BGBl II 1999/426 umgesetzt und betrifft ua die Herstellung von Flüssiggastanks.

Die Druckbehälter-Aufstellungsverordnung BGBl II 1998/361 regelt die Aufstellung von Druckbehältern zur Lagerung von Gasen. Sie befasst sich mit Gefahren, die von außen auf den Druckbehälter einwirken können, etwa externe Brandlasten und unbefugter Zutritt.

Die Druckgeräteüberwachungsverordnung BGBl II 2004/420 enthält Vorschriften für wiederkehrende Prüfungen von Druckbehältern, zu denen auch Flüssiggastanks gehören. In den Sonderbestimmungen Anlage 3 sind unter Punkt 3 Regelungen für Flüssiggasbehälter enthalten, so auch die Überwachungsmaßnahmen im Rahmen wiederkehrender Prüfungen und Untersuchungen. Danach sind äußere Untersuchungen alle drei Jahre, innere Untersuchungen und Druckprüfungen für Flüssiggasbehälter mit hoher Güte alle 15 Jahre, für solche ohne hohe Güte alle 12 Jahre jeweils von einer Kesselprüfstelle oder einer akkreditierten Prüf- bzw Überwachungsstelle iSd § 21 des Kesselgesetzes BGBl 1992/211 durchzuführen.

Eine erste Betriebsprüfung findet unmittelbar nach dem Aufstellen des Flüssiggastanks statt. Die Hauptuntersuchung wird meistens als Schallemissionsprüfung und nur in seltenen Fällen als Wasserdruckprüfung durchgeführt.

Gemäß § 16 Abs 1 Kesselgesetz hat der Betreiber eines Druckgeräts eine Kesselprüfstelle zeitgerecht, jedoch mindestens vier Wochen vor Ablauf der Revisionsfrist mit der Durchführung der wiederkehrenden Untersuchungen nachweislich schriftlich zu beauftragen.

Auf einem Aufkleber am Flüssiggastank ist ersichtlich, ob und wann die letzte Überprüfung durchgeführt wurde und wann die nächste Prüfung stattzufinden hat. Von Flüssiggasunternehmen dürfen nur Tanks befüllt werden, die nachweislich regelmäßig überprüft wurden. Sollte eine Überprüfung bereits fällig sein, ist eine Befüllung des Tanks nicht erlaubt. Diese Vorschriften werden von den Antragsgegnern strikt eingehalten, von ihren Mitbewerbern jedoch nicht immer.

Etwa 90 % der Flüssiggastanks in Österreich werden von der TÜV Austria Services GmbH und der KKS Kesselprüf- und Korrosions-Schutz GmbH, die restlichen 10 % der Flüssiggastanks von den übrigen Kesselprüfstellen überprüft.

Serviceleistungen wie der Austausch von Druckreglern, die Behebung von leichten Undichtheiten und die Erneuerung des Anstrichs bei Oberflurtanks sind sicherheitsrelevant. Ein zu dunkler Anstrich würde zu viel Wärme aufnehmen und einen unzulässigen Druckanstieg zur Folge haben, der über das Sicherheitsventil ausgeblasen und zu Gasfreisetzung führen würde. Aus der Sicht der Kesselprüfstellen sind Alleinbezugsverpflichtungen der Flüssiggaskunden mit einem bestimmten Flüssiggasunternehmen zu befürworten, da das Flüssiggasunternehmen bei seinen Kunden für die regelmäßige Durchführung der wiederkehrenden Überprüfungen sorgt.

Österreichische Flüssiggasunternehmen garantieren, dass Flüssiggas der ÖNORM C 1301 entspricht und damit einen bestimmten Feuchtigkeitsgrad nicht überschreitet. Dies minimiert die Gefahr der Korrosion des Tanks von innen. Bei sehr alten Gastanks kann es vorkommen, dass über die Jahre Gas mit einem zu hohen Wasseranteil eingefüllt wurde, was Korrosion zur Folge hat. Wenn dies nicht rechtzeitig erkannt wird, kommt es zu Gasaustritten an den Schweißnähten. Dies kann zu einer Explosion führen, wenn das Gas mit einer Zündquelle in Berührung kommt, bevor es sich verflüchtigt. Derartige Tanks sind somit eine potenzielle Gefahrenquelle. Von einem Mitbewerber der Antragsgegner wurde auch Gas geliefert, das nicht den Anforderungen der ÖNORM C 1301 entsprach.

Die Entsorgung von Gastanks durch die Kunden selbst ist risikobehaftet, da diese die in ihrem Eigentum stehenden Gastanks allenfalls nicht völlig entleert zum Altmetallhändler bringen. Daraus resultierende Unfälle kommen etwa alle zwei bis drei Jahre vor.

Moderne Tanks verfügen über einen kathodischen Korrosionsschutz. Ältere Tanks müssen innerhalb der nächsten Jahre nachgerüstet oder ausgetauscht werden.

Bei Flüssiggastanks, die nicht im Eigentum von Flüssiggasunternehmen stehen und von diesen befüllt werden, gibt es ein erhöhtes Sicherheitsrisiko, da die regelmäßige Überprüfung durch die Kunden selbst organisiert wird und daher nicht zu 100 % gewährleistet ist. So kommt es vor, dass Tankeigentümer den Tank bei einer Kesselprüfstelle abmelden und ihn dennoch weiter betreiben, um sich die Kosten für die Überprüfung zu ersparen.

Die von Flüssiggasunternehmen gewarteten Tanks sind in einem besseren technischen Zustand als Eigentanks.

Enthält das Gas einen zu hohen Butananteil, kann es geschehen, dass bei mehreren Befüllungen der Butananteil im Tank so hoch wird, sodass die Anlage nicht mehr betrieben werden kann. Da bei großer Kälte zuerst Propan als druckhöherer Anteil verdampft, verbleibt das im Flüssiggas enthaltene Butan im Tank. Wird diese Menge zu groß, ist es möglich, dass die Anlage nicht mehr funktioniert. Ein erhöhtes Sicherheitsrisiko ist damit nicht verbunden, allerdings der Ausfall der Heizungsanlage, der bei Kälte für den Kunden einen erheblichen Nachteil darstellt.

Zur individuellen Marktmacht der Antragsgegner:

Aus ökonomischer Sicht ist Flüssiggas ein „Sekundärprodukt“, dh es kann nur zusammen mit einem komplementären „Primärprodukt“ verwendet werden.

Auf dem Primärmarkt für Heizsysteme werden neben den Heizsystemen, die auf Flüssiggas basieren, auch solche mit anderen Energieträgern wie Erdgas, Öl, Solarenergie oder Pellets, weiters auch völlig neue Bauformen, die weitgehende Energieautarkie ermöglichen, angeboten. Auf einem derart umfassend abgegrenzten Markt für Heizsysteme wären die Antragsgegner mit Flüssiggas relativ unbedeutende Anbieter.

Primärprodukte des Flüssiggassegments sind der Flüssiggastank, die Endgeräte wie Therme, Warmwasseraufbereitungsanlage oder Küchenherd sowie die Leitungsverbindungen zwischen Tank und Endgeräten. Der Erwerb der Primärprodukte und der Kauf von Flüssiggas erfolgen zeitlich getrennt. Eine Besonderheit des Flüssiggasmarkts besteht darin, dass der Tank als Primärprodukt und das Flüssiggas sehr oft vom selben Unternehmen bezogen werden. Bei rund 75 % der Kleintanks verbleibt das Eigentumsrecht beim Anbieter, der sich durch eine Kopplungsvereinbarung in der Regel das exklusive Befüllungsrecht für seine Tanks vorbehält (Mietmodell).

Ob auf dem Primärmarkt das Flüssiggassegment als sachlich relevanter Markt zu betrachten ist, ist zwar wahrscheinlich, kann aber nicht abschließend festgestellt werden. Es ist möglich, dass der relevante Markt weiter zu definieren ist.

Selbst wenn der Primärmarkt eng definiert wird und nur Heizsysteme mit Flüssiggas umfasst, herrscht auf ihm effektiver Wettbewerb. Flüssiggastanks, Endgeräte und Installationen werden von den Antragsgegnern, deren Mitbewerbern und von Unternehmen, die lediglich diese Produkte, nicht aber Flüssiggas im Sortiment haben, angeboten.

Die Marktanteile der Antragsgegnerinnen an diesem eng definierten Primärmarkt sind etwas kleiner als auf dem Sekundärmarkt für Flüssiggas. Ob die Marktanteile des Erstantragsgegners am Primärmarkt die 30%-Schwelle knapp überschreiten, kann nicht festgestellt werden. Die Konzentration in diesem Marktsegment ist als moderat einzustufen. Signifikante Unterschiede in der Finanzkraft zwischen den Antragsgegnern und einigen ihrer Konkurrenten, die Tochterunternehmen ausländischer Konzerne sind, sind nicht gegeben. Keiner der Antragsgegner hat die Möglichkeit, auf Lieferanten oder Konkurrenten einen besonderen wirtschaftlichen Druck auszuüben. Die Zugangsmöglichkeiten zu den Beschaffungs- und Absatzmärkten sind für die Antragsgegner und andere Unternehmen nicht unterschiedlich, da auch die Antragsgegner die Tanks nicht selbst erzeugen, sondern zukaufen. Nennenswerte Markteintrittsschranken gibt es nicht.

Auf einem eng abgegrenzten Primärmarkt für Heizanlagen mit Flüssiggas verfügt daher keiner der Antragsgegner über eine marktbeherrschende Stellung.

Anbieter von Flüssiggas in Österreich für die Versorgung von Kleintankkunden sind die Antragsgegner und sieben Mitbewerber.

Der räumlich relevante Markt ist das gesamte Bundesgebiet von Österreich.

Der Markt „Flüssiggas für Miettanks < 2,2 t“ ist als eigenständiger relevanter Markt abzugrenzen.

Die Marktanteile (jeweils für den Zeitraum 2004 bis 2012) beliefen sich wie folgt:

Erstantragsgegner 35 ‑ 45 %

Zweitantragsgegner 20 ‑ 30 %

Drittantragsgegner 10 ‑ 15 %

Viertantragsgegner 5 ‑ 10 %

Fünftantragsgegner 0 ‑ 10 %

sonstige Mitbewerber 5 ‑ 15 %

Die Summe der Marktanteile der Erst- bis Viertantragsgegner als der vier größten Unternehmen betrug auf diesem Markt von 2004 bis 2012 durchgehend über 82 % und erreichte im Jahr 2006 den Maximalwert von 85,7 %.

Miettankkunden der Antragsgegner sowie eines Großteils der Mitbewerber dürfen ihre Tanks nur von diesen befüllen lassen. Lediglich die Firma Z*****verwendet bei ihren Miettankkunden eine „Bestpreisklausel“, die ökonomisch auf eine enge Bindung hinausläuft, da kein Konkurrent einen Anreiz hat, einen niedrigeren Preis zu verlangen, wenn er weiß, dass die Firma Z***** diesen Preis halten wird und er ohnehin nicht zum Zug kommt.

Ob der Wechsel des Anbieters ökonomisch sinnvoll ist, hängt von den Wechselkosten, den Kündigungsfristen und der möglichen Ersparnis bei künftigen Käufen von Flüssiggas ab.

Die Höhe der Wechselkosten im Miettanksegment ist von mehreren Faktoren abhängig. Der wichtigste betrifft die Frage, ob bei einem Wechsel des Anbieters auch der Tank ausgetauscht werden muss, oder ob er weiter verwendet werden kann. Letztere Möglichkeit ist nur dann gegeben, wenn der Kunde als Mieter des Tanks diesen vom Flüssiggasanbieter als Vermieter des Tanks kaufen kann. Ein Verkauf des Tanks an einen anderen Flüssiggasanbieter statt an den Kunden kommt nur in äußerst seltenen Fällen vor. Eine vertragliche Verpflichtung, Tanks an die Kunden zu verkaufen, besteht für die Flüssiggasanbieter nicht.

Die Antragsgegner sind in unterschiedlicher Intensität bereit, die Tanks an ihre Kunden zu verkaufen, wenn diese es wünschen.

Die effektiven Wechselkosten (ohne Berücksichtigung des zeitlichen und nichtmonetären Aufwands der Kunden) belaufen sich auf einen Betrag zwischen 1.500 EUR und 3.500 EUR. Im Hinblick darauf, dass Kunden, die preisbewusst genug sind, um einen Anbieterwechsel ernsthaft in Erwägung zu ziehen, den Markt sehr genau studieren werden, ist davon auszugehen, dass die tatsächlich gezahlten Wechselkosten in der Regel nicht wesentlich über 2.000 EUR liegen.

Die Kündigungsfristen für Miettanks betragen rund zwei Monate.

Lediglich rund 80 bis 120 Kunden pro Jahr wechseln den Anbieter.

Insgesamt gesehen ist ein Anbieterwechsel im Verhältnis zur möglichen Kostenersparnis in den Folgejahren relativ teuer und für sich genommen kein wirksames Mittel zur Gewährleistung eines effektiven Wettbewerbs auf dem Sekundärmarkt.

Für Miettankkunden gibt es einen Verhandlungsspielraum über Preisreduktionen für Flüssiggas. Dieser wird von einer zunehmenden Anzahl von Kunden auch genützt.

Für die Kunden der Antragsgegner ist es relativ einfach, Preisinformationen von anderen Mitbewerbern einzuholen. Die Antragsgegner übermitteln ihre Preise jedoch meist nur ihren Miettankkunden. Diese akzeptieren Preisunterschiede, die ein gewisses Ausmaß überschreiten, zumindest auf Dauer nicht. Die Preisdifferenz zwischen Flüssiggas, das auf dem freien Markt gekauft wird, und jenem, das von Miettankkunden von ihren Vermietern bezogen wird, kann sehr unterschiedlich sein, und zwar von einem minimalen Ausmaß bis zu etwa 20 % seit 2005 und bis zu etwa einem Drittel von 2002 bis 2005.

Die Nachfrage nach Flüssiggas ist nicht sehr elastisch.

Fremdbefüllungen bei Miettanks sind in der Regel vertraglich verboten. Allerdings ist für die Anbieter von Flüssiggas eine Fremdbefüllung relativ schwierig festzustellen, da die Befüllung der Tanks in den meisten Haushalten nur alle ein bis zwei Jahre erfolgt. Die Antragsgegner bringen Klagen wegen Fremdbefüllung nur gegen Mitbewerber, in der Regel jedoch nicht gegen Kunden ein, um letztere nicht zu verlieren. Wiederholte Fremdbefüllungen sind allerdings nach den meisten Verträgen ein Kündigungsgrund und führen zur Rückholung des Miettanks, im Fall einer entsprechenden vertraglichen Regelung auch auf Kosten der Kunden. Die Möglichkeit der Fremdbefüllung schränkt die Preissetzungsmacht der Antragsgegner ein.

Zusammenfassend ist zur Wettbewerbssituation auf dem Sekundärmarkt auszuführen, dass die Antragsgegner auf Grund der Bindung der Miettankkunden an einen bestimmten Anbieter und der relativ hohen Wechselkosten auf dem Miettanksegment über ein bestimmtes Maß an Marktmacht verfügen, auch wenn es eine Reihe von Faktoren gibt, die ihre Preissetzungsmöglichkeiten beschränken und die Preise für Flüssiggas deutlich unter dem hypothetischen Monopolpreis liegen.

Zur Wechselwirkung zwischen Primär- und Sekundärmarkt:

Für die Disziplinierung der Marktteilnehmer auf dem Sekundärmarkt durch Wettbewerb auf dem Primärmarkt sind folgende Faktoren relevant:

1. Marktentwicklung

2. Anschaffungskosten des Primärprodukts

3. Lebensdauer des Primärprodukts

4. Reputationseffekte

5. Wechselkosten

6. Markttransparenz und Informationsbeschaffung

7. Bindungskundenopportunismus

ad 1. Die Nachfrage nach Flüssiggas im Kleintanksegment ist in den letzten zehn Jahren rückläufig. Gründe dafür sind, dass die Effizienz der Energienutzung gestiegen und damit die durchschnittliche Nachfrage der Kunden nach Flüssiggas gesunken ist. Weiters ist im Miettanksegment bei den Antragsgegnern die Zahl der Kündigungen deutlich größer als die der Neuzugänge. Die Tatsache, dass die Nachfrage nach Flüssiggas im Kleintanksegment zurückgeht, ist für die Disziplinierung des Sekundärmarkts nicht förderlich, wenn auch dieser Effekt nicht sehr bedeutsam ist.

ad 2. Die Mehrkosten eines Eigentanks im Vergleich zu einem Miettank belaufen sich auf etwa 1.500 EUR bis 4.000 EUR. Jedenfalls sind die Anfangskosten einer Flüssiggasanlage bei Kauftanks, aber auch bei Miettanks so groß, dass Konsumenten einen erheblichen Anreiz haben, sich so genau wie möglich über die Marktsituation zu informieren. Die hohen Kosten sprechen jedenfalls für eine disziplinierende Wirkung des Primärmarkts auf den Sekundärmarkt.

ad 3. Die Lebensdauer eines Flüssiggastanks beträgt bis zu 60 Jahre, während Endgeräte eine Lebensdauer von mindestens 10 ‑ 20 Jahre haben. Diese relativ lange Lebensdauer des Heizungssystems erhöht zwar ebenso wie die relativ hohen Einstiegskosten das Bedürfnis der Kunden nach möglichst umfassender Information, erschwert aber auch den Wechsel zu Alternativen. Insgesamt führt sie zu einer Schwächung der Disziplinierung auf dem Sekundärmarkt.

ad 4. Da im Hinblick auf die Erfahrung der im Baugewerbe tätigen Unternehmen und die Möglichkeit der Informationsfindung im Internet ein auf dem Sekundärmarkt erworbener schlechter Ruf auch auf dem Primärmarkt nicht unbemerkt bleibt, üben Reputationseffekte sowohl auf dem Primär- als auch auf dem Sekundärmarkt eine disziplinierende Wirkung aus. Diese Effekte sind jedoch nicht exakt erfassbar.

ad 5. Die Wechselkosten sind so hoch, dass die erste notwendige Bedingung für die Marktbeherrschung auf dem Sekundärmarkt durch die Anbieter von Miettanks erfüllt ist.

ad 6. Die Transparenz sowohl auf dem Primär- als auch auf dem Sekundärmarkt ist verbesserungswürdig. Die Angebotspreise der Flüssiggasfirmen variieren auf dem Primär‑ und dem Sekundärmarkt (also für den Flüssiggastank und seine Installation und für den Bezug von Flüssiggas) beträchtlich.

Die Bandbreite der Anschaffungskosten ist bis zu einem gewissen Grad nicht vermeidbar, da die Kosten für Flüssiggastanks im Hinblick auf Größe, Qualität, Aufwand für Montage usw sehr unterschiedlich sind. Auch die Kosten für Leitungen und andere Materialien können von den konkreten Bedingungen abhängen. Zuletzt gibt es Unterschiede bei den Endgeräten.

Die Informationsbeschaffung bei der Wahl eines Heizsystems ist für Konsumenten jedoch grundsätzlich durch die Einholung individueller Kostenvoranschläge und die Schätzung des jährlichen Bedarfs an Flüssiggas möglich. Auch ist es möglich, die Differenz zwischen den Flüssiggaspreisen im Miet- und im Eigentanksegment zu eruieren, da Preise im Eigentanksegment abgefragt und im Internet Informationen über die Preisdifferenzen zwischen beiden Segmenten eruiert werden können. Dieser Aufwand ließe sich durch eine kundenfreundlichere Informationspolitik verringern. Die Tagespreise der Antragsgegner für Flüssiggas sind nur von deren Kunden in Erfahrung zu bringen. Da aber alternative Anbieter zur Preisauskunft bereit sind, können Miettankkunden dadurch die Relation zu den von ihnen verlangten Preisen beurteilen und allenfalls Preisnachlässe aushandeln.

Die Beschaffung der Informationen ist somit zwar aufwändig, aber möglich und im Hinblick darauf, dass die Errichtung einer Heizungsanlage in den meisten Fällen durch eine Fachfirma erfolgt, den Kunden auch zumutbar.

Dies führt jedoch nicht zwangsläufig dazu, dass ein voll informierter, rationaler Konsument jedenfalls die Kauftankversion vorzieht. Selbst wenn die Preisdifferenz zwischen Eigen- und Miettank (Primärmarkt) relativ gering (etwa in der Größenordnung von 2.000 EUR) und jene zwischen Flüssiggas für Eigentanks und für Miettanks (Sekundärmarkt) relativ hoch mit 20 % angesetzt würde, so würde die jährliche Ersparnis beim Gasbezug bei einem angenommenen Bruttopreis pro Liter von 0,9 EUR und einem Jahresverbrauch von 2.000 l 360 EUR betragen. Der Break-even-point wäre nach nicht einmal fünf Jahren erreicht. Allerdings müsste der Gegenwartswert der künftigen Ersparnisse abgezinst werden, was die Amortisationsdauer verlängert. Zudem wird bei den meisten Mietverträgen, nicht aber bei Eigentanks, Liefersicherheit gewährleistet. Zuletzt schätzen Kunden allenfalls die Servicequalität der Flüssiggasanbieter bei Miettanks.

Wenn somit die Markttransparenz sowohl auf dem Primär- als auch auf dem Sekundärmarkt auch zu wünschen übrig lässt, ist dennoch davon auszugehen, dass Konsumenten über genügend Informationen verfügen, um rationale und sachkundige Entscheidungen für die Miet- oder Eigentankoption zu treffen. Marktintransparenz (als zweite notwendige Bedingung für Marktbeherrschung) besteht auf Grund hinreichend guter Möglichkeiten zur Informationsbeschaffung nicht.

ad 7. Die dritte notwendige Bedingung für Marktbeherrschung ist die Ausbeutung der Konsumenten, die sich aufgrund ihrer Bindung an einen bestimmten Anbieter in einer schwachen Position befinden. Dies setzt voraus, dass ein Unternehmer seine Geschäftspolitik in unvorhersehbarer Weise zum Nachteil seiner Kunden ändert, nachdem er diese an sich gebunden hat.

Konsumenten wissen bei Abschluss eines Miettankvertrags, dass sie Flüssiggas nur vom Vermieter des Tanks beziehen dürfen, da ihre Bindung vertraglich festgelegt ist. Für sie ist bei Vertragsabschluss erkennbar, dass Flüssiggas für Eigentanks billiger angeboten wird als für Miettanks. Ein Bindungskundenopportunismus ist daher nicht gegeben. Da Neukunden bei der Erstbefüllung keinen niedrigeren Preis bezahlen als Kunden mit Miettanks, scheidet auch eine Irreführung der Kunden dahingehend, dass sie nach Abschluss des Mietvertrags durch höhere Preise, als sie bei Neukunden verrechnet werden, benachteiligt werden, aus.

Zusammenfassend ist zur Marktbeherrschung durch die Antragsgegner als Einzelne festzustellen:

Da die Markttransparenz im Primär- und im Sekundärmarkt nur teilweise gegeben ist, die Wechselkosten hoch sind und Informationspolitik und Vertragsgestaltung bei den Antragsgegnern wie auch ihren Mitbewerbern nicht umfassend klar, verständlich und vollständig sind, ist der Wettbewerb für Eigen- und Miettanks für Flüssiggas im Primär- und im Sekundärmarkt bei weitem nicht ideal. Die Antragsgegner verfügen über ein gewisses Maß an Marktmacht, das auch bei einer Verringerung dieser Wettbewerbshemmnisse nicht völlig verschwinden würde. Bei gemeinsamer Betrachtung des Primär- und Sekundärmarkts verfügt jedoch keiner der Antragsgegner über eine marktbeherrschende Stellung. Am Sekundärmarkt erreicht nur der Erstantragsgegner einen Marktanteil von über 30 %, die Marktanteile der übrigen vier Antragsgegnerinnen liegen weit darunter. Für den Primärmarkt steht das Übersteigen der 30%‑Schwelle der Marktanteile des Erstantragsgegners nicht gesichert fest, ist aber möglich. Die stagnierende Nachfrage und die lange Lebensdauer des Flüssiggastanks verringern die Intensität des Wettbewerbs. Die hohen Anschaffungskosten, die Reputationseffekte und der Randwettbewerb durch andere Energieträger beleben ihn hingegen.

Zur gemeinsamen Marktbeherrschung (Kriterien: Einvernehmen über die Koordinierungsziele; Überwachung der Einhaltung der Koordinierungsmodalitäten; Abschreckungsmechanismen; Außenwettbewerb):

Zwischen den Antragsgegnern ist eine stillschweigende Übereinkunft über die Preissetzungspolitik gegenüber ihren Kunden theoretisch möglich, und zwar sowohl hinsichtlich des Gesamtpreises der Heizungsanlage am Primärmarkt, als auch hinsichtlich der Flüssiggaspreise im Sekundärmarkt. Das gilt auch für eine Koordinierung von Vertragskonditionen.

Da der Primärmarkt (wie auch der Sekundärmarkt) eine sehr geringe Markttransparenz aufweist, ist es für die jeweiligen Antragsgegner nicht möglich, Abweichungen eines oder mehrerer anderer Antragsgegner von einem etwaigen stillschweigend abgestimmten Verhalten festzustellen. Selbst die Veröffentlichung von Preislisten durch die einzelnen Antragsgegner wäre kein ausreichender Überwachungsmechanismus, da die tatsächlich mit den Kunden ausgehandelten Preise von den Preislisten erheblich abweichen können. Daher ist die Beobachtung der Preis- und Vertragsgestaltung der Antragsgegner untereinander sehr schwierig. Auch ein allenfalls spürbarer Rückgang der Nachfrage nach den eigenen Produkten ist für einen Antragsgegner kein schlüssiges Indiz dafür, dass ein anderer Antragsgegner von einer allfällig stillschweigend koordinierten Verhaltensweise abgewichen ist. Der Anteil an Neukunden pro Jahr beträgt nur zwischen 0,4 % und 2 % des gesamten Kundenbestands. Alle Flüssiggasanbieter haben, wenn auch in diesem geringen Ausmaß, Neukunden am Primärmarkt. Die Neuzugänge an Miettankkunden lassen somit keinen Rückschluss auf das Verhalten der anderen Marktteilnehmer zu.

Zwischen den Antragsgegnern gibt es bei den gegebenen Marktverhältnissen keine wirksamen Abschreckungsmechanismen. Dass die Antragsgegner an den Kopplungsvereinbarungen festhalten, ist nicht darauf zurückzuführen, dass sie durch Sanktionen anderer Unternehmen abgeschreckt werden, sondern darauf, dass die Kopplungsvereinbarungen in ihrem eigenen Interesse liegen.

Am Primärmarkt gibt es ein erhebliches und am Sekundärmarkt jedenfalls ein gewisses Maß an Wettbewerb. So gab es seit 2003 erfolgreiche Markteintritte. Wenn diese auch vorwiegend im Eigentanksegment erfolgten, übten sie im Miettanksegment doch einen gewissen Wettbewerbsdruck auf die Antragsgegner aus. Für einen bestehenden Außenwettbewerb spricht auch, dass die Flüssiggaspreise im Miettanksegment trotz hoher Wechselkosten deutlich unter dem Monopolpreis liegen.

Zusammenfassend ergibt die Analyse des Zusammenspiels von Primär- und Sekundärmarkt, dass eine gemeinsame Marktbeherrschung der Antragsgegner weder am Primär- noch am Sekundärmarkt gegeben ist. Eine Reaktionsverbundenheit durch Preisniveau existiert nicht. Die Antragsgegner halten ‑ wie auch ein Teil ihrer Mitbewerber ‑ an Koppelungsvereinbarungen fest, da dies in ihrem eigenen Interesse liegt, und nicht, weil sie durch Sanktionen anderer Unternehmen abgeschreckt werden. Eine gemeinsame Marktbeherrschung der Antragsgegner liegt nicht vor.

II. Antrag und Vorbringen der Parteien

Die Antragstellerin beantragt,

1. die Abstellung des Behinderungsmissbrauchs (Alleinbezugsverpflichtung) der Antragsgegner, der zu Ausbeutungsmissbrauch (Preisdiskriminierung, Preis-exzessivität) geführt habe, anzuordnen, indem eine Entkopplung von Flüssiggastankeigentum und Flüssiggasbelieferung angeordnet werde, insbesondere in Form eines Verbots der Ausschließlichkeitsvereinbarung und einer Tankkaufoption,

2. über die Antragsgegner eine Geldbuße wegen der missbräuchlichen Ausnutzung von Alleinbezugs-vereinbarungen bezüglich des Absatzes von Tankflüssiggas an Privathaushalte/Gewerbe (Tankgröße < 2,2 t) in Österreich durchgehend ab September 2003 zu verhängen, und

3. dem Zweitantragsgegner auf Grund unrichtiger und irreführender Angaben eine Geldbuße aufzuerlegen.

Die Antragsgegner zählten zu den Hauptanbietern von Flüssiggas für Flüssiggastanks für Haushalte/Gewerbe. Der räumlich relevante Markt sei Österreich. Sachlich relevant sei der Produktmarkt „Flüssiggas für Kleintanks für Miettankkunden“. Die Antragsgegner seien marktbeherrschend und betrieben untereinander abgestimmte Kundenaufteilung. Die Kopplung der Alleinbezugsverpflichtung mit dem Tankeigentum des jeweiligen Antragsgegners, worin die seit 2003 ununterbrochene missbräuchliche Ausnützung der marktbeherrschenden Stellung liege, sei ursächlich für die Abschottungswirkung gegenüber eintretenden Konkurrenten und für die Preisdiskriminierung und Preisexzessivität gegenüber Miettankkunden. Die Antragsgegner seien auch kollektiv marktbeherrschend. Sie seien in wirtschaftlicher Hinsicht auf dem Flüssiggasmarkt in der Lage, ihr Verhalten zu koordinieren und die Preise zu erhöhen, ohne eine Vereinbarung einzugehen oder ihre Verhaltensweisen absprechen zu müssen. Der Wettbewerbspreis sei der Preis von Flüssiggas für Eigentankkunden.

Die Antragsgegner wandten im Wesentlichen ein, auf dem Markt für Energieträger, die nachfrageseitig substituierbar seien, werde ein starker Wettbewerbsdruck auf Flüssiggas ausgeübt. Sie seien weder einzelmarktbeherrschend noch kollektiv marktbeherrschend. Die Kopplungsver-einbarungen seien in der höchstgerichtlichen Rechtsprechung als zulässig und im Interesse beider Vertragsparteien liegend beurteilt worden.

 

III. Entscheidung des Erstgerichts

Das Erstgericht wies den Abstellungs- und den Bußgeldantrag ab und den allein gegen die Zweitantragsgegnerin gerichteten Bußgeldantrag zurück. Es stellte ua den eingangs wiedergegebenen Sachverhalt fest. Rechtlich führte es aus, der räumlich relevante Markt sei das österreichische Bundesgebiet. Die Antragsgegner hätten auf dem relevanten Sekundärmarkt „Flüssiggas für Miettanks < 2,2 t“ ein bestimmtes Maß an Marktmacht, weil die Miettankkunden an einen bestimmten Anbieter gebunden und die Wechselkosten relativ hoch seien. Die bloße Existenz von Kopplungsvereinbarungen sei kein Argument für Marktmacht. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs bestehe am Flüssiggasmarkt in Österreich ein Handelsbrauch, wonach die Vermietung von Flüssiggastanks mit einer Alleinbezugsverpflichtung des Mieters in Bezug auf Flüssiggas für diesen Tank verknüpft sei. Auf dem Primärmarkt für Heizungsanlagen verfüge keiner der Antragsgegner über eine marktbeherrschende Stellung, selbst wenn dieser Markt auf „flüssiggasbasierte Heizanlagen“ beschränkt werde. Notwendige Bedingungen für eine marktbeherrschende Stellung seien hohe Wechselkosten, unzureichende Informationsmöglichkeiten und Bindungsopportunismus. Von diesen Bedingungen sei nur jene der hohen Wechselkosten erfüllt. Den Erst- bis Viertantragsgegnern sei es gelungen, die Voraussetzungen für das Fehlen ihrer Marktbeherrschung sowohl am Primärmarkt als auch am Sekundärmarkt zu beweisen. Die Antragstellerin habe den ihr obliegenden Beweis der marktbeherrschenden Stellung des Fünftantragsgegners nicht erbracht. Bei einer Gesamtschau von Primär- und Sekundärmarkt sei das Einvernehmen über Koordinierungsziele als Faktor der Ermöglichung der gemeinsamen Marktbeherrschung zwar möglich, habe aber nicht positiv festgestellt werden können. Da die Faktoren hohe Markttransparenz, funktionierende Abschreckungsmechanismen und fehlender Außenwettbewerb nicht gegeben seien, hätten die Antragsgegnerinnen bewiesen, dass eine gemeinsame Marktbeherrschung durch sie nicht vorliege. Im Übrigen sei die Kopplung für sich alleine kein Missbrauch, sondern nur dann, wenn die Antragsgegner sie ausnützten, um den bei Vertragsabschluss bzw Erstbefüllung gegebenen und dem Kunden erkennbaren Preisunterschiede des Flüssiggases bei Belieferung für Eigentanks und bei Belieferung für Miettanks zu Ungunsten der Miettankkunden zu verändern. Das sei aber nicht der Fall.

 

Rechtliche Beurteilung

IV. Rekurs

Gegen diese Entscheidung richtet sich der von den Antragsgegnern beantwortete Rekurs der Antragstellerin mit dem Antrag, die Entscheidung dahin abzuändern, dass dem Abstellungsantrag stattgegeben wird.

A. Die Antragstellerin ficht zwar den Beschluss des Erstgerichts zur Gänze an, beantragt aber dessen Abänderung nur in einem Punkt (Abweisung des Abstellungsantrags). Gegen die Ab- und die Zurückweisung der Anträge auf Verhängung von Geldbußen führt der Rekurs nichts aus. Nach § 47 Abs 3 AußStrG iVm § 38 KartG 2005 muss der Rekurs kein bestimmtes Begehren enthalten, aber hinreichend erkennen lassen, aus welchen Gründen sich die Partei beschwert erachtet und welche andere Entscheidung sie anstrebt (Rekursbegehren); im Zweifel gilt der Beschluss, gegen den Rekurs erhoben worden ist, als zur Gänze angefochten. Für die Beurteilung des Umfangs der Anfechtung kommt es daher auf den gesamten Inhalt des Rechtsmittels an (2 Ob 192/08m mwN). Im Hinblick auf den Rekursantrag und den Inhalt des Rekurses, der sich nur gegen die Abweisung des Abstellungsantrags richtet, besteht kein Zweifel, dass trotz der weiten Rekurserklärung nur die Abweisung des Abstellungsantrags angefochten wurde. Die Ab- und die Zurückweisung der Anträge auf Verhängung von Geldbußen sind daher in Rechtskraft erwachsen.

B. Der Rekurs ist nicht berechtigt.

1. Der Auftrag, den Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung abzustellen, setzt ein Andauern des Missbrauchs im Entscheidungszeitpunkt voraus (16 Ok 10/02). Nach den Feststellungen des Erstgerichts ist der Fünftantragsgegner seit 1. 7. 2013 nicht mehr am Flüssiggasmarkt tätig. Da ihn daher eine Abstellungspflicht im Entscheidungszeitpunkt nicht (mehr) treffen konnte, wurde der gegen ihn gerichtete Abstellungsantrag schon aus diesem Grund zu Recht abgewiesen. Er wurde im Übrigen mittlerweile im Firmenbuch gelöscht.

2. Entgegen der Ansicht der Rechtsmittelwerberin ist der Rekursgrund nach § 57 Z 1 AußStrG nicht verwirklicht. Der qualifizierte Begründungsmangel nach dieser Bestimmung liegt vor, wenn die Fassung des Beschlusses so mangelhaft ist, dass dessen Überprüfung nicht mit Sicherheit vorgenommen werden kann oder keine Begründung enthält und diesen Mängeln durch eine Berichtigung des Beschlusses nicht abgeholfen werden kann. Damit entspricht die Norm im Wesentlichen § 477 Abs 1 Z 9 ZPO (RIS-Justiz RS0121710), weshalb die in Rechtsprechung und Lehre entwickelten Kriterien zum Vorliegen dieses Nichtigkeitsgrundes heranzuziehen sind (5 Ob 155/08t). Diese Nichtigkeit ist demnach nur dann gegeben, wenn ein Widerspruch im Spruch selbst und ein Mangel der Gründe überhaupt vorliegt oder die Entscheidung so unzureichend begründet ist, dass sie sich nicht überprüfen lässt, nicht aber, wenn eine mangelhafte Begründung vorliegt (RIS‑Justiz RS0007484, RS0042133). Keiner dieser Umstände ist hier gegeben. Der geltend gemachte Begründungsmangel hindert die Überprüfung der angefochtenen Entscheidung keineswegs.

3. Die Rüge, dass das Kartellgericht das Vorbringen der Antragstellerin zum Marktbeherrschungstatbestand gemäß § 4 Abs 3 KartG ohne Begründung nicht erledigt habe, betrifft nicht das Verfahren, sondern die rechtliche Beurteilung des Erstgerichts. Das Fehlen einer rechtlichen Begründung zu einzelnen Fragen begründet keine Nichtigkeit (RIS-Justiz RS0042203).

4.1. Unberechtigt ist die Rüge, dass die Öffentlichkeit gesetzwidrig von den Verhandlungen ausgeschlossen worden sei (§ 57 Z 2 AußStrG). Der Mangel nach § 57 Z 2 AußStrG ist nicht von Amts wegen wahrzunehmen (§ 55 Abs 3 AußStrG e contrario; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 57 Rz 5 und 20) und erfordert vom Rekurswerber die Darstellung seiner Wesentlichkeit (Höllwerth in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 19 Rz 58 f).

4.2. Die Antragsgegnerinnen beantragten, die Öffentlichkeit von den durchzuführenden mündlichen Verhandlungen auszuschließen. Die Antragstellerin erklärte sich damit einverstanden. Das Kartellgericht verkündete in der mündlichen Verhandlung am 18. 12. 2009 den Beschluss auf Ausschließung der Öffentlichkeit gemäß § 47 Abs 1 KartG 2005 iVm § 19 Abs 3 AußStrG. Die Antragstellerin und der Bundeskartellanwalt verzichteten auf Rechtsmittel gegen diesen nicht selbständig anfechtbaren Beschluss (§ 173 Abs 2 Satz 2 ZPO iVm § 19 Abs 5, § 45 AußStrG). Sie kann daher nicht mit ihrem Rekurs gegen die Sachentscheidung geltend machen, die Ausschließung sei gesetzwidrig gewesen.

4.3. Entgegen der Meinung der Rekurswerberin begründet der Ausschluss der Öffentlichkeit bei der Verkündung der Sachentscheidung in der mündlichen Verhandlung am 28. 10. 2014 keine Nichtigkeit, ist doch im AußStrG nicht normiert, dass sich die Ausschließung nicht auf die Verkündung der Sachentscheidung beziehen darf, und die Anwendung des § 172 Abs 3 ZPO im Verfahren außer Streitsachen nicht angeordnet (§ 19 Abs 5 AußStrG).

5.1. Der Rechtsmittelgrund der Aktenwidrigkeit ist nur gegeben, wenn Feststellungen auf aktenwidriger Grundlage getroffen werden, wenn also der Inhalt einer Urkunde, eines Protokolls oder eines sonstigen Aktenstücks unrichtig wiedergegeben und infolgedessen ein fehlerhaftes Sachverhaltsbild der rechtlichen Beurteilung unterzogen wurde, nicht aber schon dann, wenn das aufgrund der Beweisaufnahme gewonnene Sachverhaltsbild bloß vom Parteivorbringen abweicht (RIS-Justiz RS0043347). Eine Aktenwidrigkeit besteht nicht in einem Widerspruch zwischen einer Tatsachenfeststellung und irgendeinem vorhandenen Beweismittel, sondern ausschließlich in einem Widerspruch zwischen dem Inhalt eines bestimmten Aktenstücks einerseits und Zugrundelegung und Wiedergabe desselben durch das Gericht andererseits (RIS-Justiz RS0043284). Sie liegt auch dann nicht vor, wenn eine allenfalls mögliche Feststellung nicht getroffen oder eine Feststellung durch Schlussfolgerung gewonnen wurde, mag diese auch unrichtig sein (RIS-Justiz RS0043347 [T20, T21]; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth,AußStrG § 45 Rz 80; Schramm in Gitschthaler/Höllwerth, AußStrG § 66 Rz 24 mwN).

5.2. Der Rekurs legt nicht dar, welche konkrete Feststellung des Erstgerichts mit welchem bestimmten Aktenstück in Widerspruch steht. Die Ausführung, dass das Erstgericht die aktenkundigen Aussagen des Sachverständigen für den Zeitraum des Markteintritts eines Mitbewerbers 2003 und davor nicht „aufgenommen“ habe, zeigt eine Aktenwidrigkeit nicht auf, liegt sie doch nicht vor, wenn ein Beweisergebnis übergangen wird (RIS-Justiz RS0043402 [T4]).

6. Nach Ansicht der Rekurswerberin ist der Missbrauchstatbestand des § 5 Abs 1 Z 1 KartG 2005 und des Art 102 lit a AEUV (Preishöhenmissbrauch bzw missbräuchliche Vertragskonditionen) verwirklicht. Der verfahrenseinleitende Antrag basiere auf einer Schockanalyse. Diese zeige, dass vor dem Markteintritt der „Mavericks“ im Jahr 2003 das Miettankflüssiggassegment und das Eigentankflüssiggassegment auf etwa demselben Preisniveau gelegen sei, danach seien aber die Eigentankflüssiggaspreise drastisch gefallen und lägen nach wie vor deutlich unter den Miettankflüssiggaspreisen. Die Analyse bestätige, dass das Miettankflüssiggassegment nach dem September 2003 aufgrund der künstlichen Wechselkosten der Kopplungsvereinbarungen ausgebeutet werde. Der wirksame Wettbewerb im Eigentankflüssiggassegment sei nicht in der Lage, die Preissetzungsmacht im Miettankflüssiggassegment einzuschränken. Diese Art von Preismissbrauch auf Grundlage von Kopplungsvereinbarungen, die von denjenigen abweichen, die sich bei wirksamem Wettbewerb ergeben würden, belege sowohl die Marktbeherrschung der Antragsgegner als auch den Missbrauch.

Dem ist zu erwidern:

6.1. Nach den nicht nur auf dem Gutachten des Sachverständigen beruhenden, mit Rekurs nicht bekämpfbaren Feststellungen des Erstgerichts kann die Preisdifferenz zwischen Flüssiggas, das auf dem freien Markt gekauft wird, und jenem, das von Miettankkunden von ihren Vermietern bezogen wird, sehr unterschiedlich sein, und zwar von einem minimalen Ausmaß bis zu etwa 20 % seit 2005 und bis zu etwa einem Drittel von 2002 bis 2005. Die Rechtsrüge geht daher insofern nicht vom festgestellten Sachverhalt aus.

6.2. Ob die Kopplung zu einer Ausbeutung der Verbraucher führt, kann im Übrigen nicht allein von den für das Sekundärprodukt (Flüssiggas) von den Miettankkunden zu zahlenden Preisen abhängen, sondern es sind auch die Aufwendungen für das Primärprodukt (Flüssiggastank) zu berücksichtigen. So hat der Sachverständige ausgeführt (ON 208, S 73), für die Beurteilung der disziplinierenden Wirkung des Primärmarkts auf den Sekundärmarkt „Miettankgas“ sei ein Vergleich der Gesamtkosten zwischen Miettanks und Eigentanks heranzuziehen, nicht ein Preisvergleich von Miettank-Flüssiggas und Eigentank-Flüssiggas. Inwieweit diese Aussage des Sachverständigen gegen zwingende Denkgesetze verstößt, führt die Rekurswerberin (insbesondere in FN 51 des Rechtsmittels) nicht aus.

6.3. Der verbotene Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung kann in der an die Vertragsschließung geknüpften Bedingung bestehen, dass die Vertragspartner zusätzliche Leistungen annehmen, die weder sachlich noch nach Handelsbrauch in Beziehung zum Vertragsgegenstand stehen (§ 5 Abs 1 Z 4 KartG 2005 [gleichlautend § 35 Abs 1 Z 4 KartG 1988]; Art 102 lit d AEUV [ex Art 82 lit d EG]).

6.4. In der Entscheidung des Kartellobergerichts 16 Ok 12/96 = SZ 69/275 wurde die Kopplung des Mietvertrags über den Flüssiggastank mit der Pflicht des Mieters, für die gesamte Dauer des Bestandverhältnisses die gemietete Tankanlage ausschließlich mit vom vermietenden Flüssiggasunternehmen bezogenem Flüssiggas befüllen zu lassen, als wirtschaftlich zweckmäßig und im Interesse sowohl der Flüssiggaslieferanten als auch ihrer Kunden liegend beurteilt. Daraus habe sich der Handelsbrauch entwickelt, wonach die Vermietung von Flüssiggastanks mit einer Alleinbezugsverpflichtung des Mieters für diesen Tank verknüpft sei. Diese Übung befolgten neben den vier größten Unternehmen, die zusammen einen mehr als 80%igen Marktanteil besitzen, eine Anzahl anderer Firmen, die meisten bereits mehr als 20 Jahre. Dieses Marktverhalten entspreche dem Bedürfnis der Anbieter aus sicherheitstechnischen Gründen (der Tankeigentümer kenne alle sicherheitstechnischen Erfordernisse seiner Anlage) und dem Bedürfnis der Kunden, die ein komplettes Dienstleistungsangebot (Installation des Tanks, Lieferung des Flüssiggases, regelmäßige Wartung der Anlage) wünschten. Dieser Handelsbrauch schließe den Missbrauchstatbestand nach § 35 Abs 1 Z 4 KartG 1988 aus. Der Handelsbrauch sei auch mit dem EG-Recht voll vereinbar (Art 82 lit d EGV). Es sei nicht nachvollziehbar, dass zwar bei Großanlagen wie im Fall „Industriegase“ wegen des Sicherheitsrisikos eine Kopplung der Verträge zulässig sein soll, nicht aber für kleinere Anlagen für Haushalte und kleinere Industriebetriebe, bestünde doch auch bei diesen Explosionsgefahr. Der Vergleich mit der unzulässigen Kopplung der Zurverfügungstellung von Kühltruhen und der ausschließlichen Bezugsverpflichtung für Speiseeis sei daher in diesem Zusammenhang völlig verfehlt.

6.5. In der lauterkeitsrechtlichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs wurde wiederholt (auch unter Bezugnahme auf die Entscheidung 16 Ok 12/96) ausgesprochen, dass die gegen eine ausschließliche Bezugsverpflichtung des Mieters verstoßende Befüllung von mietweise zur Verfügung gestellten Flüssiggastanks durch ein drittes Unternehmen unter dem Blickwinkel der Beteiligung an einem fremden Vertragsbruch gegen § 1 UWG verstoßt (4 Ob 147/04b; 4 Ob 97/08f; 4 Ob 214/09p).

6.6. In der eine Verbandsklage nach dem KSchG betreffenden Entscheidung 9 Ob 15/05d beurteilte der Oberste Gerichtshof die vertragliche Verpflichtung des Mieters eines Flüssiggastanks, während der gesamten Dauer des Vertragsverhältnisses seine Flüssiggasanlage ausschließlich mit Flüssiggas des Vermieters zu betreiben und Flüssiggas des Vermieters zu beziehen, und die Untersagung, für die Flüssiggasanlage Flüssiggas von jedem anderen Lieferanten zu beziehen, nicht als sittenwidrige Knebelung des Verbrauchers. Unter dem Aspekt der Sicherheit, insbesondere im Zusammenhang mit dem Nachfüllen des Tanks, bestehe ein sachlicher Zusammenhang zwischen der Vermietung der Flüssiggasanlage und der exklusiven Lieferung von Flüssiggas. An dem sachlichen Zusammenhang ändere auch die Amortisation nichts.

6.7. Die dem Mieter einer Telefonanlage vertraglich auferlegte Verpflichtung, sich bei jeder Änderung ausschließlich an den Anlagenbauer zu wenden, hielt der EuGH durch den Umstand rechtfertigbar, dass die Anlage dessen Eigentum blieb (EuGH 5. 10. 1988, Rs 247/86 , Alsatel, Slg 1988, 5987 Rz 10).

6.8. Im Fall „Industriegase“ hatten sich die Lieferanten von Gasen das ausschließliche Recht zum Befüllen und zur Wartung von Lagerbehältern vorbehalten. Aus Gründen der Sicherheit erachtete die Europäische Kommission diese Kopplung für gerechtfertigt (19. Wettbewerbsbericht Rz 62, Industriegase; Eilmannsberger/Bien in Münchener Kommentar Europäisches und Deutsches Wettbewerbsrecht I² Art 102 AEUV Rz 473 mwN).

6.9. In der in einem Zusammenschlussverfahren ergangenen Entscheidung vom 26. 1. 2006, COMP/M.4028 - Flaga/Progas/JV, Rz 28, 30, befand die Europäische Kommission in Bezug auf den österreichischen Flüssiggasmarkt, dass Lieferanten üblicherweise auf Ausschließlichkeitsbindungen bestünden und das Eigentum an den Tanks behielten, die Verträge aber im Kleintanksegment üblicherweise binnen zwei Monaten gekündigt werden könnten. Auch könnten die Kunden bei Preiserhöhungen sofort kündigen. Insgesamt habe der Zusammenschluss keine wettbewerbswidrigen Auswirkungen: Der Markt sei genug fragmentiert, und die Verbraucher seien durch das Konsumentenschutzgesetz ausreichend geschützt, um Wettbewerb aufrecht zu halten.

6.10. Die Rekurswerberin meint, eine Untersagung der Alleinbezugsverpflichtung räume die Sicherheitsbedenken aus, weil die Antragsgegner Eigentümer des Miettanks blieben, ungeachtet dessen, dass alle Flüssiggasanbieter zur Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften bei sonstigem Entzug der Gewerbeberechtigung sowie Schadenersatzleistungen verpflichtet seien und der Gesetzgeber keine Sicherheitsbedenken gegenüber den seit Jahrzehnten bestehenden Eigentankbesitzern habe. Auf der Grundlage der vom Erstgericht getroffenen Feststellungen überzeugt diese Argumentation nicht. Zum einen halten nur die Antragsgegner Befüllungsvorschriften strikt ein, ihre Mitbewerber aber nicht immer. Zum anderen besteht bei Flüssiggastanks, die nicht im Eigentum von Flüssiggasunternehmen stehen und von diesen befüllt werden, ein erhöhtes Sicherheitsrisiko, weil die regelmäßige Überprüfung nicht zu 100 % gewährleistet ist. Zudem ist die Entsorgung des Gastanks durch die Kunden selbst risikobehaftet, wobei Fehler bei der Entsorgung alle zwei bis drei Jahre zu Unfällen führen.

6.11. Unter Berücksichtigung der referierten Rechtsprechung des EuGH und der Praxis der Europäischen Kommission bejaht der Senat daher weiterhin, dass die von der Rekurswerberin angegriffene Kopplung von Tankmiete und Alleinbezugsverpflichtung des Mieters für die Dauer des Mietverhältnisses aus Gründen der Sicherheit und aufgrund des Umstands, dass die gemieteten Gastanks im Eigentum des vermietenden Flüssiggasunternehmens stehen, gerechtfertigt ist, sodass die Kopplung kein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung ist (vgl zum Rechtfertigungstatbestand zwingender technischer Gründe beim Kopplungsgeschäft auch das Schrifttum, Nachweise bei Schröter/Bartl in von der Groeben/Schwarze/Hatje, Europäisches Unionsrecht7 Art 102 AEUV Rz 259).

6.12. Im Hinblick auf die Besonderheiten des vorliegenden Sachverhalts, ist ‑ entgegen der Ansicht der Rekurswerberin ‑ aus den nicht vergleichbare Sachverhalte betreffenden Entscheidungen EuG T-65/98 , Van den Bergh, ECLI:EU:T:2003:281 (Kühltruhen‑Speiseeis), bestätigt durch EuGH C-552/03 P , Van den Bergh, ECLI:EU:C:2006:607, und EuGH C-549/10 P , Tomra,ECLI:EU:C:2012:221, für ihren Standpunkt zum Vorliegen eines Missbrauchs nichts zu gewinnen.

7. Da ein Missbrauch einer marktbeherrschenden Stellung durch die Antragsgegner zu verneinen ist, muss auf die Fragen der genauen Abgrenzung des sachlich relevanten Markts, der Einzelmarktbeherrschung und der kollektiven Marktbeherrschung nicht eingegangen werden. Die diese Fragen betreffenden Rekursausführungen in der Rechtsrüge und der Verfahrensrüge sind für die Entscheidung nicht erheblich.

8. Die Anregung der Rekurswerberin, ein Vorabentscheidungsersuchen an den EuGH zur Frage zu stellen, inwieweit die Kumulative Effekt Doktrin zur Bestimmung der kollektiven Marktbeherrschung in Anwesenheit eines Netzwerks an gleichartigen vertikalen Vereinbarungen zwischen Unternehmen und Konsumenten gemäß Art 102 AEUV Anwendung finden muss, betrifft angesichts der Verneinung einer missbräuchlichen Kopplung eine nicht entscheidungsrelevante Frage.

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