OGH 4Ob147/04b

OGH4Ob147/04b6.7.2004

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Kodek als Vorsitzenden und durch die Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Hon. Prof. Dr. Griß und Dr. Schenk sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Vogel und Dr. Jensik als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** OHG, *****, vertreten durch Aubauer Berethalmy Deuretzbacher & Partner, Rechtsanwälte in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. L***** GmbH, *****, 2. Peter N*****, beide vertreten durch Dr. Clemens Thiele, Rechtsanwalt in Salzburg, wegen Unterlassung, Rechnungslegung, Schadenersatz und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 25.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz als Rekursgericht vom 5. Mai 2004, GZ 6 R 83/04d-13, in nichtöffentlicher Sitzung den Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).

Text

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Das Rekursgericht hat den Beklagten (lit a der einstweiligen Verfügung) verboten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs beim Anbieten und beim Vertrieb von sowie bei der Werbung für Flüssiggasprodukte oder sonstige Produkte oder Dienstleistungen ihres Unternehmens gegenüber Kunden die Behauptung aufzustellen, eine Fünf-Jahre-Bindungsfrist im Flüssiggasvertrag sei gesetzwidrig, ohne darauf hinzuweisen, dass Verträge mit einer Vertragsdauer von fünf Jahren mit Unternehmen zulässig sind, dass Verträge mit einer fünfjährigen Vertragsdauer mit Verbrauchern gem § 15 KSchG vor Ablauf der bedungenen Vertragsdauer kündbar sind und dass auch nach erfolgter Kündigung die Befüllung eines Flüssiggastankes, der im Eigentum der Klägerin steht, durch die Beklagten unzulässig ist. Verboten wird den Beklagten damit keineswegs - wie sie ausführen -, das Publikum über ein Urteil des Obersten Gerichtshofs wahrheitsgemäß zu informieren. Machen die Beklagten aber eine Äußerung Dritter (hier einer Presseagentur) zum Bestandteil einer Werbung für eigene Dienstleistungen ("Dürfen wir Ihre Anlage befüllen???"), so haben sie gem § 1 UWG dafür einzustehen, wenn nach dem Gesamteindruck der Werbebotschaft eine unrichtige Vorstellung beim angesprochenen Personenkreis hervorgerufen wird, die die Adressaten zum Vertragsbruch veranlassen soll. Solches ist hier - wie das Rekursgericht zutreffend ausführt - mangels Aufklärung über jene Umstände, die in lit a) des Unterlassungsgebots näher beschrieben werden, der Fall. Dass es sich um keine unter § 2 UWG fallende Ankündigung handelt, weil keine Aussage über eigene geschäftliche Verhältnisse gemacht wird, ändert im Ergebnis nichts an der Wettbewerbswidrigkeit des nunmehr verbotenen Verhaltens. Dass eine Aufklärung des Publikums durch telefonische Rückfrage bei dem in der Presseaussendung genannten Sachbearbeiter oder durch Einsichtnahme in den Originaltext des Urteils (etwa im Internet) möglich wäre, reicht jedenfalls nicht aus, die wettbewerbsrechtlichen Folgen der Unvollständigkeit abzuwenden. Von wem die Äußerung, auf die Bezug genommen wird, stammt, macht für die Haftung der Beklagten keinen Unterschied; die in diesem Zusammenhang behauptete Aktenwidrigkeit des Rekursgerichts kann damit auf sich beruhen.

2. Das Rekursgericht hat bei Würdigung der vorgelegten Urkunden (insbesondere unter Berücksichtigung des Umstands, dass mehrfach in Kundendaten der Klägerin enthaltene Eigentümlichkeiten und Schreibfehler gleichermaßen in den Adressen der Werbeaussendungen der Beklagten aufscheinen und die Beklagten konkrete alternative Beschaffungsvorgänge nicht einmal behauptet hat) als bescheinigt angenommen, dass die Beklagten in ihrer Werbung Kundendaten der Klägerin ohne deren Zustimmung verwendet haben. An dieses Ergebnis des Bescheinigungsverfahrens ist der Oberste Gerichtshof gebunden. Eine unrichtige Anwendung von Beweislastregeln ist nicht erkennbar, zumal für die im Revisionsrekurs erhobene Einwendung, die Beklagten hätten "durch eigene aufwändige Marktbearbeitung und Marktbeobachtung Adressmaterial erlangt", keine Bescheinigungsergebnisse vorliegen. Aus Telefon- oder Adressbüchern allein (auf die sich die Beklagten ua als Datenquellen berufen haben) ist jedenfalls nicht ersichtlich, wer einen Flüssiggaslagertank zu befüllen hat.

Das auf das zuvor beschriebene Verhalten abzielende Verbot (lit b der einstweiligen Verfügung) folgt höchstgerichtlicher Rechtsprechung.

Danach ist das Ausspannen von Kunden eines Mitbewerbers für sich

allein selbst dann noch nicht wettbewerbswidrig, wenn es zielbewusst

und systematisch erfolgt; erst durch Hinzutreten besonderer Umstände,

die den Wettbewerb verfälschen, wie etwa das Beschaffen von

Kundenlisten auf unlautere Weise, das Abwerben von Kunden während des

aufrechten Dienstverhältnisses, das Anschwärzen von Mitbewerbern oder

die Schädigung der Mitbewerber als einziges Ziel, wird ein

wettbewerbsrechtlich verpöntes Verhalten verwirklicht (stRsp ua ÖBl

1993, 13 = WBl 1993, 162 - Nissan-Kundendienst mwN; SZ 59/153 = WBl

1987, 13 = RdW 1987, 132 = ÖBl 1987, 125 - Montagetechnik; ÖBl 1995,

112 - Reinigungsarbeiten trotz Konkurrenzverbots; ÖBl 1997, 158 -

S-Powerfrauen; ÖBl 1998, 22 = MR 1997, 163 = ARD 4935/25/98 - Elektronik Aktuell mwN; 4 Ob 157/99p).

Steht - wie hier - nicht fest, auf welche Weise die Beklagten in den Besitz der von ihr verwendeten (wertvollen) Kundendaten der Klägerin gelangt sind, geht dies zu ihren Lasten, weil sie den naheliegenden Verdacht des unredlichen Erwerbs dieser Daten nicht entkräftet haben und somit vom Vorliegen eines besonderen, die Sittenwidrigkeit begründenden Umstands im Sinne der angeführten Rechtsprechung auszugehen war.

3. Sittenwidrig iSd § 1 UWG handelt, wer einen anderen in Wettbewerbsabsicht zum Vertragsbruch verleitet oder den Vertragsbruch eines anderen unter besonderen, die Sittenwidrigkeit begründenden Umständen ausnützt (stRsp: ÖBl 1995, 24 - Alpin-Ski-Weltcup-Werbung; s auch ÖBl 1996, 127 - Feuerlöschgeräte; ÖBl 1997, 158 - S-Powerfrauen, jeweils mwN; 4 Ob 290/02d = RdW 2003, 494; ÖBl-LS 2004/26 - Einkaufszentrum D.). Der Sittenwidrigkeitsvorwurf entfällt, wenn sich der Vertrag mit überwiegender Wahrscheinlichkeit als ungültig darstellt (ÖBl 1994, 62 - Fassbier-Pult; ÖBl-LS 2004/26 - Einkaufszentrum D.).

Das an die Beklagten gerichtete Gebot, es zu unterlassen, Flüssiggastanks, die Kunden der Klägerin mietweise zur Verfügung gestellt wurden, ohne Zustimmung der Klägerin zu befüllen, soll der Gefahr der Verleitung zum Vertragsbruch - die infolge der Korrespondenz mit der Ambros H***** KG als unmittelbar drohend bescheinigt ist - entgegenwirken und ist durch die angeführte höchstgerichtliche Rechtsprechung gedeckt.

Die Erstbeklagte durften schon deshalb aus der umgangssprachlichen Formulierung der Anfrage "...unser Tank ist derzeit zu 46% befüllt ..." nicht den juristischen Schluss ziehen, dass es sich um einen im Eigentum der Anfragerin stehenden Tank - und nicht einen solchen der Klägerin, von der die Anfragerin ihrer Angabe nach das benötigte Flüssiggas bisher bezog - handle, weil ihr als in dieser Branche tätigem Unternehmen bekannt sein musste, dass Mitbewerber häufig - einem Handelsbrauch folgend (vgl SZ 69/275) - vertraglich die ausschließliche Flüssiggasbelieferung mit Mietvereinbarungen für einen Behälter verbinden. Infolge des bestehenden Handelsbrauchs ist eine solche Koppelung selbst unter kartellrechtlichen Gesichtspunkten auch bei einer fünf Jahre übersteigenden Bindung zulässig (SZ 69/275). Dass die Beklagten die wahren Eigentumsverhältnisse am Tank nicht erforscht haben, bevor sie die Anfrage (unrichtig) dahin beantwortet haben, es sei nicht rechtswidrig, den Tank von ihnen befüllen zu lassen, geht daher - insbesondere angesichts des zuvor erwähnten Handelsbrauchs - zu ihren Lasten. Ob aber eine Fremdbefüllung nach Abschluss eines Unterbestandverhältnisses am Tank zulässig gewesen wäre, ist mangels Bescheinigung eines solchen Sachverhalts ohne Bedeutung.

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