OGH 9Ob65/15x

OGH9Ob65/15x26.11.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden sowie die Hofräte und Hofrätinnen des Obersten Gerichtshofs Mag. Ziegelbauer, Dr. Dehn, Dr. Hargassner und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei E***** Ges.m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Karl Grigkar, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei ***** S***** B*****, vertreten durch Dr. Viktor Igáli-Igálffy, Rechtsanwalt in Wien als Sachwalter, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 5. August 2015, GZ 39 R 49/15t‑37, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0090OB00065.15X.1126.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der beklagten Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Nach ständiger Rechtsprechung ist für die Berechtigung der Aufkündigung wesentlich, ob der Tatbestand zur Zeit der Aufkündigung erfüllt war. Allerdings kann eine Einstellung eines dem Mieter zum Vorwurf gemachten Verhaltens nach der Aufkündigung bei der Beurteilung, ob das Gesamtverhalten die Aufkündigung im Einzelfall rechtfertigte, mitberücksichtigt werden (RIS‑Justiz RS0070378). Verhaltensänderungen nach Einbringung der Aufkündigung haben aber nur dann Einfluss auf das Schicksal der Aufkündigung, wenn der Schluss zulässig ist, dass die Wiederholung der bisherigen Unzukömmlichkeit mit hoher Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist (5 Ob 76/15k; RIS‑Justiz RS0070340; RS0067534). Ob dies der Fall ist, kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RIS-Justiz RS0042790, RS0070340 [T3]).

Die Vorinstanzen verneinten hier eine positive Zukunftsprognose. Es könne nicht angenommen werden, dass die Beklagte ihr krankheitsbedingt gesetztes unleidliches Verhaltens iSd § 30 Abs 2 Z 3 MRG in Zukunft mit hoher Wahrscheinlichkeit unterlassen werde. Eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende Fehlbeurteilung liegt nicht vor.

Dass die Beklagte trotz ihres Krankheitsbildes (Alkoholerkrankung verbunden mit einem zerebralen Abbaugeschehen, eingeschränkten Brems‑ und Kontrollmechanismen, instabiler Affektlage, unkontrollierten und überschießenden Handlungen sowie deutlich reduzierter Frustrationstoleranz und Belastbarkeit) noch so weit über Kritikfähigkeit und Urteilsvermögen verfügt, dass sie versuchen wird, ihr künftiges Verhalten zu ändern, kann die vom Erstgericht nicht (positiv) feststellbare positive Zukunftsprognose nicht ersetzen. Ein Widerspruch zur Entscheidung 4 Ob 255/05m liegt nicht vor, weil die Sachverhalte nicht vergleichbar sind.

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision der Beklagten zurückzuweisen.

Stichworte