OGH 4Ob157/15i

OGH4Ob157/15i22.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Parteien 1. K***** GmbH & Co KG, *****, Deutschland, 2. K***** Austria GmbH, *****, beide vertreten durch Dr. Michael Krüger Rechtsanwalt GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei S*****, vertreten durch DDr. Meinhard Ciresa, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung, Feststellung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 60.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Parteien gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 31. Juli 2015, GZ 5 R 119/15d‑9, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00157.15I.0922.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Die Vorinstanzen haben den auf §§ 1 und 2 UWG gestützten Unterlassungsanspruch, der beklagten Partei möge beim Privatradiobetrieb in Österreich die Senderkurzbezeichnung „Radio Klassik“ untersagt werden, im Wesentlichen deshalb verneint, weil mangels behaupteter Verkehrsgeltung bzw einer gewissen Verkehrsbekanntheit der Bezeichnung des von der erstklagenden Partei betriebenen deutschen Senders „Klassik Radio“ keine Verwechslungsgefahr anzunehmen sei.

2. Die Rechtsansicht der Vorinstanzen bewegt sich im Rahmen der bisherigen Rechtsprechung (vgl zu § 1 UWG: RIS‑Justiz RS0114533, RS0077502 [T5], RS0078169; zu § 2 UWG: RS0124842 [T3], RS0124843 [T1], RS0127266, RS0126781) und bedarf keiner höchstgerichtlichen Korrektur. Der an sich zutreffende Hinweis im Rechtsmittel, dass eine unlautere Herkunftstäuschung nicht davon abhängt, dass die angesprochenen Kreise bei einem Zeichen wissen müssen, um welches Unternehmen es sich dabei konkret handelt (RIS‑Justiz RS0078788), lässt außer Acht, dass eine konkrete Verwechslungsgefahr dennoch nur vorliegen kann, wenn die Verkehrskreise das angegriffene Zeichen mit einem auf dem Markt befindlichen Produkt (Ware, Dienstleistung) in Verbindung bringen (4 Ob 227/12d ‑ Tico Pop‑Lutscher), was nach den Ergebnissen des Provisorialverfahrens aber nicht feststeht.

3. Entgegen den Ausführungen im Revisionsrekurs sind die terrestrischen Frequenzen in Innsbruck und die jahrelang bestehende Ausstrahlung allein nicht geeignet, den Sender der erstklagenden Partei bekannt zu machen, wenn man sich vor Augen hält, dass möglicherweise niemand von den Sendungen tatsächlich Kenntnis erlangt (vgl auch 4 Ob 148/14i ‑ Fashion One). Mangels entsprechender Grundlagen im Vorbringen bzw in den Feststellungen lässt sich eine Verkehrsbekanntheit des Senders der erstklagenden Partei auch nicht „zwangslos ableiten“.

4.1 Mit ihrem Hinweis auf die noch unbestimmten Grenzen der Nachahmungsfreiheit bei Senderbezeichnungen von Radiounternehmen und auf fehlende Rechtsprechung zum Schutz von Senderbezeichnungen, die für das gesamte Dienstleistungsunternehmen stehen, machen die Rechtsmittelwerber keine erhebliche Rechtsfrage geltend.

4.2 Die hier in Frage stehende Senderbezeichnung „Klassik Radio“ bildet den Firmenkern der erstklagenden Partei und entspricht einem Firmenbestandteil der zweitklagenden Partei. Der Oberste Gerichtshof hat bereits ausgesprochen, dass auch die Abwehr der Anlehnung an eine Firma zumindest eine gewisse Verkehrsbekanntheit erfordert (17 Ob 6/11y - alcom‑international.at; vgl auch 4 Ob 197/10i -faschingprinz.at). In der Entscheidung 4 Ob 110/10w - Musiktruch'n/Musigtruchn wurden die zu den §§ 1 und 2 UWG entwickelten allgemeinen Grundsätze auch auf den Namen einer konkreten Radiosendung angewandt und die Verwechslungsgefahr mit dem hohen Bekanntheitsgrad des nachgeahmten Sendungstitels begründet.

5. Im Übrigen richtet sich die Prüfung, ob ein Kennzeichen Unterscheidungskraft besitzt und bei einer Nachahmung Verwechslungsgefahr besteht, nach den Umständen des Einzelfalls und verwirklicht ‑ grobe Fehlbeurteilung ausgenommen ‑ keine erhebliche Rechtsfrage (RIS‑Justiz RS0121895, RS0042805, RS0066753, RS0078944 [T24]). Auch die Frage, ob der ergänzende Schutz nach § 1 UWG zum Tragen kommt, ist von zusätzlichen Umständen im Einzelfall abhängig (RIS‑Justiz RS0114533 [T12]). Das vom Rekursgericht im Anlassfall gewonnene Ergebnis bedarf keiner Korrektur durch gegenteilige Sachentscheidung.

Stichworte