OGH 14Os88/15w

OGH14Os88/15w15.9.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 15. September 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Rechtspraktikantin Mag. Weißnar als Schriftführerin in der Strafsache gegen Ivan T***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter und dritter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Linz als Schöffengericht vom 25. März 2015, GZ 40 Hv 4/15h‑91, nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00088.15W.0915.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung werden die Akten dem Oberlandesgericht Linz zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Ivan T***** des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter und dritter Fall StGB (1) und des Vergehens der Freiheitsentziehung nach § 99 Abs 1 StGB (2) schuldig erkannt.

Danach hat er am 3. Mai 2014 in L***** im einverständlichen Zusammenwirken mit der abgesondert verfolgten Alisa D*****

(1) mit Gewalt gegen eine Person und durch gefährliche Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe Gewahrsamsträgern des Juweliergeschäfts F***** Schmuck und Bargeld im Wert von zumindest 70.000 Euro mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz weggenommen und abgenötigt, indem sie die Angestellte Roswitha S***** in S***** unter Vorhalt einer Pistole in einen PKW zerrten, mit ihr zum Juweliergeschäft nach L***** fuhren, sie dort zwangen, die Eingangstüre aufzusperren und die Alarmanlage zu deaktivieren und die Wertgegenstände sodann an sich nahmen, wobei Roswitha S***** durch die ausgeübte Gewalt neben einer Rötung durch das Anlegen von Handfesseln eine posttraumatische Belastungsstörung, verbunden mit einer mehr als 24 Tage dauernden Gesundheitsschädigung (§ 84 Abs 1 StGB), erlitt;

(2) Roswitha S***** widerrechtlich gefangen gehalten und ihr die persönliche Freiheit entzogen, indem sie sie „‑ wie zu (1) beschrieben ‑ in einen PKW zerrten, nach L***** verbrachten und“ sie im Anschluss an die unter (1) dargestellte Tat mit Handschellen an einem Stiegengeländer fixierten, das Geschäftslokal versperrten und danach flüchteten, wobei die Genannte erst nach etwa zweieinhalb Stunden befreit werden konnte.

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus § 281 Abs 1 Z 5 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Die Tatrichter stützten ihre Überzeugung von der Täterschaft des Angeklagten ‑ unter ausführlicher Erörterung seiner leugnenden Verantwortung ‑ im Wesentlichen auf die für glaubwürdig erachteten Angaben der Zeugin Roswitha S*****, die Ivan T***** sowohl anlässlich einer Wahllichtbildvorlage als auch in der Hauptverhandlung mit hoher Wahrscheinlichkeit und dessen Lebensgefährtin Alisa D***** auf den ihr vorgelegten Fotos mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit als ihre Angreifer identifizierte und auch die Stimme des Angeklagten zweifelsfrei als die des Täters erkannte, im Verein mit den Aussagen der gleichfalls als verlässlich eingestuften Zeugen Margarethe S*****, Sigrid M***** und Peter R***** sowie eine Reihe weiterer Indizien (Lichtbilder aus einer Überwachungskamera, vom Zeugen Peter R***** angefertigte Fotos und eine [den PKW des Angeklagten betreffende] Organstrafverfügung), aus denen sie ‑ den Raubüberfall vorbereitende ‑ Aktivitäten des Beschwerdeführers und Alisa D*****s (Auskundschaften sowohl des Juweliergeschäfts F***** als auch der Wohnverhältnisse und Arbeitsmodalitäten des Raubopfers Roswitha S*****) an den Tagen vor dem inkriminierten Vorfall ableiteten (US 13 bis 17).

Diese ausführliche und äußerst detaillierte Beweiswürdigung des Erstgerichts entspricht sowohl den Gesetzen folgerichtigen Denkens als auch grundlegenden Erfahrungssätzen und ist solcherart ‑ dem Standpunkt der Mängelrüge zuwider ‑ aus dem Blickwinkel der

Begründungstauglichkeit (Z 5 vierter Fall) nicht zu beanstanden (RIS-Justiz RS0116732, RS0118317).

Dass dem Beschwerdeführer die Argumentation des Erstgerichts insgesamt nicht

überzeugend erscheint und aus seiner Sicht andere, für ihn günstigere

Schlüsse naheliegend gewesen wären, stellt keinen Begründungsmangel im Sinn der Z 5 dar (RIS-Justiz RS0099455, RS0099438).

Indem die Beschwerde den Beweiswert „sämtlicher“ Zeugenaussagen pauschal in Frage stellt und ‑ auf Basis eigener beweiswürdigender Erwägungen ‑ die Auffassung vertritt, die Angaben des Tatopfers seien mangels hundertprozentiger Sicherheit bei der Identifizierung zur Fundierung der bekämpften Urteilsannahme nicht geeignet, erschöpft sie sich vielmehr in einer Bekämpfung der tatrichterlichen Beweiswürdigung nach Art einer im kollegialgerichtlichen Verfahren unzulässigen Schuldbe-rufung.

Soweit sie die Beurteilung der Überzeugungskraft dieser Aussage der Sache nach auch unter dem Gesichtspunkt der

Unvollständigkeit (Z 5 zweiter Fall) als mangelhaft begründet kritisiert, verfehlt sie den ‑ nicht in der Sachverhaltsannahme der

Glaubwürdigkeit oder Unglaubwürdigkeit, sondern ausschließlich in den Feststellungen zu entscheidenden Tatsachen gelegenen ‑

Bezugspunkt des in Anspruch genommenen Nichtigkeitsgrundes (Ratz, WK-StPO § 281 Rz 431 f; RIS‑Justiz RS0119422). Der ‑ zudem ohne Angabe der Fundstellen in den Akten (RIS-Justiz RS0124172) - als unerörtert geblieben monierte angebliche Widerspruch zwischen den Bekundungen der Zeugin Roswitha S***** und Lichtbildern aus einer Überwachungskamera betrifft nämlich ausschließlich die ‑ für die Lösung der Schuldfrage und die Subsumtion irrelevante ‑ Farbe der Kleidung, die der Angeklagte und seine Lebensgefährtin „Tage vor dem Vorfall“ oder am 2. Mai 2014 getragen haben sollen.

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO). Daraus folgt die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung (§ 285i StPO).

Die Kostenersatzpflicht beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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