Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Die Klägerin hat mit der Beklagten eine Betriebshaftpflichtversicherung für das Baugewerbe und Baunebengewerbe abgeschlossen. Dem Versicherungs-verhältnis liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 1993), die ergänzenden Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (EHVB 1993) und die Vertragsgrundlagen für das Baugewerbe und Baunebengewerbe (HI 20) zugrunde.
Letztere lauten auszugsweise:
„(...)
3. Vertragshaftung
Der Versicherungsschutz bezieht sich in teilweiser Abänderung von Art 1.2.1 sowie abweichend von Art 7.1.2 AHVB nach Maßgabe des Deckungsumfangs dieses Versicherungsvertrags auch auf die vom Versicherungsnehmer übernommene vertragliche Haftung.
Ausdrücklich vom Versicherungsschutz ausgeschlossen bleiben jedenfalls Vertragsstrafen jeder Art, verursachungsunabhängige Haftungen sowie die Haftung für unvermeidliche Schäden. “
Unter den Begriff Schadenersatzverpflichtungen, die dem Versicherungsnehmer auf Grund „gesetzlicher Haftpflichtbestimmungen privaten Inhalts“ (hier Art 1.2.1 AHVB) erwachsen, sind auch vertragliche Schadenersatzansprüche (also zB solche aus positiver Vertragsverletzung oder auf Ersatz des Mangelschadens) zu zählen; handelt es sich dabei doch ‑ präziser ausgedrückt ‑ um gesetzliche Schadenersatzverpflichtungen aus einem Vertragsverhältnis, die sich bei Leistungsstörungen (Störungen des Vertragsverhältnisses) ergeben. Dagegen spricht auch nicht Art 7.1.2 AHVB der lediglich ‑ klarstellend ‑ festhält, dass Ansprüche nicht unter die Versicherung fallen, soweit sie auf Grund des Vertrags oder einer besonderen Zusage über den Umfang der gesetzlichen Schadenersatzpflicht hinausgehen; solche beruhen nämlich eindeutig nicht auf „gesetzlichen Haftpflichtbestimmungen“, sondern auf privatautonom geschaffener Verpflichtung (RIS‑Justiz RS0117142).
In Art 3 HI 20 ist abweichend von Art 1.2.1 und Art 7.1.2 AHVB vereinbart, dass der Versicherungsschutz nach Maßgabe des Deckungsumfangs des Versicherungsvertrags auch die vom Versicherungsnehmer übernommene vertragliche Haftung umfasst. Der in Art 3 HI 20 enthaltene Ausschluss kann sich daher auch nur auf derartige aus einer Vertragshaftung resultierende Schadenersatzansprüche beziehen. Da solche hier nicht geltend gemacht sind, kommt dieser Ausschluss nicht zum Tragen. Insofern kann der Beurteilung des Berufungsgerichts nicht gefolgt werden. Im Hinblick auf die reichhaltige Judikatur liegt aber dennoch keine erhebliche Rechtsfrage zur Entscheidung vor.
2. Nach § 16 Abs 1 VersVG hat der Versicherungsnehmer bei Abschluss des Versicherungsvertrags alle ihm bekannten Umstände, die für die Übernahme der Gefahr erheblich sind, dem Versicherer anzuzeigen. Erheblich sind die Gefahrenumstände, die geeignet sind, auf den Entschluss des Versicherers, den Vertrag überhaupt oder zum vereinbarten Inhalt abzuschließen, Einfluss auszuüben (7 Ob 164/11k mwN). Ein Umstand, nach dem der Versicherer ausdrücklich und schriftlich gefragt hat, gilt im Zweifel als erheblich (RIS‑Justiz RS0080628 [T1]). Nicht ausdrücklich nachgefragte Umstände sind nicht schon wegen ihrer objektiven Gefahrenerheblichkeit mitzuteilen, sondern nur dann, wenn sich eine Frage konkludent auch auf sie bezieht oder wenn ihre Mitteilung als selbstverständlich erscheint (RIS‑Justiz RS0119955 [T1]). An die vom Versicherten bzw Versicherungsnehmer bei Erfüllung seiner vorvertraglichen Anzeigepflicht anzuwendende Sorgfalt sind ganz erhebliche Anforderungen zu stellen (RIS‑Justiz RS0080641). Für eine schuldhafte Verletzung der vorvertraglichen Anzeigepflicht genügt bereits leichte Fahrlässigkeit (RIS‑Justiz RS0080572). Die Beweislast für das mangelnde Verschulden an der Verletzung einer vorvertraglichen Anzeigepflicht trifft grundsätzlich den Versicherungsnehmer (RIS‑Justiz RS0080809). Ist der Vorschrift des § 16 Abs 1 VersVG zuwider die Angabe eines erheblichen Umstands unterblieben, so kann der Versicherer nach § 16 Abs 2 VersVG vom Vertrag zurücktreten. Nach ständiger oberstgerichtlicher Rechtsprechung kann sich der Versicherer aber auch ohne Vertragsauflösung auf Leistungsfreiheit berufen, wenn er von der Verletzung der betreffenden vorvertraglichen Obliegenheit (Anzeigenobliegenheit) erst nach dem Versicherungsfall erfahren hat (7 Ob 131/14m mwN). Der Versicherer bleibt nur dann zur Leistung im Sinne des § 21 VersVG verpflichtet, wenn der Versicherungsnehmer jede mögliche Mitursache des falsch angezeigten oder verschwiegenen Umstands am Eintritt des Versicherungsfalls und den Umfang der Leistungen des Versicherers ausschließen kann (RIS‑Justiz RS0080025).
2.1 Die Beurteilung des Erstgerichts, es könne kein Zweifel daran bestehen, dass es sich bei der Übernahme eines laufenden risikoreichen Bauprojekts in einem besonders heiklen Stadium, in dem Folgeschäden unvermeidbar und Abgrenzungsschwierigkeiten zu neu auftretenden Schäden vorprogrammiert seien, vor allem im engen zeitlichen Zusammenhang mit dem Abschluss der Betriebshaftpflichtversicherung um solche gefahrenerhebliche Umstände handle, deren Mitteilung selbstverständlich erscheine, hält sich im Einzelfall im Rahmen der oberstgerichtlichen Judikatur. Der Einwand der Klägerin, sie sei davon ausgegangen, dass sie keine Haftung treffe, wenn sie nachweisen könne, dass sie ihre Arbeiten ordentlich ausgeführt habe, ändert an dieser Beurteilung nichts. Da der auf Befreiung von begründeten und auf Abwehr von unbegründeten Haftpflichtansprüchen gerichtete Versicherungsanspruch in dem Zeitpunkt entsteht, in dem der Versicherungsnehmer vom Dritten auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird, ohne dass es darauf ankommt, ob die vom Dritten erhobene Forderung berechtigt ist (RIS‑Justiz RS0080384), wäre die entsprechende Mitteilung schon im Hinblick auf die die Beklagte erwartbar treffende Pflicht zur Abwehrdeckung erheblich gewesen.
Die Rechtsansicht, die Leistungsfreiheit der Beklagten sei wegen zumindest leicht fahrlässiger Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht durch die Klägerin gegeben, die auch nicht jede mögliche Mitursache des verschwiegenen Umstands am Eintritt des Versicherungsfalls oder am Umfang der Leistung der Beklagten ausgeschlossen habe, ist damit nicht korrekturbedürftig.
3. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).
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