European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0060OB00127.15T.0831.000
Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Begründung:
Rechtliche Beurteilung
1.1. Zur Frage der Aktivlegitimation zur Erhebung einer Räumungsklage liegt bereits eine gefestigte Judikatur des Obersten Gerichtshofs vor.
1.2. Besteht an einem Anteil einer im Miteigentum stehenden Liegenschaft ein Fruchtgenussrecht, so besteht zwischen dem Fruchtnießer und dem Miteigentümer des durch ein Fruchtgenussrecht nicht belasteten Anteils eine Rechtsgemeinschaft hinsichtlich der Nutzungs‑ und Verwaltungsbefugnisse. Auf dieses Rechtsverhältnis haben die Vorschriften über die Eigentumsgemeinschaft entsprechend Anwendung zu finden. Aufgrund einer solchen Rechtsgemeinschaft, die lediglich die Nutzungs‑ und Verwaltungsbefugnisse umfasst, sind zur Ausübung der sich daraus ergebenden Rechte einerseits der Fruchtnießer, anderseits der Eigentümer des nicht belasteten Anteils entsprechend den Grundsätzen der Eigentumsgemeinschaft befugt, während der Eigentümer des mit dem Fruchtgenuss belasteten Anteils hievon ausgeschlossen bleibt (3 Ob 513/80 MietSlg 32.036; RIS‑Justiz RS0011873, RS0011819).
1.3. Als obligatorischer Fruchtnießer der Hälfte der Liegenschaft ist die klagende Partei allein daher nicht zur Räumungsklage aktiv legitimiert. Nach den Vorschriften über die Eigentumsgemeinschaft ist zur Erhebung einer nach § 1118 ABGB gestützten Räumungsklage gegen den Hauptmieter nur die ‑ nach Miteigentumsanteilen zu berechnende ‑ Mehrheit der Miteigentümer berechtigt, weil die Kündigung eines Bestandvertrags in den Rahmen der ordentlichen Verwaltung fällt (RIS‑Justiz RS0013441 [T6]). Der Minderheits‑Miteigentümer allein wäre zur Klage nach § 1118 ABGB nur dann berechtigt, wenn ihm ein Verwaltungsrecht an der im Miteigentum stehenden Sache zukäme oder er die Zustimmung der Mehrheitsmiteigentümer zur Klagsführung beweist (RIS‑Justiz RS0013426). Eine solche Zustimmung zur Klagsführung durch Mag. P***** als Hälfteeigentümer hat die klagende Partei aber nicht behauptet (RIS‑Justiz RS0013437).
1.4. Die konkrete Behauptung, über ein eigenes Fruchtgenussrecht an zwei Drittel der Liegenschaft zu verfügen, wurde erstmals in der Berufung und nunmehr neuerlich in der Revision erhoben (vgl RIS‑Justiz RS0041961). Im Verfahren erster Instanz hat die klagende Partei dies niemals ausdrücklich behauptet; die Erwähnung eines Fruchtgenussrechts erfolgte dort lediglich beispielshalber im Zuge von Rechtsausführungen.
2. Der außerbücherliche Erwerber einer Liegenschaft, dem der Besitz und die Verwaltung daran schon vor der Einverleibung seines Eigentumsrechts übertragen wurde, hat zwar das Recht, den Verzug des Mieters hinsichtlich der Bestandzinsforderung mit Kündigung oder Räumungsklage geltend zu machen (RIS‑Justiz RS0106071), doch ist auch er nur im Rahmen einer Mehrheit der „Miteigentümer“ aktiv legitimiert. Der außerbücherliche Erwerb des Hälfteanteils von Mag. R***** durch die R***** OG im Rahmen des Übergabsvertrags reicht dafür nicht aus.
3. Die Rechtsprechung, wonach zur Erhebung einer Räumungsklage gegen einen titellosen Benützer auch ein Minderheitseigentümer legitimiert ist (MietSlg 60.061, 64.086; vgl auch Kodek in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.00 § 889 Rz 10 ff und § 890 Rz 10 ff) lässt sich nicht auf die Erhebung einer Räumungsklage nach § 1118 ABGB übertragen. Ein Fall der titellosen Benützung liegt hier unstrittig nicht vor. Zur Erhebung der Räumungsklage nach § 1118 ABGB gegen den Hauptmieter ist nur die Mehrheit der Vermieter und nicht ein bloßer Hälfteeigentümer aktiv legitimiert (MietSlg 36.180, 62.068; immolex 1999/174; RIS‑Justiz RS0013426).
4. Soweit die Revision den Antrag stellt, den „Sachverhalt“ an den Verfassungsgerichtshof oder Europäischen Gerichtshof heranzutragen, ist dem einerseits entgegen zuhalten, dass der Partei ein diesbezügliches Antragsrecht nicht zukommt, sondern das Gericht von Amts wegen darüber zu entscheiden hat, ob die Voraussetzungen für die Anrufung des Verfassungsgerichtshofs oder Europäischen Gerichtshof vorliegen; die Parteien können ein derartiges Ersuchen nur anregen (RIS‑Justiz RS0058452). Vor allem aber ist den Revisionsausführungen auch nicht ansatzweise zu entnehmen, die Verfassungwidrigkeit welcher konkreten Bestimmung behauptet wird oder inwiefern eine der Klärung durch eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs bedürftige Rechtsfrage des Unionsrechts vorläge.
5. Auf die nicht anwaltlich gefertigte, als „Anregung gemäß § 78 StPO“ bezeichnete weitere Eingabe der Revisionswerberin ist nicht weiter einzugehen. Abgesehen davon, dass im Verfahren vor dem Obersten Gerichtshof Anwaltspflicht besteht, ist im Revisionsverfahren schon wegen des Grundsatzes der Einmaligkeit des Rechtsmittels (vgl dazu Kodek in Fasching/Konecny ² II/2 §§ 84, 85 Rz 141 mwN) für die Einbringung weiterer Schriftsätze kein Raum. Im Übrigen betrifft die Eingabe, die auf angebliche Widersprüche bzw Unstimmigkeiten in Zeugenaussagen hinweist, ausschließlich die Tatsachenebene, die der Kognition des Obersten Gerichtshofs entzogen ist.
6. Zusammenfassend bringt die Revision daher keine Rechtsfrage der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass sie spruchgemäß zurückzuweisen war.
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