OGH 4Ob247/14y

OGH4Ob247/14y11.8.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei T***** GmbH, *****, vertreten durch Schramm Öhler Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagten Parteien 1. V***** GmbH & Co KG, *****, vertreten durch Dr. Robert Weixelbaumer und Dr. Alexa Weixelbaumer, Rechtsanwälte in Wien, und 2. Universität für Bodenkultur Wien, *****, vertreten durch die Doralt Seist Csoklich Rechtsanwalts‑Partnerschaft in Wien, wegen Unterlassung (Streitwert 70.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. Oktober 2014, GZ 1 R 147/14s‑14, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 27. Juni 2014, GZ 11 Cg 58/14p‑7, in der Hauptsache bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Dem außerordentlichen Revisionsrekurs wird insoweit nicht Folge gegeben, als die Abweisung des Sicherungsbegehrens in Ansehung der zweitbeklagten Partei bestätigt wird.

2. In Ansehung der erstbeklagten Partei wird dem außerordentlichen Revisionsrekurs hingegen Folge gegeben, der angefochtene Beschluss insoweit aufgehoben und dem Rekursgericht die neuerliche Entscheidung über den Rekurs der klagenden Partei, soweit er die Abweisung des Sicherungsbegehrens gegenüber der erstbeklagten Partei betrifft, aufgetragen.

Die klagende Partei ist schuldig, der zweitbeklagten Partei die mit 2.052,54 EUR bestimmten Kosten des Revisionsrekursverfahrens (darin 342,09 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die Kosten des Revisionsrekursverfahrens in Ansehung der erstbeklagten Partei bilden weitere Kosten des Rekursverfahrens.

Begründung

Die Universität für Bodenkultur (Zweitbeklagte) hat als öffentliche Auftraggeberin im Sinn des BVergG 2006 den Abschluss einer „Rahmenvereinbarung technische Betriebsführung, Instandhaltung, Instandsetzung und Wartung der technischen Gebäudeausrüstung und Laborausstattung“ für drei Universitätsgebäude ausgeschrieben.

Die Klägerin, die bereits in der Vergangenheit mit derartigen Dienstleistungen von der Zweitbeklagten beauftragt war, hat sich in einer Bietergemeinschaft gemeinsam mit einem anderen Unternehmen an dieser Ausschreibung beteiligt. Die Erstbeklagte beteiligte sich ebenfalls als Bieterin an der Ausschreibung und erhielt als Ergebnis des Vergabeverfahrens den Zuschlag.

Zur Sicherung ihres inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens beantragte die Klägerin, mit einstweiliger Verfügung der Erstbeklagten zu verbieten, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Leistungen, insbesondere die im gegenständlichen Vergabeverfahren angebotenen, in Erfüllung der mit der Zweitbeklagten abgeschlossenen Rahmenvereinbarung zu erbringen, und der Zweitbeklagten zu verbieten, zur Förderung des Wettbewerbs der Erstbeklagten Leistungen, insbesondere die im gegenständlichen Vergabeverfahren genannten Leistungen, aus der mit der Erstbeklagten abgeschlossenen Rahmenvereinbarung abzurufen, zu beziehen oder entgegenzunehmen sowie zur Förderung des Wettbewerbs der Erstbeklagten Vergabeverfahren in einer Weise durchzuführen, die es konkurrierenden Unternehmen, welche an der Erbringung der ausgeschriebenen Leistungen interessiert sind, erschwert oder unmöglich macht, den Zuschlag zu erhalten und/oder Entscheidungen einer vergaberechtlichen Nachprüfung zu unterziehen; insbesondere es zu unterlassen, die Ausschreibungsentscheidung zu fällen, ohne gleichzeitig die Zuschlagserteilung zu fällen, obwohl nur noch zwei Angebote im Vergabeverfahren verblieben und dadurch der Rechtsschutz des ausgeschiedenen Bieters ausgehebelt werde. Die Klägerin habe zunächst in dem von der Zweitbeklagten durchgeführten Vergabeverfahren ein Angebot abgegeben. Nachdem zuletzt nur noch die Klägerin und die Erstbeklagte als Bieter verblieben seien, habe die Zweitbeklagte einen einseitigen Prüfungsmaßstab angewendet, um das Angebot der Klägerin „hinauszuprüfen“, was ihr aufgrund des weitgehend undefinierten Leistungsbilds in den Ausschreibungsunterlagen leicht möglich gewesen sei. Die Zweitbeklagte habe das Angebot der Klägerin unter anderem mit der Behauptung ausgeschieden, ihre Kalkulation sei nicht nachvollziehbar, obwohl die beanstandeten Positionen unwesentlich gewesen seien und bei Einhaltung des Gesetzes nicht zu einer Ausscheidung hätten führen dürfen.

Hätte die Zweitbeklagte auch hinsichtlich der Erstbeklagten denselben Prüfungsmaßstab wie bei der Klägerin angewendet, wäre auch die Zweitbeklagte aus dem Vergabeverfahren auszuscheiden und das Vergabeverfahren zu widerrufen gewesen. Dies habe die Zweitbeklagte allerdings durch ein kalkuliertes und strategisches Vorgehen vermieden. Das Angebot der Erstbeklagten wäre auszuscheiden gewesen. Die Zweitbeklagte habe ohne sachlichen Grund nicht gleichzeitig die Auswahlentscheidung gefällt, sondern zunächst die Rechtskraft der Ausscheidungsentscheidung abgewartet und durch dieses kalkulierte Vorgehen sichergestellt, dass die Klägerin nicht mehr zur Stellung von Anträgen oder zur Ergreifung vergaberechtlicher Rechtsschutzinstrumente legitimiert sei, und ihr so auch ihre Entscheidung nicht mehr mitteilen müssen und die Rahmenvereinbarung ohne Einhaltung der Stillhaltefrist abschließen können. Durch ihr strategisches und kalkuliertes Vorgehen habe die Zweitbeklagte sichergestellt, dass der Abschluss der Rahmenvereinbarung und die Unterlassung des zwingend gebotenen Widerrufs im Vergabeverfahren nicht mehr bekämpft werden konnten, und so willkürlich und ohne sachlichen Grund das Angebot der Erstbeklagten auswählen können, ohne dass diese Entscheidung überprüfbar gewesen sei.

Die Erstbeklagte habe das rechtswidrige Vorgehen der Zweitbeklagten zu ihrem Vorteil ausgenutzt und zudem ein irreführendes Angebot gelegt, verweigere jedoch nunmehr trotz Vertragsabschlusses die Leistungserbringung mit der Begründung, dass eine Sicherheitsevaluierung der Arbeitsplätze fehle. Auch diesbezüglich seien die Ausschreibungsunterlagen mangelhaft. Deswegen könne keinem Angebot der Zuschlag erteilt werden und sei nicht sichergestellt, dass der Auftrag tatsächlich durchgeführt werde. Indem die Zweitbeklagte der Klägerin den Rechtsschutz entzogen und die Erstbeklagte Aufklärungspflichten gegenüber der Klägerin verletzt habe, hätten beide Beklagten vorvertragliche Schutz‑ und Sorgfaltspflichten gegenüber der Klägerin verletzt. Das Verhalten beider Beklagten sei im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs erfolgt, habe gegen die guten Sitten verstoßen und sei geeignet, den Wettbewerb nicht nur unerheblich zu beeinflussen. Die Erstbeklagte habe überdies ‑ mit der unrichtigen Behauptung, ein den Ausschreibungsbedingungen entsprechendes Angebot gelegt zu haben ‑ zu Zwecken des Wettbewerbs zur Irreführung geeignete Angaben gemacht. Der Abschluss einer Rahmenvereinbarung durch die Zweitbeklagte mit einem auszuscheidenden Bieter sei eine Verletzung der Ausschreibungsfestlegung, eine Verletzung der durch die Ausschreibung begründeten vorvertraglichen Schutz‑ und Sorgfaltspflichten gegenüber der Klägerin und ein rechtsmissbräuchliches Verhalten sowie eine Behinderung. Die Erstbeklagte habe von der Vergaberechtswidrigkeit der Ausschreibungsfestlegung gewusst, dennoch ein Angebot gelegt und gehofft, einen Vorteil aus den vergaberechtswidrigen Ausschreibungsfestlegungen zu ziehen, um sich einen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Auch sie habe gegen vorvertragliche Schutz‑ und Sorgfaltspflichten verstoßen und überdies die Zweitbeklagte über ihr an sich auszuscheidendes Angebot irregeführt. Da die Klägerin im Vergabeverfahren rechtskräftig ausgeschieden sei, sei sie nach der Rechtsprechung nicht mehr legitimiert, die Unterlassung des Ausscheidens des Anbots der Erstbeklagten und die Unterlassung des Widerrufs der Ausschreibung einer Nachprüfung zu unterziehen. Mangels Antragslegitimation könne sie auch nicht die Feststellung begehren, dass das Angebot der Erstbeklagten auszuscheiden und das Verfahren zwingend zu widerrufen gewesen wäre. Ein Feststellungsbescheid als Voraussetzung für die Anrufung des Gerichts könne daher nicht erwirkt werden.

Beide Beklagten wendeten unter Hinweis auf § 341 Abs 2 BVergG 2006 die Unzulässigkeit des Rechtswegs ein. Solange das Bundesverwaltungsgericht keinen Verstoß gegen Bestimmungen des Bundesvergabegesetzes festgestellt habe, sei die Einbringung einer Klage unzulässig. Überdies fehle der Klägerin, die im Rahmen einer Bietergemeinschaft angeboten habe, die Aktivlegitimation. Forderungen der Bietergemeinschaft, einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts, seien Gesamthandforderungen, die nur von allen Gesellschaftern gemeinsam geltend gemacht werden könnten. Die Behauptung, das Angebot der Erstbeklagten wäre auszuscheiden gewesen, sei unsubstantiiert und unbescheinigt; das Angebot sei vielmehr vergaberechtskonform. Unlauteres Verhalten der Erstbeklagten fehle. Die Zweitbeklagte habe nicht im geschäftlichen Verkehr gehandelt, sondern bloß eine Beschaffung durchgeführt und Leistungen nach den Bestimmungen des BVergG 2006 ausgeschrieben. Eine Förderung fremden Wettbewerbs liege nicht vor, sei es doch Ziel und Zweck der Auftragserteilung an die Erstbeklagte gewesen, die technische Betriebsführung im Universitätsgebäude sicherzustellen. Die Zweitbeklagte habe sich weder rechtsmissbräuchlich verhalten, noch Verträge gebrochen oder den Wettbewerb der Klägerin behindert.

Das Erstgericht wies den Sicherungsantrag ab. Der ordentliche Rechtsweg stehe der Klägerin nicht offen, weil sie die in § 341 Abs 2 BVergG geforderte Feststellung der Vergabekontrollbehörde nicht erwirkt habe. Die Beschaffungstätigkeit öffentlich‑rechtlicher Körperschaften sei keine Teilnahme am Erwerbsleben und kein Handeln im geschäftlichen Verkehr. Der gegenüber der Zweitbeklagten behauptete Anspruch bestehe daher schon aus diesem Grund nicht zu Recht. Überdies könne das Verbot, vertraglich geschuldete Leistungen zu erbringen, das die Klägerin gegenüber der Erstbeklagten begehre, nicht Gegenstand einer einstweiligen Verfügung sein.

Das Rekursgericht bestätigte die Antragsabweisung (in der Hauptsache) und sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 30.000 EUR übersteige und der ordentliche Revisionsrekurs nicht zulässig sei. Die Klägerin mache ausschließlich ein vom Vergaberecht erfasstes Verhalten der Beklagten geltend, sodass die Beschränkung des Rechtswegs im Sinn des § 341 Abs 2 BVergG jedenfalls anzuwenden sei. Es treffe zwar zu, dass die Klägerin nach erfolgloser Anfechtung der Ausscheidungsentscheidung rechtskräftig aus dem Vergabeverfahren ausgeschieden sei, nach wie vor sei aber vor dem Bundesverwaltungsgericht ein von der Bietergemeinschaft, der die Klägerin angehöre, eingeleitetes Verfahren anhängig, in dem die Klägerin die Feststellung der nach ihren Behauptungen von den Beklagten gesetzten Vergaberechtswidrigkeiten beantragt habe. Weshalb die Klägerin in diesem Verfahren eine in § 341 Abs 2 BVergG genannte Feststellung nicht erwirken könne, lege sie in ihren Rechtsmitteln nicht dar. Da die Klägerin somit „derzeit durchaus zur Einleitung eines Nachprüfungsverfahrens legitimiert erscheine“, gelte für sie nach wie vor das Erfordernis der Erwirkung einer Feststellung im Sinn der genannten Gesetzesbestimmung, damit ihr der ordentliche Rechtsweg offenstehe. Der Sicherungsantrag der Klägerin sei daher zum derzeitigen Zeitpunkt schon mangels Zulässigkeit des Rechtswegs zurückzuweisen; auf die weiteren Rekursgründe müsse daher nicht mehr eingegangen werden.

Rechtliche Beurteilung

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Klägerin, mit dem sie ihr Sicherungsbegehren weiter verfolgt, ist zur Klärung der Frage der Rechtswegzulässigkeit zulässig, aber nur in Ansehung der Erstbeklagten im Sinn des hilfsweise gestellten Aufhebungsantrags auch berechtigt.

1. Zur Zulässigkeit des Rechtswegs:

Die Vorinstanzen gingen übereinstimmend davon aus, dass für die Geltendmachung der von der Klägerin verfolgten Unterlassungsansprüche die Feststellung der Vergabekontrollbehörde gemäß § 341 Abs 2 BVergG 2006 Zulässigkeitsvoraussetzung ist.

Der erkennende Senat hielt bereits zu 4 Ob 100/11a ‑ Westbahn fest, dass sich die Unzulässigkeit der Unterlassungsklage (Unzulässigkeit des Rechtswegs im Hinblick auf § 341 Abs 2 BVergG 2006) über die Fallgruppe „Wettbewerbsvorsprung durch Rechtsbruch“ hinaus auf alle Klagen erstreckt, deren Gegenstand ein vom Vergaberecht erfasstes Verhalten des Auftraggebers oder eines Mitbewerbers ist, dies unabhängig von der rechtlichen Begründung des konkret geltend gemachten Anspruchs. Dazu gehören insbesondere die Wahl des Vergabeverfahrens, die Auswahl der einbezogenen Unternehmen und die Erteilung des Zuschlags. Anders zu beurteilen wäre nur ein anlässlich eines Vergabeverfahrens gesetztes Verhalten, das aus ganz anderen Gründen ‑ wegen einer unzulässigen Übernahme fremder Leistungen ‑ gegen das Lauterkeitsrecht verstößt. Ein solcher anderer Lauterkeitsverstoß ist hier nach dem Klagevorbringen aber nicht zu beurteilen, vielmehr macht die Klägerin (vor allem) geltend, die Zweitbeklagte habe durch das Ausscheiden des Angebots der Klägerin deren vergaberechtlichen Rechtsschutz unzulässig ausgehebelt, dadurch den Wettbewerb der Erstbeklagten gefördert und diese habe sich durch Legung ihres ebenfalls auszuscheidenden Anbots rechtswidrig am Vergabeverfahren beteiligt bzw sich in diesem Verfahren rechtswidrig verhalten. Das Rekursgericht ging daher zutreffend davon aus, dass die von der Klägerin erhobenen Ansprüche unter dem Blickwinkel der Zulässigkeitsbeschränkung des § 341 Abs 2 BVergG 2006 zu prüfen sind.

Das Erfordernis eines Feststellungsbescheids im Sinn des § 341 Abs 2 BVergG 2006 für die gerichtliche Verfolgung von Lauterkeitsverstößen ist aber auf jene Beteiligten zu beschränken, die zur Einleitung vergaberechtlicher Feststellungs‑ oder Nachprüfungsverfahren legitimiert sind. In jenen Fällen, in denen das Vergaberecht für einen potentiellen Kläger keinen Rechtsschutz zur Verfügung stellt, ist § 341 Abs 2 BVergG 2006 teleologisch zu reduzieren (4 Ob 216/11k ‑ Papierservietten). Ist die Klägerin oder die Bietergemeinschaft, an der die Klägerin beteiligt war, nach rechtskräftiger Ausscheidung ihres Anbots nicht mehr Beteiligte des Vergabeverfahrens und daher gemäß § 131 BVergG 2006 weder von der Zuschlagserteilung zu verständigen, noch legitimiert, gegen den Zuschlag Rechtsmittel zu ergreifen oder sonst Rechtsbehelfe des Vergaberechts zu nutzen, wäre ihr andernfalls jegliche Möglichkeit genommen, Schadenersatz zu erlangen; dies entgegen der unionsrechtlichen Vorgabe des Art 2 Abs 1 lit c der Rechtsmittelrichtlinie 89/665/EWG zur Koordinierung der Rechts‑ und Verwaltungsvorschriften für die Anwendung der Nachprüfungsverfahren im Rahmen der Vergabe öffentlicher Liefer‑ und Bauaufträge, ABl Nr L 395 vom 30. 12. 1989, idF der Richtlinie 92/50/EWG über die Koordinierung der Verfahren zur Vergabe öffentlicher Dienstleistungsaufträge ABl Nr L 209 vom 24. 7. 1992 und der Richtlinie 2007/66/EG zur Änderung der Richtlinie 89/665/EWG und 92/13/EWG im Hinblick auf die Verbesserung der Wirksamkeit der Nachprüfungsverfahren bezüglich der Vergabe öffentlicher Aufträge, ABl Nr L 335 vom 20. 12. 2007. Dem steht auch nicht die von der Zweitbeklagten ins Treffen geführte Möglichkeit entgegen, die Ausscheidungsentscheidung zu bekämpfen. Die Rechtmäßigkeit der Ausscheidungs-entscheidung hat nämlich nicht notwendigerweise damit zu tun, dass sich verbliebene Bieter (im vorliegenden Fall etwa die Erstbeklagte) im Vergabeverfahren rechtswidrig verhalten und damit unlauter geschäftliche Vorteile, etwa die Zuschlagserteilung erreichen und damit gegenüber der Klägerin einen ungerechtfertigten Vorsprung im Wettbewerb erlangen. An der Rechtsprechung des Senats zur teleologischen Reduktion der Zulässigkeitsbeschränkung des § 341 Abs 2 BVergG 2006 (4 Ob 216/11k ‑ Papierservietten) ist daher festzuhalten.

Der Klägerin ist es hier nach rechtskräftiger Ausscheidung aus dem Vergabeverfahren nicht möglich, ein vergaberechtliches Nachprüfungsverfahren anzustrengen und eine inhaltliche Prüfung allfälliger Rechtswidrigkeiten des Vergabeverfahrens zu erreichen (fehlende Antragslegitimation, VwGH 2009/04/0302). § 341 Abs 2 BVergG 2006 soll nach dem Willen des Gesetzgebers divergierende Entscheidungen der Vergabekontrollbehörden und der Gerichte vermeiden bzw die Gerichte entlasten, weswegen das Vorliegen eines Vergaberechtsverstoßes von der zuständigen Vergabekontrollbehörde beurteilt werden soll (EB, 1.171 BlgNR 22. GP , 146). Mangels Antragslegitimation der Klägerin (der Bietergemeinschaft, der die Klägerin angehörte) im vergaberechtlichen Verfahren ist aber nicht mehr zu befürchten, dass es zu divergierenden Entscheidungen kommt.

Die Vorinstanzen sind daher zu Unrecht davon ausgegangen, dass der Klägerin der Rechtsweg gar nicht offenstünde.

2. Zum Unterlassungsbegehren gegenüber der Erstbeklagten:

Da das Rekursgericht den Rechtsweg für unzulässig hielt, hat es die weiteren gegen die erstgerichtliche Antragsabweisung gerichteten Rekursargumente nicht überprüft und sich insbesondere nicht mit der Mängelrüge befasst. Diese Prüfung wird im fortzusetzenden Rekursverfahren nachzuholen sein.

Das vom Erstgericht zur hilfsweisen Begründung der Antragsabweisung gebrauchte Argument, ein Verbot, die vertraglich geschuldete Leistung zu erbringen, sei grundsätzlich unberechtigt, trägt allerdings nicht. Der Oberste Gerichtshof hat bereits mehrfach ausgesprochen, dass nach dem UWG auch die Erfüllung eines Vertrags mit einem Dritten verboten werden kann (RIS‑Justiz RS0078475), dies auch im vergaberechtlichen Zusammenhang, und daran auch nach Kritik festgehalten (4 Ob 216/11k mwN). Darüber hinaus entspricht es ständiger Rechtsprechung, dass dem wettbewerbswidrig Handelnden keine Früchte seines unlauteren Verhaltens verbleiben dürfen (RIS‑Justiz RS0116233, RS0077809, RS0109850).

Auch das Argument fehlender aktiver Klagelegitimation überzeugt nicht. Die Klägerin ist ungeachtet ihrer Beteiligung am konkreten Vergabeverfahren als Teil einer Bietergemeinschaft jedenfalls Mitbewerberin der Erstbeklagten und als solche zur Geltendmachung lauterkeitsrechtlicher Ansprüche gegen diese legitimiert. Im Übrigen könnte der Gesellschafter einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (hier Bietergemeinschaft) lauterkeitsrechtliche Unterlassungsansprüche wohl auch selbständig geltend machen und bedarf hiefür nicht der Zustimmung der Mitgesellschafter. Der Unterlassungs-anspruch steht nämlich jedem zu, der von einem tatbestandsmäßigen Verhalten unmittelbar konkret betroffen ist (Kodek/Leupold in Wiebe/Kodek, UWG2 § 14 Rz 69; vgl Gammerith in Rummel ABGB3 § 890 Rz 5 mwN).

3. Zu den Unterlassungsansprüchen gegenüber der Zweitbeklagten:

Die zweitbeklagte Universität ist gemäß § 4 UG 2002 eine juristische Person des öffentlichen Rechts. Die Universitäten sind durch eine eigene verfassungsrechtliche Bestimmung (Art 81c Abs 1 B‑VG) zur autonomen Aufgabenbesorgung befugt und besitzen die Kompetenz zur eigenständigen inhaltlichen Entscheidung in ihrem Wirkungsbereich (Berka, Verfassungsrecht5 Rz 770 f). § 4 UG gewährt den Universitäten damit alle Rechte und Pflichten, die juristischen Personen offenstehen (Mayer, UG 2002, Anm I zu § 4).

Die Klägerin nimmt (auch) die Zweitbeklagte nach § 1 Abs 1 Z 1 UWG in Anspruch. Voraussetzung dafür ist ein Handeln im geschäftlichen Verkehr.

Zum geschäftlichen Verkehr gehört nach ständiger Rechtsprechung jede auf Erwerb gerichtete Tätigkeit; Gewinnabsicht ist nicht erforderlich (RIS‑Justiz RS0077522, RS0077485). Tritt der Staat oder eine sonstige öffentlich‑rechtliche Körperschaft nicht als Träger hoheitlicher Befugnisse auf, sondern bedient er/sie sich der Rechtsformen, die auch dem Rechtsunterworfenen zur Verfügung stehen, dann handelt er/sie, auch wenn kein Gewinn angestrebt wird, im geschäftlichen Verkehr (4 Ob 234/14m mwN). Die Abgrenzung wird also danach vorgenommen, welche rechtstechnischen Mittel die Gesetzgebung zur Verwirklichung der zu erfüllenden Aufgaben bereitstellt, auch die Motive und der Zweck der Tätigkeit sind von Bedeutung. Im vorliegenden Fall wird die Universität, die Dienstleistungen für den Betrieb ihrer Gebäude einkaufen will, aber nicht unternehmerisch im Sinn einer Beteiligung am Erwerbsleben tätig. Es liegt vielmehr reine Beschaffungstätigkeit vor, mag sie auch einen großen Umfang haben. Darin liegt keine Teilnahme am Erwerbsleben (Heidinger in Wiebe/Kodek, UWG2 § 1 Rz 107; Köhler in Köhler/Bornkamm UWG33 § 2 Rn 25, § 4 Rn 13.33, je mwN). Nur wenn die öffentliche Hand Güter zum Zweck des weiteren Umsatzes beschafft, handelt sie als Unternehmer (Köhler aaO).

Dass die Beschaffungstätigkeit der Zweitbeklagten, die auf Aufwandsminimierung im Interesse des Steuerzahlers gerichtet ist, positive Auswirkungen auf den Wettbewerb des erfolgreichen Bieters (die Erstbeklagte) und negative auf jenen der im Vergabeverfahren unterlegenen (hier etwa der Klägerin) hat, ist bloße Reflexwirkung und begründet ‑ entgegen dem Standpunkt der Klägerin ‑ nicht die Annahme, die Zweitbeklagte handle überwiegend in der Absicht, den Wettbewerb der Erstbeklagten zu fördern.

Zwar setzt eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs grundsätzlich nur die objektive Eignung des Verhaltens voraus, diese Wirkung zu entfalten, aber auch bei Zutreffen dieser Voraussetzung greift das Lauterkeitsrecht nicht ein, wenn bei objektiver Betrachtung eine andere Zielsetzung eindeutig überwiegt. Das trifft bei Erfüllung typischer Aufgaben der öffentlichen Hand zu, etwa im Bereich der Daseinsvorsorge oder der Schaffung von Infrastruktur. Es ist zwar nicht ausgeschlossen, dass einzelne Unternehmen aus solchen Maßnahmen (mittelbar) einen Vorteil ziehen, dennoch wird meist das öffentliche Interesse so eindeutig im Vordergrund stehen, dass eine lauterkeitsrechtlich relevante Förderung fremden Wettbewerbs auszuschließen ist (4 Ob 40/11b ‑ Murpark).

Die Klägerin bringt auch vor, die Zweitbeklagte gehe strategisch vor und heble absichtlich den Rechtsschutz vor den Vergabekontrollbehörden aus; die damit aufgestellte Behauptung gezielter Förderung des Wettbewerbs der Erstbeklagten geht aber mangels Vorbringens eines von der gebotenen Interessenverfolgung (Aufwandsminimierung bei der Beschaffung) losgelösten Willens, gerade die Klägerin zu schädigen und die Erstbeklagte aus irgendwelchen speziellen Motiven in ihrem Wettbewerb zu fördern, ins Leere.

Die von der Klägerin gegen die Zweitbeklagte auf Grundlage des Lauterkeitsrechts erhobenen Unterlassungsansprüche, deren Sicherung sie im Provisorialverfahren anstrebt, müssen daher von vorn herein scheitern.

4. Im Ergebnis ist daher der von der Klägerin gegenüber der Erstbeklagten erhobene Sicherungsanspruch vom Rekursgericht inhaltlich zu überprüfen, die Abweisung des gegenüber der Zweitbeklagten erhobenen Sicherungsbegehrens durch die Vorinstanzen aber zu bestätigen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 393 Abs 1 EO iVm §§ 41, 50 und 52 ZPO.

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