Spruch:
Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.
Dem Angeklagten fallen die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Urteil wurde Franz B***** des Verbrechens der Vergewaltigung nach §§ 15, 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB schuldig erkannt, zu einer Freiheitsstrafe verurteilt und gemäß § 21 Abs 2 StGB in eine Anstalt für geistig abnorme Rechtsbrecher eingewiesen.
Danach hat er am 6. Dezember 2014 in S***** Franziska Z***** dadurch, dass er sie im Cafe „L*****“ mehrmals mit ihrem Schal würgte, sie zu Boden drückte, ihr das Mobiltelefon aus der Hand schlug, sie ‑ nach heftiger erfolgreicher Gegenwehr ‑ gegen einen Glastisch stieß, wiederum am Schal erfasste und zum Zweck der Durchführung des Geschlechtsverkehrs an einem unbekannten Ort zu seinem Fahrzeug zerrte und mit Gewalt auf die Rückbank seines Fahrzeugs drückte, das er in der Folge versperrte, sie nach kurzzeitig erfolgreicher Flucht brutal an den Haaren ergriff und gewaltsam abermals zum genannten Zweck zu seinem Fahrzeug schleifte und hineinsetzte, mit Gewalt zur Duldung des Beischlafs zu nötigen versucht, wobei der Tatplan lediglich aufgrund des listigen, die Flucht ermöglichenden Vorgehens des Opfers fehlschlug und die Tat eine schwere Körperverletzung (§ 84 Abs 1 StGB), nämlich mehrfache oberflächliche Abschürfungen im Bereich des Gesichts, eine Prellung im Bereich des Halses, einen Trümmerbruch des dritten Lendenwirbels sowie Hämatome im Gesichts‑ und Halsbereich zur Folge hatte.
Rechtliche Beurteilung
Dagegen richtet sich die auf § 281 Abs 1 Z 3, 4, 5, 10 und 11 StPO gestützte Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten, die ihr Ziel verfehlt.
Die Verfahrensrüge (Z 3) behauptet einen nichtigkeitsbegründenden Verstoß gegen § 126 Abs 4 StPO infolge Beiziehung des bereits im Ermittlungsverfahren von der Staatsanwaltschaft bestellten Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. W*****. Mit der Behauptung von Befangenheit des Sachverständigen im Hauptverfahren aufgrund seiner Tätigkeit im Auftrag der Staatsanwaltschaft im Ermittlungsverfahren wird jedoch der Befangenheitsgrund des § 47 Abs 1 Z 3 (iVm § 126 Abs 4 erster Satz) StPO geltend gemacht (RIS‑Justiz RS0129955), der ‑ im Gegensatz zu den Befangenheitsgründen des § 47 Abs 1 Z 1 und 2 StPO ‑ nicht mit ausdrücklicher Nichtigkeit bewehrt ist (§ 126 Abs 4 zweiter Satz StPO; vgl RIS‑Justiz RS0099118; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 199).
Entgegen der Verfahrensrüge (Z 4) durfte das Schöffengericht den in der Hauptverhandlung gestellten Antrag des Verteidigers auf Enthebung des Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. W***** und Bestellung eines anderen Sachverständigen (ON 30 S 2 und 67 f) ohne Verletzung von Verteidigungsrechten abweisen. Denn durch den Hinweis auf ein ‑ mit dem gegenständlichen Strafverfahren und den hier Beteiligten in keinem Zusammenhang stehendes ‑ Insolvenzverfahren des Sachverständigen wird dessen Befangenheit nicht aufgezeigt (vgl RIS‑Justiz RS0096914). Ein Mangel seiner Sachkunde wiederum könnte ‑ wie hier ‑ nach Erstattung eines (schriftlichen) Gutachtens (ON 17) nur mehr nach Maßgabe des § 127 Abs 3 StPO zur Beiziehung eines anderen Sachverständigen führen (vgl RIS‑Justiz RS0115712 [T10], RS0126626; Hinterhofer , WK‑StPO § 126 Rz 68; Ratz , WK‑StPO § 281 Rz 373). Soweit die Beschwerde eine behauptete Mangelhaftigkeit des schriftlichen Gutachtens darauf stützt, dass sich der Sachverständige nicht mit einem 2007 erstatteten Gutachten des Univ.‑Prof. Dr. L***** auseinandergesetzt habe, vernachlässigt sie, dass Univ.‑Prof. Dr. W***** zu diesem im Rahmen der Gutachtenserstattung in der Hauptverhandlung eingehend Stellung bezog (ON 30 S 43 ff). Bloß substratlos behauptet wird in diesem Zusammenhang, es liege „auf der Hand“, dass ein Sachverständiger, der ein Gutachten auf unvollständiger Basis erstattet habe, auch dann nicht bereit sei, von dessen Inhalt abzugehen, „wenn spätere nicht berücksichtigte Gutachten eine andere Beurteilung indizieren“ würden.
Auch der Antrag auf Vernehmung des Univ.‑Prof. Dr. L***** zum Beweis, dass im „Zeitpunkt der Entlassung des Angeklagten aus der Maßnahme nach § 21 Abs 2 StGB keine Gefährlichkeit des Angeklagten vorgelegen“ und das Gutachten des beantragten Zeugen „zum Zeitpunkt seiner Erstattung richtig“ gewesen sei sowie „sich an dieser Diagnose auch in den nachfolgenden Jahren“ keine Änderungen ergeben hätten und die Erkenntnisse dieses Gutachtens vom Sachverständigen Univ.‑Prof. Dr. W***** unzutreffend übernommen worden seien, wurde ohne Beeinträchtigung von Verteidigungsinteressen abgewiesen, weil das genannte Beweisthema weder für die Schuld‑ noch für die Subsumtionsfrage oder die Sanktionsbefugnisgrenzen relevant war (RIS‑Justiz RS0116503, RS0118319 und RS0118581).
Die behauptete Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) der Feststellung, wonach der Angeklagte aufgrund der Flucht des Opfers „von seinem Tatplan ablassen“ musste (US 7), liegt nicht vor, weil das Erstgericht ‑ für jedermann unmissverständlich ‑ konstatierte, dass Franz B***** durch die festgestellte Gewaltausübung Franziska Z***** zur Duldung des vaginalen Geschlechtsverkehrs an einem unbekannten anderen Ort im unmittelbaren Anschluss an die Verbringung mit seinem Fahrzeug nötigen wollte (US 8).
Die ‑ auf eine Verurteilung bloß wegen des Vergehens der „Nötigung nach § 105 StGB“ und jenes der „Körperverletzung nach § 83 StGB“ abzielende ‑ Subsumtionsrüge (Z 10) übergeht mit der Behauptung, nach den Urteilsfeststellungen könne „von einem ausführungsnahen Täterverhalten gerichtet auf eine Vergewaltigung (noch) nicht gesprochen werden“, erneut die Konstatierungen, wonach der Angeklagte durch die näher beschriebene Gewaltausübung Franziska Z***** zur Duldung des vaginalen Geschlechtsverkehrs an einem unbekannten anderen Ort im unmittelbaren Anschluss an die Verbringung mit seinem Fahrzeug nötigen wollte (US 8), und lässt offen, warum die Vergewaltigung trotz durch Einsatz des Nötigungsmittels bereits begonnener Tatausführung (vgl Philipp in WK² § 201 Rz 40) noch nicht ins Versuchsstadium (§ 15 Abs 2 StGB) getreten sei (RIS‑Justiz RS0089839, RS0089948). Soweit die Beschwerde mit eigenständigen beweiswürdigenden Überlegungen aus einzelnen Verfahrensergebnissen den Schluss zieht, das Verhalten des Angeklagten sei „nicht nur für das Opfer, sondern auch für einen objektiven Beobachter nicht spezifisch einem Sexualdelikt zuordenbar“ gewesen, orientiert sie sich einerseits nicht an den Urteilskonstatierungen zur objektiven (US 5 ff) und subjektiven (US 8) Tatseite (RIS‑Justiz RS0099810), und leitet andererseits nicht methodengerecht aus dem Gesetz ab, weshalb neben diesen zur Erfüllung des Tatbestands nach §§ 15, 201 Abs 1 und Abs 2 erster Fall StGB weitere Feststellungen im Sinn der Kritik des Beschwerdeführers erforderlich seien (RIS‑Justiz RS0116565).
Das auf das Vorliegen des Strafaufhebungsgrundes des Rücktritts vom Versuch (§ 16 Abs 1 StGB) zielende Vorbringen der Subsumtionsrüge orientiert sich nicht an den Urteilsfeststellungen, denen zufolge Franziska Z***** die Flucht ergriff, der Angeklagte das Verschwinden bemerkte und von seinem Tatplan ablassen musste (US 7).
Warum der festgestellte Trümmerbruch des dritten Lendenwirbels (US 7) keine an sich schwere Verletzung darstellen soll (vgl RIS‑Justiz RS0092611, RS0092473), legt die Beschwerde (Z 10) nicht dar.
Mit der Behauptung des Fehlens einer geeigneten Anlasstat iSd § 21 Abs 2 StGB orientiert sich die Sanktionsrüge (Z 11 erster Fall) erneut nicht an den Konstatierungen zum Tathergang (US 5 ff).
Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher bereits bei nichtöffentlicher Beratung sofort zurückzuweisen (§ 285d Abs 1 StPO), woraus die Zuständigkeit des Oberlandesgerichts zur Entscheidung über die Berufung und die implizierte Beschwerde folgt (§§ 285i, 498 Abs 3 StPO).
Die Kostenentscheidung gründet sich auf § 390a Abs 1 StPO.
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