OGH 10Ob54/15m

OGH10Ob54/15m30.6.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Fellinger als Vorsitzenden, die Hofräte Univ.‑Prof. Dr. Neumayr und Dr. Schramm sowie die Hofrätinnen Dr. Fichtenau und Mag. Korn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei D***** E*****, vertreten durch Dr. Klaus Riedmüller, Rechtsanwalt in Innsbruck, gegen die beklagte Partei M*****, vertreten durch Dr. Martin Wöll, Rechtsanwalt in Innsbruck, wegen Aufkündigung, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 24. April 2015, GZ 4 R 59/15b‑16, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0100OB00054.15M.0630.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

 

Begründung:

Der Kläger ist Eigentümer des Hauses N***** in ***** I*****. Der Beklagte mietete 1990 von der Rechtsvorgängerin des Klägers die im Parterre des Hauses rechts gelegene Wohnung. 2005 mietete er von ihr eine weitere Wohnung im Parterre links. Er richtete beide Wohnungen her und nutzt sie seitdem gemeinsam. Er hat seinen beruflichen und familiären Mittelpunkt in beiden Wohnungen und hält sich regelmäßig dort auf.

Der Kläger kündigte die im Parterre rechts gelegene Wohnung zum 31. 3. 2014 wegen Nichtbenutzung des Bestandgegenstands (§ 30 Abs 2 Z 6 MRG) auf.

Der Beklagte erhob Einwendungen gegen die Aufkündigung und brachte vor, dass beide Wohnungen eine wirtschaftliche Einheit darstellten und er in beiden seinen Lebensmittelpunkt habe.

Das Erstgericht hob die Aufkündigung auf. Die Voreigentümerin habe bei der Vermietung der zweiten Wohnung auf den Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG verzichtet. Dieser Verzicht binde den Kläger.

Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers nicht Folge. Der Kündigungsgrund sei durch die Benutzung zweier Wohnungen nicht erfüllt, solange der wirtschaftliche und/oder familiäre Mittelpunkt des Mieters zumindest zum Teil ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ noch in der aufgekündigten Wohnung liege. Auch die Ansicht, dass auf die Geltendmachung der Kündigung verzichtet worden sei, sei vertretbar. Die Revision erachtete es als nicht zulässig, da keine Rechtsfrage von über den Einzelfall hinausgehender Bedeutung vorliege.

Mit seiner außerordentlichen Revision wendet sich der Kläger gegen die Ansicht, dass ein Verzicht auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes vorliege. Die Wohnung werde vom Mieter auch nicht regelmäßig benutzt.

Rechtliche Beurteilung

1. Der Kündigungsgrund des § 30 Abs 2 Z 6 MRG setzt das Fehlen einer regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken durch wen immer und den Mangel eines dringenden Wohnbedürfnisses des Mieters oder eintrittsberechtigten Personen voraus. Erfolgt daher eine regelmäßige Verwendung zu Wohnzwecken, ist der dringende Wohnbedarf des Mieters oder der eintrittsberechtigter Personen gar nicht mehr zu prüfen (RIS‑Justiz RS0070217). Selbst die Benützung mehrerer Wohnungen erfüllt noch nicht den Kündigungstatbestand, solange der Mittelpunkt der Lebenshaltung zumindest zum Teil in der aufgekündigten Wohnung liegt (RIS‑Justiz RS0079252). Gemeinsame Wirtschaftsführung wird etwa dann angenommen, wenn eine Familie in zwei unmittelbar benachbarten Wohnungen gemeinsam wirtschaftet, wobei es unerheblich ist, in welcher Wohnung der Schwerpunkt der Wirtschaftsführung liegt. Dies gilt auch, wenn zu einer Kleinwohnung eine weitere Wohnung im selben Haus für Wohnzwecke angemietet wird. Beide Wohnungen bilden dann, auch wenn zwei Bestandverträge vorliegen, faktisch eine Wohneinheit (RIS‑Justiz RS0068547).

Die Ansicht des Berufungsgerichts, dass die festgestellte Nutzung beider Wohnungen durch den Beklagten einer solchen regelmäßigen Verwendung zu Wohnzwecken entspricht, stellt jedenfalls keine aufzugreifende Fehlbeurteilung dar.

2. Da das Berufungsgericht vertretbar schon das Vorliegen des Kündigungsgrundes verneint hat, muss die Frage eines Verzichts auf die Geltendmachung des Kündigungsgrundes der Nichtbenützung nicht weiter geprüft werden. Auf die diesbezüglichen Ausführungen in der Revision kommt es nicht an.

Die Revision war daher mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage im Sinn des § 502 Abs 1 ZPO zurückzuweisen.

Stichworte