European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0070OB00033.15A.0409.000
Spruch:
Den Rekursen wird nicht Folge gegeben.
Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung:
Der Kläger errichtete an seinem Wohnort ein Einfamilienhaus. Beim Abschluss des Versicherungsvertrags mit der Beklagten war er durch einen Versicherungsmakler vertreten. Bereits ein auf dem Briefpapier der Beklagten erstellter Vorschlag, der den Versicherungsmakler als Betreuer des Klägers anführt, enthielt bei einer Versicherungssumme für das Gebäude von 899.000 EUR die Beschränkung der Bauherren‑Haftpflicht auf einen Bauproduktionswert von maximal 600.000 EUR.
Im Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags waren die Gesamtbaukosten des Einfamilienhauses mit 634.000 EUR veranschlagt. Unter Mitwirkung seines Maklers schloss der Kläger mit der Beklagten für das Wohnhaus einen Bündelversicherungsvertrag ab. Versicherungsbeginn war der 30. 3. 2011. Der Versicherungsvertrag umfasst die Sparten „Feuer für Gebäude“, „Sturm für Gebäude“, „Leitungswasser für Gebäude“ und „Haftpflicht“. Die Versicherungsurkunde betreffend die Sparte „Haftpflicht“ lautet auszugsweise:
„ Versicherungsschutz
Pauschalversicherungssumme für Personen‑ und Sachschäden: | Versicherungssumme EUR 1.500.000,00 |
Haus‑ u. Grundbesitzer‑Haftpflicht: EUR 634.000,00 Gesamtwert |
|
Gebäude
Versicherungsort: ... Wohnhaus Haftpflichtversicherung ALL‑IN‑ONE EIGENHEIM Außenanlage und Zufahrtsstraßen am versicherten Grundstück im Rahmen der Pauschalversicherungssumme Bauherren‑Haftpflicht ‑ im Rahmen der Pauschalversicherungssumme bis zu einem Bauproduktionswert von maximal EUR 600.000,‑ ‑ ... Rohbauversicherung gemäß Besonderer Bedingung ... | Versicherungssumme EUR 634.000,00 |
Geltende Bedingungen
Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung von Eigenheimen ABHE 2006
...
Bes.Bed 5280 Zusätzliche Vorteilsvereinbarungen für Eigenheim‑Haftpflichtversicherung von Ein‑ und Zweifamilienhäusern im Rahmen der Allgemeinen Bedingungen für die Haftpflichtversicherung von Eigenheimen (ABHE)
...
Bes.Bed 8505 Rohbauversicherung für Ein‑ und Zweifamilienwohngebäude und deren Nebengebäude
... “
Art 2 ABHE 2006 lautet:
„ Auf welche Risken erstreckt sich der Versicherungsschutz?
1. Die Versicherung erstreckt sich nach Maßgabe des Deckungsumfanges dieser Bedingungen auf Schadenersatzverpflichtungen
...
1.2. aus der Durchführung von Abbruch‑, Bau‑, Reparatur‑ und Grabarbeiten an der versicherten Liegenschaft, wenn die Gesamtkosten des Bauvorhabens unter Einrechnung etwaiger Eigenleistungen EUR 350.000,‑ ‑ nicht überschreiten.
Für solche Bauvorhaben sind Schadenersatzverpflichtungen des Versicherungsnehmers als Bauherr mitversichert, allerdings nur insofern, als vom Bauherrn oder Projektleiter ein Verantwortlicher für die Vorbereitung des Bauprojektes und für die Ausführung des Bauwerkes (Planungs‑, Baustellenkoordinator) bestellt wurde/wird.
... “
Die „Besondere Bedingung Nr. 5280“ lautet auszugsweise:
„ ...
4. Bauherrnhaftpflichtversicherung ‑ Erhöhung des Bauproduktionswertes
In teilweiser Abänderung von Art. 2, Punkt 1.2 ABHE besteht Versicherungsschutz, wenn die Gesamtkosten des Bauvorhabens unter Einrechnung etwaiger Eigenleistungen EUR 600.000,00 nicht überschreiten. “
Die (auch in den anderen Sparten jeweils mit einbezogene) „Besondere Bedingung Nr. 8505“ lautet auszugsweise:
„Für sämtliche versicherten Sparten (ausgenommen Sparte 'Allriskversicherung von Eigenheim'), in denen das (die) in Bau befindliche(n) Gebäude dokumentiert ist (sind), gilt eine Rohbauversicherung bis zur Dauer von maximal 12 Monaten eingeschlossen.
Diese Rohbauversicherung gilt für sämtliche Gebäudebestandteile und ‑zubehör des (der) versicherten in Bau befindlichen Gebäude(s).
...
Der Versicherungsschutz im Rahmen der Haftpflichtversicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen als Bauherr bei der Errichtung von Mehrfamilienwohngebäuden und deren Nebengebäuden; weiters besteht kein Versicherungsschutz für Schadenersatzverpflichtungen, welche in mittel‑ und/oder unmittelbaren Zusammenhang mit der Tätigkeit als und/oder von Planungs‑ und/oder Baustellenkoordinator(en) stehen und/oder standen. ...“
Die (aktuell) geschätzten Baukosten betragen ohne Planungskosten 599.088 EUR inklusive Umsatzsteuer.
Am 8. 4. 2011 kam es im Zuge von Sprengarbeiten beim Errichten des Wohnhauses zu einer Beschädigung am Nachbarhaus, wofür dessen Eigentümerin insbesondere vom Kläger Ersatz begehrt.
Der Kläger begehrt aus der Haftpflichtversicherung von der Beklagten Deckungsschutz für diesen Schadensfall. Die in Art 4 der Besonderen Bedingung Nr 5280 enthaltene Grenze sei nicht anzuwenden, weil die mit der Besonderen Bedingung Nr 8505 abgeschlossene Rohbauversicherung keine solche Grenze aufweise und daher ein unbeschränkter Versicherungsschutz bestehe. Zudem sei der Begriff der Baukosten nirgends definiert, was sich zu Lasten der Beklagten auswirke. Weiters wäre die Beklagte im Hinblick auf den ihr bekannt gegebenen und auch im Versicherungsschein aufgenommenen Gebäudewert von 634.000 EUR gehalten gewesen, ihn vor der dadurch entstehenden Deckungslücke in der Haftpflichtversicherung zu warnen. Sie habe anerkannt, dass ihr sämtliche Gefahrenumstände bekannt wären. Schließlich habe sie auch auf den Einwand der Unterversicherung verzichtet.
Die Beklagte bestritt ihre Deckungspflicht, weil die Bauproduktionskosten die in Art 4 der Besonderen Bedingung Nr 5280 enthaltene Grenze von 600.000 EUR überschritten. Zwar habe ihr der Kläger nach Eintritt des Versicherungsfalls eine Kostenschätzung seines Architekten über den offenbar erst im Nachhinein reduzierten Betrag von 599.088 EUR übermittelt. Darin seien jedoch keine Planungskosten enthalten, wodurch die Wertgrenze jedenfalls überschritten werde. Eine Beratungspflicht gegenüber dem Kläger habe sie nicht getroffen, weil der Versicherungsvertrag über den im Auftrag des Klägers tätig gewordenen Makler zustande gekommen sei. Eine Prüfpflicht habe nicht bestanden. Aus der Anerkennungs‑ und Unterversicherungsverzichtsklausel leiteten sich nicht die vom Kläger gewünschten Folgen ab.
Das Erstgericht wies das Klagebegehren ab. Die Gesamtkosten des Bauvorhabens (einschließlich der Kosten des Architekten) überschritten 600.000 EUR, sodass kein Deckungsschutz für den Vorfall im Rahmen der Bauherren‑Haftpflichtversicherung bestehe. Ein Widerspruch zwischen den Bedingungen Nr 8505 und 5280 liege ebensowenig vor wie eine Undeutlichkeit des Baukostenbegriffs. Schon der Vorschlag habe eine die Bauherren-Haftpflichtgrenze von 600.000 EUR übersteigende Versicherungssumme enthalten. Die Hinweispflicht habe ausschließlich den dem Kläger zuzurechnenden Versicherungsmakler getroffen.
Das Berufungsgericht gab der Berufung des Klägers Folge und hob das Ersturteil zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Rechtlich führte es aus, bei den Planungskosten handle es sich um Baunebenkosten. Die Bauherren‑Haftpflicht unterliege einer besonderen Regelung, weil aus der Bauführung eine erhöhte Haftungsgefahr drohe. Diese Haftungsgefahr werde regelmäßig von der Größe des Bauvorhabens abhängen. Bei der Bemessung des Risikos werde die eigentliche Bausumme (ohne Nebenkosten) im Vordergrund stehen und den Planungskosten nur eine untergeordnete Bedeutung zukommen, hänge doch das von einem Bauvorhaben ausgehende Risiko vom eigentlichen Bau selbst und nicht von dessen Planungskosten ab, die je nach Stellung und Bedeutung des gewählten Architekten variieren könnten. Eine Einbeziehung von Planungskosten im Rahmen der Risikobegrenzung sei nicht sachgerecht. Ein verständiger Versicherungsnehmer werde die Planungskosten nicht hinzurechnen. Auch die von der Beklagten im Versicherungsschein gewählte Bezeichnung „Bauproduktionskosten“ deute auf eine solche einschränkende Bedeutung hin. Eine ausdrückliche, jede Unklarheit im Sinn des § 915 ABGB beseitigende und klarstellende Definition der „Bauproduktionskosten“ finde sich weder in Art 2.1.2 ABHE 2006 noch in (Art 4) der Besonderen Bedingung Nr 5280. Maßgeblich seien nur die tatsächlich entstehenden Baukosten, wozu Feststellungen fehlten, habe doch die Beklagte die Richtigkeit der vom Kläger vorgelegten Kostenschätzung bezweifelt.
Die Beklagte habe gegenüber dem Kläger keine Beratungspflichten verletzt. Abgesehen davon, dass sich der im Versicherungsschein enthaltene Betrag von 634.000 EUR auf den „Gesamtwert von Haus‑ und Grundbesitz“ beziehe, sei ein direkter Schluss von diesem oder von der Versicherungssumme auf die „Bauproduktionskosten“ nicht angebracht. Dass es bei der Vereinbarung einer Risikogrenze von 600.000 EUR wegen des höheren „Gesamtwerts von Haus- und Grundbesitz“ zwingend und erkennbar für den Versicherer zu einer Deckungslücke kommen müsse, woraus der Kläger die Verletzung der vorvertraglichen Aufklärungspflicht der Beklagten ableite, könne nicht gesagt werden. Auch ein Verstoß gegen § 864a ABGB liege nicht vor, weil es sich um eine in der Versicherungsbranche übliche Risikobegrenzung handle und diese auch nicht an überraschender Stelle platziert sei.
Das Berufungsgericht ließ gemäß § 519 Abs 1 Z 2 ZPO mangels Rechtsprechung zum Begriff „Bauproduktionskosten“ den Rekurs an den Obersten Gerichtshof zu und sprach nachträglich ergänzend aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands „30.000 EUR“ ‑ die maßgebliche Wertgrenze beträgt 5.000 EUR (7 Ob 165/14m mwN) ‑ übersteige.
Gegen den Aufhebungsbeschluss richten sich die Rekurse beider Parteien; der des Klägers mit dem Begehren auf „Abänderung“ des Beschlusses des Oberlandesgerichts Wien; der der Beklagten mit dem Antrag, das Urteil des Erstgerichts wiederherzustellen.
Die Parteien beantragen in den Rekursbeantwortungen jeweils, das Rechtsmittel der Gegenseite zurückzuweisen, hilfsweise ihm keine Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Rekurse sind zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie sind aber im Ergebnis nicht berechtigt.
1. Der Kläger releviert eine Aufklärungspflichtverletzung der Beklagten, die ihm trotz Nennung der vermutlichen Errichtungskosten von 634.000 EUR den Abschluss einer Bauherren‑Haftpflichtversicherung, die auf Bauvorhaben bis 600.000 EUR beschränkt sei, angeboten habe. Für die Beklagte sei erkennbar gewesen, dass der angebotene Versicherungsschutz gravierende Deckungslücken aufweise. Darüber sei er nicht aufgeklärt worden. Überdies liege ein Verstoß gegen § 864a ABGB vor, weil für ihn beim bekannt gegebenen Bauwert die vereinbarte Bedingung Nr 5280 überraschend sei, sodass er mit deren Anwendung nicht zu rechnen brauchte. Zudem rügt er ohne nähere inhaltliche Darlegungen einen Widerspruch zwischen den Bedingungen Nr 5280 und 8505 und verweist unkonkret auf die vereinbarte Klausel zum Unterversicherungsverzicht.
Die Beklagte argumentiert, dass auch Planungskosten notwendige Kosten eines Bauvorhabens seien und daher im Rahmen der vereinbarten Haftungsbeschränkung zu berücksichtigen seien. Unter „Gesamtkosten des Bauvorhabens“ seien nach allgemeinem Verständnis auch die Planungskosten zu verstehen. Rechne man die Planungskosten den geschätzten Kosten von 599.088 EUR hinzu, werde der „Haftungsausschlussbetrag“ von 600.000 EUR überschritten.
Der Oberste Gerichtshof hat dazu erwogen:
2.1. Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach ständiger Rechtsprechung nach den Grundsätzen der Vertragsauslegung (§§ 914, 915 ABGB) auszulegen, und zwar orientiert am Maßstab des durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmers und stets unter Berücksichtigung des erkennbaren Zwecks einer Bestimmung (RIS‑Justiz RS0050063 [T71]; RS0112256 [T10]). Es findet deshalb auch die Unklarheitenregelung des § 915 zweiter Halbsatz ABGB Anwendung. Unklarheiten gehen zu Lasten der Partei, von der die Formulare stammen, das heißt im Regelfall zu Lasten des Versicherers (RIS‑Justiz RS0050063 [T3]). Die Klauseln sind, wenn sie nicht Gegenstand und Ergebnis von Vertragsverhandlungen waren, objektiv unter Beschränkung auf den Wortlaut auszulegen (RIS‑Justiz RS0008901 [T19]; 7 Ob 184/14f mwN).
2.2. Der Kläger vereinbarte mit der Beklagten eine so bezeichnete „Bauherren‑Haftpflicht“ bis zu einem Bauproduktionswert von maximal 600.000 EUR. Versicherungsschutz besteht für das Risiko des Klägers, als Bauherr von bestimmten Bauarbeiten in Anspruch genommen zu werden. Nach Art 4 der Besonderen Bedingung Nr 5280 iVm Art 2.1.2. ABHE 2006 sind Schadenersatzverpflichtungen des Klägers als Bauherr aus der Durchführung von Abbruch‑, Bau‑, Reparatur‑ und Grabarbeiten an der versicherten Liegenschaft mitversichert, wenn die Gesamtkosten des Bauvorhabens unter Einrechnung etwaiger Eigenleistungen 600.000 EUR nicht überschreiten.
Die Begrenzung der versicherten Bauarbeiten eines Bauherrn auf bestimmte Gesamtbaukosten stellt eine Risikobegrenzung dar (7 Ob 7/79 = VersR 1981, 268 = RIS‑Justiz RS0080132), die ihren Sinn darin hat, dass die Risiken von Baumaßnahmen nur in gewissem Umfang von der Haftpflichtversicherung gedeckt sein sollen. Sinn der vorgesehenen Risikobeschränkung (hier: auf Bauvorhaben mit Gesamtbaukosten bis 600.000 EUR) ist es, die mit Bauvorhaben größeren Umfangs verbundene Vielzahl nicht überschaubarer und für den Versicherer kaum oder nur schwer kalkulierbarer Risiken vom Versicherungsschutz auszuschließen (7 Ob 30/88 = VersR 1989, 826 = RIS‑Justiz RS0081896). Je umfangreicher ein Bauvorhaben ist, desto größer sind die Risiken, dass Dritte durch die hierfür durchzuführenden Baumaßnahmen geschädigt werden.
Für die Frage, ob im Hinblick auf den Bauproduktionswert, bis zu dem Bauarbeiten unter den Haftpflichtversicherungsschutz als Bauherr fallen, Bauarbeiten als getrennt oder einheitlich zu behandeln sind, kommt es darauf an, ob diesen Arbeiten eine Gesamtplanung zugrunde liegt. Eine Aufgliederung eines einheitlichen Bauvorhabens in einzelne Teile oder eine Aufteilung des einheitlichen Projekts in einzelne Etappen ist daher unzulässig, weil dadurch der Zweck der Risikobeschränkung vereitelt würde (7 Ob 30/88 = VersR 1989, 826 = RIS‑Justiz RS0081886; Lücke in Prölss/Martin , VVG 28 BesBed PHV § 1 Rn 34; R. Koch in Bruck/Möller , VVG 9 AHB 2012 Ziff 3 Rn 82). Es kommt auf die dem Versicherungsnehmer tatsächlich entstehenden Kosten für das geplante Bauvorhaben an, nicht auf fiktive ortsübliche (vgl 7 Ob 14/85; Lücke aaO) oder auf eine bloße Kostenschätzung.
Der (in der Versicherungspolizze genannte) Bauproduktionswert ist in der Baubranche der Preis, den der Bauherr für die Durchführung eines Bauvorhabens an seine Unternehmer bezahlt ( Oberndorfer/Haring , Preisbildung & Preisumrechnung von Bauleistungen² [2014], 5). Art 4 der Besonderen Bedingung Nr 5280 und Art 2.1.2. ABHE 2006 definieren den Bauproduktionswert als „Gesamtkosten des Bauvorhabens unter Einrechnung etwaiger Eigenleistungen“. Zwar wird der Begriff „Bauproduktionswert“ im alltäglichen Sprachgebrauch nicht verwendet, jedoch ist für einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer die Formulierung „Gesamtkosten des Bauvorhabens“ hinreichend klar. Entgegen der Ansicht des Klägers und des Berufungsgerichts, die von der nicht gewählten Bezeichnung „Bauproduktionskosten“ ausgehen, fallen unter diese Gesamtkosten auch die Planungskosten eines Bauvorhabens (beispielsweise für die Einreich‑ und Ausführungsplanung oder statische Berechnung). Damit ist eine Trennung der von den Parteien nicht näher präzisierten „Planungskosten“ von den Gesamtkosten des Bauvorhabens nicht möglich, ist doch ein größeres Bauprojekt ‑ wie hier ‑ ohne diverse Planungsarbeiten nicht verwirklichbar. Eine unklare Formulierung im Sinn des § 915 zweiter Halbsatz ABGB liegt nicht vor. Die allgemeinen Planungskosten zählen für einen durchschnittlich verständigen Versicherungsnehmer zu den Gesamtkosten seines Bauvorhabens.
2.3. Da aber bislang Feststellungen zu den tatsächlichen Baukosten ‑ einschließlich der Kosten der Planung ‑ fehlen, sondern nur eine Kostenschätzung vom Erstgericht festgestellt wurde, kann noch nicht abschließend beurteilt werden, ob diese 600.000 EUR über‑ oder unterschritten werden. Sollten die tatsächlich entstandenen Gesamtbaukosten unter 600.000 EUR liegen, hätte die Beklagte Deckung zu gewähren.
3. Entgegen den Ausführungen des Klägers hält die in Art 4 der Besonderen Bedingung Nr 5280 vereinbarte Risikobegrenzung von 600.000 EUR der Geltungskontrolle des § 864a ABGB stand. Objektiv ungewöhnlich ist eine Klausel, die von den Erwartungen des Vertragspartners deutlich abweicht, mit der er also nach den Umständen vernünftigerweise nicht zu rechnen brauchte; der Klausel muss also ein Überrumpelungs‑ oder Übertölpelungseffekt innewohnen (RIS‑Justiz RS0014646). Die Vereinbarung einer Risikobegrenzung ‑ Ausschluss der Haftung der Beklagten aus der Bauherren‑Haftpflichtversicherung bei Übersteigen eines festgelegten Betrags ‑ ist grundsätzlich zulässig (7 Ob 7/79 = VersR 1981, 268) und ‑ worauf das Berufungsgericht zutreffend hinwies ‑ auch in der Versicherungsbranche als üblich anzusehen. Die Risikobegrenzung findet sich auch nicht „versteckt“, sondern ist in der Versicherungspolizze in der Sparte „Haftpflicht“ an systematisch richtiger Stelle genannt.
4. Der vom Kläger nicht näher begründete Widerspruch zwischen der Besonderen Bedingung Nr 8505 und der vereinbarten Kostengrenze in Art 4 der Besonderen Bedingung Nr 5280 liegt nicht vor. Mit der Besonderen Bedingung Nr 8505 wird eine Rohbauversicherung bis zur Dauer von maximal 12 Monaten eingeschlossen. Durch Art 4 der Besonderen Bedingung Nr 5280 erfolgt dagegen eine Erhöhung der Risikogrenze für die Bauherren-Haftpflichtversicherung (von 350.000 EUR in Art 2.1.2. ABHE 2006 auf 600.000 EUR).
Der mit der Beklagten vereinbarte teilweise Verzicht auf den Einwand der Unterversicherung bezieht sich auf die Versicherungssumme, hat aber auf die Risikobegrenzung in der Bauherren‑Haftpflichtversicherung keinen Einfluss.
5.1. Sollte festgestellt werden, dass die vereinbarte Risikogrenze von 600.000 EUR überschritten wurde, ist weiters das Vorbringen des Klägers zu berücksichtigen, dass im Zeitpunkt des Abschlusses des Versicherungsvertrags die Gesamtbaukosten mit 634.000 EUR veranschlagt waren, dies der Versicherungsmakler der Beklagten mitteilte und ihr daher diese Kosten bekannt waren. In der Haftpflichtversicherung wurde zwar dieser Betrag als Versicherungssumme für das Gebäude festgelegt, wie es dazu kam, steht derzeit aber nicht fest. Sollte ‑ wie vom Kläger vorgebracht ‑ festgestellt werden, dass die geplanten Gesamtkosten des Bauvorhabens 634.000 EUR betrugen und dies der Makler der Beklagten vor Vertragsabschluss mitteilte, hätte die Beklagte dem Kläger eine Bauherren-Haftpflichtversicherung angeboten, die für ihn von vornherein infolge Überschreitens der Risikogrenze von 600.000 EUR keine Deckung geboten hätte. Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts beziehen sich die solcherart bekannt gegebenen Gesamtbaukosten auf das Gebäude (dementsprechend auch die Versicherungssumme für das Gebäude) und nicht auch auf den Grundbesitz. Dessen Ausführungen zum „Gesamtwert von Haus‑ und Grundbesitz“ sind keine tragfähige Begründung für die verneinte Verletzung der Aufklärungspflicht.
5.2. Auch im Versicherungsvertragsrecht spielen ungeschriebene Schutz- und Sorgfaltspflichten des Versicherers, die Aufklärung und Information des Versicherungsnehmers zum Gegenstand haben, eine Rolle. Der Versicherer ist zwar nicht zur Überprüfung verpflichtet, ob das angebotene Versicherungsprodukt das Schutzbedürfnis des Versicherungsnehmers vollständig abdeckt. Doch muss der Versicherer Fehlvorstellungen, die der Versicherungsnehmer über den Deckungsumfang äußert, richtigstellen. Es besteht eine Aufklärungspflicht des Versicherers über einen Risikoausschluss, wenn erkennbar ist, dass der Versicherungsnehmer den Versicherungsschutz ‑ wie hier vorgebracht ‑ gerade für ein ausgeschlossenes Risiko anstrebt (7 Ob 2224/96a = SZ 70/15 = RIS‑Justiz RS0106980; Gruber in Fenyves/Schauer [Hrsg], VersVG § 43 Rz 103). Wird eine vorvertragliche Aufklärungs‑ und Informationspflicht schuldhaft verletzt, so muss der Versicherer dem Versicherungsnehmer alle Schäden ersetzen, die durch die Pflichtverletzung entstanden sind. Vielfach wird der Schaden des Versicherungsnehmers darin liegen, dass er sich ‑ entgegen seinen Vorstellungen über den Umfang der Versicherung ‑ nun plötzlich mit einer unerwarteten Deckungslücke konfrontiert sieht; der Schaden liegt also im Entgang des Versicherungsschutzes. Der Versicherer hat diesen Schaden auszugleichen, das heißt, dass der Versicherungsnehmer im Ergebnis so gestellt wird, als wäre er von Anfang an entsprechend seinen Deckungserwartungen „richtig“ versichert (7 Ob 2224/96a = SZ 70/15 = RIS‑Justiz RS0106981).
5.3. Nach den (mangels Durchführung eines Beweisverfahrens) spärlichen Feststellungen des Erstgerichts war der Kläger beim Abschluss des Versicherungsvertrags durch einen Versicherungsmakler vertreten. Der Versicherungsmakler ist als solcher im Sinn der §§ 26 ff MaklerG regelmäßig Doppelmakler. Er wird aber trotzdem als Hilfsperson des Versicherungsnehmers dessen Sphäre zugerechnet und hat primär als „Bundesgenosse“ des Versicherungsnehmers dessen Interesse zu wahren (§ 27 Abs 1 MaklerG; RIS‑Justiz RS0114041). Ein wirtschaftliches Naheverhältnis zwischen dem Versicherungsmakler und der Beklagten wurde von keiner der Parteien behauptet. Der Versicherungsmakler ist zur Wahrung der Interessen des Versicherungskunden im Sinn des § 27 MaklerG (in der hier anzuwendenden Fassung BGBl I 2004/131) verpflichtet. Diese Pflichten beinhalten nach § 28 MaklerG insbesondere neben der Erstellung einer angemessenen Risikoanalyse und eines angemessenen Deckungskonzepts (Z 1 leg cit) auch die Vermittlung des nach den Umständen des Einzelfalls bestmöglichen Versicherungsschutzes (Z 3 leg cit). Als Fachmann auf dem Gebiet des Versicherungswesens ist es Hauptaufgabe des Versicherungsmaklers, dem Klienten mit Hilfe seiner Kenntnisse und Erfahrung bestmöglich den jeweiligen Bedürfnissen und Notwendigkeiten entsprechenden Versicherungsschutz zu verschaffen. Er hat für seinen Kunden ein erfolgreiches Risk‑Management bei möglichst günstiger Deckung im Einzelfall durchzuführen (RIS‑Justiz RS0118893).
Ausgehend davon sind die Aufklärungspflichten des Versicherers einem Versicherungsmakler gegenüber auf Grund dessen eigenen Fachwissens geringer als gegenüber einem unvertretenen Versicherungsinteressenten (7 Ob 284/03w). Gegenüber einem durch einen professionellen Versicherungsmakler vertretenen Versicherungsnehmer treffen den Versicherer grundsätzlich nur herabgesetzte Informationspflichten, die sich letztlich auf die Erbringung allgemeiner (formelhafter) Risikohinweise beschränken ( Karollus/Koziol , Aufklärungspflichten eines Lebensversicherers gegenüber dem Kunden bei Einsatz der Lebensversicherung als Tilgungsträger für einen Kredit, insbesondere beim Vertrieb des Versicherungsprodukts über Vermittler, ÖBA 2006, 263 [269, 276]; Koban in Fenyves/Schauer [Hrsg], VersVG Anhang zu §§ 43‑48 VersVG Rz 54).
5.4. Dass der Versicherungsmakler ein bestimmtes, konkret bezeichnetes Versicherungsprodukt zum Gegenstand seiner Vertragsverhandlungen mit der Beklagten machte (vgl RIS‑Justiz RS0118896), wurde weder behauptet noch steht dies fest. Vor Abschluss des Versicherungsvertrags lag ein Vorschlag vor, der bereits eine Bauherren‑Haftpflichtversicherung bis zu einem Bauproduktionswert von maximal 600.000 EUR vorsah. Der Beklagten gegenüber sollen jedoch nach dem Vorbringen des Klägers (vom Versicherungsmakler) die Gesamtbaukosten mit 634.000 EUR bekanntgegeben worden sein. Eine Aufklärung darüber, dass bei diesen Gesamtbaukosten auf der Grundlage der vereinbarten Risikogrenze für die Bauherren-Haftpflichtversicherung von vornherein gar keine Deckung besteht, behauptete die Beklagte im erstinstanzlichen Verfahren weder in Bezug auf den Versicherungsmakler noch auf den Kläger. Wenn aber offensichtlich ist, dass bei den genannten Gesamtbaukosten gar keine Deckung besteht und dies offenkundig dem Versicherungsmakler nicht auffällt, ist der Versicherer verpflichtet, auch den Versicherungsmakler zumindest in allgemeiner Form auf seine Fehlvorstellung hinzuweisen. Unterlässt die Beklagte diese Aufklärungsverpflichtung, kann sie sich nicht darauf berufen, dass auch den unabhängigen Versicherungsmakler gegenüber dem Kläger Aufklärungspflichten treffen.
Sollte sich allerdings herausstellen (was die Beklagte behauptet, wozu aber Feststellungen fehlen), dass der vom Versicherungsmakler eingereichte und auch überprüfte Versicherungsantrag, der von ihr unverändert angenommen wurde, dem Willen des den Kläger vertretenden Maklers entsprach, der Beklagten also nicht bekannt war, dass die Gesamtkosten des Bauvorhabens schon in der Planung 600.000 EUR überstiegen, wäre ihr keine Verletzung der Aufklärungspflicht vorzuwerfen. Gleiches gilt mangels Kausalität des Fehlverhaltens auch, wenn die Gesamtkosten des Bauvorhabens über den bekannt gegebenen Kosten von 634.000 EUR lägen.
6. Da zu den Gesamtkosten des Bauvorhabens und insbesondere zu den Umständen des Abschlusses des Versicherungsvertrags Feststellungen fehlen, hat es bei der Aufhebung an das Erstgericht zu verbleiben. Dieses wird ausgehend von der dargelegten Rechtslage die Entscheidungsgrundlage zu verbreitern haben.
Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.
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