OGH 4Ob29/15s

OGH4Ob29/15s24.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei R***** GmbH, *****, vertreten durch KNIRSCH GSCHAIDER & CERHA Rechtsanwälte OG in Wien, gegen die beklagte Partei M*****gesmbH, *****, vertreten durch Mag. Harald Schuster, Rechtsanwalt in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Sicherungsverfahren 36.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 22. Dezember 2014, GZ 3 R 16/14s‑14, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0040OB00029.15S.0324.000

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Beide Parteien vertreiben Blutzuckermessgeräte. Die beklagte Partei wurde 2011 für ihr Blutzuckermessgerät „wellion CALLA premium“ mit dem von der deutschen iF International Forum Design GmbH verliehenen „iF Product Design Award“ ausgezeichnet. Für das gleiche Modell erhielt sie im Rahmen des vom Bundesminister für Wirtschaft, Familie und Jugend verliehenen „Staatspreises Design 2011“ die Auszeichnung „für den Staatspreis nominiert“. Für „wellion CALLA dialog“, ein Blutzuckermessgerät der gleichen Produktserie, wurde ihr im Rahmen des von der Wirtschaftsservice Burgenland AG (WiBAG) veranstalteten Wettbewerbs „Burgenländischer Innovationspreis 2010“ eine Auszeichnung verliehen. Auf der Verleihungsurkunde befinden sich ua die Unterschriften des Landeshauptmanns und des Landeshauptmannstellvertreters des Landes Burgenland sowie das burgenländische Landeswappen.

Die beklagte Partei weist auf den Verpackungen ihrer Blutzuckermessgeräte auf die Auszeichnungen hin. Mit diesen Hinweisen bewirbt sie auch Modelle der Produktserie, die nicht ausgezeichnet wurden, wobei das tatsächlich ausgezeichnete Modell nur im Kleindruck in einer schwer lesbaren Schrift zu lesen ist. Beim Modell „wellion CALLA classic“ wird auf den Burgenländischen Innovationspreis und den iF Product Design Award, bei den Modellen „wellion CALLA dialog“, „wellion CALLA premium“ und „wellion CALLA light“ jeweils auf alle drei Auszeichnungen hingewiesen.

Das Rekursgericht verbot mit einstweiliger Verfügung der beklagten Partei, beim Vertrieb des Blutzuckermessgeräts „wellion CALLA dialog“ die Aussage, dieses habe den iF Product Design Award oder den Staatspreis Design 2011 erhalten. Es wies das Mehrbegehren, die beklagte Partei dürfe das Landeswappen des Bundeslandes Burgenland nicht verwenden oder mit Hinweisen werben, wonach auch andere Modelle als das Gerät „wellion CALLA dialog“ den iF Product Design Award bzw dass alle vier Blutzuckermessgeräte den Burgenländischen Innovationspreis erhalten hätten oder das Blutzuckermessgerät „wellion CALLA light“ den Staatspreis Design 2011 erhalten habe.

Das Rekursgericht ging im Wesentlichen davon aus, dass die Modelle mit Ausnahme des „wellion CALLA dialog“ ein gleichartiges Design aufwiesen, sodass zwar nicht beim Letzteren, sehr wohl aber bei den anderen Modellen auf die im Rahmen der Designerwettbewerbe erlangten Auszeichnungen hingewiesen werden dürfte, dies unabhängig davon, ob das jeweils beworbene Modell die Auszeichnung erlangt hat. Für die Frage der Gleichartigkeit sei bei der Werbung mit Designerpreisen nicht auf die technischen Details, sondern auf das Design abzustellen. Beim „Burgenländischen Innovationspreis“ hielt das Rekursgericht fest, dass die beklagte Partei alle vier Modelle mit der Auszeichnung bewerben dürfe, weil für die Auszeichnung eine „no code“-Funktion maßgebend gewesen sei, die alle Modelle aufwiesen. Die Art der Benutzung des burgenländischen Landeswappens sei wegen der engen Verknüpfung der WiBAG mit dem Land Burgenland keine unlautere Geschäftspraktik, weil die beklagte Partei das Wappen weder führe noch einen falschen Eindruck erwecke, sondern damit nur illustrativ darauf hinweise, dass sie im Rahmen des Burgenländischen Innovationspreises eine Auszeichnung erhalten habe.

In ihrem außerordentlichen Revisionsrekurs macht die klagende Partei als erhebliche Rechtsfrage geltend, dass das Rekursgericht zu Unrecht davon ausgegangen sei, der beklagten Partei sei die Bewerbung von Produkten mit Auszeichnungen anderer Produkte und ‑ ohne Bewilligung ‑ mit einem Landeswappen erlaubt. Damit zeigt das Rechtsmittel keine erhebliche Rechtsfrage auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Die behauptete Mangelhaftigkeit des Rekursverfahrens wurde geprüft, liegt aber nicht vor (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 528a ZPO, § 78 EO).

2.1 Der Oberste Gerichtshof hat bereits in der lauterkeitsrechtlichen Entscheidung 4 Ob 346/62 (JBl 1963, 482 = RIS‑Justiz RS0078551) im Rahmen einer Prüfung nach § 2 UWG die umfassend begründete Ansicht vertreten, dass die einem Unternehmen verliehenen Auszeichnungen für eines seiner Produkte auch bei der Anpreisung eines anderen, gleichfalls von ihm erzeugten und gleichartigen Produkts verwendet werden dürfen, wobei in dieser Entscheidung die Gleichartigkeit zweier alkoholischer Getränke (Wermut, Likör) bejaht wurde.

2.2 Die vom Rekursgericht vertretene Rechtsansicht, die beklagte Partei sei bei einer Auszeichnung für ein von ihr hergestelltes Blutzuckermessgerät berechtigt, auch andere Modelle der Produktserie von Blutzuckermessgeräten mit gleichartigen Funktionen bzw gleichartigem Design zu bewerben, hält sich im Rahmen dieser Judikatur. Die klagende Partei erweckt mit keinen neuen Argumenten erhebliche Zweifel an der Richtigkeit dieser Entscheidung (vgl RIS‑Justiz RS0103384 [T4]).

2.3 Der Hinweis, dass sich das Rekursgericht nur auf eine einzige Entscheidung stützen kann, begründet nicht das Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage. Eine Entscheidung, die zwar bisher die einzige ist, die aber ausführlich begründet und auch vom Schrifttum ohne Kritik übernommen wurde (vgl zB Anderl/Appl in Wiebe/Kodek , UWG 2 § 2 Rz 440 oder Duursma in Gumpoldsberger/Baumann , UWG § 2 Rz 126) und zu der gegenteilige Entscheidungen nicht vorliegen, reicht für das Vorliegen einer gesicherten Rechtsprechung aus (RIS‑Justiz RS0103384). Ob die oberstgerichtliche Judikatur älteren oder jüngeren Datums ist, spielt jedenfalls dann keine Rolle, wenn sich, wie im vorliegenden Fall, die maßgeblichen rechtlichen Beurteilungskriterien nicht geändert haben und auch nicht etwa im Schrifttum inzwischen beachtliche Kritik geäußert wurde (vgl RIS‑Justiz RS0103384 [T2]).

2.4 Insoweit das Rekursgericht von der Gleichartigkeit beworbener Modelle mit dem ausgezeichneten Modell ausgegangen ist, liegt schon wegen der damit verbundenen Einzelfallbezogenheit keine erhebliche Rechtsfrage vor; eine unvertretbare Fehlbeurteilung, die einer Korrektur durch den Obersten Gerichtshof bedürfte, ist dem Rekursgericht im konkreten Einzelfall jedenfalls nicht vorwerfbar. Dies auch deshalb, weil in der Rekursentscheidung nicht ‑ wie das Rechtsmittel unterstellt ‑ vertreten wird, dass sich eine Auszeichnung für ein bestimmtes Modell pauschal auf alle anderen Modelle der gleichen Serie erstreckt. Vielmehr hat das Rekursgericht einen Hinweis auf die Auszeichnung bei anderen Produkten nur dann nicht als irreführend qualifiziert, wenn die Auszeichnung für eine bestimmte Eigenschaft oder Funktion des Produkts erlangt wurde, die auch bei anderen Modellen vorliegt.

3.1 Nach dem klaren Wortlaut des Gesetzes über die burgenländischen Landessymbole (LGBl 1991/36) bedeutet nicht jeder Gebrauch des Wappens bereits eine bewilligungspflichtige Führung (vgl VwGH 1368/65 zur vergleichbaren alten Rechtslage). Trotz Fehlens einer ausdrücklichen Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu einer konkreten Fallgestaltung liegt dann keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn das Gesetz selbst eine eindeutige Regelung trifft (RIS‑Justiz RS0042656), zumal darüber hinaus das Fehlen von Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zu Bestimmungen des Verwaltungsrechts, deren Verletzung einen Mitbewerber vorgeworfen wird, für sich allein keine erhebliche Rechtsfrage begründet (RIS‑Justiz RS0123321).

3.2 Die konkrete Abgrenzung der bewilligungspflichtigen Führung von der sonstigen Verwendung des Landeswappens ist von den Umständen des Einzelfalls abhängig und bedarf hier keiner höchstgerichtlichen Klarstellung.

3.3 Die Beurteilung der Vorinstanzen, die Art der Benutzung des burgenländischen Landeswappens auf den Verpackungen der Produkte der beklagten Partei sei keine bewilligungspflichtige Führung des Landeswappens nach § 6 Bgld LandessymboleG, sondern eine Verwendung iSd § 9 leg cit und erfülle als bloß illustrativer Hinweis auf die Auszeichnung eines Unternehmens des Landes Burgenland nicht den Tatbestand einer unlauteren Geschäftspraktik, ist jedenfalls vertretbar.

Stichworte