OGH 4Ob239/14x

OGH4Ob239/14x24.3.2015

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Vogel als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Jensik, Dr. Musger, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache des Klägers Dr. M***** T*****, vertreten durch Mag. Ulrich Salburg, Rechtsanwalt in Wien, gegen die Beklagte A***** Limited, *****, vertreten durch CMS Reich-Rohrwig Hainz Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 35.711,06 EUR sA, über die Revision der Beklagten (Revisionsinteresse 27.700,07 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 23. September 2014, GZ 1 R 50/14a‑65, womit das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 14. Dezember 2013, GZ 49 Cg 181/10z‑59, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung zu Recht erkannt:

 

Spruch:

Der Revision wird nicht Folge gegeben.

Die Beklagte ist schuldig, dem Kläger die mit 1.608,48 EUR (darin enthalten 268,08 EUR USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Entscheidungsgründe:

Die Beklagte ist eine Gesellschaft mit Sitz auf der Kanalinsel Jersey und firmierte früher unter M*****. Seit Dezember 2002 notieren an der Wiener Börse von der Österreichischen Kontrollbank AG (OeKB) ausgestellte Zertifikate, die von der OeKB gehaltene Namensaktien der Beklagten vertreten (Austrian Depositary Certificates‑ADC, im Folgenden: M*****‑Zertifikate).

Der Kläger kaufte über sein bei der M***** Bank AG geführtes Depot am 13. 4. 2007 4.721 Stück M*****‑Zertifikate zum Kurs von 21,18 EUR zu einem Gesamtpreis von 99.990,78 EUR. Am 10. 9. 2007 verkaufte er sämtliche von ihm gehaltenen M*****-Zertifikate und erlöste damit insgesamt 43.090,71 EUR. Am 12. 9. 2007 kaufte der Kläger wiederum 3.955 M*****-Zertifikate bei einem Kurs von 9,15 EUR und zu einem Gesamtpreis inklusive Spesen von 37.454,84 EUR. Am 8. 11. 2007 verkaufte er sämtliche von ihm gehaltenen M*****-Zertifikate bei einem Kurs von 7,47 EUR zu einem Gesamtverkaufspreis von 29.543,85 EUR abzüglich Spesen von 100 EUR.

Im englischsprachigen Prospekt zur Kapitalerhöhung der Beklagten vom 22. 1. bis 9. 2. 2007 findet sich unter anderem folgende Passage:

Ausschüttungsplan ‑ Angebot […] Die Gesellschaft hat in Zusammenhang mit dem Angebot einen Übernahmevertrag abgeschlossen. M ***** Bank AG hat mit der Gesellschaft vereinbart, vorbehaltlich der Erfüllung bestimmter Bedingungen die nachstehend bezeichnete Anzahl von Angebotszertifikaten zu zeichnen oder zu erwerben: Manager: M***** Bank AG, Anzahl an Zertifikaten: 75.000.000.

Bei der genannten Kapitalerhöhung wurden 75 Millionen neue M*****-Zertifikate emittiert. Weil es aber nicht gelang, diese Zertifikate während der Zeichnungsfrist vollständig am Markt unterzubringen, verkaufte die M***** Bank AG rund 42 % der neu ausgegebenen M*****-Zertifikate an eine Tochtergesellschaft der J***** M***** AG, die den Kaufpreis von rund 620 Millionen EUR mit Geldern der Beklagten finanzierte.

Am 9. 2. 2007 veröffentlichte die Beklagte folgende Ad-hoc-Meldung:

... M ***** hat die bisher größte Kapitalerhöhung in der Unternehmensgeschichte erfolgreich abgeschlossen und vollständig platziert. Insbesondere war infolge des nachhaltigen starken Wachstums der Gesellschaft innerhalb der letzten Jahre ein verstärktes internationales Interesse erkennbar. … Wir sind mit dem Verkauf der Kapitalerhöhung äußerst zufrieden. Das starke Interesse zeigt uns, dass die Strategie der M*****, in ertragreiche Einzelhandelsimmobilien … zu investieren, Zustimmung auf dem Kapitalmarkt findet. …

Die hier relevanten Bestimmungen des BörseG in der zum Zeitpunkt der Ad-hoc-Meldung der Beklagten vom 9. 2. 2007 geltenden Fassung BGBl I Nr 127/2004 lauteten:

§ 48d (1) Die Emittenten von Finanzinstrumenten haben Insider-Informationen, die sie unmittelbar betreffen, unverzüglich der Öffentlichkeit bekannt zu geben. ...

§ 48a (1) Für Zwecke der §§ 48a bis 48r gelten folgende Begriffsbestimmungen:

1. „Insider-Information“ ist eine öffentlich nicht bekannte, genaue Information, die direkt oder indirekt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente oder den Kurs sich darauf beziehender derivativer Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, weil sie ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde.

...

2. Marktmanipulation“ sind:

c) Verbreitung von Informationen über die Medien einschließlich Internet oder auf anderem Wege, die falsche oder irreführende Signale in Bezug auf Finanzinstrumente geben oder geben könnten, unter anderem durch Verbreitung von Gerüchten sowie falscher oder irreführender Nachrichten, wenn die Person, die diese Informationen verbreitet hat, wusste oder hätte wissen müssen, dass sie falsch oder irreführend waren. Bei Medienmitarbeitern, die in Ausübung ihres Berufs handeln, ist eine solche Verbreitung von Informationen unbeschadet des § 48q Abs. 1 und 2 unter Berücksichtigung der für ihren Berufsstand geltenden Regeln zu beurteilen, es sei denn, dass diese Personen aus der Verbreitung der betreffenden Informationen direkt oder indirekt einen Nutzen ziehen oder Gewinne schöpfen.

Der Kläger ‑ dem das gegenständliche Investment von einem Vermögensberater empfohlen wurde - las keine Ad-hoc-Meldungen der Beklagten. Wäre allerdings an Stelle der Ad-hoc-Meldung vom 9. 2. 2007 veröffentlicht worden, dass rund 42 % der emittierten M*****-Zertifikate von einer Tochtergesellschaft der M***** Bank AG mit Mitteln der Beklagten finanziert gezeichnet worden sind, so hätte diese oder eine ähnlich lautende Nachricht den Kläger vor seiner Veranlagungsentscheidung erreicht und von einer Veranlagung in M***** abgehalten. Er hätte dann sein Geld zunächst bis zu einer anderen Veranlagungsgelegenheit auf einem Festgeldkonto veranlagt. Der Kläger ging bei seiner Veranlagungsentscheidung davon aus, in eine sichere Anlage zu investieren, die nicht wie andere Aktien den Kursschwankungen an der Börse unterliegt.

Nachdem im Sommer 2007 der Kurs von M***** dramatisch gesunken war, verkaufte der Kläger sämtliche M*****-Wertpapiere, entschloss sich jedoch ‑ nach einer Berater-Information, dass sich der Kurs wieder erholen werde ‑ am 12. 9. 2007 zur neuerlichen Anschaffung von M*****‑Zertifikaten, um die Wertpapiere dann ‑ nachdem sich die Berater-Prognose nicht bewahrheitet hatte ‑ am 8. 11. 2007 wieder zu verkaufen.

Am 13. 10. 2011 schloss der Kläger mit der vormals Erstbeklagten M***** Bank AG einen Vergleich, in dem sich diese verpflichtete, dem Kläger 29.200 EUR zu zahlen.

Der Kläger begehrte von der (vormals Zweit-)Beklagten zuletzt 35.711,06 EUR sA. Er stützte sich einerseits auf Irrtumsanfechtung und Gewährleistung und andererseits auf die Verletzung der Bestimmungen des § 48a BörseG (Marktmissbrauch). Zu Letzterem brachte er zusammengefasst vor, die im Zuge der Kapitalerhöhung veröffentlichte Ad-hoc-Meldung vom 9. 2. 2007 stelle eine Irreführung der Anleger dar, weil diese aufgrund der Ad-hoc-Meldung davon hätten ausgehen können, dass die neu ausgegebenen Wertpapiere von tatsächlichen Investoren freiwillig und nicht mit Geld der Emittentin für einen „karibischen Briefkasten“ gekauft worden seien. Dadurch habe die Beklagte ‑ wie von den zuständigen Verwaltungsbehörden festgestellt und durch den VwGH bestätigt ‑ ein Schutzgesetz zum Schutz der Anleger verletzt und hafte somit für die Marktmanipulation. Bei einer nicht irreführenden und den Tatsachen entsprechenden Ad-hoc-Meldung, dass die Kapitalerhöhung nicht habe platziert werden können, wäre der Kurs der M*****-Zertifikate vor dem Kauf durch den Kläger massiv gesunken. Der Kläger hätte seine Kaufentscheidung auf Basis des „fast wie mit einem Lineal gezogenen“ stetig steigenden Kurses der M*****‑Zertifikate getroffen. Wäre der Kläger ordnungsgemäß über die Veranlagung in M*****-Zertifikate informiert worden, dann hätte er statt in dieses Investment quartalsweise in Festgeld investiert und dadurch eine Verzinsung von 2,5 % nach Ertragssteuern erzielt.

Die Beklagte wendete ein, die Printwerbung sei weder von der Beklagten herausgegeben oder publiziert worden, noch in ihrem Namen erfolgt; sie sei dafür nicht verantwortlich. Es sei unrichtig, dass im Falle einer nicht irreführenden und den Tatsachen entsprechenden Ad-hoc-Meldung der Kurs massiv gesunken wäre. Es sei auch nicht nachvollziehbar, dass den Kläger ein Sinken des Kurses nach dem 9. 2. 2007 von seinen Käufen abgehalten hätte, habe er doch auch nach dem Kursverfall im Sommer 2007 investiert. Die Bestimmung des § 48d BörseG sei kein Schutzgesetz iSd § 1311 ABGB. Es liege keine Marktmanipulation iSv § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG vor, weil die vertragliche Übernahmeverpflichtung der M***** Bank AG in den Kapitalmarktprospekten veröffentlicht gewesen sei. Die M***** Bank AG sei aus dem mit der Beklagten geschlossenen „Placement and Market-Maker agreement“ vom 17. 6. 2004 verpflichtet gewesen, sämtliche im Rahmen von Kapitalerhöhungen nicht von Dritten gezeichnete M*****‑Zertifikate zu übernehmen. Aus Sicht und Wissen der Beklagten seien die Kapitalerhöhungen voll platziert worden, weil die Beklagte als Emittentin gar nicht wisse, wer gezeichnet habe. Die Beklagte sei nicht informiert gewesen, dass ein Teil der Kapitalerhöhung im Jänner/Februar 2007 von einer M*****-Konzerngesellschaft übernommen worden sei. Entgegen der Ansicht des Klägers seien Zertifikatsrückkäufe zum damaligen Zeitpunkt nicht veröffentlichungspflichtig gewesen, weil § 82 Abs 9 BörseG als lex specialis betreffend die Erforderlichkeit von Ad-hoc-Mitteilungen bei Aktienrückkäufen bis zur Novellierung im Jahr 2009 ausschließlich auf Gesellschaften mit Sitz in Österreich anwendbar gewesen sei. Nach dem Recht von Jersey seien die Zertifikatsrückkäufe jedenfalls zulässig gewesen.

Der Kläger habe keine Ad-hoc-Meldungen gelesen und auch die ihm angeblich vor seiner ersten Investition übergebene Werbebroschüre nicht zur Gänze gelesen. Offensichtlich seien für seinen Veranlagungsentschluss allein die Angaben des Beraters wesentlich gewesen, und er habe in Wahrheit nicht auf die Angaben in der Werbung vertraut. Der Kläger habe die mit der Veranlagung verbundenen Risiken, einschließlich jenes des Totalverlusts und der Abhängigkeit von Kursschwankungen, gekannt und in deren Kenntnis investiert. Ihn treffe ein überwiegendes Mitverschulden, weil er in der Verkaufsbroschüre weder den Hinweis auf den KMG-Prospekt und den Totalverlust, noch die technischen Daten mit Hinweis auf den Sitz in Jersey gelesen habe. Er habe den Konto- und Depoteröffnungsantrag mit allen Risikohinweisen ungelesen unterfertigt, obwohl ihm bewusst gewesen sei, dass hier Risikohinweise enthalten seien. Der Kläger habe somit eine erhebliche Vermögensdisposition vorgenommen, ohne sich entsprechend zu informieren.

Das Erstgericht gab der Klage mit 27.700,07 EUR statt und wies das Mehrbegehren von 8.010,99 EUR sowie ein Zinsenmehrbegehren ab. Der Kläger könne seine Ansprüche nicht auf Irrtumsanfechtung und Gewährleistung stützen, da zwischen den Streitteilen kein Vertrag bestehe. Der Kläger sei bei seiner ursprünglichen Veranlagungsentscheidung einer wesentlichen Fehlvorstellung über die mit der Investition in M***** verbundenen Risiken, die durch die Verkaufsbroschüre gemeinsam mit den Angaben seines Beraters hervorgerufen worden sei, erlegen. Eine Fehlvorstellung über das konkrete Immobilienvermögen der M*****, das Ausmaß der Mieteinnahmen oder die Mietrendite ergebe sich aus den Feststellungen jedoch nicht. Eine Prospekthaftung nach allgemein bürgerlich-rechtlichen Grundsätzen durch die Verbreitung fehlerhafter Prospekte setze voraus, dass der in Anspruch Genommene in einer nach außen in Erscheinung tretenden Weise an der Prospektgestaltung mitgewirkt habe. Dies sei hier nicht der Fall.

Die Information über den Erfolg oder Misserfolg einer Kapitalerhöhung einer börsenotierten Gesellschaft sei ebenso wie der Umstand, dass die Kapitalerhöhung deshalb vollständig platziert werden konnte, weil die Gesellschaft selbst einer anderen Gesellschaft das für den Erwerb von rund 42 % der jungen Wertpapiere notwendige Kapital zur Verfügung stellte, eine die Emittentin und das Wertpapier betreffende Information, die geeignet wäre, den Börsekurs erheblich zu beeinflussen, weil sie ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidung nutzen würde. Es handle sich somit um eine vom Emittenten zu veröffentlichende Insider-Information. Die Beklagte habe gegen die Verpflichtung nach § 48d Abs 1 BörseG verstoßen, weil sie die Information, dass sie einer anderen Gesellschaft, die von dieser für den Erwerb von 42 % der jungen Wertpapiere benötigten Gelder zur Verfügung stelle, nicht veröffentlicht habe.

Die Ad-hoc-Meldung vom 9. 2. 2007 sei falsch, weil die Kapitalerhöhung nicht erfolgreich habe abgeschlossen werden können. Ein verständiger Anleger verstehe unter einer erfolgreichen Kapitalerhöhung, dass es der Gesellschaft gelungen sei, frisches Eigenkapital im gewünschten Ausmaß aufzubringen. Wenn aber im Ergebnis nur 58 % des Volumens der Kapitalerhöhung an frischem Kapital an die Emittentin fließe, weil sie sich die restlichen 42 % ‑ vereinfacht gesprochen ‑ über eine Dritte selbst abkaufe, könne von einem Erfolg der Kapitalerhöhung keine Rede sein. Die Ad-hoc-Meldung sei aber auch irreführend, weil verschwiegen worden sei, dass deshalb alle jungen Aktien (in Wahrheit M*****-Zertifikate) platziert werden konnten, weil die Emittentin selbst einer anderen Gesellschaft 620 Millionen EUR zur Verfügung gestellt habe, um etwa 42 % der emittierten Wertpapiere zu erwerben. Durch das Weglassen dieser wesentlichen Zusatzinformation erwecke die Ad-hoc-Meldung beim verständigen Anleger den Eindruck, dass sämtliche angebotenen Aktien auf dem Markt untergebracht worden seien, also ein lebhaftes Interesse von Anlegern an dem Wertpapier bestehe. Die prospektöffentliche Information, wonach die Beklagte mit der M***** Bank AG einen Übernahmevertrag abgeschlossen habe, könne am falschen und irreführenden Inhalt der Ad-hoc-Meldung nichts ändern, weil auch dem Kapitalmarktprospekt nicht zu entnehmen sei, dass die Übernahme mit Geldern der M***** erfolge und die Ad-hoc-Meldung ja gerade nicht suggeriere, dass eine Übernahmeverpflichtung oder Platzierungsgarantie schlagend geworden sei, sondern es gelungen sei, die Kapitalerhöhung bei stark interessierten Anlegern am Kapitalmarkt zu platzieren. Die Beklagte habe gegen die als Schutzgesetze zu qualifizierenden Bestimmungen des § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG und des § 48d BörseG verstoßen, was sie dem Kläger gegenüber schadenersatzpflichtig mache. Dieser hätte nämlich bei einer richtigen Ad-hoc-Meldung die gegenständlichen Wertpapiere nicht erworben, sondern sein Geld auf einem Festgeldkonto angelegt, wodurch es jedenfalls erhalten geblieben wäre. Die Höhe der Verzinsung habe jedoch nicht festgestellt werden können, sodass das Klagebegehren ‑ soweit damit die Zinsen der Alternativveranlagung geltend gemacht worden seien ‑ abzuweisen sei. Gesetzliche Zinsen stünden ab Zustellung der Klage an die Beklagte zu.

Der Kläger habe selbst vorgebracht, dass der Zertifikatsrückkauf vom Februar 2007 im Sommer 2007 bekannt geworden sei. Die Hauptversammlung habe am 23. 8. 2007 stattgefunden. Somit liege der Wertpapierkauf des Klägers vom 12. 9. 2007 außerhalb des Rechtswidrigkeitszusammenhangs der von der Beklagten verletzten Schutzgesetze. Der dem Kläger zustehende Schadenersatzbetrag errechne sich somit aus dem von ihm im April 2007 investierten Betrag von 99.990,78 EUR abzüglich des Verkaufserlöses von 43.090,71 EUR und des von der solidarisch mit der Beklagten in Anspruch genommenen M***** Bank AG geleisteten Schadenersatzes von 29.200 EUR und ergebe den zugesprochenen Betrag von 27.700,97 EUR. Die aus der neuerlichen Anschaffung der Zertifikate im September 2007 entstandene Schadensforderung von 8.010,99 EUR sA wurde hingegen ‑ rechtskräftig ‑ abge-wiesen.

Das Berufungsgericht bestätigte diese - von der Beklagten bekämpfte ‑ Entscheidung und sprach aus, dass die Revision zulässig sei. Die Bestimmungen des BörseG über die Ad-hoc-Publizitätspflicht (§ 48d Abs 1) sowie marktmanipulative Handlungen (§ 48a Abs 2 Z 1) seien als Schutzgesetze iSd § 1311 ABGB zu qualifizieren. Bei Verletzung eines Schutzgesetzes hafte der Beklagte für alle Nachteile, die bei Einhaltung des Schutzgesetzes nicht eingetreten wären. Der Geschädigte habe den Eintritt des Schadens, dessen Höhe und die Normverletzung zu beweisen. Es bedürfe hingegen von seiner Seite keines strikten Nachweises des Kausalzusammenhangs, weil die Kausalität der in der Missachtung der Norm liegenden Pflichtwidrigkeit für die Schadensfolgen, deren Eintritt das Schutzgesetz gerade zu verhindern bestimmt sei, vermutet werde. Stehe die Übertretung des Schutzgesetzes fest, so könne sich der Schädiger von seiner Haftung nur dadurch befreien, dass er mangelndes Verschulden seiner Leute nachweise oder die Kausalität der Pflichtwidrigkeit ‑ durch Außerkraftsetzung des ihn belastenden Anscheinsbeweises ‑ ernstlich zweifelhaft mache. Die Beklagte habe das mangelnde Verschulden ihrer Leute nicht nachgewiesen. Sie habe lediglich ihr Wissen um die Vorgänge bestritten, aber keine konkreten Umstände dargetan, weshalb ihren leitenden Mitarbeitern die Irreführungseignung nicht hätte bewusst sein müssen.

Auch wenn der Kläger die Ad-hoc-Meldung vom 9. 2. 2007 nicht gelesen habe, könne die Kausalität nicht von vornherein verneint werden, zumal der Kurs von Wertpapieren auch von professionellen Käufern und Verkäufern bestimmt werde, die auf den Inhalt von Ad-hoc-Meldungen reagierten und deren Verhalten den Kurs in die eine oder andere Richtung beeinflusse. Beim hier maßgeblichen Tatbestand der Marktmanipulation nach § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG sei (anders als bei den handelsbezogenen Manipulationstatbeständen des § 48a Abs 1 Z 2 lit a BörseG) eine tatsächliche oder mögliche Kursbeeinflussung nicht notwendiges Tatbestandsmerkmal. Sie unterliege daher nicht der Beweislast des Geschädigten; es wäre vielmehr Sache des belangten Schädigers, dazu konkrete Behauptungen aufzustellen und zu beweisen, um die Kausalität zu widerlegen. Richtig sei wohl, dass ein Anleger das allgemeine Marktrisiko zu tragen habe. Nach dem vorliegenden Sachverhalt hätte der Kläger das hier eingesetzte Kapital jedoch alternativ nicht in andere (Immobilien-)Aktien investiert. Auf den Kursverlust anderer Immobilienaktien komme es daher nicht an. Ebensowenig stelle sich die Frage eines Mitverschuldens des Klägers. Die Beklagte zeige nämlich nicht auf, aufgrund welcher Umstände der Kläger ihre Marktmanipulation hätte durchschauen müssen.

Die Revision sei zulässig, weil der Oberste Gerichtshof bisher die schadenersatzrechtliche Haftung wegen marktmanipulativer Handlungen zwar grundsätzlich bejahe, zu den sich konkret im Zusammenhang mit einer irreführenden Ad-hoc-Meldung stellenden Rechtsfragen aber noch nicht im Einzelnen Stellung genommen habe.

Gegen dieses Urteil richtet sich die Revision der Beklagten mit dem Antrag, die Klage abzuweisen; in eventu wurde ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die Beklagte macht geltend, die Voraussetzungen für eine Haftung nach § 48a BörseG lägen nicht vor, weil eine allenfalls irreführende Information dem Kläger nicht zugekommen und für seinen Anlageentschluss nicht kausal gewesen sei. Im Übrigen setze eine Haftung nach der genannten Gesetzesstelle voraus, dass die falschen bzw irreführenden Nachrichten geeignet seien, den Kurs des Wertpapiers zu beeinflussen. Dazu fehlten aber Feststellungen, weshalb die Tatbestandsmäßigkeit der beanstandeten Handlung und damit die Schutzgesetzverletzung zu verneinen seien. Feststellungen fehlten auch zur subjektiven Tatseite, nämlich dass die Beklagte gewusst habe, dass die verbreiteten Nachrichten falsch oder irreführend seien, sowie zum hypothetischen alternativen Kursverlauf bei Erfüllung der Ad‑hoc-Pflicht. Das Berufungsverfahren sei mangelhaft, weil die Entscheidung widersprüchlich sei. Das Berufungsgericht stütze sich nämlich einerseits auf Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs, welcher das Wissen oder Wissenmüssen als Tatbestandsmerkmal qualifiziere, und andererseits vermeine es, dass das Wissen der Beklagten die Verschuldensebene beträfe und die Beklagte das fehlende Wissen nachzuweisen habe. Das Urteil des Berufungsgerichts sei auch eine Überraschungsentscheidung. Unrichtige rechtliche Beurteilung liege im Zusammenhang mit dem vom Berufungsgericht verneinten subjektiven Tatbestandsmerkmal des § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG und hinsichtlich der Bejahung des Schutzzwecks und Kausalzusammenhangs vor. Die Rechtsfigur der „Anlagestimmung“ sei abzulehnen. Dem Kläger wäre der Beweis seines hypothetischen Alternativinvestments und somit des konkreten Schadens oblegen. Schließlich habe die Beklagte gar nicht gegen die (Ad‑hoc‑)Publizitätspflicht verstoßen, weil bereits im Prospekt darauf hingewiesen worden sei, dass die Gesellschaft Jersey-Recht unterliege, wonach man unbegrenzt eigene Aktien erwerben könne.

Der Kläger beantragt in seiner Revisionsbeantwortung, der Revision nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund zulässig; sie ist aber nicht berechtigt.

1. Aufgrund des von den Tatsacheninstanzen festgestellten Sachverhalts ergibt sich ein Verstoß der Beklagten gegen § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG (irreführende Informationsverbreitung) sowie eine Verletzung der Ad-hoc-Publizitätspflicht des § 48d BörseG.

2. Die Ad-hoc-Meldung der Beklagten vom 9. 2. 2007, wonach die „bisher größte Kapitalerhöhung in der Unternehmensgeschichte erfolgreich abgeschlossen und vollständig platziert“ worden sei, war aufgrund des dort verschwiegenen Umstands, dass 42 % des Volumens der Kapitalerhöhung von der Beklagten mittelbar selbst erworben wurden, jedenfalls irreführend iSd § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG. Daran vermag auch die Tatsache nichts zu ändern, dass die Beklagte im Prospekt zur Kapitalerhöhung auf die Anwendung des Jersey-Rechts, wonach der unbegrenzte Erwerb eigener Aktien zulässig sei (was keineswegs gesichert ist), hingewiesen hat: Dies macht die Kapitalerhöhung jedenfalls nicht „erfolgreich“.

3. Die Tatsache, dass eine andere Gesellschaft im Zuge der Kapitalerhöhung 42 % der ausgegebenen Zertifikate mit Geldern der Beklagten erwerben musste, um eine vollständige Platzierung erreichen zu können, ist darüber hinaus eine veröffentlichungspflichtige Insider-Information (§ 48a Abs 1 Z 1 BörseG iVm § 48d BörseG).

3.1. Nach den genannten Bestimmungen ist eine Insider-Information zu veröffentlichen, wenn es sich um eine öffentlich nicht bekannte, genaue Information handelt, die direkt einen oder mehrere Emittenten von Finanzinstrumenten oder ein oder mehrere Finanzinstrumente betrifft und die, wenn sie öffentlich bekannt würde, geeignet wäre, den Kurs dieser Finanzinstrumente erheblich zu beeinflussen, weil sie ein verständiger Anleger wahrscheinlich als Teil der Grundlage seiner Anlageentscheidungen nutzen würde. Maßgeblich ist, dass die Umstände, in welcher Sphäre sie auch immer entstehen, Rückschlüsse auf die Börse- und Marktpreisentwicklung zulassen ( Brandl in Temmel , BörseG [2011] § 48a Rz 32).

3.2. Die Beklagte bestreitet in ihrer Revision das Vorliegen einer öffentlich nicht bekannten Information, weil die vertragliche Übernahmeverpflichtung der M***** Bank AG in den Kapitalmarktprospekten veröffentlicht gewesen sei. Richtig daran ist, dass eine öffentlich bekannte Information keine Insider-Information sein kann. Öffentlich bekannt ist eine Information, wenn eine unbestimmte Anzahl von Personen von ihr Kenntnis nehmen kann, wobei es ausreicht, dass die Information einer Bereichsöffentlichkeit, also den am Börsehandel interessierten Marktteilnehmern zugänglich ist ( Brandl aaO Rz 16 mwN). Der Argumentation der Beklagten ist jedoch nicht zu folgen, weil die Offenlegung der (abstrakten) Übernahmeverpflichtung der M***** Bank AG noch nichts darüber aussagt, ob und inwieweit diese Verpflichtung in weiterer Folge tatsächlich schlagend wurde. Gerade diese ‑ unstrittig nicht öffentlich bekannte ‑ Information ist jedoch für den verständigen Anleger entscheidend, da sich der Erfolg einer Kapitalerhöhung insbesondere daran bemisst, ob es zu einer vollständigen Platzierung am (freien) Kapitalmarkt (ohne „Rückkaufszenario“) gekommen ist.

3.3. Die Eignung zur erheblichen Kursbeeinflussung ist ex ante aus der Sicht eines verständigen Anlegers anhand des Inhalts und des Kontextes der Information im Marktgeschehen zu prüfen. Der verständige Anleger ist eine Maßfigur, der aus unionsrechtlicher Perspektive zu unterstellen ist, dass sie alle bereits öffentlich bekannten Informationen kennt. Eine nachträgliche, tatsächliche Kursveränderung ist lediglich ein Indiz für die Kursbeeinflussungseignung, für das Vorliegen eines Pflichtverstoßes jedoch nicht erforderlich ( Brandl aaO Rz 40).

3.4. Die nicht veröffentlichte Information war daher jedenfalls veranlagungsrelevant und damit geeignet, den Kurs der Zertifikate erheblich zu beeinflussen. Die Information hätte dem verständigen Anleger signalisiert, dass auf dem Kapitalmarkt keine ausreichende Nachfrage an Zertifikaten der Beklagten bestand, die Kapitalerhöhung somit nicht erfolgreich ‑ im Sinne einer Vollplatzierung ‑ beendet werden konnte. Einer solchen Mitteilung wäre von Analysten und Anlegern zweifellos eine hohe Aufmerksamkeit gewidmet worden, und sie wäre als Teil von individuellen Veranlagungsentscheidungen genutzt worden. Schließlich zeigen auch die nach Bekanntwerden der Rückkäufe eingetretenen massiven Kursverluste, die später nicht wieder gutgemacht wurden (vgl 4 Ob 65/10b), dass die unterlassene Information tatsächlich veranlagungsrelevant war.

4. Nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs (vgl 6 Ob 28/12d, 8 Ob 104/12w je mwN) sind die Bestimmungen des BörseG zur Ad-hoc-Publizitätspflicht (§ 48d Abs 1) und zu den marktmanipulativen Handlungen (§ 48a Abs 1 Z 2) als Schutzgesetze zu qualifizieren, die auch den einzelnen Anleger davor schützen sollen, dass er auf Informationen, die von Fachleuten oder über Medien verbreitet werden, vertraut und seiner Veranlagungsentscheidung zugrunde legt.

5. Auch im Schrifttum wird überwiegend vertreten, dass die einschlägigen Bestimmungen des Börsegesetzes das Vertrauen des Anlegers in die erteilte Information und in die (erfolgte) Kursbildung schützen.

5.1. Nach Hausmaninger (Insider Trading [1997] 367; vgl auch Rüffler, Kapitalmarktrechtliche Informations- und Verhaltenspflichten als Schutzgesetze, GES 2010, 118 f je mwN) ist ein Funktionsschutz der Kapitalmärkte ohne einen Schutz des individuellen Anlegers nicht denkbar. Bei marktschützenden Normen könne nicht sinnvoll zwischen Markt- und Individualschutz getrennt werden. Die börserechtlichen Bestimmungen hätten einen Schutz des Vertrauens der Anleger auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der kapitalmarktrechtlich gebotenen Informationen zum Inhalt ( Brandl/Hohensinner , Die Haftung des Vorstands für Verletzungen der Ad-hoc-Publizität nach § 82 Abs 6 BörseG, ecolex 2002, 92 [95]; Brandl in Temmel , BörseG § 48a Rz 4 f).

5.2. Kalss/Oppitz/Zollner (Kapitalmarktrecht I § 14 Rz 2) argumentieren, durch das Verbot der Marktmanipulation und die Ad-hoc-Publizitätspflicht solle erreicht werden, dass alle Marktteilnehmer Zugang zu den preisrelevanten Informationen haben, damit sich ein Preis bilden könne, der den Wert des Wertpapiers möglichst getreu abbilde.

5.3. Nach Schopper (Ad-hoc-Meldepflicht als Schutzgesetz, ÖBA 2014, 495) sind vom Schutzzweck des § 48d Abs 1 BörseG unmittelbar nur Preisschäden des Anlegers umfasst, also Schäden, die dem Anleger entstanden sind, weil sich der Preis des Finanzinstruments aufgrund einer unterlassenen oder einer unrichtigen Ad-hoc-Meldung unrichtig gebildet hat. Die Beeinträchtigung der Willensentschließung eines einzelnen Anlegers, der nicht Insider sei, gehöre nicht zum typischen Gefahrenbereich, den der Gesetzgeber bei der Schaffung der Ad-hoc-Publizitätspflicht regeln habe wollen. Auf der anderen Seite sei es aber nicht ausgeschlossen, dass ein Anleger seine Transaktionsentscheidung auf eine Ad-hoc-Meldung stütze. Maßgebend dafür sei vor allem, auf welche Art und Weise konkret gegen die Ad-hoc-Meldepflicht verstoßen worden sei und ob der konkrete Verstoß gegen die Ad-hoc-Meldepflicht Grundlage einer Transaktionsentscheidung des Anlegers gewesen sei. Sehe man schon die Ad-hoc-Meldepflicht als Schutzgesetz zugunsten einzelner Anleger an, liege es nahe, dass Transaktionsschäden nicht generell vom Schutzzweck der Norm ausgeschlossen seien. Den Anleger, der gestützt auf die Ad-hoc-Publizität als Schutzgesetz eine Naturalrestitution verlange, treffe die Beweislast für die Kausalität des Verstoßes gegen die Ad-hoc-Meldepflicht und seinen individuellen Willensentschluss.

6.1. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 6 Ob 28/12d ausgeführt, dass die zur Fehlberatung von Anlegern entwickelte Rechtsprechung, wonach bei einem aufgrund von Fehlberatung erfolgten Erwerb eines Finanzprodukts mit nicht gewünschten Eigenschaften die Naturalrestitution gebührt, sich auch auf kapitalmarktrechtliche Verstöße übertragen lässt (siehe auch bereits 7 Ob 77/10i).

6.2. Die Beschränkung der Haftung auf Preisschäden unter Ausklammerung der Vertragsabschlussschäden bei Verletzung der börserechtlichen Bestimmungen über die Ad-hoc-Meldung würde diesem Instrument nicht gerecht, haben diese Bestimmungen doch allgemein ‑ wie bereits ausgeführt ‑ den Schutz des Vertrauens der Anleger auf die Richtigkeit und Vollständigkeit der kapitalmarktrechtlich gebotenen Informationen zum Inhalt (vgl Brandl/Hohensinner aaO). Dieser Vertrauensschutz besteht für jegliche Anlageentscheidung (vgl § 48a Abs 1 Z 1 BörseG), somit nicht nur für solche, zu welchem Preis ein Wertpapier erworben werden soll, sondern auch für die Entscheidung, ob das Wertpapier überhaupt angeschafft werden soll. Der Senat erachtet daher die Beeinträchtigung der Willensentschließung des Anlegers im Zusammenhang mit der Frage der Anschaffung oder Nichtanschaffung eines Wertpapiers als vom Schutzbereich der Ad-hoc-Publizitätspflicht umfasst.

7. Es ist weiters zu prüfen, ob der gegenständliche Verstoß der Beklagten gegen das Verbot der Marktmanipulation nach § 48a BörseG iVm § 48d Abs 1 BörseG kausal für die Anlageentscheidung des Klägers war.

7.1. Die Vorinstanzen haben dazu festgestellt, dass der Kläger keine Ad-hoc-Meldungen der Emittentin gelesen hat. Wäre allerdings an Stelle der Ad-hoc-Meldung vom 9. 2. 2007 veröffentlicht worden, dass rund 42 % der emittierten Zertifikate von einer M*****-Konzerngesellschaft mit Finanzierung durch die Beklagte gezeichnet worden sind, so hätte diese oder eine ähnlich lautende Nachricht den Kläger vor seiner Veranlagungsentscheidung erreicht und von einer Veranlagung in M***** abgehalten.

7.2. Daraus ergibt sich ‑ als Tatfrage für den Obersten Gerichtshof bindend ‑ die Kausalität der irreführenden Ad-hoc-Meldung der Beklagten für den Anlageentschluss des Klägers. Entgegen der im Rechtsmittel vertretenen Ansicht haben die Vorinstanzen bei der Prüfung der Frage, ob der Kläger investiert hätte, die Rechtsfigur des Anscheinsbeweises nicht angewandt.

7.3. Zur Problematik, ob sich die Vorinstanzen zu Recht mit der überwiegenden Wahrscheinlichkeit des hypothetischen (negativen) Kursverlaufs der Zertifikate im Fall der richtigen Meldung begnügten, ist auf die Rechtsprechung zu verweisen (RIS‑Justiz RS0022900 [T20, T24]), wonach an die Beweisbarkeit des bloß hypothetischen Kausalverlaufs bei erwiesenem schuldhaften Unterlassen nicht allzu strenge Anforderungen zu stellen sind.

8.1 Die Beklagte vermisst (weitere) Feststellungen zur hypothetischen Alternativanlage des Klägers bei Erfüllung der Ad‑hoc-Pflicht durch die Beklagte.

8.2. Im vorliegenden Fall wurde festgestellt, dass der Kläger, hätte er nicht in M*****-Zertifikate investiert, sein Geld zunächst (bis zu einer anderen Veranlagungsgelegenheit) auf einem Festgeldkonto veranlagt hätte. Er ging bei seiner Veranlagungsentscheidung davon aus, in eine sichere Anlage zu investieren, die nicht wie andere Aktien den Kursschwankungen der Börse unterliegt.

8.3. Der Anlageentschluss des Klägers bezog sich daher nicht ‑ jedenfalls nicht unmittelbar ‑ auf die Veranlagung in ein „Risikopapier“. Allfällige spätere (risikogeneigtere) Veranlagungsgelegenheiten können unberücksichtigt bleiben, zumal die Frage des hypothetischen Verhaltens des Anlegers bei Vorliegen von Entscheidungsalternativen auf den Zeitpunkt der Anlageentscheidung zu beziehen ist (vgl 4 Ob 19/12s). Die von der Beklagten vermissten Feststellungen zum hypothetischen Kursverlauf eines Alternativinvestments bei Erfüllung der Ad‑hoc‑Pflicht sind daher entbehrlich.

9.1. Soweit die Beklagte fehlende Feststellungen zu ihrer subjektiven Kenntnis über die fehlerhaften bzw irreführenden Nachrichten und deren Eignung zur Kursbeeinflussung moniert, ist ihr entgegen zu halten, dass der Tatbestand der Marktmanipulation iSd § 48a Abs 1 Z 2 lit c BörseG nicht erst bei Wissentlichkeit, sondern schon bei schuldhafter Unkenntnis („hätte wissen müssen“), dass die Informationen falsch oder irreführend waren, vorliegt. Selbst unter der (weltfremden) Annahme, dass ihr Vorstand - trotz der festgestellten Finanzierung der Transaktionen über die M*****-Konzerngesellschaft mit Geldern der Beklagten ‑ nichts von der Unrichtigkeit der Meldung vom 9. 2. 2007 gewusst haben sollte, wäre der Beklagten eine solche Unkenntnis mangels Überprüfung des Wahrheitsgehalts der Mitteilung vorzuwerfen.

9.2. Nach ständiger Rechtsprechung hat der Schädiger den Nachweis zu erbringen, dass ihm die objektive Übertretung des Schutzgesetzes nicht als schutzgesetzbezogenes Verhaltensunrecht anzulasten ist (RIS‑Justiz RS0112234). Die Beklagte ist ihrer diesbezüglichen Behauptungs- und Beweislast nicht nachgekommen. Sie hätte darlegen müssen, dass sie alle möglichen und zumutbaren Schritte unternommen hat, um den Inhalt der irreführenden Ad-hoc-Meldung zu überprüfen. Die bloße Behauptung, von diesen Vorgängen keine Kenntnis gehabt zu haben, entbindet die Beklagten nicht von ihrer diesbezüglichen Sorgfaltspflicht. Ihr Sorgfaltsverstoß ist auch darin zu sehen, dass die Beklagte eine von ihr nicht formulierte Ad-hoc-Meldung ohne nähere inhaltliche Prüfung auf ihre Richtigkeit veröffentlichte.

10. Der Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens wurde geprüft; er liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

11. Der Revision war insgesamt nicht Folge zu geben.

12. Die Kostenentscheidung gründet auf den §§ 41 und 50 ZPO.

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