European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0110OS00025.15H.0323.000
Spruch:
Andrzej S***** wurde im Grundrecht auf persönliche Freiheit nicht verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde wird abgewiesen.
Gründe:
Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Oberlandesgericht Innsbruck einer Beschwerde des Andrzej S***** (samt Ergänzungen; ON 118, 127, 128) gegen den vom Landesgericht Innsbruck nach Abhaltung einer Haftverhandlung am 21. Jänner 2015 gefassten Beschluss (ON 85, 86) auf Fortsetzung der über ihn am 19. Dezember 2014 verhängten Untersuchungshaft (vgl das dazu ergangene Erkenntnis vom 13. März 2015, 11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]) nicht Folge und setzte seinerseits die Untersuchungshaft aus den Haftgründen der Flucht‑ und Tatbegehungsgefahr nach § 173 Abs 2 Z 1 und 3 lit a, b und c StPO fort.
Nach den Annahmen des Oberlandesgerichts steht Andzej S***** im dringenden Verdacht, er habe
I) fremde bewegliche Sachen in einem insgesamt 50.000 Euro weit übersteigenden Gesamtwert durch Einbruch mit dem Vorsatz weggenommen oder wegzunehmen versucht, sich durch deren Zueignung unrechtmäßig zu bereichern und dabei in der Absicht gehandelt, sich durch die wiederkehrende Begehung schwerer Diebstähle und Diebstähle durch Einbruch eine fortlaufende Einnahme zu verschaffen und zwar:
1) in der Nacht auf den 7. Mai 2014
a) in S***** Gewahrsamsträgern der S***** GmbH und Xhevdet A***** einen Möbeltresor, einen Koffer samt Inhalt, weitere Gegenstände im Gesamtwert von ca 2.000 Euro und 2.675,50 Euro Bargeld, wobei er ein Fenster aufbrach und dadurch einstieg;
b) in F***** Thomas L***** aus einer unversperrten Umkleidekabine einen dort abgestellten Golfbag samt Golfausrüstung im Wert von ca 3.400 Euro;
2) am 21. Mai 2014 in H***** Gewahrsamsträgern der T***** vorzufindende Wertgegenstände, wobei er Fenster aufzubrechen versuchte und die Tat infolge Entdeckung beim Versuch blieb;
3) zwischen 13. und 16. Juni 2014 in St***** Gewahrsamsträgern der Ö*****gesellschaft mbH (H*****) 2.250 Euro Bargeld sowie Lebensmittel und Gegenstände im Wert von insgesamt 290 Euro, wobei er ein Fenster und eine Türe zu einem Lagerraum aufbrach und einen vorgefundenen Tresor mit einem mitgebrachten Schneidbrenner aufschnitt;
4) am 5. August 2014 in O***** Gewahrsamsträgern des Gasthofs St***** Bargeld, zwei Apple I‑Pads, eine externe Festplatte, einen Laptop, Sonnenbrillen, eine Wanduhr und Zigaretten im Gesamtwert von ca 5.410 Euro, wobei er mehrere Schubladen im Thekenbereich aufbrach;
5) in der Nacht auf den 25. August 2014 in St. J***** Michael P***** diverse Gebrauchsgegenstände im Wert von ca 300 Euro, wobei er die linke vordere Seitenscheibe von dessen PKW einschlug;
6) in der Nacht auf den 11. September 2014 in W***** Gewahrsamsträgern des Hotels R***** Bargeld, Schlüssel und eine Mautkarte noch unbekannten Werts, wobei er im Bereich der Rezeption Behältnisse aufbrach;
7) in der Nacht auf den 13. September 2014 in G***** Gewahrsamsträgern des Golfclubs M***** Golfkleidung, Bargeld, Schlüssel, Alkoholika und „Sparbücher“ im Gesamtwert von ca 60.000 Euro, wobei er einen Schlosszylinder abdrehte sowie mehrere Türen und Behältnisse aufzwängte;
8) in der Nacht auf den 15. September 2014 in E***** Martin U*****, Ernst Sp***** und Gewahrsamsträgern des G***** zahlreiche Kleidungsstücke und Golfutensilien noch unerhobenen Werts, wobei er 45 Metallspinde und 14 Kästchen aufbrach sowie sämtliche Golfbags durchsuchte;
9) in der Nacht auf den 17. September 2014 in St. U***** Gewahrsamsträgern des Ho***** eine digitale Spiegelreflexkamera, eine Digitalkamera, ein Beschriftungsgerät und weitere Gegenstände unerhobenen Werts sowie ca 4.000 Euro Bargeld, wobei er Schlosszylinder mehrerer Türen abdrehte und Schubladen aufbrach;
10) am 6. Oktober 2014 in S***** Petra Sc***** ein Notebook, zwei Banktaschen und eine Kellnergeldtasche unerhobenen Werts sowie ca 550 Euro Bargeld, wobei er den Schließzylinder der Bürotür abdrehte;
11) am 13. Oktober 2014 in E***** Gewahrsamsträgern des „Go*****“ Kleidung und Schuhe im Gesamtwert von ca 14.000 Euro, wobei er ein Fenster aufzwängte und mehrere Türen und Behältnisse aufbrach;
12) am 20. Oktober 2014 in W***** Gewahrsamsträgern der F***** Glasschneider, Hebekissen, Pedalschneider und eine Wärmebildkamera im Gesamtwert von ca 40.000 Euro, wobei er dazu ein Fenster aufbrach und in das Gebäude einstieg;
II) fremde Urkunden, über die er nicht verfügen durfte, mit dem Vorsatz unterdrückt, zu verhindern, dass sie im Rechtsverkehr zum Beweis eines Rechts, eines Rechtsverhältnisses oder einer Tatsache gebraucht werden, und zwar
1) in der Nacht auf den 24. Mai 2014 in K***** Kennzeichentafeln des Konrad D*****;
2) in der Nacht auf den 25. Mai 2014 in R***** Kennzeichentafeln der Christine Mü***** und der Monika B*****;
3) zwischen 28. und 31. Mai 2014 in L***** Kennzeichentafeln der Renate Gf*****;
4) in der Nacht auf den 16. Juli 2014 in Wi***** Kennzeichentafeln des Willibald Br*****.
In rechtlicher Hinsicht subsumierte das Oberlandesgericht dieses als hafttragend erachtete Verhalten dem Verbrechen des gewerbsmäßigen schweren Diebstahls durch Einbruch nach §§ 127, 128 Abs 2, 129 Z 1, Z 2, 130 dritter und vierter Fall; 15 StGB (I) und den Vergehen der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs 1 StGB (II).
Mittlerweile hat die Staatsanwaltschaft gegen Andrzej S***** ‑ unter anderem wegen dieser Vorwürfe ‑ Anklage erhoben.
Rechtliche Beurteilung
Mit seiner gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts vom 30. Jänner 2015 (ON 134) gerichteten Grundrechtsbeschwerde (ON 169) macht der Beschuldigte die Unzulässigkeit (schon) der Verhängung der Untersuchungshaft wegen der Verletzung von Verfahrensvorschriften und ausschließlich daraus abgeleitet die Unrichtigkeit der gemäß § 176 Abs 5 StPO getroffenen Entscheidung des Oberlandesgerichts über die Haftfortsetzung geltend, ohne dessen Annahmen zum dringenden Tatverdacht, zu den Haftgründen, zur Verhältnismäßigkeit der Untersuchungshaft oder deren Nichtsubstituierbarkeit durch gelindere Mittel zu beanstanden.
Angeblich auf das Grundrecht auf persönliche Freiheit ausstrahlende Rechtsverletzungen durch Verstöße gegen die „gerichtliche Vorführungs- und Vernehmungspflicht“ gemäß § 174 Abs 1 StPO und den „Anwaltszwang“ gemäß § 61 Abs 1 Z 1 zweiter Fall, Abs 3 StPO iVm § 173 Abs 4 StPO nach der eigenmächtigen Festnahme des Beschwerdeführers durch die Polizei am 6. Dezember 2014 waren bereits Gegenstand des Erkenntnisses des Obersten Gerichtshofs vom 13. März 2015 (11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]). Einer meritorischen Erledigung steht daher insoweit das Prozesshindernis der res iudicata entgegen (vgl dazu 14 Os 9/10w; 14 Os 149/09g; 14 Os 24/10a).
Weiters betrifft die (abermals) bestrittene Gesetzmäßigkeit der Fortsetzung der Anhaltung im Strafvollzug zu AZ 34 Hv 42/09t (AZ 46 BE 106/10t) des Landesgerichts Salzburg und deren Dauer nach der Erklärung des Staatsanwalts, keinen Antrag auf Untersuchungshaft zu stellen, das bezeichnete Strafverfahren des Landesgerichts Salzburg und kann daher von vornherein nicht zum Gegenstand einer Grundrechtsbeschwerde im Zusammenhang mit der erst danach im gegenständlichen Verfahren vom Landesgericht Innsbruck am 19. Dezember 2014 verhängten Untersuchungshaft gemacht werden (§ 1 Abs 2 GRBG).
Im Übrigen lässt sich die Unzulässigkeit der einer Strafhaft nachfolgenden Verhängung (und Fortsetzung) der Untersuchungshaft über Antrag der Staatsanwaltschaft aufgrund einer ‑ nach Zuordnung von mutmaßlichem Diebsgut zu zahlreichen Einbruchsdiebstählen ‑ in der Zwischenzeit verdichteten Verdachtslage trotz ursprünglicher Ablehnung eines Antrags auf Untersuchungshaft aus dem Gesetz nicht ableiten. Ebensowenig ergibt sich aus diesem eine Verpflichtung für den Ankläger, in jedem Fall der Festnahme durch die Kriminalpolizei aus eigener Macht (§ 171 Abs 2 StPO) gleich zu Beginn des dadurch in Gang gesetzten Ermittlungsverfahrens auf Basis einer weniger verdichteten Verdachtslage einen Antrag auf Verhängung der Untersuchungshaft zu stellen (vgl § 172 Abs 3 letzter Satz StPO).
Die Behauptung der Gesetzwidrigkeit der Verhängung der Untersuchungshaft wegen der in Abwesenheit eines Verteidigers erfolgten gerichtlichen Vernehmung des Beschwerdeführers vor Verhängung der Untersuchungshaft am 19. Dezember 2014 (§ 174 Abs 1 StPO) war ebenso bereits Gegenstand einer Grundrechtsbeschwerde des Angeklagten (11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]) wie die Frage, ob dieses Pflichtverhör seinerzeit auch ohne Zustimmung des (damals) Beschuldigten auf Tonband diktiert werden durfte, und ob danach gemäß § 96 Abs 4 StPO vorgegangen wurde. Auch in diesem Punkt ist die vorliegende Grundrechtsbeschwerde somit wegen des Prozesshindernisses bereits entschiedener Sache nicht meritorisch zu erledigen.
Weshalb das auf dieser Aufnahme basierende Protokoll über die Vernehmung oder die Aussage des Beschuldigten als solche nach dem Gesetz in einer der Haftverhängung entgegenstehenden Weise nichtig sein sollte, macht im Übrigen auch die vorliegende Beschwerde nicht klar (vgl §§ 96 Abs 2, Abs 5 letzter Satz, 97 Abs 1 StPO; § 166 StPO).
Soweit der Beschwerdeführer nunmehr überdies die Tatsache einer am 18. Dezember 2014 in der Justizanstalt Salzburg erfolgten Festnahme durch die Justizwache im Anschluss an die bis dahin vollzogene Strafhaft bestreitet, ist er (vgl einmal mehr 11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]) auf die durch seine eigenhändige Unterschrift belegte Ausfolgung der gerichtlich bewilligten Festnahmeanordnung samt Belehrung am 18. Dezember 2014 hinzuweisen (ON 14 in ON 11).
Eine bereits entschiedene Sache (11 Os 14/15s [11 Os 15/15p]) betrifft weiters den Einwand der Unzulässigkeit der Verhängung der Untersuchungshaft zufolge der Festnahme durch die (an sich unzuständige) Justizwache am 18. Dezember 2014 und wegen behaupteter Versäumnisse im Zusammenhang mit einer Belehrung über nach § 36 Abs 2 WÜK zustehende Rechte.
Der Beschwerdeführer wurde somit durch den angefochtenen Beschluss nicht im Grundrecht auf persönliche Freiheit verletzt.
Die Grundrechtsbeschwerde war daher ohne Kostenzuspruch (§ 8 GRBG) abzuweisen.
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