Spruch:
1. Dem Revisionsrekurs der betreibenden Partei wird Folge gegeben. Die Entscheidung des Rekursgerichts wird dahin abgeändert, dass die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung zur Gänze wiederhergestellt wird.
Der betreibenden Partei werden für ihren Revisionsrekurs 3.943,60 EUR (darin enthalten 390,27 EUR USt und 1.602 EUR Barauslagen) als weitere Exekutionskosten bestimmt.
2. Der außerordentliche Revisionsrekurs der verpflichteten Partei wird gemäß § 78 EO iVm § 526 Abs 2 Satz 1 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Der Antrag der betreibenden Partei auf Zuspruch von Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung wird abgewiesen.
Begründung
Die Verpflichtete als Beklagte wurde mit rechtskräftigem und vollstreckbarem Urteil des Bezirksgerichts Wels vom 3. Jänner 2014 zu AZ 6 C 453/10h verpflichtet, der Betreibenden als Klägerin 746.728,92 EUR samt Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zum jeweiligen 30. Juni und 31. Dezember eines jeden Jahres aus jeweils 17.778,26 EUR seit jeweils dem 6. näher bezeichneter Monate beginnend mit Juni 2009 bis zuletzt November 2012 binnen 14 Tagen zu bezahlen sowie die Verfahrenskosten zu ersetzen.
Mit ihrem am 20. Februar 2014 beim Erstgericht eingelangten Exekutionsantrag begehrte die Betreibende aufgrund dieses Urteils zur Hereinbringung der gesamten Kapitalforderung, der Zinsen und der Kosten die Bewilligung der Fahrnisexekution. Den im Verfahren allein strittigen Zinsenzuspruch präzisiert der Exekutionsantrag rechnerisch durch Addition von 8 % mit dem Basiszinssatz, woraus sich etwa für die erste Zinsperiode ergibt, dass 9,88 % Zinsen aus 17.778,26 EUR seit 6. Juni 2009 in Exekution gezogen werden.
Das Erstgericht erließ die Exekutionsbewilligung antragsgemäß.
Am 11. Juli 2014 brachte die Verpflichtete als Klägerin eine zu AZ 10 C 3/14k des Erstgerichts anhängige Oppositionsklage gegen die Betreibende als Beklagte ein, die sie mit dem Antrag auf Aufschiebung der Fahrnisexekution gemäß § 42 Abs 1 Z 5 EO gegen Erlag einer Sicherheitsleistung verband.
Das Erstgericht schob die Exekution antragsgemäß gegen Erlag einer Sicherheitsleistung von 210.000 EUR auf. Die Verpflichtete erlegte die Sicherheit.
Die Oppositionsklage begründete die Verpflichtete ‑ ebenso wie ihren Rekurs gegen die Exekutionsbewilligung ‑ damit, dass der Zinsenzuspruch im Titel so zu verstehen sei, dass dem Basiszinssatz nicht 8 % hinzuzurechnen seien, sondern der jeweilige Basiszinssatz um 8 % erhöht werde. Daraus ergibt sich beispielsweise ein von der Verpflichteten in ihrem Rekurs errechneter Zinsenzuspruch von lediglich 1,960 % Zinsen aus 17.779,26 EUR seit 6. Juni 2009.
Aufgrund dieser unterschiedlichen Titelauslegung durch die Parteien des Exekutionsverfahrens geht die Verpflichtete davon aus, die Betreibende durch die im Zuge des Exekutionsverfahrens geleistete Zahlung zur Gänze befriedigt zu haben.
Das Rekursgericht gab dem Rekurs der Verpflichteten gegen die Exekutionsbewilligung teilweise Folge und änderte diese dahin ab, dass es der Betreibenden aufgrund des Titelurteils zur Hereinbringung einer Kapitalforderung von 746.728,92 EUR, der Kosten von 33.078,09 EUR samt 4 % Zinsen seit 3. Jänner 2014 sowie der mit 3.477,96 EUR bestimmten Kosten des Exekutionsantrags die Fahrnisexekution bewilligte und den Exekutionsantrag der Betreibenden zur Hereinbringung der begehrten Zinsen aus der Kapitalforderung zur Gänze abwies.
Das Rekursgericht vertrat die Auffassung, dass der Antrag auf Exekutionsbewilligung gemäß § 54 EO neben den sonst vorgeschriebenen besonderen Angaben und Belegen unter anderem die bestimmte Angabe des Anspruchs enthalten müsse. Bei variablen Zinsen sei ein prozentmäßiger Zinssatz anzugeben. Bloße Bestimmbarkeit einer Geldforderung genüge auch dann nicht, wenn die Höhe der Forderung durch Heranziehung gesetzlicher Vorschriften bestimmbar wäre. Schulde der Verpflichtete nach dem materiellen Recht Zinsen in einer variablen Höhe, sei zu unterscheiden: Schulde er eine bestimmte Zahl von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz, komme § 8a EO zur Anwendung. Diese Bestimmung normiere eine gesetzliche Ausnahme vom Bestimmtheitsgebot des § 7 Abs 1 EO. Zur Hereinbringung einer solchen Zinsenforderung könne, obwohl sie nur bestimmbar umschrieben sei, unmittelbar Exekution geführt werden. In allen anderen Fällen wäre ein entsprechend formulierter Leistungsbefehl mit dem Mangel bloßer Bestimmbarkeit behaftet. Hier sei mit dem Exekutionstitel gerade keine bestimmte Zahl von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen worden, sondern Zinsen in Höhe von 8 Prozent über dem Basiszinssatz. § 8a EO sei nicht anwendbar. Der Exekutionsantrag hinsichtlich der Zinsen sei daher zur Gänze abzuweisen.
Den Revisionsrekurs erklärte das Rekursgericht mit der Begründung für zulässig, dass Rechtsprechung zur Frage fehle, ob § 8a EO analog auch auf Zinsenzusprüche anwendbar sei, in denen in anderer als dort geregelter Form auf den Basiszinssatz Bezug genommen werde.
Mit der von der Verpflichteten mit außerordentlichem Revisionsrekurs angefochtenen Rekursentscheidung gab das Rekursgericht dem Rekurs der Betreibenden gegen die vom Erstgericht bewilligte Exekutionsaufschiebung Folge, wies den Aufschiebungsantrag der Verpflichteten ab und erklärte den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig.
Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist einerseits der Revisionsrekurs der Betreibenden gegen die die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung teilweise abändernde Rekursentscheidung mit dem Antrag auf Wiederherstellung der erstgerichtlichen Exekutionsbewilligung.
Zum anderen bekämpft der außerordentliche Revisionsrekurs der Verpflichteten die Abweisung des Aufschiebungsantrags durch das Rekursgericht.
Sowohl die Betreibende als auch die Verpflichtete erstatteten Revisionsrekursbeantwortungen.
Rechtliche Beurteilung
Der Revisionsrekurs der Betreibenden ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig. Ihr Revisionsrekurs ist auch berechtigt.
Der Revisionsrekurs der Verpflichteten ist mangels Vorliegens einer erheblichen Rechtsfrage nicht zulässig.
I. Zum Revisionsrekurs der Betreibenden.
In ihrem Revisionsrekurs verweist die Betreibende darauf, dass zwischen der Aussage „8 % über dem Basiszinssatz“ und „8 %‑Punkten über dem Basiszinssatz“ inhaltlich kein Unterschied bestehe. Das Titelurteil könne nur dahin verstanden werden, dass Zinsen im Umfang des § 352 UGB (nun: § 456 UGB idF BGBl I 2013/50) zugesprochen worden seien. So entspreche es auch der ganz gängigen Praxis, Verzugszinsen iSd § 352 UGB bzw nun § 456 UGB dem Titelurteil entsprechend zu formulieren. Jede andere Auslegung widerspräche jeglicher Logik und Vernunft. Auch § 49a ASGG formuliere die Höhe der gesetzlichen Zinsen für Forderungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis mit „8 (nunmehr: 9,2) von Hundert“ pro Jahr über dem am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit entsprechend geltenden Basiszinssatz. Auch diese Formulierung werde im Sinne von „8 (nun: 9,2) % über dem Basiszinssatz“ verstanden.
Dazu wurde erwogen:
1. Der im Revisionsrekurs der Betreibenden erhobene Vorwurf, dass die Rekursentscheidung in die Rechtskraft der Exekutionsbewilligung eingegriffen habe, weil die verpflichtete Partei den von ihr selbst bezifferten, festen Zinssatz nicht bekämpft habe, ist unzutreffend:
Die Verpflichtete stellte in ihrem Rekurs gegen den Exekutionsbewilligungsbeschluss des Erstgerichts den Abänderungsantrag, dass der Antrag der Betreibenden auf Exekutionsbewilligung zurückgewiesen, in eventu (zur Gänze) abgewiesen werde. Lediglich mit ihrem zweiten Eventualantrag begehrte sie eine Abänderung dahin, dass nur Zinsen in Höhe von 1,960 % bzw 0,460 % (bis 30. Juni 2009 bzw ab 1. Juli 2009) zugesprochen werden mögen.
2. Gegenstand des Revisionsrekursverfahrens ist nur noch das ‑ vom Rekursgericht gänzlich abgewiesene ‑ Zinsenbegehren aus dem Kapital, um das die Betreibende die Exekution nicht einschränkte. Ob die Verpflichtete überhaupt ein Rechtsschutzinteresse daran hatte, die Exekutionsbewilligung mit Rekurs zur Gänze zu bekämpfen, ist wegen der eingetretenen Teilrechtskraft der Rekursentscheidung nicht zu prüfen.
3. Die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung ist durch den Titel gedeckt:
3.1 Der Zinsenzuspruch im Urteil („746.728,92 EUR samt Zinsen in Höhe von 8 % über dem jeweiligen Basiszinssatz zum 30. 6. und 31. 12. eines jeden Jahres ...“) ist im Sinne der Rechtsauffassung der Betreibenden auszulegen, wonach eine Addition von 8 % und dem Basiszinssatz zu erfolgen hat. Demgegenüber wäre im Sinne der Auffassung der Verpflichteten, die die Formulierung als relative (prozentuelle) Zinssatzerhöhung verstehen will, davon auszugehen, der Zinsenzuspruch bedeute, dass nur beim Basiszinssatz selbst eine 8%ige Steigerung vorzunehmen sei, dieser also auf Werte von 1,96 % bzw 0,46 % erhöht werde.
3.2 Das Rekursgericht hat zutreffend darauf verwiesen, dass das Bewilligungsgericht nach ständiger Rechtsprechung bei der Entscheidung über den Exekutionsantrag zu prüfen hat, ob das Begehren durch den Exekutionstitel gedeckt ist. Es hat die Verpflichtung nur aufgrund des Titels festzustellen und nicht zu untersuchen, was der Verpflichtete nach dem Gesetz zu leisten hat, sondern nur, wozu er im Urteil verpflichtet wurde (RIS‑Justiz RS0000217; vgl auch RS0000207). Nur bei Undeutlichkeit des Spruchs ist es zulässig, die Entscheidungsgründe zur Auslegung heranzuziehen (RIS‑Justiz RS0000296).
3.3 Der Titel bezieht sich grammatikalisch ohne Zweifel darauf, dass Zinsen in Höhe von 8 % über dem Basiszinssatz geschuldet werden und nicht Zinsen in Höhe des um 8 % erhöhten Basiszinssatzes.
Diese Auslegung steht auch im Einklang mit der von der Betreibenden zutreffend hervorgehobenen Rechtspraxis: Die Formulierung „8 % über dem Basiszinssatz“ wird häufig synonym mit der vom Gesetzgeber des UGB verwendeten Formulierung „acht Prozentpunkte über dem Basiszinssatz“ verwendet (vgl beispielhaft Ebner/Pablik, Klagen der Handelsgerichtsbarkeit ÖJZ 2004/30; vgl auch BGH NJW 2006, 1341, der zur vergleichbaren Verzinsungsvorschrift des § 288 BGB die Formulierung „Zinsen in Höhe von 5 % über dem Basiszinssatz seit ...“ verwendet; ferner zB 7 Ob 21/12g).
Zutreffend verweist der Revisionsrekurs der Betreibenden in diesem Zusammenhang auch auf § 49a ASGG: Diese Vorschrift regelt, dass die gesetzlichen Zinsen für Forderungen im Zusammenhang mit einem Arbeitsverhältnis „9,2 von Hundert pro Jahr über dem am Tag nach dem Eintritt der Fälligkeit geltenden Basiszinssatz“ betragen. Trotz dieser von § 352 UGB (nun: § 456 UGB) abweichenden Formulierung versteht die arbeitsrechtliche Literatur (vgl zB Neumayr in Zellkomm² § 49a ASGG Rz 2) § 49a ASGG ganz selbstverständlich im Sinne der Regelung des UGB.
3.4 Ist aber der Exekutionstitel so auszulegen, dass damit ein Zinssatz von bestimmten Prozentpunkten über dem Basiszinssatz zugesprochen wurde, ergibt sich entgegen der Auffassung des Rekursgerichts auch die Anwendbarkeit des § 8a EO, der in Abweichung vom Bestimmtheitsgebot des § 7 Abs 1 EO ausdrücklich anordnet, dass die Exekution bezüglich der Zinsen auch dann zu bewilligen ist, wenn der Zinssatz in einer bestimmten Zahl von Prozentpunkten über dem Basiszinssatz ausgedrückt wird (vgl zu dieser durch die EO‑Nov 2003 eingefügten Bestimmung Jakusch in Angst, EO² § 8a Rz 1).
3.5 Daraus folgt, dass die erstgerichtliche Exekutionsbewilligung zur Gänze wiederherzustellen ist.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 41, 50 ZPO iVm § 78 EO. Die verzeichnete Pauschalgebühr war zu korrigieren (TP 4 iVm TP 12a des GGG). Die Aufhebung der TP 12a infolge Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs tritt erst mit Ablauf des 31. Dezember 2015 in Kraft (BGBl 96/2014). Überdies war der verzeichnete Entlohnungsanspruch richtig zu stellen.
II. Zum außerordentlichen Revisionsrekurs der Verpflichteten
1. Es trifft zu, dass die von der Verpflichteten behauptete Vollzahlung nach Titelschaffung einen Oppositionsgrund darstellt, wobei nach der von der ständigen Rechtsprechung vertretenen „Kombinationstheorie“ das klagestattgebende Urteil im Oppositionsprozess ‑ anders als der Beschluss, mit welchem ein Exekutionsantrag abgewiesen wird ‑ mit Bindungswirkung über das Erlöschen des Anspruchs abspricht (RIS‑Justiz RS0001674).
2. Das Rekursgericht hat jedoch zutreffend auf die Aussichtslosigkeit der Oppositionsklage hingewiesen:
2.1 Bei der Entscheidung über einen Aufschiebungsantrag kommt es nicht darauf an, ob die Klage „aussichtsreich“ ist, sondern darauf, ob sie „offenbar aussichtslos“ ist (RIS‑Justiz RS0001979).
2.2 In der Entscheidung 3 Ob 163/13m wurde klargestellt, dass es bei der Prüfung der Erfolgsaussichten einer den Aufschiebungsgrund bildenden Klage in Wahrheit nur auf Rechtsfragen und damit auf die Schlüssigkeit der Klage bzw des Antrags ankommt.
2.3 Die Rechtsfrage der Auslegung des Exekutionstitels, also die Vorfrage für die im Oppositionsverfahren zu klärende Frage des Erlöschens des Anspruchs, ist im Sinne der zu I. dargelegten Gründe eindeutig dahin zu beantworten, dass der Zinsenzuspruch im Titelurteil im Sinne des Verständnisses der Betreibenden auszulegen ist.
2.4 Aus diesen rechtlichen Erwägungen ist die allein auf die ‑ unzutreffende ‑ Auslegung des Titels durch die Verpflichtete gegründete Oppositionsklage als rechtlich aussichtslos einzustufen.
3. Die von der Betreibenden erstattete Revisionsrekursbeantwortung ist zwar trotz der grundsätzlichen Einseitigkeit des Exekutionsverfahrens (RIS‑Justiz RS0118686) mangels gesetzlicher Anordnung nicht zurückzuweisen (RIS‑Justiz RS0118686 [T11]); sie dient aber jedenfalls nicht der zweckentsprechenden Rechtsverfolgung und ist daher schon unabhängig davon nicht zu honorieren, dass der Betreibenden eine Freistellung zur Beantwortung des außerordentlichen Revisionsrekurses der Verpflichteten nicht aufgetragen wurde (vgl RIS‑Justiz RS0118686 [T12]).
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