OGH 14Os146/14y

OGH14Os146/14y20.1.2015

Der Oberste Gerichtshof hat am 20. Jänner 2015 durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Philipp als Vorsitzenden, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Mag. Hetlinger, die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Nordmeyer und Dr. Oshidari sowie die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Mann in Gegenwart der Richteramtsanwärterin MMag. Tischler als Schriftführerin in der Strafsache gegen Peter K***** wegen des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB und einer weiteren strafbaren Handlung über die Nichtigkeitsbeschwerde und die Berufung des Angeklagten gegen das Urteil des Landesgerichts Wiener Neustadt als Schöffengericht vom 6. Oktober 2014, GZ 51 Hv 55/14v‑26, sowie über seine Beschwerde gegen den zugleich ergangenen Beschluss auf Widerruf einer bedingten Entlassung nach Anhörung der Generalprokuratur in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2015:0140OS00146.14Y.0120.000

 

Spruch:

Die Nichtigkeitsbeschwerde wird zurückgewiesen.

Zur Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde werden die Akten dem Oberlandesgericht Wien zugeleitet.

Dem Angeklagten fallen auch die Kosten des bisherigen Rechtsmittelverfahrens zur Last.

Text

Gründe:

Mit dem angefochtenen Urteil wurde Peter K***** des Vergehens der Nötigung nach § 105 Abs 1 StGB (I) sowie des Verbrechens des schweren Raubes nach §§ 142 Abs 1, 143 zweiter Fall StGB (II) schuldig erkannt.

Danach hat er am 19. August 2014 in W***** seine Mutter Helga K*****

(I) mit Gewalt dazu genötigt, von ihrem Vorhaben, ein Taxi zu rufen, Abstand zu nehmen, indem er ihr die Visitenkarte mit der Rufnummer des Taxiunternehmens aus der Hand riss und ihr Mobiltelefon aus der Hand schlug und

(II) mit Gewalt sowie durch Drohung mit gegenwärtiger Gefahr für Leib oder Leben (§ 89 StGB) unter Verwendung einer Waffe 100 Euro Bargeld mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz abgenötigt, indem er sie mehrmals aufforderte, ihm das Geld als Ersatz für sein zuvor von ihm selbst zerstörtes Mobiltelefon auszuhändigen, wobei er ein Messer gegen seinen Vater Josef K***** richtete, diesen so fest am Arm packte, dass er ein Hämatom erlitt, und äußerte: „Was ist jetzt, du alter Trottel (US 5: 'Depp').“

Rechtliche Beurteilung

Die dagegen aus den Gründen der Z 5, 9 lit a und 10 des § 281 Abs 1 StPO erhobene Nichtigkeitsbeschwerde des Angeklagten verfehlt ihr Ziel.

Die Feststellung zur Begehung des Raubes unter Verwendung einer Waffe (Schuldspruch II), nach der der Beschwerdeführer ein Messer drohend gegen seinen Vater richtete, während er seine Mutter zur Übergabe von 100 Euro Bargeld aufforderte (US 5), haben die Tatrichter ‑ den Gesetzen folgerichtigen Denkens und grundlegenden Erfahrungssätzen entsprechend ‑ auf die übereinstimmenden Aussagen seiner Eltern Helga und Josef K***** gestützt (US 6 f). Entgegen dem Einwand der Mängelrüge (Z 5 zweiter Fall) haben sie sich dabei auch mit Divergenzen zwischen den Angaben des Letztgenannten anlässlich seiner polizeilichen Vernehmung und jenen in der Hauptverhandlung auseinandergesetzt und dargelegt, aus welchen Gründen sie ‑ mit Ausnahme der Behauptung einer nicht als erweislich erachteten verbalen Todesdrohung ‑ erstere für glaubwürdig erachteten (US 7).

Die subjektive Einschätzung der Helga K*****, wonach der Angeklagte durch die Drohung mit dem Messer zeigen wollte, „wie er beieinander ist“ (ON 25 S 13), steht nicht in erörterungsbedürftigem Widerspruch zu der kritisierten Urteilsannahme (RIS‑Justiz RS0097540).

Mit Blick auf die ‑ die vorgenommene Subsumtion für sich tragenden ‑ Konstatierungen zur Drohung mit einem Messer und dem Einsatz von Gewalt spricht die weitere Mängelrüge mit ihrem Einwand von Undeutlichkeit (Z 5 erster Fall) in Bezug auf die vom Schöffengericht ‑ nach dem Beschwerdestandpunkt irrig ‑ im Gesamtzusammenhang als „Drohung“ eingestufte Äußerung „Was ist jetzt, du alter Depp“ (US 5) keine entscheidende Tatsache an.

Dass das Aus-der-Hand-Reißen einer Visitenkarte und das Aus-der-Hand-Schlagen eines Mobiltelefons „reine Sachgewalt“, also keine ‑ zumindest mittelbare ‑ Einwirkung auf den Körper des Tatopfers, und damit keine Gewalt im Sinn des § 105 Abs 1 StGB darstellt (vgl dagegen 14 Os 154/03, 14 Os 149/06b; in diesem Sinn auch Seiler, SbgK § 105 Rz 27 f), wird von der Rechtsrüge (Z 9 lit a) zum Schuldspruch I ohne methodengerechte Ableitung aus dem Gesetz bloß behauptet (Ratz, WK‑StPO § 281 Rz 588; RIS‑Justiz RS0116565). Aus der in diesem Zusammenhang zitierten Kommentarstelle (Schwaighofer in WK² StGB § 105 Rz 30 ff) lässt sich Derartiges gerade nicht ableiten.

Gleiches gilt für den Einwand, die von § 105 StGB geforderte „Erheblichkeitsschwelle“ sei zufolge „völliger Belanglosigkeit“ des abgenötigten Verhaltens (der Unterlassung eines Anrufs bei einem Taxiunternehmen, um den äußerst aggressiven Angeklagten zum Verlassen der Wohnung zu veranlassen; US 4 f) nicht erreicht (vgl dazu im Übrigen Schwaighofer in WK² StGB § 105 Rz 68 ff mwN und Auseinandersetzung mit anderslautenden Lehrmeinungen).

Die Subsumtionsrüge (Z 10) zum Schuldspruch II geht mit ihrem ‑ auf eine einzelne (im Übrigen ebenfalls hinreichend deutliche) Urteilspassage rekurrierenden ‑ Einwand unzureichender Feststellungen zu den eingesetzten Nötigungsmitteln sowie zur Verwendung einer Waffe beim Raub prozessordnungswidrig nicht von der Gesamtheit der Feststellungen aus (RIS‑Justiz RS0099810). Danach hat der Beschwerdeführer von seiner Mutter Helga K***** 100 Euro Bargeld verlangt, seinen Vater Josef K***** dabei am linken Arm gepackt, ihn festgehalten, in weiterer Folge unter Wiederholung seiner Forderung und mit den Worten „Was ist jetzt, du alter Depp“ ein Messer gegen ihn gerichtet und schließlich mit dem Messer auf das Mobiltelefon seiner Mutter eingestochen, wobei er die Genannte durch die gegen ihren Ehemann gerichtete Drohung mit dem Messer und auch die Gewalt, nämlich das Festhalten am Arm, bedrohen und sie ‑ mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz ‑ dadurch zur Übergabe des geforderten Geldbetrags nötigen wollte, was ihm aufgrund der durch die Tathandlungen bewirkten Einschüchterung des Tatopfers auch gelang (US 5 f).

Welche darüber hinausgehenden Konstatierungen zur rechtsrichtigen Beurteilung erforderlich gewesen wären, erklärt die Beschwerde nicht.

Welche der einzelnen Handlungen im Zug des Raubgeschehens letztendlich zum intendierten Erfolg führte, ist zudem nicht entscheidend.

Die Forderung nach einer Subsumtion des Täterverhaltens nach § 142 Abs 2 StGB baut auf der nach dem Vorgesagten urteilsfremden Prämisse auf, dass der Raub nicht unter Verwendung einer Waffe begangen wurde, und entzieht sich damit einer inhaltlichen Erwiderung (siehe erneut RIS‑Justiz RS0099810).

Der weitere Einwand undeutlicher Feststellungen zur subjektiven Tatseite, weil der Angeklagte nach den Feststellungen bloß einen „wirtschaftlichen Wertausgleich“ für sein defektes Mobiltelefon verlangte, was „einen Bereicherungsvorsatz ausschließt“, entfernt sich gleichermaßen vom Urteilssachverhalt, dem unmissverständlich zu entnehmen ist, dass der Beschwerdeführer dieses vor der Tat aus Zorn selbst zu Boden geschleudert hatte, sodass es in seine Einzelteile zersprang (US 4), demgemäß wusste, dass die Forderung nach 100 Euro Bargeld ohne wirtschaftliche Rechtfertigung erfolgte und mit auf unrechtmäßige Bereicherung gerichtetem Vorsatz handelte (US 6).

Die Nichtigkeitsbeschwerde war daher gemäß § 285d Abs 1 StPO schon bei der nichtöffentlichen Beratung sofort zurückzuweisen.

Die Entscheidung über die Berufung und die Beschwerde kommt somit dem Oberlandesgericht zu (§§ 285i, 498 Abs 3 letzter Satz StPO).

Der Kostenausspruch beruht auf § 390a Abs 1 StPO.

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