OGH 9ObA121/14f

OGH9ObA121/14f18.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Dr. Hopf als Vorsitzenden und die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Hargassner sowie die fachkundigen Laienrichter Dr. Manfred Engelmann und Dr. Gerda Höhrhan‑Weiguni als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei A***** M*****, vertreten durch Mag. Axel Bauer, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei U***** AG, *****, vertreten durch Wolf Theiss Rechtsanwälte GmbH & Co KG in Wien, wegen 316.218,83 EUR brutto sA und Feststellung (100.000 EUR), über die außerordentliche Revision der klagenden Partei (Revisionsinteresse: 236.016,50 EUR) gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits- und Sozialrechtssachen vom 26. August 2014, GZ 8 Ra 11/14t‑77, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:009OBA00121.14F.1218.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision der klagenden Partei wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1.1. Regelmäßig gewährte Zuwendungen, mit denen der Arbeitnehmer rechnen kann, werden nach ständiger Rechtsprechung verpflichtender Vertragsinhalt, wenn nicht klar betont wird, dass es sich um freiwillige, unverbindliche und jederzeit widerrufliche Leistungen handelt (RIS-Justiz RS0014154; zuletzt 9 ObA 30/12w). Dabei wird zwischen einem „Unverbindlichkeitsvorbehalt“ einerseits und einem „Widerrufs- bzw Änderungsvorbehalt“ andererseits unterschieden. Unverbindlichkeitsvorbehalte weisen darauf hin, dass eine Leistung freiwillig und ohne Anerkennung einer Rechtspflicht bzw ohne Einräumung eines Anspruchs auf eine zukünftige Leistungserbringung gewährt wird. Auch durch die wiederholte Gewährung soll kein Rechtsanspruch für die Zukunft entstehen. Es soll dem Arbeitgeber von Fall zu Fall überlassen bleiben, neu zu entscheiden, ob und in welcher Höhe er die Leistung weiter gewähren will. Will er dies nicht mehr, so reicht es aus, dass er die Leistung einfach einstellt. Der Widerrufsvorbehalt hingegen setzt einen Anspruch des Arbeitnehmers voraus, der durch den Widerruf wieder vernichtet werden kann, wobei die Ausübung des Widerrufsvorbehalts einer gewissen Ausübungskontrolle unterliegt (9 ObA 113/08w; RIS‑Justiz RS0014154 [T31]).

Ob solche Vorbehalte vorliegen, kann naturgemäß nur nach der konkreten Vertragsbeziehung im Einzelfall beurteilt werden und stellt dementsprechend regelmäßig keine erhebliche Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO dar (9 ObA 30/12w; RIS‑Justiz RS0044358). Insbesondere wenn ‑ wie hier ‑ ein Unverbindlichkeitsvorbehalt mit einem Widerrufsvorbehalt kombiniert ist, bedarf es der Auslegung dahin, ob es für den Arbeitnehmer klar sein musste, dass kein Rechtsanspruch eingeräumt oder mit dem Verweis auf den mangelnden Rechtsanspruch vielmehr nur die Widerruflichkeit bestärkt werden sollte (9 ObA 113/08w).

Wenn nun die Vorinstanzen die schriftliche Erklärung der Beklagten, „die Gewährung der Bonuszahlung stellt eine freiwillige Leistung dar und begründet weder der Höhe noch dem Grunde nach einen Rechtsanspruch für die Zukunft bzw ist die Leistung freiwillig und jederzeit widerrufbar“, als Unverbindlichkeitsvorbehalt ausgelegt haben, weil aus der Erklärung der Beklagten der fehlende Bindungswille klar genug hervorgehe, vermag auch die Revision keine konkreten Ansatzpunkte aufzuzeigen, warum es sich hier um eine vom Obersten Gerichtshof aufzugreifende unvertretbare Beurteilung handeln sollte.

1.2. Der Oberste Gerichtshof hat den in der Lehre gegen die Zulässigkeit von Unverbindlichkeitsvorbehalten vorgetragenen Argumenten ‑ vor allem dem Gedanken, dass der Arbeitnehmer auf eine gewisse Beständigkeit seines monatlichen Entgelts vertrauen können muss ‑ im Zusammenhang mit den wesentlichen Teilen des laufenden monatlichen Entgelts erhebliches Gewicht zuerkannt (9 ObA 113/08w = ZAS 2010/51 [ Risak ] = DRdA 2011/7 [ Schindler ] = wbl 2009/178 [ Grillberger ]). Eine Klausel, die sich auf einen wesentlichen Teil des typischen Monatsentgelts bezieht, ist aber auch hier nicht zu beurteilen, sodass dazu auch nicht weiter Stellung zu nehmen ist. Jedenfalls für Entgeltbestandteile, die nicht zum wesentlichen Teil des typischen Grundentgelts gehören und die nur unregelmäßig bzw aus besonderem Anlass gewährt werden ‑ wie eben hier eine unverbindliche jährliche Bonuszahlung ( Unterrieder, Unverbindliches Entgelt, ecolex 2010, 1181 [1184]) - besteht kein triftiger Grund, Unverbindlichkeitsvorbehalte generell als unzulässig zu betrachten (9 ObA 113/08w).

2. Während das Gesetz bei den Ansprüchen nach dem GlBG und dem BEinstG eine Beweiserleichterung zu Gunsten der Person, die sich auf einen Diskriminierungstatbestand beruft, vorsieht (§§ 12 Abs 12, 26 Abs 12 GlBG; § 7p BEinstG), trifft den Arbeitnehmer hinsichtlich des allgemeinen arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes die Behauptungs- und Beweislast (vgl Mosler in ZellKomm² § 18 AngG Rz 106 ua).

Der Revisionswerber ist nun der Ansicht, die Vorinstanzen hätten zu Unrecht von ihm verlangt, Behauptungen darüber aufzustellen, wie viele Mitarbeiter mit ihm vergleichbar seien und welche davon in welcher Höhe eine Bonuszahlung erhalten hätten. Die Erbringung des Beweises einer unsachlichen Ungleichbehandlung in Bezug auf von der Beklagten ihren Mitarbeitern ausbezahlte Bonuszahlungen sei ihm aber quasi unmöglich (Beweisnotstand), weil die Beklagte ihre Mitarbeiter über die ihnen gewährten Bonuszahlungen zur Verschwiegenheit verpflichtet habe. Der Kläger habe gar keine Möglichkeit, „allfällige“ aus der Verletzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes resultierenden Ansprüche geltend zu machen, weil er gar nicht erfahren könne, „ob“ er unsachlich benachteiligt worden sei. Das Gleichbehandlungsgebot könnte dann aber von der Beklagten umgangen werden, weil er keine konkreten Behauptungen über die Höhe der Bonuszahlungen an andere Mitarbeiter aufstellen könne. Es sollten daher seines Erachtens die in der Entscheidung 9 ObA 177/07f zu § 12 Abs 12 GlBG angestellten Überlegungen auch auf Fälle wie den gegenständlichen übertragen werden.

Diese Argumentation der Revision ist letzlich nicht zielführend, weil sie Fragen der Beweiserleichterung mit Fragen der Behauptungspflicht vermengt. Richtig ist, dass bei Verletzung des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgebots der diskriminierte Arbeitnehmer Anspruch auf gleichartige Behandlung hat (8 ObA 8/05t; 8 ObA 26/06s ua). Der klagende Arbeitnehmer hat aber ‑ wie jeder andere Kläger ‑ jene Tatsachen zu behaupten, aus denen sich die konkrete Höhe des von ihm begehrten Anspruchs ergibt. Dabei ist redlicherweise zu unterstellen, dass der Anspruch stellende Arbeitnehmer in der Regel nur dann zur Klage schreitet, wenn er konkrete Anhaltspunkte für seine Ungleichbehandlung hat. Sein Begehren hat sich daher auch der Höhe nach aus den vorgetragenen Prozessbehauptungen ‑ hier also aus der Differenz zwischen der dem Kläger gewährten und der anderen vergleichbaren Mitarbeitern gewährten Bonuszahlungen ‑ zu ergeben.

Die Frage, ob in einem konkreten Einzelfall auch zur Höhe einer Forderung ein ausreichendes Vorbringen erstattet wurde, hängt ebenfalls von den Umständen des Einzelfalls ab und berührt in der Regel keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS‑Justiz RS0042828 [T2]). Eine korrekturbedürftige Fehlbeurteilung des Berufungsgerichts zeigt die Revision mit ihren dargelegten Bedenken daher nicht auf.

3. Die weiteren in der Zulassungsbegründung der außerordentlichen Revision aufgegriffenen Rechtsfragen im Zusammenhang mit dem Betriebsbegriff im Rahmen des arbeitsrechtlichen Gleichbehandlungsgrundsatzes sowie der Verletzung des Sachlichkeitsgebots durch Gewährung unterschiedlich hoher Bonuszahlungen an die mit dem Kläger vergleichbaren Mitarbeiter, sind nach der Lage des Falls (siehe Punkt 3.) nicht erheblich im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO (vgl vgl 9 ObA 145/13h ua).

Mangels einer Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO ist die außerordentliche Revision des Klägers zurückzuweisen.

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