Spruch:
Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).
Text
Begründung
1. Die Beklagte beauftragte die Bauführerin mit der Durchführung von im Zuge einer Straßenverbreiterung notwendigen Rohrpressungsarbeiten. Die Bauführerin schloss ihre Haftung für die in den Plänen dargestellte Einbautenlage und deren Richtigkeit bzw Vollständigkeit aus. Daher übernahm es die Beklagte, die im Bereich der Rohrpressungsarbeiten gelegenen Einbauten erheben und die Planungsarbeiten ausführen zu lassen. Sowohl in den Plänen, mit deren Erstellung die Beklagte die Nebenintervenientin (Ziviltechnikergesellschaft) beauftragt hatte, als auch bei den Suchschlitzarbeiten, mit denen die Beklagte ein Bauunternehmen beauftragt hatte, wurde lediglich der obere von zwei in unterschiedlicher Tiefe liegenden Kabelkanälen erfasst. Die Rohrpressungsarbeiten wurden nach Maßgabe der Verlaufspläne von einem im Auftrag der Bauführerin handelnden weiteren Bauunternehmen durchgeführt. Dabei wurde der tiefer liegende Kabelkanal der Klägerin vollständig zerstört, wodurch der gesamte über den Kanalstrang laufende Kommunikationsverkehr großflächig ausfiel.
2. Das Berufungsgericht verneinte eine Haftung der Beklagten gegenüber der Klägerin für die Einbautenerhebung auf Basis eines Vertrags mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter. Der Haftungsausschluss der Bauführerin habe lediglich das Innenverhältnis zwischen den Vertragsparteien betroffen.
Rechtliche Beurteilung
3. In ihrer dagegen gerichteten außerordentlichen Revision bringt die Klägerin vor, es fehle an höchstgerichtlicher Judikatur zur Frage, ob sich unabhängig von einer allfälligen unmittelbaren Schadenersatzpflicht des verantwortlichen Bauführers eine Haftung des Auftraggebers zugunsten des Einbautenträgers aus Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter ergibt, wenn der Auftraggeber die Erhebung der Einbautenlage und die Planungsleistungen übernimmt.
4. Beim Vertrag mit
Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter erwächst dem geschützten
Dritten aus der Verletzung der dem Schuldner obliegenden Schutz‑ und Sorgfaltspflichten ein eigener Schadenersatzanspruch auf Grund vertraglicher Haftung des Schuldners, doch reicht dieser Anspruch nie weiter als der vertragliche Ersatzanspruch des Gläubigers (RIS‑Justiz RS0013961). Als schutzwürdige Dritte sind jene Personen anzusehen, deren räumlicher Kontakt mit der vertraglich zu erbringenden Hauptleistung beim Vertragsabschluss voraussehbar war, die also der vertraglichen Leistung nahestehen, und an denen der Vertragspartner (beim Werkvertrag der Besteller) ein sichtbares eigenes Interesse hat oder hinsichtlich welcher ihm selbst offensichtlich eine Fürsorgepflicht zukommt (RIS‑Justiz RS0034594).
5. Richtig ist, dass bei der Beschädigung von Versorgungsleitungen der Bauführer dem Geschädigten aus dem Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter haftet (zur Pflicht des Bauführers, bei Telekommunikationsunternehmen Kabeleinbauten zu erheben: RIS‑Justiz RS0038135; RS0038090; 8 Ob 28/12v; zur Haftung des Bauführers bei Verstoß gegen diese Erkundungspflicht: 1 Ob 168/06x). Im vorliegenden Fall hat jedoch die Beklagte die Verantwortung und Kostentragung für die Einbautenerhebung und die Planerstellung übernommen. Folgt man der Argumentation der Klägerin, so wäre demnach die Bauführerin gegenüber der Beklagten insofern selbst als ‑ untechnisch gesprochen ‑ „Gläubigerin“ dieser Leistungen anzusehen.
Der von den Schutzwirkungen eines Vertrags erfasste Personenkreis Dritter wird, wie eben dargelegt, nicht schon dadurch bestimmt, dass jemand in vorhersehbarer Weise mit der Vertragserfüllung in Berührung kommen kann, sondern erfordert überdies, dass der Vertragspartner (beim Werkvertrag der Besteller bzw hier die Bauführerin als Empfängerin der Planungsleistungen) an dieser Person ein sichtbares eigenes Interesse oder für sie offensichtlich eine Fürsorgepflicht hat.
In Bezug auf das Einbautenrisiko und die Planerstellung ist aber eine solche Sonderbeziehung zwischen der Bauführerin und der Klägerin nicht gegeben, weil die Bauführerin als Vertragspartnerin der Beklagten gegenüber der Klägerin kein sichtbares eigenes Interesse hat und ihr sichtlich auch keine Fürsorgepflicht gegenüber der Klägerin zukommt. Der zwischen der Beklagten und der Bauführerin abgeschlossene Vertrag stellt in Bezug auf die Einbautenerhebung und die Planbeistellung folglich keine Sonderrechtsbeziehung zwischen der Beklagten und der Klägerin her. Da er insofern aber auch keine vertraglichen Schutzwirkungen zu Gunsten der Klägerin entfaltet, ist die Beurteilung des Berufungsgerichts in diesem Punkt nicht weiter korrekturbedürftig.
6. Die Frage einer deliktischen Haftung wegen habitueller Untüchtigkeit der beauftragten Unternehmen iSd § 1315 ABGB kann nur nach den Umständen des Einzelfalls beurteilt werden (RIS‑Justiz RS0028925 [T14]). Hervorzuheben ist, dass sich aus einem Verhalten des Besorgungsgehilfen dann seine habituelle Untüchtigkeit ergibt, wenn es ihm an den für seine Tätigkeit notwendigen Kenntnissen überhaupt fehlt und auch ein auffallender Mangel an Gewissenhaftigkeit vorliegt, der Besorgungsgehilfe also nicht geeignet ist, entsprechend den fundamentalen Kenntnissen seines Tätigkeitsbereichs zu arbeiten (RIS‑Justiz RS0107261). Derartiges wurde hier vom Berufungsgericht in vertretbarer Weise verneint.
7. Die Klägerin sieht schließlich als Grundlage ihres Begehrens auch eine Repräsentantenhaftung der Beklagten, weil sie es unterlassen habe, eine genaue Planung für die Rohrpressung durchführen zu lassen und sie ihrer Erkundungspflicht in Form der Einsichtnahme der bei der Klägerin aufliegenden Einbautenpläne nicht nachgekommen sei.
Dies entspricht zum einen nicht dem festgestellten Sachverhalt, weil die Beklagte sowohl die Herstellung von Suchschlitzen zur Einbautenermittlung als auch die Planung der Rohrpressarbeiten einschließlich verschiedener Vermessungsleistungen bei sachkundigen Unternehmen in Auftrag gegeben hat.
Zum anderen sollen mit der Repräsentantenhaftung die allzu engen Haftungsvoraussetzungen des § 1315 ABGB (vgl Karner in KBB 4 § 1295 Rz 6; Reischauer in Rummel ABGB 3 § 1315 Rz 2a) im Hinblick auf juristische Personen durchbrochen werden. Nach ständiger Rechtsprechung haften juristische Personen im deliktischen Bereich für das schädigende Verhalten ihrer verfassungsmäßigen Organe und aller anderen Personen, die in verantwortlicher, leitender oder überwachender Funktion für sie tätig sind (s RIS‑Justiz RS0009113 [T25]). Sie sollen für das Verschulden jener Personen haften, die in ihrer Organisation eine leitende Stellung innehaben und dabei mit eigenverantwortlicher Entscheidungsbefugnis ausgestattet sind (RIS‑Justiz RS0009113). Nach dieser Rechtsprechung ist aber ein einmaliges Auftragsverhältnis mit einer organisationsfremden Person ‑ hier der Ziviltechnikergesellschaft ‑ nicht geeignet, deren Repräsentantenstellung für die Beklagte zu begründen.
8. Die Klägerin will die Beklagte schließlich für die Kosten des frustrierten Vorprozesses gegen die Bauführerin haftbar machen, weil die Beklagte und ihre Haftpflichtversicherung ihr gegenüber die Verletzung von Vertragspflichten geleugnet hätten und sie nur deshalb zunächst die Bauführerin geklagt habe.
Die Auskunft der Haftpflichtversicherung der Beklagten, dass diese „die angeblich schadenkausalen Rohrpressungsarbeiten weder beauftragt noch selbst durchgeführt“ habe, ist insofern nicht unrichtig, als das den Schaden letztlich verursachende Unternehmen die Rohrpressung nicht im Auftrag der Beklagten, sondern der Bauführerin durchgeführt hat. Darauf wies auch das Schreiben der Beklagten vom 3. 10. 2011 (Beil ./H) hin. Ungeachtet dessen führte die Klägerin bereits in der Klage des Vorprozesses das Auftragsverhältnis zwischen der Bauführerin und der Beklagten an, sodass sie davon jedenfalls in Kenntnis war und die genannte Behauptung demnach nicht kausal für die Klagsführung gegen die Bauführerin sein konnte.
Die weitere Mitteilung der Haftpflichtversicherung („keine Übernahme des Einbautenrisikos bzw die Vereinbarung einer Schad- und Klagloshaltung gegenüber der [Bauführerin]“) reicht angesichts dessen, dass diese Punkte in der zwischen der Beklagten und der Bauführerin abgeschlossenen Vereinbarung (Beil ./4) nicht in dieser Form, sondern nur in Bezug auf einen Haftungsausschluss der Bauführerin angesprochen waren, sowie angesichts der strittigen Frage nach der Reichweite des vertraglichen Haftungsausschlusses der Bauführerin noch nicht aus, um eine Haftung der Beklagten für eine wissentlich falsche Auskunft iSd § 1300 ABGB annehmen zu können. Diesbezüglich ist auch aus der Entscheidung 4 Ob 111/07p für die Klägerin nichts zu gewinnen, weil dort die Haftung für das Provozieren einer Einlassung des Vertragspartners in einen Rechtsstreit mit der Verletzung seiner vertraglichen Interessen begründet wurde. Die Klägerin ist jedoch keine Vertragspartnerin der Beklagten. Eine andere Anspruchsgrundlage macht sie nicht geltend.
9. Da die außerordentliche Revision der Klägerin insgesamt keine Rechtsfrage von der Qualität des § 502 Abs 1 ZPO aufzeigt, ist sie zurückzuweisen.
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