OGH 8Ob28/12v

OGH8Ob28/12v27.11.2012

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Spenling als Vorsitzenden, den Hofrat Hon.-Prof. Dr. Kuras, die Hofrätin Dr. Tarmann-Prentner und die Hofräte Mag. Ziegelbauer und Dr. Brenn als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A***** Aktiengesellschaft, *****, vertreten durch Hasberger Seitz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH *****, vertreten durch Dr. Amhof & Dr. Damian Rechtsanwälte GmbH in Wien, wegen 35.955 EUR sA, über die Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 28. Oktober 2011, GZ 4 R 334/10g-88, mit dem das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 10. November 2010, GZ 12 Cg 13/08v-84, teilweise abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei binnen 14 Tagen die mit 1.400,04 EUR (darin 233,34 EUR USt) bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Beklagte betreibt ein Bauunternehmen und führte im Jahr 2005 als Auftragnehmerin eines Energieversorgungsunternehmens Grabungsarbeiten zur Verlegung eines Fernwärmenetzes durch. In den Bereichen der Trassenführung befanden sich diverse Einbauten, darunter auch Kommunikationskabel der Klägerin, die im Zuge der Grabungsarbeiten entweder umzulegen oder zu beseitigen waren. Den zuständigen Mitarbeitern der Beklagten wurden von der Klägerin detaillierte Lagepläne ihres Kabels und eines in diesem Bereich befindlichen betonierten Kabelschachtkanals übergeben. Beim Einschlagen von Spundwänden zum Schutz des Kabelkanals durch eine Subunternehmerin der Beklagten wurde dieser beschädigt, weil über Anweisung der Beklagten nur ein zu geringer, nicht der ÖNORM entsprechender Seitenabstand eingehalten wurde. Die Beschädigung wurde erst im Jahre 2007 entdeckt. Gegenstand der Klage ist der Ersatz der von der Klägerin aufgewendeten Sanierungskosten.

Das Erstgericht sprach der Klägerin 23.900 EUR netto unter Abweisung eines Mehrbegehrens zu. Der Werkvertrag zwischen der Beklagten und dem Energieversorgungsunternehmen entfalte auch Schutzwirkungen zugunsten der Klägerin. Die Beklagte habe diese an ihre Subunternehmerin überbunden und hafte sowohl aus diesem Grund, aber auch deliktisch wegen Nichteinhaltung der erforderlichen Distanz bei der Abteufung.

Das Berufungsgericht gab dem Rechtsmittel der Beklagten lediglich im Zinsenpunkt Folge und bestätigte die Rechtsausführungen des Erstgerichts zur Haftung der Beklagten für ihren Subunternehmer. Über nachträglichen Antrag gemäß § 508 Abs 1 ZPO erklärte es die ordentliche Revision mit der Begründung für zulässig, es bestehe keine gesicherte höchstgerichtliche Rechtsprechung zu der Frage, ob bei Verträgen mit Schutzwirkung zugunsten Dritter die Glieder einer Werkvertragskette rechtlich getrennt zu betrachten seien und ob nur der faktische Schädiger oder auch der Auftraggeber für Schäden einzustehen habe.

Rechtliche Beurteilung

Entgegen diesem den Obersten Gerichtshof nicht bindenden Ausspruch des Berufungsgerichts ist die von der Klägerin beantwortete Revision nicht zulässig, weil die Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO nicht aufgezeigt werden.

Es liegt keine erhebliche Rechtsfrage vor, wenn zwar zu einer konkreten Fragestellung keine ausdrückliche Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs besteht, aber die relevanten rechtlichen Grundsätze in der Rechtsprechung des Höchstgerichts geklärt sind (RIS-Justiz RS0102181). Der von den Vorinstanzen angewandte Rechtssatz, demzufolge ein Unternehmer auch bei Verletzung vertraglicher Schutzpflichten zugunsten Dritter für das Gehilfenverschulden gemäß § 1313a ABGB haftet, gründet sich auf eine seit Jahrzehnten durchgehende Kette einschlägiger höchstgerichtlicher Entscheidungen (RIS-Justiz RS0017185; gleichgültig ob der Gehilfe selbstständig oder unselbstständig tätig ist: RIS-Justiz RS0028563; RS0118512; RS0021876; 7 Ob 306/04g).

Der Oberste Gerichtshof hat auch bereits wiederholt ausgesprochen, dass Beschädigungen einer Leitung (Kabel, Kanal etc), die einer vom Partner des Werkvertrags verschiedenen Person gehört, durch ein Bauunternehmen den Bestimmungen des Vertrags mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter unterliegen. Dem Bauunternehmen obliegt die vertragliche Nebenverpflichtung, Leitungen, die sich im unmittelbaren Gefahrenbereich befinden, nicht zu beschädigen (2 Ob 136/99k). Das schutzwürdige Interesse der Klägerin als geschädigter Dritter wäre nur dann zu verneinen, wenn sie kraft eigener rechtlicher Sonderverbindung mit einem Vertragspartner einen deckungsgleichen Anspruch auf Schadenersatz hätte. Es wird aber nicht dadurch beseitigt, dass sie allenfalls auch noch aus einem anderen Vertrag zugunsten Dritter (RIS-Justiz RS0020769; 6 Ob 146/04w, 6 Ob 2/04p) oder wegen deliktischer Beschädigung gegen das ausführende Subunternehmen vorgehen könnte. Eine vertragliche Beziehung zwischen der Klägerin und der Auftraggeberin der Grabungsarbeiten oder einem den ausführenden Unternehmen bestand nach dem Sachverhalt nicht. Der Versuch der Revision, die Nebenpflichten zum Schutz der Einbauten nur dem Subunternehmervertrag zwischen der Klägerin und dem ausführenden Unternehmen zuzuordnen und die Existenz des eigentlich maßgeblichen Vertrags zwischen Auftraggeber und Beklagter dafür einfach beiseite zu schieben, ist sachlich nicht begründbar. Das Argument, in anderen vom Obersten Gerichtshof behandelten Fällen der Verletzung vertraglicher Schutzpflichten habe immer der „faktische Schädiger“ eintreten müssen, ist in dem vom Revisionswerber unterstellten Sinn, die Haftung eines Subauftraggebers käme nicht in Frage, unzutreffend (RIS-Justiz RS0017185). Die von der Beklagten für ihre Ansicht herangezogenen Judikaturbeispiele betreffen Fragen der unmittelbaren Vertragshaftung oder des Regressanspruchs zwischen Solidarschuldnern (3 Ob 35/07d; 8 Ob 651/93 ua), die mit dem vorliegenden Rechtsproblem nichts zu tun haben, zum Teil unterliegt sie einem Fehlverständnis der Entscheidungsbegründung (zB 8 Ob 155/09s).

Die Urteile der Vorinstanzen erweisen sich damit nicht als im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO korrekturbedürftig. Ob die Beklagte der Klägerin außerdem ohnedies auch aufgrund eigenen Verschuldens haften würde, weil sie nach den Feststellungen für die unzureichende Bemessung des Abstands der Spundwände verantwortlich war, kann beim vorliegenden Ergebnis dahingestellt bleiben.

Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO; die Klägerin hat in ihrer Revisionsbeantwortung zutreffend auf die Unzulässigkeit des Rechtsmittels hingewiesen. Bemessungsgrundlage für die Kosten ist jedoch nur das Revisionsinteresse.

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