OGH 5Ob216/14x

OGH5Ob216/14x16.12.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden sowie die Hofrätinnen und Hofräte Dr. Lovrek, Dr. Höllwerth, Dr. Grohmann und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerinnen 1. Monika L*****, 2. Karin L*****, beide vertreten durch Mag. Andreas Kleiber, Rechtsanwalt in Wien, gegen den Antragsgegner DI Gregor K*****, vertreten durch Proksch & Fritsche Frank Fletzberger Rechtsanwälte OG in Wien, wegen § 37 Abs 1 Z 2 MRG iVm § 6 MRG über den außerordentlichen Revisionsrekurs der Antragstellerinnen gegen den Sachbeschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Rekursgericht vom 8. Oktober 2014, GZ 39 R 207/14a‑77, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG zurückgewiesen.

Begründung

Die Antragstellerinnen begehrten in ihrem verfahrenseinleitenden Antrag als Hauptmieterinnen, dem Antragsgegner als Vermieter gemäß § 6 Abs 1 MRG die Sanierung eines Teils der straßenseitigen Außenmauer des Hauses und eine Beseitigung der Feuchtigkeits‑ und Schimmelschäden im Mietobjekt aufzutragen. Im zweiten Rechtsgang ordnete das Erstgericht mit Sachbeschluss vom 1. 8. 2012 (ON 52) die Durchführung konkreter Sanierungsmaßnahmen an. Zu diesem Zeitpunkt war bereits ein Verfahren über die Aufkündigung des Bestandobjekts anhängig. Diese wurde erst mit Zustellung des Beschlusses des Obersten Gerichtshofs vom 2. 8. 2012, AZ 4 Ob 124/12g, am 3. 9. 2012 rechtskräftig. Der Sachbeschluss des Erstgerichts war der Geschäftsabteilung am 6. 8. 2012 zur Ausfertigung übergeben worden.

In seinem Rekurs machte der Antragsgegner geltend, die Antragstellerinnen seien aufgrund der mittlerweile rechtskräftigen Aufkündigung nicht mehr aktiv legitimiert und es fehle ihnen das Rechtsschutzbedürfnis. Das Rekursgericht hielt diesem Einwand das im wohnrechtlichen Rechtsmittelverfahren geltende Neuerungsverbot entgegen. Es gab dem Rekurs des Antragsgegners aber aus anderen rechtlichen Erwägungen Folge und wies den Antrag ab.

Der Oberste Gerichtshof hob über Revisionsrekurs der Antragstellerinnen mit Beschluss vom 16. 7. 2013 (5 Ob 92/13k) die Sachbeschlüsse der Vorinstanzen zur neuerlichen Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Im dritten Rechtsgang wiederholte der Antragsgegner in erster Instanz den bereits im vorangegangenen Rekursverfahren erhobenen Einwand der mangelnden Aktivlegitimation, den das Erstgericht für berechtigt ansah und deshalb den Antrag abwies. Das Rekursgericht billigte diese Rechtsansicht und bestätigte den angefochtenen Sachbeschluss.

Der außerordentliche Revisionsrekurs der Antragstellerinnen zeigt keine erhebliche Rechtsfrage iSd § 37 Abs 3 Z 16 MRG iVm § 62 Abs 1 AußStrG auf.

Rechtliche Beurteilung

1. Auch bei einer Aufhebung nach § 496 Abs 1 Z 3 ZPO dürfen nach der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs abschließend erledigte Streitpunkte nicht wieder aufgerollt werden, es sei denn, es handelt sich um Tatsachen, die nach Schluss der Verhandlung im ersten Rechtsgang neu entstanden sind (RIS‑Justiz RS0042441 [T3]; RS0042435 [T8]; RS0042031 [T19]). Dieser Grundsatz der abschließenden Erledigung gilt auch im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren (5 Ob 213/11a = RIS‑Justiz RS0042031 [T17]; allgemein zum Außerstreitverfahren: 1 Ob 25/11z mwN).

1.1 Die Aktivlegitimation der Antragstellerinnen wurde im vorangegangenen Rechtsgang nicht abschließend positiv beurteilt, wie sie in ihrem Revisionsrekurs meinen. Die den Einwand begründende Tatsache (Rechtskraft der Aufkündigung des Mietverhältnisses) ist erst nach der erstinstanzlichen Beschlussfassung neu entstanden und durfte daher zufolge des im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren ausnahmslos geltenden Neuerungsverbots (§ 37 Abs 3 Z 14 MRG) der rechtlichen Beurteilung des Rekursgerichts im zweiten Rechtsgang nicht zugrunde gelegt werden. Der Oberste Gerichtshof hat in seinem Aufhebungsbeschluss diese Frage gar nicht rechtlich beurteilt, weshalb die in Anspruch genommene Bindungswirkung (§ 61 AußStrG; vgl § 511 ZPO) nicht in Betracht kommt.

1.2 Diese Einschränkung durch das Neuerungsverbot gilt im dritten Rechtsgang nicht mehr. Die Antragstellerinnen waren nach § 6 Abs 1 Z 1 MRG als Hauptmieterinnen zur Antragstellung berechtigt. Mit der mittlerweile rechtskräftigen Aufkündigung des Bestandsverhältnisses haben sie ihre Hauptmieterstellung verloren. Der Oberste Gerichtshof hat in der Entscheidung 5 Ob 43/93 die Legitimation eines Antragstellers, gegen den eine Räumungsklage des Vermieters anhängig war, im Verfahren nach § 6 MRG nur bejaht, solange ihm die Möglichkeit einer Entkräftung der Auflösungserklärung des Vermieters offenstehe. § 234 ZPO ist im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren nicht anzuwenden (RIS‑Justiz RS0108771 [T1]; T. Klicka in Hausmann/Vonkilch Österreichisches Wohnrecht³ § 37 MRG Rz 89 mwN). Der in erster Instanz wirksam gewordene Verlust der Antragslegitimation ist daher nunmehr zu berücksichtigen und führt zur Abweisung des Antrags.

1.3 Es handelt sich bei einem Antrag nach § 6 MRG zwar um ein in die Zukunft weisendes Begehren, weshalb ein Rechtsnachfolger auch des Mieters dem Verfahren von Amts wegen beizuziehen ist (5 Ob 155/10w = wobl 2011/50 = RIS‑Justiz RS0108771 [T3 und T4]). Allfälligen Rechtsnachfolgern der Antragstellerinnen wurde durch Hausanschlag der Rechtsmittelentscheidungen im zweiten Rechtsgang Gelegenheit geboten, sich am Verfahren als Antragsteller zu beteiligen. Sie haben diese Möglichkeit (so wie die anderen Hauptmieter) nicht genutzt.

2. Die Kostenentscheidung des Rekursgerichts ist nach § 62 Abs 2 Z 1 AußStrG jedenfalls unanfechtbar.

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