OGH 5Ob43/93

OGH5Ob43/9325.5.1993

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofes Dr.Jensik als Vorsitzenden sowie die Hofräte des Obersten Gerichtshofes Dr.Zehetner, Dr.Klinger, Dr.Schwarz und Dr.Floßmann als weitere Richter in der Rechtssache der Antragstellerin Brigitte B*****, Reitstallinhaberin, ***** L*****, S***** 1, vertreten durch Dr.Ferdinand Bruckner, Rechtsanwalt in Korneuburg, wider den Antragsgegner Johann Heinrich W*****, Landwirt, ***** S*****, Sch***** 1, vertreten durch Dr.Erhard Mack, Rechtsanwalt in Korneuburg, wegen Durchführung von Erhaltungsarbeiten (§ 37 Abs 1 Z 2 MRG) infolge Revisionsrekurses der Antragstellerin gegen den Sachbeschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht vom 26.Jänner 1993, GZ 5 R 262/92-31, womit der Sachbeschluß des Bezirksgerichtes Korneuburg vom 3.Juni 1992, GZ Msch 1/92-21, bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung folgenden

Sachbeschluß

gefaßt:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird Folge gegeben.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes wird dahin abgeändert, daß sie zu lauten hat:

Der Antragsgegner ist schuldig, an dem von der Antragstellerin gemieteten Objekt "S*****" (EZ ***** KG L*****) binnen sechs Monaten folgende Erhaltungsarbeiten durchzuführen:

1.) Raumseitige Sanierung der sogenannten Reitergarderobe zur Beseitigung der Wasserschäden,

2.) Instandsetzung sämtlicher Fassaden,

3.) Instandsetzung der Kellertüre des Clubgebäudes,

4.) Verschließen aller Risse in den Wänden von Gebäude Nr. 8 (Numerierung iSd Beil./C Pkt. I.13) durch Einbau von Spannstangen, Aussteifung in Deckenebene sowie Sicherung der eingetretenen Verformungen der Mauern,

5.) Überprüfung der Verfugarbeiten am Erdgeschoß- und Giebelmauerwerk, Instandsetzung bei den Rissen,

6.) Erneuerung der schadhaften bzw. fehlenden Dachrinnen und Wasserableitungsrohre,

7.) Herstellung einer ausreichenden Wasserversorgung,

8.) Sanierung des Dachstuhles des Schüttkastens sowie Erneuerung der morschen Trame im Dachbodenbereich.

Der Antragsgegner ist weiters schuldig, der Antragstellerin binnen 14 Tagen die mit S 1.870 bestimmten Barauslagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die Antragstellerin hat mit Wirkung vom 1.Oktober 1986 die im Eigentum des Antragsgegners stehende, im Bestandvertrag vom 20.April 1986 näher umschriebene Liegenschaft EZ ***** KG L***** (S*****) gemietet. Der Bestandzins sollte vom 1.Oktober 1986 bis zum 31. Dezember 1997 S 5.000,-- monatlich zuzüglich Umsatzsteuer, in der Folge S 20.000,-- monatlich zuzüglich Umsatzsteuer betragen.

Mit Sachantrag vom 24.September 1990 begehrte die Antragstellerin, dem Antragsgegner die Durchführung bestimmter Erhaltungsarbeiten aufzutragen. Das Erstgericht gab diesem Antrag mit Beschluß vom 18. August 1991 (ON 12) in der im jetzigen Spruch ersichtlichen Weise statt, wobei es in den Entscheidungsgründen ausführte, daß das Bestandverhältnis dem MRG unterliege und daß es sich durchwegs um privilegierte Erhaltungsarbeiten iSd § 3 Abs 3 Z 2 MRG handle, sodaß auf ihre Wirtschaftlichkeit und Kostendeckung in der Hauptmietzinsreserve nicht Bedacht zu nehmen sei.

Diesen Sachbeschluß hat der Antragsgegner ausschließlich mit dem bereits im Erkenntnisverfahren vorgetragenen Argument angefochten, daß die Antragsgegnerin zufolge einer im Herbst 1989 erklärten Aufhebung des Bestandvertrages wegen Nichtzahlung des Mietzinses (§ 1118 zweiter Fall ABGB) gar nicht mehr zur Antragstellung legitimiert sei. In seinem Rekurs erwähnte er zwar beiläufig, daß er das verfahrensgegenständliche Bestandverhältnis nicht als Miete, sondern als Pacht qualifiziere (AS 65), gestand aber an anderer Stelle ausdrücklich zu, daß "das gegenständliche Mietverhältnis unstrittig den Bestimmungen des MRG unterliegt" (AS 63).

Mit Beschluß vom 17.Dezember 1991 (ON 17) hob das Rekursgericht den die Durchführung von Erhaltungsarbeiten anordnenden Sachbeschluß des Erstgerichtes auf. Es sollte geklärt werden, ob die vom Antragsgegner geltend gemachte Auflösung des Bestandverhältnisses iSd § 1118 ABGB zu Recht erfolgte, wobei im besonderen auf die Behauptung der Antragstellerin einzugehen sei, die Kosten selbst durchgeführter Erhaltungsarbeiten mit fällig gewordenen Mietzinsforderungen verrechnet zu haben. Sollte sich die Unwirksamkeit der Auflösungserklärung herausstellen, wäre der Sachbeschluß vom 18. August 1991 zu Recht ergangen.

Im zweiten Rechtsgang wies nunmehr das Erstgericht den Sachantrag der Antragstellerin ab (Sachbeschluß vom 3.Juni 1992, ON 21). Zum Verständnis dieser Entscheidung ist lediglich vorauszuschicken, daß sich der Antragsgegner darauf berufen hatte, von der Antragstellerin seit August 1989 keine Mietzinszahlungen mehr erhalten und deshalb zunächst mit Schreiben vom 20.September 1989, dann nochmals mit Schreiben vom 18.Oktober 1989 die sofortige Auflösung des Bestandverhältnisses erklärt und schließlich am 20.Dezember 1989 die auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützte Räumungsklage eingebracht zu haben (2 C 2123/89 des Bezirksgerichtes Korneuburg), die sicherheitshalber noch auf eine Auflösungserklärung vom 14.Februar 1990 gestützt worden sei. Die Antragstellerin wiederum hatte geltend gemacht, gegen die fälligen Mietzinsforderungen des Antragsgegners die ihr erwachsenen Kosten der Wasserversorgung des Bestandobjektes sowie von Erhaltungsarbeiten aufgerechnet zu haben.

Festgestellt wurde folgendes:

Der S***** befand sich schon im Zeitpunkt des Vertragsabschlusses in schlechtem Zustand. Die Antragstellerin wurde im Mietvertrag auch verpflichtet, diverse Investitionen zu tätigen, so unter anderem neue Fenster und Türen einzubauen, eine Zentralheizungsanlage in allen Wohngebäuden und in der Jausenstation zu installieren, sämtliche elektrische Anlagen und eine entsprechende Stromversorgungsanlage sowie sanitäre Einrichtungen wie WC, Bäder und Wasserleitungen, einen Abwasserkanal und Senkgruben zu installieren.

Punkt VII des Bestandvertrages sieht vor, daß der Bestandgeber berechtigt, jedoch nicht verpflichtet ist, die unter Pkt VI angeführten Investitionen anstelle der Bestandnehmerin zu tätigen. Eine Vereinbarung, daß diesfalls von der Bestandnehmerin ein höherer Mietzins zu bezahlen ist, findet sich nicht im Bestandvertrag.

In der Folge wurden auch erhebliche Aufwendungen - sowohl von der Antragstellerin als auch vom Antragsgegner - für den S***** getätigt.

Weiters enthält der Bestandvertrag noch folgende Bestimmungen:

Gemäß Pkt IV ist der Bestandzins an jedem Monatsersten, und zwar im vorhinein zu entrichten.

Gemäß Pkt IX Zif 1) ist der Bestandgeber berechtigt, den Bestandvertrag mit sofortiger Wirkung für aufgelöst zu erklären, wenn die Bestandnehmerin mit der Bezahlung des Bestandzinses für zwei aufeinanderfolgende Monate im Rückstand ist und diesen Rückstand trotz einer mittels eingeschriebenen Briefes gesetzten Nachfrist in der Dauer von 14 Tagen nicht berichtigen sollte. Die Mahnung hat unter der Adresse des vertragsgegenständlichen Bestandobjektes zu erfolgen.

Pkt XVI. bestimmt, daß Änderungen dieses Vertrages zu ihrer Gültigkeit der Schriftform bedürfen.

In der Folge gingen die Parteien konkludent von Pkt IX des Vertrages in der Weise ab, daß auch die Zustellung der Mahnung an die Adresse der Vertreterin der Antragstellerin wirksam ist.

Bei Vertragsabschluß teilte der Antragsgegner der Antragstellerin mit, daß nach dem Krieg aus dem bestehenden Brunnen 100 Stück Vieh getränkt worden seien, er sei jedoch weder über die Herkunft des Wassers noch über die vorhandenen Reserven informiert. Beim Vorpächter sei es in den Sommermonaten zu Versorgungsengpässen gekommen. Der Antragsgegner wurde nicht vertraglich verpflichtet, für eine ständige ausreichende Wasserzufuhr zu sorgen. In der Folge ließ die Antragstellerin einen weiteren Brunnen schlagen. Dennoch kam es im Sommer 1989 zu Wasserversorgungsproblemen. Die Brunnen waren nicht in der Lage, die benötigte Wassermenge zu liefern, weshalb die Antragstellerin von der Freiwilligen Feuerwehr L***** Wasser bezog. Für die Lieferung wurden ihr S 3.780,-- sowie S 2.430,-- verrechnet. Es hat sich kein Hinweis ergeben, daß der Brunnen des Bestandobjektes durch eine vom Antragsgegner vorgenommene Drainagierung versiegt ist.

Die Antragstellerin bezahlte daraufhin die Mietzinse für August und September 1989 nicht.

Mit Schreiben vom 20.September 1989, welches der Vertreter des Antragsgegners an die Vertreterin der Antragstellerin sandte, erklärte dieser, daß er hiemit qualifizierte Nachfrist im Sinne des § 1118 ABGB setze und auffordere, binnen 14 Tagen den rückständigen Bestandzins zu seinen Handen zu bezahlen, widrigenfalls er schon jetzt die Auflösung des Bestandvertrages gemäß § 1118 ABGB erkläre.

Mit Schreiben vom 2.Oktober 1989 erwiderte die Vertreterin der Antragstellerin im Auftrag ihrer Mandantschaft, daß diese die Kosten für die Wasserversorgung durch die Freiwillige Feuerwehr L***** gegen den Bestandzins aufgerechnet hat und der Restbetrag bereits überwiesen wurde, weshalb die ausgesprochene Mahnung nicht qualifiziert sei.

Mit Schreiben vom 18.Oktober 1989, das wiederum vom Vertreter des Antragsgegners an die Vertreterin der Antragstellerin gerichtet war, wurde die Antragstellerin im Hinblick auf die erfolgte Auflösungserklärung aufgefordert, bis 30.November 1989 das Bestandobjekt zu räumen und geräumt von den eigenen Fahrnissen zu übergeben.

Am 21.Dezember 1989 langte beim Bezirksgericht Korneuburg die Räumungsklage des Antragsgegners ein. Das diesbezügliche Verfahren ist zu AZ 2 C 2123/89a anhängig und wurde mit Beschluß des Landesgerichtes Korneuburg als Rekursgericht bis zur rechtskräftigen Beendigung des gegenständlichen Verfahrens unterbrochen.

Im Schreiben vom 14.Februar 1990 erklärte der Vertreter des Antragsgegners aus Gründen anwaltlicher Vorsicht unter Setzung einer 14-tägigen Nachfrist gemäß § 1118 ABGB neuerlich den Rücktritt vom Vertrag, sofern der Betrag von S 45.484,-- nicht spätestens bis 1. März 1990 in seiner Kanzlei oder beim Antragsgegner eingelangt ist.

Mittlerweile war von der Antragstellerin versucht worden, den Mietzins beim Bezirksgericht Korneuburg zu erlegen, der Erlag wurde jedoch zurückgewiesen.

Mit Schriftsatz vom 25.September 1990 im Verfahren 2 C 2123/89a des Bezirksgerichtes Korneuburg brachte die Antragstellerin, dortige Beklagte, vor, daß sie Aufwendungen in der Höhe von S 160.983,20 geleistet hat und dieser Betrag gegen die Miete seit August 1989 aufgerechnet wurde, sodaß nach wie vor die beklagte Partei (hier Antragstellerin) von der klagenden Partei (hier Antragsgegner) per August 1990 einen Betrag von S 84.633,20 zu erhalten hat.

Daß vor diesem Zeitpunkt von der Antragstellerin außer hinsichtlich der Kosten für die Wasserlieferung in der Höhe von S 6.210,-- eine Kompensationserklärung abgegeben wurde, konnte nicht festgestellt werden.

Weiters konnte nicht festgestellt werden, inwieweit sich der Zustand des S***** seit der Anmietung tatsächlich verschlechtert hat.

In rechtlicher Hinsicht gelangte das Erstgericht zum Schluß, daß das verfahrensgegenständliche Bestandverhältnis spätestens durch das Schreiben des Antragsgegnervertreters vom 14.Februar 1990 aufgelöst worden sei und der Antragstellerin daher die Legitimation zur Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten gefehlt habe. Der damals bestehende Auflösungsgrund - ein mehr als zweimonatiger Mietzinsrückstand - habe nämlich weder durch die zeitlich nachfolgende Aufrechnungserklärung noch durch den mißlungenen Versuch einer gerichtlichen Hinterlegung fälliger Mietzinse beseitigt werden können. Auch eine allfällige Mietzinsminderung gemäß § 1096 ABGB - die im übrigen nicht auf die von vornherein bekannten Schwierigkeiten mit der Wasserversorgung zu stützen wäre - biete keine Handhabe zur Entkräftung der Auflösungserklärung, weil sie angesichts der Weiterbenützung des Bestandobjektes durch die Antragstellerin nie bis zur gänzlichen Mietzinsbefreiung hätte gehen können und somit auch nach dieser Variante ein qualifizierter Mietzinsrückstand geblieben wäre. Durch die in der Höhe von rund 2 Mio Schilling getätigten Investitionen habe schließlich die Antragstellerin keine Mietzinsvorauszahlungen geleistet, sondern lediglich ihre Vertragspflichten erfüllt.

Das von der Antragstellerin angerufene Rekursgericht übernahm die erstrichterlichen Feststellungen als Ergebnis eines mangelfreien Verfahrens und einer unbedenklichen Beweiswürdigung und bestätigte den erstinstanzlichen Sachbeschluß in der auch an das Revisionsgericht herangetragenen Frage der Bedeutung einer auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützten Auflösungserklärung des Vermieters für ein Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 2 MRG aus folgenden rechtlichen Erwägungen:

Die Regelung des § 33 Abs 2 und 3 MRG über die Nachzahlungsmöglichkeit beziehe sich nur auf das streitige Verfahren; seine Anwendung in einem außerstreitigen Verfahren wie dem vorliegenden sei daher ausgeschlossen. Im vorliegenden Verfahren sei auch weder über den Mietzinsrückstand noch über die Räumung zu entscheiden, sondern die Gültigkeit der Auflösungserklärung nur Vorfrage, von deren Bejahung oder Verneinung das Bestehen des Anspruchs nach § 6 MRG abhängig sei. Nach der - von Würth in Rummel, Rz 8 zu § 33 MRG gebilligten - Rechtsprechung (MietSlg. 35.391/7;

40.483) sei zwar ein Schwebezustand gegeben, währenddessen sich kein Vertragsteil unter Berufung auf die erklärte Vertragsaufhebung der Leistung seiner Vertragspflichten entziehen darf, solange der Mieter im Anwendungsbereich des § 33 MRG die rechtsgestaltende Wirkung der Auflösungserklärung gemäß § 1118 2. Fall ABGB entkräften kann, doch könne von diesem Schwebezustand im vorliegenden Fall schon deshalb nicht ausgegangen werden, weil das gegenständliche Verfahren nicht im Anwendungsbereich des § 33 MRG liege. Eine analoge Anwendung dieser Bestimmung im außerstreitigen Verfahren möge erwägenswert sein, doch stehe dem entgegen, daß das außerstreitige Verfahren grundsätzlich keine Zwischenentscheidungen kenne; auch die Möglichkeit des § 37 Abs 3 Z 13 MRG, einen Zwischenantrag auf Feststellung im außerstreitigen Verfahren einzubringen, beziehe sich nur auf die in § 37 Abs 1 mRG genannten Angelegenheiten (MietSlg. 40.542/39), und eine Verweisung auf den Rechtsweg im Sinn des § 2 Abs 2 Z 7 AußStrG sei durch § 37 Abs 3 Z 20 MRG ausdrücklich ausgeschlossen. Der Oberste Gerichtshof habe im übrigen schon ausgesprochen, daß die Vorschriften der ZPO in einem Außerstreitverfahren nur insoweit herangezogen werden können, als sie in den das Außerstreitverfahren regelnden Vorschriften selbst bezogen werden, sodaß eine Anwendung des § 393 Abs 1 ZPO im Verfahren nach § 37 MRG ebensowenig vorgesehen sei wie die Anwendung des § 33 MRG. Daher könne mittels gesondertem Sachbeschluß nicht über eine Vorfrage entschieden werden (MietSlg. 40.540 = WoBl 1989/66). Weiters schließe die Lehre amtswegige Zwischensachbeschlüsse mangels verfahrensrechtlicher Grundlagen aus (Würth/Zingher, Miet- und Wohnrecht19, Rz 34 zu § 37 MRG). Das sei im vorliegenden Fall auch deshalb unbedenklich, weil es ja die Antragstellerin war, die die Unterbrechung des streitigen Verfahrens 2 C 2123/89 des Bezirksgerichets Korneuburg angestrebt (und infolge Rekurses vor dem Landesgericht Korneuburg auch durchgesetzt) hat.

Die Entscheidung des Rekursgerichtes enthält den (gemäß § 37 Abs 3 Z 18 MRG entbehrlichen) Ausspruch, daß der Wert des Entscheidungsgegenstandes S 50.000,-- übersteigt, und erklärt außerdem noch, daß der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Letzteres wurde damit begründet, daß der Oberste Gerichtshof noch nicht zur Frage Stellung genommen habe, ob die hinter § 33 MRG stehenden Wertungen zur Anerkennung eines Feststellungsbeschlusses über den Mietzinsrückstand in einem Außerstreitverfahren nach § 37 MRG zwingen, in dem der Bestand des Mietverhältnisses als Vorfrage zu prüfen ist.

Im nunmehr vorliegenden Revisionsrekurs macht die Antragstellerin unter anderem geltend, daß die Vorinstanzen von einer Fortdauer der beiderseitigen Pflichten aus dem gegenständlichen Mietvertrag hätten ausgehen müssen, solange nicht im (derzeit unterbrochenen) Räumungsverfahren 2 C 2123/89 des Bezirksgerichtes Korneubrug über das Bestehen des behaupteten Mietzinsrückstandes und die Möglichkeit einer Entkräftung der Auflösungserklärung des Vermieters entschieden ist. Die Judikatur (MietSlg. 35.391) verbiete nämlich die Berufung auf die Aufhebung des Mietvertrages, solange der durch § 33 Abs 2 und 3 MRG geschaffene Schwebezustand andauert. Wenn man allerdings der Meinung des Rekursgerichtes folge, es sei im gegenständlichen Verfahren über den Bestand des Mietverhältnisses abzusprechen, weil ja der Räumungsstreit unterbrochen wurde, müsse konsequenterweise auch der in § 33 Abs 2 und 3 MRG vorgesehene Beschluß über den Mietzinsrückstand im außersteitigen Verfahren ergehen. Der Revisionsrekursantrag zielt auf eine Abänderung des zweitinstanzlichen Beschlusses im Sinne einer Stattgebung des Sachantrages; hilfsweise soll der angefochtene Beschluß aufgehoben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an eine der beiden Vorinstanzen zurückverwiesen werden.

Vom Antragsgegner liegt dazu eine fristgerecht erstattete Revisionsrekursbeantwortung mit dem Antrag vor, den angefochtenen Beschluß zu bestätigen. Allenfalls solle dies nach einer Ergänzung des Sachverhaltes aus dem Akteninhalt und Klarstellung des Umstandes geschehen, daß es sich beim verfahrensgegenständlichen Bestandverhältnis - schon wegen der Betriebspflicht der Antragstellerin - um Pacht und nicht um Miete handle. Wegen der Abweisung des Sachantrages habe bisher kein Anlaß bestanden, diesbezügliche Feststellungsmängel geltend zu machen.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig und berechtigt.

Solange der Mieter im Anwendungsbereich des § 33 MRG die rechtsgestaltende Wirkung einer auf § 1118 zweiter Fall ABGB gestützten Auflösungserklärung entkräften kann, herrscht kraft Gesetzes ein Schwebezustand, während dessen sich kein Vertragsteil - insbesondere nicht der Vermieter - unter Berufung auf die erklärte Vertragsaufhebung der Leistung seiner Vertragspflichten entziehen darf (MietSlg. 35/7; WoBl 1993, 29/22). Diese Verpflichtung besteht unabhängig davon, ob dem Mieter letztlich die Entkräftung der Auflösungserklärung gelingt, und wird auch nicht rückwirkend dadurch beseitigt, daß der Mieter im Prozeß unterliegt (WoBl 1993, 29/22). Eine anhängige Räumungsklage rechtfertigt daher weder die Abweisung eines auf §§ 3, 6 MRG gestützten Sachantrages noch die - auch aus anderen Erwägungen unzulässige - Unterbrechung eines Verfahrens nach § 37 Abs 1 Z 2 MRG (5 Ob 18/93).

Das Rekursgericht hat diese Judikatur (mit dem Hinweis auf Würth in Rummel**2, Rz 8 zu § 33 MRG) zwar zitiert, sich jedoch der Konsequenz verschlossen, daß der Antragstellerin die Legitimation zur Durchsetzung von Erhaltungsarbeiten in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 2 MRG so lange nicht streitig gemacht werden kann, als ihr die Möglichkeit einer Entkräftung der Auflösungserklärung des Antragsgegners offensteht. Um dies zu klären, bedarf es - solange kein rechtskräftiger Titel über den maßgeblichen Mietzinsrückstand oder ein feststellendes Erkenntnis über die Beendigung des Bestandverhältnisses vorliegt - einer Beschlußfassung iSd § 33 Abs 2 MRG, wenn der Mieter - wie im gegenständlichen Fall - das Bestehen eines Mietzinsrückstandes (beispielsweise auch wegen eines Zinsminderungstatbestandes: WoBl 1989, 73/30) bestreitet. Ein solcher Beschluß kann, wie schon das Rekursgericht zutreffend erkannte, nur im Räumungsstreit ergehen, weil er ja nur - mit innerprozessualer Bindungswirkung - eine Vorfrage dieses Rechtsstreites löst (vgl. WoBl 1989, 142/82; 6 Ob 524/91). Aus dieser allein dem Streitrichter zukommenden Entscheidungskompetenz folgt jedoch nicht, daß es im Sinne der den Schwebezustand einer Auflösungserklärung nach § 1118 zweiter Fall ABGB berücksichtigenden Judikatur (MietSlg. 35/7; WoBl 1993, 29/22; 5 Ob 18/93) an einem Anwendungsbereich des § 33 MRG fehlt, wenn der Außerstreitrichter in einem Verfahren nach § 37 Abs 1 Z 2 MRG - notwendigerweise als Vorfrage - über den aufrechten Bestand eines Mietverhältnisses entscheiden soll. Kann der Außerstreitrichter diese Vorfrage nicht klären, weil er dazu auf eine vorherige Beschlußfassung iSd § 33 Abs 2 MRG angewiesen wäre, diesen Beschluß aber nicht selbst fassen kann, dann dauert eben - für ihn unüberwindbar - der Schwebezustand an, in dem die Fortdauer des Bestandverhältnisses mit allen sich daraus ergebenden gegenseitigen Leistungspflichten fingiert wird. Daß im gegenständlichen Fall (aus nicht nachvollziehbaren Gründen) der Räumungsprozeß unterbrochen wurde, ändert daran nichts, weil damit allein nicht zu rechtfertigen wäre, die Feststellung des der Auflösungserklärung zugrundeliegenden Mietzinsrückstandes ins außerstreitige Verfahren zu verlagern.

Die Vorinstanzen haben daher die Sachlegitimation der Antragstellerin, vom Antragsgegner die Durchführung von Erhaltungsarbeiten zu verlangen, zu Unrecht verneint. Daß ihr Begehren - sieht man von dieser Frage ab - materiell berechtigt ist, wurde bereits im ersten Rechtsgang geklärt, weil der Sachbeschluß vom 18. August 1991 (ON 12) insoweit gar nicht angefochten wurde. Den damit zusammenhängenden Rechtsfragen war daher nicht weiter nachzugehen (vgl. ÖBl 1991, 108). Im besonderen gilt dies für die Frage, ob das gegenständliche Bestandverhältnis als Miete oder Pacht zu qualifizieren ist, weil beide Parteien ausdrücklich die Anwendbarkeit des MRG bejahten und somit das nunmehrige Vorbringen des Antragsgegners in der Revisionsrekursbeantwortung eine unzulässige Neuerung darstellt.

Damit war wie im Spruch zu entscheiden.

Die Kostenentscheidung stützt sich auf § 37 Abs 3 Z 19 MRG iVm § 41 ZPO. Sie umfaßt die Sachverständigengebühren laut ON 14 sowie die Kosten der Zureise zu den Verhandlungen am 19.April 1991 und 8.August 1991 mit einem öffentlichen Verkehrsmittel. Höhere Zureisekosten wurden nicht plausibel belegt; die Kosten der Beweissicherung zu 2 Nc 51/89 des Bezirksgerichtes Korneuburg betreffen die Vorbereitung eines Prozesses um die Kosten einer Ersatzvornahme und nicht unmittelbar das gegenständliche Msch-Verfahren.

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