Spruch:
Der Revision wird nicht Folge gegeben.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 1.259,64 EUR (darin enthalten 209,94 EUR an USt) bestimmten Kosten des Revisionsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Der Kläger ist Mitversicherter bei der zwischen seiner Ehefrau und der Beklagten bestehenden Rechtsschutzversicherung, die auch Rechtsschutz in erb‑ und familienrechtlichen Angelegenheiten gewährt. Dem Vertrag liegen die Allgemeinen Bedingungen für die Rechtsschutzversicherung (ARB 2000) zu Grunde. Gemäß Art 5 ARB 2000 kann der Mitversicherte mit Zustimmung der Versicherungsnehmerin, die hier vorliegt, Deckungsansprüche gegenüber der Beklagten geltend machen. Die für den Versicherungsnehmer geregelten Obliegenheiten gelten sinngemäß auch für die Mitversicherten. Die ARB 2000 lauten, soweit hier von Bedeutung:
„ Art 8
Welche Pflichten hat der Versicherungsnehmer zur Sicherung seines Deckungsanspruchs zu beachten? (Obliegenheiten)
1. Verlangt der Versicherungsnehmer Versicherungsschutz, ist er verpflichtet,
1.1. den Versicherer unverzüglich, vollständig und wahrheitsgemäß über die jeweilige Sachlage aufzuklären und ihm alle erforderlichen Unterlagen vorzulegen;
...
1.5. bei der Geltendmachung oder Abwehr von zivilrechtlichen Ansprüchen außerdem
…
1.5.3. soweit seine Interessen nicht unbillig, insbesondere durch drohende Verjährung, beeinträchtigt werden, … vorerst nur einen Teil der Ansprüche geltend zu machen und die Geltendmachung der verbleibenden Ansprüche bis zur rechtskräftigen Entscheidung über den Teilanspruch zurückzustellen.
...
Art 9
Wann und wie hat der Versicherer zum Deckungsanspruch des Versicherungsnehmers Stellung zu nehmen?
...
1. Der Versicherer hat binnen zwei Wochen nach Geltendmachung des Deckungsanspruchs durch den Versicherungsnehmer und Erhalt der zur Prüfung dieses Anspruchs notwendigen Unterlagen und Informationen dem Versicherungsnehmer gegenüber schriftlich den Versicherungsschutz grundsätzlich zu bestätigen oder begründet abzulehnen.
Der Versicherer ist innerhalb der in Abs 1 genannten Frist berechtigt, diese durch einseitige Erklärung um weitere zwei Wochen zu verlängern.“
Der Kläger beabsichtigt, seinen Pflichtteilsergänzungsanspruch gegen seine Schwester, der von der gemeinsamen Mutter mit Übergabsvertrag vom 18. 4. 2009 eine Liegenschaft in H***** im Ausmaß von 731 m 2 übergeben wurde, im Klagsweg geltend zu machen. Mit E‑Mail vom 20. 6. 2013 übermittelte der Kläger an die Beklagte sein Aufforderungsschreiben an die Schwester zur Erfüllung seines Anspruchs, das Protokoll im Verlassenschaftsverfahren und den Übergabsvertrag. Er ersuchte um Bestätigung der Rechtsschutzdeckung für die Klagsführung. Im Schreiben vom 24. 6. 2013 teilte die Beklagte „anhand der bislang vorliegenden Informationen“ mit, dass „der betroffene Rechtsschutzbereich 'Rechtsschutz in Erbrechtssachen' vertragsgegenständlich, allerdings in diesem Rechtsschutzbereich eine Kostenhaftung grundsätzlich nur für gerichtliche Maßnahmen vorgesehen“ sei. Die Beklagte bat um weitere Unterlagen, nämlich die Stellungnahme der Schwester zum Schreiben, den Klagsentwurf sowie die Unterlagen zur Höhe des Liegenschaftswerts.
Mit E‑Mail vom 6. 8. 2013 übermittelte der Kläger die ablehnende Stellungnahme seiner Schwester, einen Grundbuchsauszug hinsichtlich der Liegenschaft, nochmals den Übergabsvertrag und den Klagsentwurf. Er führte aus, warum die Argumente der Schwester unzutreffend seien. Zur Begründung des angenommenen Liegenschaftswerts von 300.000 EUR verwies er auf den Quadratmeterpreis von ca 145 EUR und darauf, dass die Wohnfläche des Gebäudes ca 190 m 2 betrage und ein großer Garten vorhanden sei. Im Hinblick auf die Schätzung der Schwester, dass der Verkehrswert der Liegenschaft 180.000 EUR betrage, forderte die Beklagte vom Kläger die Beibringung von weiteren Unterlagen, weil der geschätzte reine Hauswert von 194.000 EUR erfahrungsgemäß überhöht sei. Außerdem begehrte sie die Übermittlung von Unterlagen zur Höhe der Aktiva und Passiva aus dem Verlassenschaftsverfahren, die sie in der Folge auch erhielt.
Der Klagevertreter gab der Beklagten zu einem nicht festgestellten Zeitpunkt bekannt, dass ein Gutachten nicht eingeholt werden könne, weil die Liegenschaft nicht im Eigentum des Versicherungsnehmers stehe.
Mit Schreiben vom 13. 8. 2013 schlug die Beklagte vor, den von der Gegenseite behaupteten Verkehrswert der Liegenschaft von 180.000 EUR einer Klage zugrundezulegen, soweit keinerlei Unterlagen, wie zB eine kurze unverbindliche Schätzung eines ortsansässigen Immobilienmaklers, beigebracht werden könne, um den behaupteten Verkehrswert belegen zu können. Der Kläger vertrat den Standpunkt, dass der Klage der von der Gegenseite zugestandene Verkehrswert der Liegenschaft nicht zu Grunde zu legen sei, weil dies dazu führen würde, dass der Wert der Liegenschaft im Hinblick auf eine solche Außerstreitstellung nicht durch ein Sachverständigengutachten geklärt werden würde.
Der Kläger begehrt die Feststellung der Deckungspflicht der Beklagten aus dem Rechtsschutzversicherungsvertrag zur Geltendmachung des Pflichtteilsergänzungsanspruchs gegen die Schwester, dies ausgehend von einem geschätzten Liegenschaftswert von 300.000 EUR. Den Wert der Immobilie habe er anhand des durchschnittlichen Preises pro Quadratmeter Wohnfläche für Häuser im Bezirk E***** und Umgebung mit 1.500 EUR bemessen. Er habe der Beklagten alle Unterlagen, die ihm zur Verfügung gestanden seien, übermittelt. Zur Einholung des geforderten vorprozessualen Sachverständigengutachtens auf eigene Kosten zum Nachweis des Werts der Liegenschaft sei er nicht verpflichtet. Die auf diese Forderung gestützte Ablehnung der uneingeschränkten Deckungszusage durch die Beklagte sei unzulässig.
Die Beklagte beantragt die Klagsabweisung. Der Kläger habe den Wert der Liegenschaft ohne weiteren Nachweis auf Grund eigener Schätzung mit 300.000 EUR angegeben. Der Wert des Gebäudes sei überhöht. Ihrer Aufforderung, den behaupteten Liegenschaftswert in irgendeiner Weise durch Unterlagen welcher Art auch immer zu belegen, sei er nicht nachgekommen. Auch dem Vorschlag, den Liegenschaftswert vorerst mit 180.000 EUR außer Streit zu stellen, sei er nicht gefolgt. Die Beklagte habe den Deckungsanspruch bisher weder bestätigt noch abgelehnt. Die Frist zur Stellungnahme habe mangels Übersendung sämtlicher dafür notwendiger Unterlagen noch nicht zu laufen begonnen. Das Wesen der Rechtsschutzversicherung bestehe in der Ermöglichung der Rechtsdurchsetzung, nicht jedoch darin, leicht oder mit geringem Kostenaufwand zu beschaffende Beweismittel erstmals im gerichtlichen Verfahren beizuschaffen und dem Versicherer das Kostenrisiko dafür aufzuerlegen.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt. Die allgemeine Auskunftsobliegenheit nach § 34 Abs 1 VersVG werde durch § 34 Abs 2 VersVG begrenzt. Der Versicherer sei nur insoweit berechtigt, Belege zu fordern, als die Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zuzumuten sei. Die Aufklärungs‑ und Belegpflicht habe nicht die Aufgabe, dem Versicherungsnehmer die Führung eines strengen Beweises im prozesstechnischen Sinn aufzuerlegen. Insbesondere die Forderung nach Beischaffung eines Sachverständigengutachtens sei unbillig, weil dessen Einholung mit nicht unerheblichen Kosten verbunden sei, die Liegenschaft nicht im Eigentum des Klägers stehe und er sie daher nicht selbstverständlich mit einem Dritten betreten könne. Die Forderung der Beklagten laufe dem Zweck einer Rechtsschutzversicherung zuwider. Auch die Forderung nach einer unverbindlichen Schätzung durch einen Immobilienmakler sei dem Kläger nicht zuzumuten, zumal er den Zutritt zum Gebäude nicht gewährleisten könne. Da anzunehmen sei, dass die Schwester des Klägers einen angenommenen Wert der Liegenschaft von 180.000 EUR nicht bestreiten werde, könne im Prozess nicht geklärt werden, ob der Anspruch des Klägers höher sei.
Das Berufungsgericht bestätigte das Urteil des Erstgerichts. Es bejahte ein rechtliches Interesse des Versicherungsnehmers an der Feststellungsklage. Die Reaktion der Beklagten könne nur als Ablehnung des Versicherungsschutzes aufgefasst werden. Die Auskunfts‑ und Belegpflicht finde ihre Grenze, wenn der Versicherungsnehmer die für die Aufklärung des Versicherers erforderlichen Tatsachenkenntnisse nicht besitze und sie auch nicht in zumutbarer Weise beschaffen könne. Die Obliegenheit zur Vorlage von Belegen beziehe sich nur auf solche, die bereits vorhanden seien. Es sei dem Kläger nicht zumutbar, ein Gutachten über den Verkehrswert der Liegenschaft einzuholen. Der Einwand, die Vorlage von Beilage ./K (Ausdruck aus dem Raiffeisen‑Wohnportal zum Nachweis eines durchschnittlichen Quadratmeterpreises von 1.490 EUR für E*****‑Umgebung) beweise, dass der Kläger Urkunden hätte vorlegen können, überzeuge nicht, weil die Beklagte diese Information weder verlangt noch den Deckungsanspruch des Klägers nun anerkannt habe. Die Beklagte verstoße gegen das Neuerungsverbot, soweit sie sich erstmals in der Berufung auf die Obliegenheit nach Art 8.1.5.3. ARB 2000 berufe. Der Vorschlag der Beklagten, den von der Schwester zugestandenen Liegenschaftswert von maximal 180.000 EUR der Klage zugrundezulegen, führe weder zu einer Kostenersparnis noch sei dies dem Kläger zumutbar.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 5.000 EUR, nicht aber 30.000 EUR übersteige und die ordentliche Revision zulässig sei, weil Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur Erkundungs‑ und Belegpflicht des Versicherungsnehmers in der Rechtsschutzversicherung fehle.
Dagegen richtet sich die Revision der Beklagten mit einem Abänderungsantrag, hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
Der Kläger beantragt, der Revision nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig, sie ist aber nicht berechtigt.
Der Versicherer kann nach dem Eintritt des Versicherungsfalls verlangen, dass der Versicherungsnehmer jede Auskunft erteilt, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder des Umfangs der Leistungspflicht des Versicherers erforderlich ist (§ 34 Abs 1 VersVG). Belege kann der Versicherer insoweit fordern, als die Beschaffung dem Versicherungsnehmer billigerweise zugemutet werden kann (§ 34 Abs 2 VersVG).
In diesem Sinn ist Art 8.1.1. ARB 2000 auszulegen. Nach ständiger Rechtsprechung zu vergleichbaren Rechtsschutzversicherungsbedingungen hat der Versicherungsnehmer auf seine Kosten den Rechtsschutzversicherer vollständig und wahrheitsgemäß über sämtliche Umstände des Versicherungsfalls zu unterrichten, weil es sich dabei um eine auf die Bedürfnisse der Rechtsschutzversicherung zugeschnittene Ausformung der allgemeinen Auskunftsobliegenheit des § 34 Abs 1 VersVG handelt (RIS‑Justiz RS0105784). Die Auskünfte und Belege des Versicherungsnehmers sollen den Versicherer in die Lage versetzen, sachgemäße Entscheidungen über die Abwicklung des Versicherungsfalls zu treffen und insbesondere Art und Umfang seiner Leistung möglichst genau und frühzeitig überprüfen zu können. Es genügt, dass die begehrte Auskunft abstrakt zur Aufklärung des Schadensfalls geeignet ist (RIS‑Justiz RS0080205, RS0080833, RS0080203). Durch die Geltendmachung der Auskunfts‑ und Belegpflicht darf der endgültigen Entscheidung des Gerichts darüber, ob der vom Versicherungsnehmer geltend gemachte Versicherungsanspruch dem Grunde und der Höhe nach zu Recht besteht, nicht vorgegriffen werden (RIS‑Justiz RS0080336). Die Aufklärungs‑ und Belegobliegenheit hat nicht die Aufgabe, dem Versicherungsnehmer die Führung eines strengen Beweises im prozesstechnischen Sinn aufzuerlegen, dessen Gelingen oder Misslingen über seinen Versicherungsanspruch entscheidet (RIS‑Justiz RS0080200).
Offensichtlicher Zweck der Auskunfts‑ und Belegobliegenheit, dem auch Art. 8.1.1. ARB 2000 dient, ist es, das Informationsdefizit des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer auszugleichen. Naturgemäß ist der Versicherungsnehmer über die ihn betreffenden Lebenssachverhalte umfassender informiert als der Versicherer. Er soll daher dem Versicherer alle ihm bekannten Informationen erteilen und ihm zur Verfügung stehende Unterlagen ausfolgen.
Der Versicherungsnehmer hat dem Versicherer zunächst den Eintritt des Versicherungsfalls anzuzeigen (§ 33 VersVG) und dann über Aufforderung dem Versicherer weitere Auskünfte und/oder Belege zur Prüfung seiner Leistungspflicht im Sinn des § 34 VersVG geben. Das ist eine Obliegenheit des Versicherungsnehmers (RIS‑Justiz RS0080203). Der Versicherer kann diejenigen Auskünfte verlangen, die er für notwendig hält, sofern sie für Grund und Umfang seiner Leistung bedeutsam sein können (7 Ob 232/02x; RIS‑Justiz RS0080185).
Grundsätzlich kann der Versicherungsnehmer nur über ihn bekannte Tatsachen Auskunft geben. Ihn kann aber auch im Einzelfall eine Erkundungspflicht treffen ( Ramharter in Fenyves/Schauer, VersVG, § 34 Rz 43; Brömmelmeyer in Bruck/Möller , VVG 9 , § 31 Rn 32 f; Rixecker in Römer/Langheid , VVG 4 , § 31 Rn 14, Prölss in Prölss/Martin , VVG 28 , § 31 Rn 3). Dies ist dann der Fall, wenn dem Versicherungsnehmer Anhaltspunkte dafür bekannt sind, dass weitere relevante Tatsachen ermittelt werden können, die einen durchschnittlichen Versicherungsnehmer veranlassen würden, weitere Nachforschungen zur Aufklärung des Sachverhalts anzustellen. Eine Erkundungsobliegenheit besteht nur, soweit sie zumutbar ist ( Ramharter aaO, Rz 45 f; Wandt in Langheid/Wandt , Münchener Kommentar zum VVG, § 31 Rn 52 ff).
Von der Belegobliegenheit sind grundsätzlich alle Dokumente umfasst, über die der Versicherungsnehmer selbst verfügt oder die er von Dritten besorgen kann (die also bereits existieren). Die Belegobliegenheit ist ein Korrelat zur Auskunftsobliegenheit, sodass die Berechtigung des Auskunftsverlangens gleichzeitig Maßstab für die Berechtigung des Belegverlangens ist ( Brömmelmeyer, aaO, Rn 82). Nur in seltenen Ausnahmefällen wird es dem Versicherungsnehmer nicht zumutbar sein, Urkunden, die sich in seiner Verfügungsbefugnis befinden, vorzulegen (vgl Wandt aaO, Rn 102).
Die Beweislast dafür, dass der Versicherungsnehmer eine Aufklärungs‑ und/oder Belegobliegenheit verletzt hat, trifft den Versicherer (RIS‑Justiz RS0081313, RS0043510, RS0043728; Prölss in Prölss/Martin, aaO, Rn 32; Dörner in Berliner Kommentar, § 34 VVG [aF] Rn 46).
Dieser Beweis ist der Beklagten nicht gelungen. Wie bereits ausgeführt, soll die Obliegenheit nach Art 8.1.1. ARB 2000 das Informationsdefizit des Versicherers gegenüber dem Versicherungsnehmer ausgleichen. Der Versicherer soll über alle Tatsachen, über die der Versicherungsnehmer Kenntnis hat oder beschaffen kann, informiert werden, soweit sie zur Beurteilung seiner Leistungspflicht notwendig sind. Über den Verkehrswert einer Liegenschaft ist der durchschnittliche Versicherungsnehmer nicht informiert. Der Kläger hat keinen Wissensvorsprung gegenüber der Beklagten. Die Beurteilung des Verkehrswerts ist grundsätzlich eine Sachverständigenfrage. Dem Versicherungsnehmer ist es zuzumuten, die Tatsachen aufzuzeigen, die er seiner Schätzung des Verkehrswerts zugrundegelegt hat. Seine Aufklärungsobliegenheit bezieht sich daher auf die ihm bekannten oder ohne weiteres erkundbaren Parameter für die Verkehrswertschätzung der Liegenschaft. Diese Informationen hat der Kläger der Beklagten gegeben. Soweit sich die Revision neuerlich darauf stützt, dass die „wenig aussagekräftige“ (bereits erwähnte) Beilage ./K (Ausdruck aus dem Raiffeisen‑Wohnportal zum Wert Wohnhaus/Liegenschaft) erst im Verfahren vorgelegt worden sei, ist ihr mit dem Berufungsgericht zu erwidern, dass sie auch diese nicht für ausreichend erachtet, weil sie in der Revision noch immer auf die Beibringung eines Sachverständigengutachtens oder einer Schätzung durch einen Immobilienmakler besteht. Auf die Frage, ob der Kläger zur Vorlage der Urkunde verpflichtet gewesen wäre, kommt es damit hier nicht an.
Die Erkundungsobliegenheit des Versicherungsnehmers umfasst nicht die Einholung von Sachverständigengutachten oder die Liegenschaftsschätzung durch einen Immobilienmakler. Der damit verbundene Kostenaufwand ist ihm nicht zumutbar. Zudem fordert die Beklagte damit nicht nur Informationen, sondern auch die Vorlage von noch nicht existierenden Belegen, die erst ‑ für den Versicherungsnehmer kostenaufwendig ‑ hergestellt werden sollen. Der strittige Verkehrswert der Liegenschaft wird vielmehr im Pflichtteilsergänzungsprozess, der im Rahmen der Rechtsschutzversicherung gedeckt werden soll, ermittelt. Dessen Ergebnis ist nicht im Deckungsprozess vorwegzunehmen (RIS‑Justiz RS0124256). Den Beweis, dass die vom Kläger für die Verkehrswertschätzung ermittelten Parameter offenkundig unrichtig wären, dem Kläger also möglicherweise in dieser Hinsicht eine Aufklärungsobliegenheitsverletzung vorzuwerfen wäre, hat die Beklagte nicht angetreten.
Die Beklagte hat sich im erstinstanzlichen Verfahren auch auf die Verletzung der Obliegenheit nach Art 8.1.5.3. ARB 2000 gestützt, auch wenn sie daraus nur ableitet, der Kläger dürfe unbelegte Ansprüche nicht geltend machen.
Wird nur ein Teil einer Forderung eingeklagt, so tritt Streitanhängigkeit nur bezüglich des eingeklagten Teils ein. Es tritt auch die Rechtskraftwirkung des Urteils nur bezüglich dieses Teils ein, in Ansehung des weiteren Rechtsanspruchs kann das Urteil keine Rechtskraft erzeugen (RIS‑Justiz RS0039155, RS0041266). Es spricht daher nichts gegen eine Pflichtteilsnachforderung innerhalb der Verjährungsfrist, wenn sich ein tatsächlich höherer Wert eines Nachlassgegenstands ergibt (RIS‑Justiz RS0120694).
Eine Teileinklagung der Ansprüche des Klägers wäre grundsätzlich möglich. Die Beklagte übergeht aber, dass das Verlangen nach Teileinklagung nach den ARB 2000 nur zulässig ist, wenn dies die Interessen des Versicherungsnehmers nicht unbillig beeinflusst. Für die Verletzung einer Obliegenheit ist ‑ wie dargelegt ‑ der Versicherer beweispflichtig. Auch dieser Beweis ist nicht gelungen. Die Beklagte will mit ihrem Verlangen auf Teileinklagung nur die behauptete Aufklärungs‑ und Belegobliegenheit (Gutachten oder Schätzung) durchsetzen. Sie hat in keiner Weise dargetan, dass die Teileinklagung dem Versicherungsnehmer zumutbar ist. Legt der Kläger seiner Klage lediglich den von seiner Schwester zugestandenen Verkehrswert zu Grunde, riskiert er, dass in diesem Verfahren ein allfällig höherer Wert der Liegenschaft nicht geklärt wird. Die Frage der Deckungspflicht der Beklagten stellte sich dann in einem weiteren Verfahren, wobei die Gefahr der Verjährung zu berücksichtigen ist.
Der Rechtsschutzversicherer hat binnen zwei Wochen ab Geltendmachung des Deckungsanspruchs dem Versicherungsnehmer schriftlich den Versicherungsschutz grundsätzlich zu bestätigen oder abzulehnen (§ 158n Abs 1 VersVG). Hat der Versicherungsnehmer dem Rechtsschutzversicherer nicht sämtliche zur Prüfung des Deckungsanspruchs erforderlichen Unterlagen übermittelt, so kann der Versicherer ihn binnen 14 Tagen auffordern, die Unterlagen nachzureichen. In diesem Fall beginnt die Frist des § 158n Abs 1 Satz 1 VersVG neu zu laufen (§ 158n Abs 2 VersVG).
Wenn der Versicherungsnehmer die vom Versicherer verlangten notwendigen Belege nicht beibringen kann, weil ihm das billigerweise nicht zuzumuten ist, und wenn er die notwendigen Auskünfte nicht erteilen kann, weil er die erforderlichen Tatsachenkenntnisse nicht besitzt und sich diese auch nicht zu beschaffen vermag, dann haben die Erhebungen als abgeschlossen zu gelten, sodass sie den Eintritt der Fälligkeit nicht mehr im Wege stehen (RIS‑Justiz RS0080338).
Die Beklagte hat (zu Unrecht) die Vorlage weiterer Belege gefordert und den Standpunkt vertreten, durch ihre Forderung laufe die Frist des § 158n VersVG nicht. Sie hat zwar innerhalb von zwei Wochen den Versicherungsschutz für ein Verfahren über die ihr vorgelegte Klage nicht ausdrücklich abgelehnt oder bestätigt. Ihr Verhalten kann aber im Hinblick auf die dargelegten Grundsätze nur als Ablehnung des vom Kläger begehrten Rechtsschutzes aufgefasst werden. Damit hat der Kläger zur Abklärung der Deckungspflicht der Beklagten und zur Abschätzung seines Kostenrisikos das Feststellungsinteresse, dass die Beklagte zur Deckung des von ihm angestrebten Verfahrens verpflichtet ist.
Auch wenn man von einem Unterlassen der Äußerung ausgehen würde und die Beklagte nach § 158n Abs 3 VersVG deshalb zur Deckung all jener Kosten verpflichtet wäre, die zwischen dem Zeitpunkt, in dem sie zum Deckungsanspruch hätte Stellung nehmen müssen, und der verspäteten Ablehnung des Deckungsanspruchs aufgelaufen wären, so wäre das Feststellungsinteresse des Klägers dennoch gegeben, weil er nur durch Erhebung der Feststellungsklage vor Einleitung des Haftpflichtprozesses die Deckungspflicht der Beklagten für das gesamte Verfahren abklären kann.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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