Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird aufgehoben. Die Rechtssache wird zur neuerlichen Entscheidung an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.
Begründung
Die S***** GmbH (kurz: GmbH) war bei der Beklagten betriebshaftpflichtversichert. Dem Versicherungsvertrag (mit einer Laufzeit von 2. 1. 2004 bis 1. 1. 2015) lagen unter anderem die Allgemeinen und Ergänzenden Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB 2004, EHVB 2004) zu Grunde. Diese lauten auszugsweise:
Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (AHVB)
„ Artikel 7
Was ist nicht versichert? (Risikoausschlüsse)
…
2 Die Versicherung erstreckt sich nicht auf Schadenersatzverpflichtungen der Personen, die den Schaden, für den sie von einem Dritten verantwortlich gemacht werden, rechtswidrig und vorsätzlich herbeigeführt haben. Dem Vorsatz wird gleichgehalten
2.1 eine Handlung oder Unterlassung, bei welcher der Schadenseintritt mit Wahrscheinlichkeit erwartet werden musste, jedoch in Kauf genommen wurde (z. B. im Hinblick auf die Wahl einer kosten- oder zeitsparenden Arbeitsweise);
2.2 die Kenntnis der Mangelhaftigkeit oder Schädlichkeit von hergestellten oder gelieferten Waren oder geleisteten Arbeiten.
…
Artikel 8
Was ist vor bzw. nach Eintritt des Versicherungsfalles zu beachten? (Obliegenheiten) Wozu ist der Versicherer bevollmächtigt?
1. Obliegenheiten
Als Obliegenheiten, deren Verletzung die Leistungsfreiheit des Versicherers gemäß § 6 VersVG bewirkt, werden bestimmt:
…
1.4 Er hat den Versicherer umfassend und unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche ab Kenntnis, zu informieren, und zwar schriftlich, falls erforderlich auch fernmündlich oder auf andere geeignete Weise.
Insbesondere sind anzuzeigen:
1.4.1 der Versicherungsfall;
1.4.2 die Geltendmachung einer Schadenersatzforderung;
…
1.5.3 Der Versicherungsnehmer ist nicht berechtigt, ohne vorherige Zustimmung des Versicherers eine Schadenersatzverpflichtung ganz oder zum Teil anzuerkennen ‑ es sei denn, der Versicherungsnehmer konnte die Anerkennung nicht ohne offenbare Unbilligkeit verweigern - oder zu vergleichen.
Ergänzende Allgemeine Bedingungen für die Haftpflichtversicherung (EHVB)
Abschnitt A: Allgemeine Regelungen für alle Betriebsrisiken
…
3. Bewusstes Zuwiderhandeln gegen Vorschriften
Der Versicherer ist von der Verpflichtung zur Leistung frei, wenn der Versicherungsfall grob fahrlässig herbeigeführt wurde und bewusst - insbesondere im Hinblick auf die Wahl einer kosten- oder zeitsparenden Arbeitsweise - den für den versicherten Betrieb oder Beruf geltenden Gesetzen, Verordnungen oder behördlichen Vorschriften zuwidergehandelt wurde, und zwar durch einen Versicherungsnehmer oder dessen gesetzlichen Vertreter oder dessen leitenden Angestellten im Sinne des Arbeitsverfassungsgesetzes (BGBl Nr 22/1974) in der jeweils geltenden Fassung bzw über Veranlassung oder mit Einverständnis einer dieser Personen. “
G***** L***** war gemeinsam mit seiner Gattin Gesellschafter der GmbH und deren einziger Geschäftsführer. Unternehmensgegenstand war der Betrieb einer Gerberei. Am 2. 7. 2007 kam es zu einem Unfall in einer Senkgrube der Gerberei, bei dem der Genannte und zwei Arbeiter der GmbH starben, weil sie ohne die nach den maßgebenden Arbeitnehmer-Schutzgesetzen erforderlichen Schutzmaßnahmen in diese (Sammel-)Grube einstiegen, dabei das Bewusstsein verloren und eine Schwefelwasserstoff-Vergiftung erlitten. Nach dem Unfall war die GmbH ohne Geschäftsführer. Sie erstattete keine Schadensmeldung an die Beklagte. Mangels kostendeckenden Vermögens der GmbH wurde ein Insolvenzeröffnungsantrag mit Beschluss des Insolvenzgerichts vom 21. 12. 2007 abgewiesen.
Eine Kontaktaufnahme der beiden Klägerinnen mit der GmbH steht nicht fest. Die Erstklägerin erlangte vielmehr über das den Nachlass des Geschäftsführers abhandelnde Notariat Kenntnis davon, dass die Beklagte Betriebshaftpflichtversicherer der GmbH war. Hierauf wandte sich die Erstklägerin mit Aufforderungsschreiben vom 29. 5. 2008 an die Beklagte, die dadurch erstmals Kenntnis vom Schadensfall vom 2. 7. 2007 erlangte. Das erste Aufforderungsschreiben der Zweitklägerin an die Beklagte datiert vom 1. 10. 2008.
Da das Aufforderungsschreiben der Erstklägerin ohne Antwort blieb, erfolgten schriftliche Urgenzen am 14. 7. 2008 und 1. 8. 2008. Darauf antwortete der zuständige Referent der Beklagten mit Schreiben vom 18. 8. 2008 und stellte in Aussicht, sich nach Erhalt der notwendigen Unterlagen zu melden. Da dies nicht geschah, wurde seitens des zuständigen Referenten der Erstklägerin am 25. 9. 2008 und am 6. 10. 2008 telefonisch urgiert sowie ein Telefonat am 29. 10. 2008 geführt. Weiters urgierte er schriftlich am 5. 12. 2008 und am 16. 1. 2009. Eine letzte Urgenz erfolgte am 20. 10. 2009 seitens der Erstklägerin. Auf keines dieser Schreiben antwortete die Beklagte schriftlich; die Deckung wurde nicht schriftlich abgelehnt. Der zuständige Referent der Beklagten teilte lediglich anlässlich eines Telefonates dem Referenten der Erstklägerin mit, dass ihm die Deckung „eher fraglich“ erscheine.
Mit der am 30. 6. 2010 beim Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz zu 2 Cg 131/10d eingebrachten Klage wurden die GmbH in Liquidation und die Verlassenschaft nach dem verstorbenen Geschäftsführer erstmals von der Erst- und der Zweitklägerin auf Rückersatz der von diesen erbrachten Hinterbliebenenleistungen und auf Feststellung der Haftung für alle zukünftigen Pflichtaufwendungen der Klägerinnen anlässlich des Unfalls der beiden Arbeiter der GmbH vom 2. 7. 2007 in Anspruch genommen. Davor gab es kein Aufforderungsschreiben der Klägerinnen an die dort beklagten Parteien. Vom Firmenbuch- und vom Verlassenschaftsgericht wurden am 5. 8. 2010 und am 22. 10. 2010 ein Verlassenschaftskurator und ein Notliquidator bestellt. In dem genannten, in der Folge zu 28 Cga 176/10m (weiter-)geführten arbeitsgerichtlichen Verfahren verkündeten die Klägerinnen der hier Beklagten den Streit und diese trat als Nebenintervenientin auf Seiten der Klägerinnen bei. In der Streitverhandlung vom 11. 4. 2011 anerkannten die beiden dort beklagten Parteien die Ansprüche der Klägerinnen und es wurde ein Anerkenntnisurteil gefällt.
Der Notliquidator hatte mit E-Mail vom 1. 9. 2010 mit der hier Beklagten Kontakt aufgenommen und um Übermittlung sämtlicher Unterlagen ersucht. Nach einer Urgenz lehnte die Beklagte mit Schreiben vom 13. 12. 2010 die Deckung ab, weil der Geschäftsführer den Unfall „krass grob fahrlässig“ verursacht habe und berief sich dabei auf Punkt 3 Abschnitt A EHVB 2004 sowie auf Art 7.2.1 AHVB 2004.
Nach der Streitverhandlung vom 11. 4. 2011 traten die GmbH in Liquidation und die Verlassenschaft nach dem Geschäftsführer ihren Befreiungsanspruch gegen die Beklagte an die Klägerinnen, die insgesamt 169.094,80 EUR an (Hinterbliebenen-)Leistungen erbracht hatten, ab.
Mit der am 9. 11. 2011 eingebrachten Klage begehren die Klägerinnen auf Grund des ihnen abgetretenen Befreiungsanspruchs gegenüber der Beklagten Zahlung von insgesamt 169.094,80 EUR sowie die Feststellung der Verpflichtung der Beklagten, Deckungsschutz für Regressansprüche und alle zukünftigen Pflichtaufwendungen der Klägerinnen aus dem Schadensfall vom 2. 7. 2007 zu gewähren. Im Schriftsatz vom 17. 2. 2012 stellten die Klägerinnen klar, dass (nur) die Ansprüche der GmbH (nicht der Verlassenschaft) aus dem Versicherungsvertrag mit der Beklagten „verfahrensgegenständlich“ seien. Die Klägerinnen vertraten zu Punkt 3 des Abschnitts A der EHVB 2004 die Ansicht, der Geschäftsführer habe zwar grob fahrlässig gehandelt, aber nicht bewusst gegen Normen verstoßen. Da er selbst in die Senkgrube hinabgestiegen sei, könne ihm die von der Senkgrube ausgehende Gefahr nicht im Sinn des Art 7.2.1. AHVB 2004 bewusst gewesen sein. Die Ansprüche seien nicht verjährt, weil die Versicherungsnehmerin von geschädigten Dritten erstmals mit der Klage vom 22. 6. 2010 ernstlich in Anspruch genommen worden sei und die Beklagte erst am 13. 12. 2010 qualifiziert die Deckung abgelehnt habe.
Die Beklagte beantragt Klagsabweisung. Sie wendete Verjährung ein und berief sich auf Leistungsfreiheit zufolge Vorliegens der Ausschlusstatbestände nach Punkt 3 des Abschnitts A der EHVB 2004 und des Art 7.2.1. der AHVB 2004. Außerdem habe die Versicherungsnehmerin gegen ihre Obliegenheit, ohne Zustimmung der Beklagten keine Ersatzansprüche anzuerkennen, verstoßen, als sie im Verfahren 28 Cga 176/10m das Anerkenntnis abgegeben habe (Art 8 Punkt 1.4. iVm Punkt 1.5.3. der AHVB 2004). Die Ersatzansprüche nach § 334 ASVG seien drei Jahre nach dem Aufforderungsschreiben der Erstklägerin vom 29. 5. 2008 verjährt. Nach § 1489 ABGB sei der Anspruch ebenfalls bereits verjährt, weil auch insofern der 29. 5. 2008 als Fristbeginn anzusehen sei. Dasselbe gelte in Bezug auf § 12 Abs 1 VersVG. Außerdem sei die Beklagte zufolge Gefahrenerhöhung gemäß § 25 Abs 1 VersVG leistungsfrei.
Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt und führte zum Verjährungseinwand aus wie folgt:
Da Ansprüche aus dem Versicherungsvertrag geltend gemacht würden, fänden weder § 337 Abs 1 ASVG noch § 1489 ABGB Anwendung, sondern die besondere Verjährungsbestimmung des § 12 VersVG. Die Fälligkeit des zedierten Anspruchs sei erst eingetreten, als die Versicherungsnehmerin der Beklagten am 22. 6. 2010 erstmals in Anspruch genommen worden sei. Die dreijährige Frist des § 12 Abs 1 VersVG sei daher zum Zeitpunkt der Klagseinbringung (am 9. 11. 2011) noch nicht abgelaufen gewesen. Da die Klägerinnen keine Dritten im Sinn des § 12 Abs 1 Satz 2 VersVG seien, sei dieser Verjährungsbeginn auch für die Zessionarinnen maßgebend. Daher seien die geltend gemachten Ansprüche nicht verjährt. Es habe auch kein Feststellungsinteresse für die beiden Klägerinnen als geschädigte Dritte hinsichtlich der Verpflichtung der Beklagten zur Gewährung von Haftpflichtversicherungsschutz bestanden, weil der Ablauf der Verjährungsfrist noch in weiter Ferne gelegen und die Deckung erst mit Schreiben der Beklagten vom 13. 12. 2010 abgelehnt worden sei.
Das Berufungsgericht änderte das Ersturteil im klagsabweisenden Sinn ab. Bereits nach den unbekämpften Feststellungen sei Verjährung nach § 12 VersVG eingetreten. Die ‑ „mit durchaus beachtenswerten Gründen“ ‑ erhobene Mängelrüge und die Tatsachenrüge zu den übrigen Einwänden der Beklagten könne daher unbehandelt bleiben. Die verbliebene Mitgesellschafterin der GmbH sei über drei Jahre untätig geblieben. Sie habe keinen neuen Geschäftsführer bestellt und keinen Notgeschäftsführer oder Liquidator beantragt. Dies sei als grobes Verschulden zu werten. Die GmbH als Versicherungsnehmerin könne es nicht in der Hand haben, durch bloße Untätigkeit den Beginn der Verjährungsfristen zu Lasten des Versicherers beliebig zu verlängern, indem einfach kein neuer Geschäftsführer bestellt und kein Notgeschäftsführer beantragt werde. Die Verjährung beginne mit der objektiven Möglichkeit zu klagen. Da der Versicherungsnehmerin „wohl“ auch selbst Ansprüche aus dem Versicherungsfall zugestanden seien (was „zwanglos angenommen werden“ könne), sie aber keine Schadensmeldung an die Beklagte erstattet habe, habe ‑ unter Berücksichtigung einer angemessenen Frist zur Prüfung der Ansprüche von etwa einem Monat ‑ spätestens am 2. 8. 2007 die Verjährung für die Versicherungsnehmerin begonnen. Die dreijährige Frist habe daher am 2. 8. 2010 geendet, sodass die zedierten Ansprüche verjährt seien. Die Klägerinnen hätten eine Feststellungsklage gegen die Beklagte betreffend die Deckungspflicht gegenüber der Versicherungsnehmerin einbringen und damit die Verjährung der Ansprüche der Versicherungsnehmerin abwenden können, dies jedoch nicht getan.
Das Berufungsgericht ließ die Revision zu, weil Rechtsprechung zur Frage des Verjährungsbeginns nach § 12 Abs 1 VersVG für Ansprüche einer mangels eines Geschäftsführers unvertretenen GmbH bei Untätigkeit der Gesellschaft im Bezug auf die Bestellung eines neuen Geschäftsführers, sodass Dritte die GmbH wegen deren daraus resultierender Handlungsunfähigkeit nicht in Anspruch nehmen können, fehle.
In ihrer Revision wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung und Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens beantragen die Kläger, das angefochtene Urteil im klagsstattgebenden Sinn abzuändern; hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.
In der Revisionsbeantwortung wird beantragt, die Revision zurückzuweisen; hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Klarstellung der Rechtslage zulässig und mit dem Aufhebungsantrag auch berechtigt.
Die Revisionswerberin behauptet einen Verstoß des Berufungsgerichts gegen die ständige Rechtsprechung, dass der Deckungsanspruch aus der Haftpflichtversicherung in dem Zeitpunkt entsteht und fällig wird, in dem der Versicherungsnehmer von einem geschädigten Dritten ernstlich in Anspruch genommen wird; und ein Abweichen von dem in der Rechtsprechung entwickelten Begriff der „ernstlichen Inanspruchnahme“.
Die Revisionsbeantwortung beruft sich ebenfalls auf diese Rechtsprechung, macht jedoch geltend, dass der Beginn des Laufes der Verjährungsfrist dann nicht hinausgeschoben werde, wenn ein schuldhaftes Handeln des Versicherungsnehmers vorliege, wozu auch das Unterlassen der Anzeige des Versicherungsfalls oder der Mitwirkung bei den Erhebungen zur Aufklärung desselben zu rechnen sei. Wenn keine Verjährung eingetreten sein sollte, stünde einer sofortigen Klagsstattgebung die Nichterledigung der in der Berufung aufgezeigten Mangelhaftigkeit des Verfahrens erster Instanz und der ausgeführten Beweisrüge entgegen.
Hiezu wurde erwogen:
Das Berufungsgericht hat den Verjährungsbeginn mit 2. 8. 2007 angesetzt, also einen Monat nach dem Unfall. Das Einrechnen eines Monats ab dem Todesfall begründete es damit, die Verjährung werde ‑ mangels Schadensmeldung der Versicherungsnehmerin, die eine solche nach dem Tod des einzigen Geschäftsführers nicht erstattet habe ‑ unter Berücksichtigung dieser „angemessenen Frist zur Prüfung der Ansprüche“ (welcher?) in Gang gesetzt.
Entgegen dieser Ansicht stellt sich hier aber die Frage, wann der Deckungsanspruch der GmbH aus dem Haftpflichtversicherungsvertrag entstand und fällig wurde ; ist dies doch die Voraussetzung dafür, dass der genannte Anspruch zu verjähren beginnen kann. Hiezu gehen beide Parteien ‑ zutreffend ‑ davon aus, dass der einheitliche, auf Befreiung von begründeten und auf Abwehr unbegründeter Ansprüche gerichtete Deckungsanspruch aus einer Haftpflichtversicherung in dem Zeitpunkt entsteht und fällig wird, in dem der Versicherungsnehmer von einem geschädigten Dritten „ ernstlich in Anspruch genommen wird “. Erst damit beginnt nach ständiger Rechtsprechung die Verjährungsfrist des § 12 Abs 1 VersVG für diesen einheitlichen Anspruch zu laufen (RIS-Justiz RS0080086), wobei sich der Befreiungsanspruch gemäß § 154 Abs 1 VersVG, der keine Sondervorschriften für das Fälligwerden enthält (RIS-Justiz RS0080609), nur dann in einen Zahlungsanspruch wandelt, wenn der Versicherungsnehmer den Dritten befriedigt oder der Anspruch des Dritten durch rechtskräftiges Urteil, durch Anerkenntnis oder Vergleich festgestellt worden ist (RIS-Justiz RS0080603, RS0080609; 7 Ob 192/13f; 7 Ob 207/12k).
Im vorliegenden Fall hat weder die Erst- noch die Zweitklägerin vor der Klagserhebung im arbeitsgerichtlichen Verfahren (am 30. 6. 2010) mit der Versicherungsnehmerin der Beklagten Kontakt aufgenommen. Aus diesem Grund kann vor diesem Zeitpunkt von einer ernstlichen Inanspruchnahme der Versicherungsnehmerin (GmbH) durch den Dritten (die Klägerinnen) keine Rede sein. Ob die Klägerinnen selbst die Beklagte in den Jahren 2007 bis 2011 (ernstlich) in Anspruch nahmen, ist hier ohne Belang, weil sich die Klage explizit nur auf die zedierten Ansprüche der GmbH gegen die Beklagte stützt und diese Zession erst nach der Streitverhandlung vom 11. 4. 2011 erfolgte, in der der Anspruch des Dritten durch Anerkenntnis-(Urteil) festgestellt wurde. Als die vorliegende Klage bei Gericht einlangte (am 9. 11. 2011), war die dreijährige Verjährungsfrist des § 12 Abs 1 VersVG somit noch nicht abgelaufen.
Dies gilt auch dann, wenn man mit Ramharter (Verjährung des Befreiungsanspruchs und Feststellungsklage des geschädigten Dritten in der Haftpflichtversicherung, wbl 2012, 541 [550 f]) davon ausgehen sollte, dass der zugunsten des Versicherungsnehmers ‑ und damit mittelbar zugunsten des geschädigten Dritten ‑ zwingende Charakter der gesetzlichen Fälligkeitsregelung des § 154 Abs 1 Satz 1 Fall 2 VersVG (§ 158a Abs 1 VersVG) auch bei der heute üblichen vertraglichen Vereinbarung eines umfassenden, auf Abwehr unbegründeter und Befriedigung begründeter Haftpflichtansprüche gerichteten Befreiungsanspruchs dazu führt, dass die Verjährung der inhaltlich auf Zahlung an den Dritten gerichteten Befreiungskomponente im engeren Sinn erst mit der Feststellung der Haftpflichtverbindlichkeit des Versicherungsnehmers durch rechtskräftiges Urteil, Anerkenntnis oder Vergleich (hier also mit 11. 4. 2011) beginnt.
Die Beurteilung in Bezug auf die einjährige Präklusivfrist des § 12 Abs 3 VersVG führt zu keinem anderen Ergebnis: Liegt doch lediglich ein einziges solches (der Bestimmung entsprechendes) Ablehnungsschreiben der Beklagten vor, welches jedoch vom 13. 12. 2010 stammt, also innerhalb der Frist von einem Jahr vor der Klagseinbringung (iSd § 12 Abs 3 VersVG) verfasst wurde.
Wie schon das Erstgericht zutreffend erkannte, ist § 12 Abs 1 Satz 2 VersVG, wonach bei einem Anspruch, der einem Dritten zusteht, die Verjährung zu laufen beginnt, sobald dem Dritten sein Recht auf die Leistung des Versicherers bekannt geworden ist, hier nicht einschlägig:
Diese Norm zielt nämlich auf einem Dritten originär zustehende Rechte ab (zB auf das Recht des Bezugsberechtigten aus einer Lebens- und Unfallversicherung oder auf das Recht des Versicherten bei einer Versicherung für fremde Rechnung nach §§ 74 ff VersVG; vgl die Beispiele bei Fenyves/Kronsteiner/Schauer , Komm zu den Nov zum VersVG [1998] § 12 Rz 5; Prölss in Prölss/Martin , VVG 27 § 12 Rn 72; Gruber in Berliner Kommentar § 12 VVG Rn 137), nicht aber auf ‑ wie hier ‑ bloß abgetretene Rechte.
Da das Berufungsgericht, ausgehend von der vom Obersten Gerichtshof nicht geteilten Rechtsansicht (dass dem Einwand der Verjährung Berechtigung zukomme), die Mängel- und Tatsachenrüge der Berufung nicht erledigt hat, ist die Aufhebung der Berufungsentscheidung unumgänglich.
Der Kostenvorbehalt hinsichtlich der Kosten des Revisionsverfahrens beruht auf § 52 Abs 1 ZPO.
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