European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0080OB00083.14K.0929.000
Spruch:
Der außerordentliche Revisionsrekurs wird gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 526 Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 528a iVm § 510 Abs 3 ZPO).
Begründung
Rechtliche Beurteilung
1. Im Anlassfall gelangt § 402 Abs 2 EO nicht zur Anwendung. Aus diesem Grund ist der Revisionsrekurs gemäß §§ 78, 402 Abs 4 EO iVm § 528 Abs 1 ZPO (nur) bei Vorliegen einer erheblichen Rechtsfrage zulässig (vgl RIS‑Justiz RS0097221).
Diese Voraussetzung ist im Anlassfall nicht gegeben.
2.1 Der Gefährdete steht auf dem Standpunkt, dass zur Geltendmachung eines Irrtums als rechtsgestaltende Erklärung durch den Gegner der gefährdeten Partei eine Gegenbescheinigung im Provisorialverfahren nicht zulässig sei. Für eine erfolgreiche Irrtumsanfechtung zur Vernichtung des zu sichernden Anspruchs müssten viel mehr Faktoren als beim Basisgeschäft beachtet werden.
2.2 Dem Gefährdeten ist zuzugestehen, dass von einer „Gegenbescheinigung“ im engeren Sinn primär dann gesprochen wird, wenn es darum geht, den geltend gemachten Anspruch an sich unglaubhaft zu machen und die zu seiner Begründung vorgetragenen Tatsachen durch parate Bescheinigungsmittel zu widerlegen (vgl etwa 4 Ob 250/03y).
Der Gefährdete erkennt aber selbst, dass eine (Gegen‑)Bescheinigung auch bei materiellen Gründen der Vernichtung des zu sichernden Anspruchs zugelassen wird. In diesem Sinn wird etwa eine Bescheinigung von Gegenforderungen des Gegners (3 Ob 195/59) oder der Verwirkung des Unterhaltsanspruchs (8 Ob 192/70) zugelassen. Dabei handelt es sich um selbständige materielle Einwendungen zur (auch nachträglichen) Beseitigung des zu sichernden Anspruchs.
2.3 Gleiches gilt aber auch für eine Irrtumsanfechtung des Vertrags, aus dem der zu sichernde Anspruch abgeleitet wird. Die Zulässigkeit einer derartigen (Gegen‑)Bescheinigung zur Vernichtung des geltend gemachten Anspruchs wegen Irrtums iSd § 871 ABGB wurde auch in der Judikatur des Obersten Gerichtshofs bereits bejaht.
In der Entscheidung 1 Ob 258/04d wurde in diesem Sinn bestätigt, dass der Antragsgegnerin auch im Provisorialverfahren das prozessuale Recht zusteht, einerseits das Antragsvorbringen zu widerlegen, andererseits aber auch ihre Berechtigung zur Anfechtung eines allenfalls zustande gekommenen Vertrags wegen Irrtums zu bescheinigen. Dementsprechend waren die von der Gegnerin dafür angebotenen Bescheinigungsmittel zu berücksichtigen.
Schon in der Entscheidung 7 Ob 526/96 wurde ‑ zu einem zu sichernden Anspruch auf Unterlassung von Veräußerungen und Belastungen einer Liegenschaft durch Anmerkung eines Veräußerungs‑ und Belastungsverbots ‑ in Ansehung des geltend gemachten Anspruchs aus einem behaupteten Schenkungsvertrag die (Gegen‑)Bescheinigung durch die Antragsgegnerin (Geschenkgeberin) zugelassen, sie habe die Schenkung widerrufen, sowie sie sei (wegen Irreführung) vom Schenkungsvertrag zurückgetreten. Dazu wurde ausgeführt, dass die Irrtumsanfechtung auch durch Einrede geltend gemacht werden könne. Zur Bescheinigung ihrer Behauptungen habe sich die Antragsgegnerin ‑ neben sonstigen Urkunden, die über das Erlöschen des Anspruchs keine Auskunft geben würden ‑ auf ihre eigene Vernehmung und eine eidesstättige Erklärung berufen. Das Rekursgericht habe ihre Angaben in der eidesstättigen Erklärung als nicht ausreichend angesehen, die Vernichtung des Anspruchs des Klägers aus dem Schenkungsvertrag zu bescheinigen. Es liege daher keine ausreichende Gegenbescheinigung vor.
2.4 In der Rechtsprechung ist damit geklärt, dass im Provisorialverfahren der Gegner der gefährdeten Partei dem zu sichernden Anspruch grundsätzlich auch mit einer selbständigen materiellen Einwendung, wie etwa einer Irrtumsanfechtung, entgegentreten kann und dazu eine (Gegen‑)Bescheinigung zulässig ist. Ob die Bescheinigung (mit den Mitteln des Provisorialverfahrens) gelingt bzw ob sie ausreicht, den zu sichernden Anspruch zu entkräften, betrifft in erster Linie die Tatfrage.
3. Nach dem als bescheinigt angenommenen Sachverhalt, an den der Oberste Gerichtshof gebunden ist, wurde vom Gefährdeten auf seinen Status als Diplomat und das damit verbundene Erfordernis einer grundverkehrsbehördlichen Genehmigung des Kaufvertrags nicht hingewiesen. Wäre der Gegner über diese vom Gefährdeten verschwiegenen Umstände in Kenntnis gewesen, so hätte er sein (Gegen‑)Angebot nicht gemacht und mit dem Gefährdeten nicht kontrahiert. Davon ausgehend wurde der Irrtum des Gegners über einen verkaufsrelevanten Umstand vom Gefährdeten durch Unterlassen der nötigen Aufklärung veranlasst, sodass die Voraussetzungen für eine Irrtumsanfechtung im Rahmen des Provisorialverfahrens bescheinigt sind. Das Vorliegen der inhaltlichen Voraussetzungen nach § 871 ABGB wird vom Gefährdeten in der außerordentlichen Revision auch gar nicht bestritten.
Der Sicherungsantrag wurde damit im Ergebnis zu Recht abgewiesen, wobei das Erstgericht von zutreffenden Grundsätzen ausgegangen ist. Auf die vom Rekursgericht ins Treffen geführte Beurteilung, dass der zu sichernde Anspruch im Sicherungsantrag genau zu bezeichnen sei (vgl dazu RIS‑Justiz RS0005210; RS0005372; vgl auch 2 Ob 2195/96z), und dass das Vorbringen zu dem zu sichernden Anspruch nicht ausreichend sei, weil nicht einmal der Kaufpreis und allfällige Nebenabreden erwähnt würden, kommt es damit nicht mehr an.
4. Mangels erheblicher Rechtsfrage war der außerordentliche Revisionsrekurs zurückzuweisen.
Lizenziert vom RIS (ris.bka.gv.at - CC BY 4.0 DEED)