OGH 2Ob150/14v

OGH2Ob150/14v11.9.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Baumann als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Veith, Dr. E. Solé, Dr. Schwarzenbacher und Dr. Rassi als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei Ing. M***** M***** Gesellschaft m.b.H., *****, vertreten durch Dr. Herbert Felsberger, Dr. Sabine Gauper‑Müller, Rechtsanwälte in Klagenfurt, gegen die beklagten Parteien 1. Mag. A***** K*****, vertreten durch Dr. Günther Schmied, Mag. Markus Passer, Rechtsanwälte in Graz, 2. Mag. E***** K*****, 3. Mag. W***** S*****, beide vertreten durch Kodolitsch ‑ Nopp ‑ Kodolitsch Rechtsanwälte GmbH in Graz, wegen 118.799,94 EUR sA, über den Rekurs der klagenden Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 15. Juli 2014, GZ 2 Nc 6/14z‑4, womit der Ablehnungsantrag der klagenden Partei gegen die Senatspräsidentin des Oberlandesgerichts Graz ***** abgewiesen wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0020OB00150.14V.0911.000

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die angefochtene Entscheidung wird mit der Maßgabe bestätigt, dass der Ablehnungsantrag als unzulässig zurückgewiesen wird.

Die klagende Partei ist schuldig, der erstbeklagten Partei die mit 1.818,72 EUR (darin enthalten 303,12 EUR USt) sowie den zweit- und drittbeklagten Parteien die mit 2.000,59 EUR (darin enthalten 333,43 EUR USt) bestimmten Kosten der jeweiligen Rekursbeantwortungen binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Text

Begründung

Die klagende Partei macht in einem Verfahren vor dem Landesgericht für Zivilrechtssachen Graz gegen die Beklagten Werklohnansprüche im Zusammenhang mit von ihr durchgeführten Baumeisterarbeiten geltend.

In diesem Verfahren lehnte die klagende Partei mit Schriftsatz vom 2. 9. 2013 den Verhandlungsrichter ***** als befangen ab. Begründet wurde die Ablehnung mit diversen Aspekten seiner Verfahrensführung, die aus Sicht der klagenden Partei Verfahrensgrundsätze außer Acht ließen und den Anschein der Befangenheit erweckten. Mit Schriftsatz vom 9. 9. 2013 erhob die klagende Partei einen weiteren Ablehnungsantrag gegen den Verhandlungsrichter ***** den sie auf seine Behandlung eines Fristerstreckungsantrags des Erstbeklagten stützte. Der Richter erklärte sich in seinen Äußerungen für nicht befangen.

Mit Beschluss vom 16. 9. 2013 wies der Senat 7 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz als zuständiger Ablehnungssenat die Ablehnungsanträge ab. Sollten die dem Richter im ersten Antrag vorgeworfenen Verfahrensmängel überhaupt vorliegen, wären diese nicht als so schwerwiegend anzusehen, dass sie eine Befangenheit des Richters rechtfertigen könnten. Hinsichtlich des zweiten Ablehnungsantrags verneinte der Ablehnungssenat eine rechtzeitige Geltendmachung nach § 21 Abs 2 JN.

Innerhalb der Rechtsmittelfrist gegen diesen Beschluss lehnte die klagende Partei den Vorsitzenden des Senats 7 ***** mit folgendem Vorbringen als befangen ab: „Wenigstens eine der beklagten Parteien war nach dem Informationsstand der Klägerin im Zuge ihres Rechtspraktikums dem Vorsitzenden zugeteilt. Der Vorsitzende pflegt das Du-Wort zu dieser. Diese Nahebeziehung zu wenigstens einer der Prozessparteien rechtfertigt die Ablehnung. Sie begründet ein Naheverhältnis, das bei objektiver Betrachtung zumindest geeignet ist, den Anschein einer Voreingenommenheit zu begründen.“ Der Beschluss vom 16. 9. 2013 blieb (zunächst) unbekämpft.

***** äußerte sich dahin, dass ihm nach seiner Erinnerung keiner der Beklagten jemals als Rechtspraktikant zugeteilt gewesen wäre. Zum Erstbeklagten hätte er vor vielen Jahren in seiner Zeit als Erstrichter berufliche Kontakte gehabt, er sei mit diesem nicht per Du. Die Zweitbeklagte sei ihm unbekannt. Zum Drittbeklagten würde er das kollegiale „Du“ pflegen, wobei sich seine Kontakte auf zufälliges Zusammentreffen im Gerichtsgebäude und kurzen „Smalltalk“ beschränkten. Er fühle sich in keiner Weise befangen und wies darauf hin, dass gegen die Entscheidung des Ablehnungssenats kein Rekurs eingebracht worden sei.

Mit Schriftsatz vom 21. 11. 2013 erhob die klagende Partei gegen den Beschluss des Ablehnungssenats des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz vom 16. 9. 2013 Rekurs, wobei sie gleichzeitig einen Wiedereinsetzungsantrag gegen die Versäumung der Rekursfrist stellte.

Mit Beschluss vom 18. 3. 2014 wies der Senat 4 des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Graz (unter dem Vorsitz von Hofrat *****) zwei für das Wiedereinsetzungsverfahren erhobene Ablehnungsanträge gegen den Vorsitzenden des Senats 7 (*****) zurück.

Dem dagegen erhobenen Rekurs der klagenden Partei gab das Oberlandesgericht Graz mit Beschluss vom 4. 6. 2014 unter dem Vorsitz der Senatspräsidentin ***** nicht Folge. Es begründete seine Entscheidung im Wesentlichen damit, dass eine über ein kollegiales oder beruflich bedingtes Verhältnis hinausgehende Beziehung von ***** (Vorsitzenden des Senats 7) zu den Beklagten nicht einmal behauptet worden sei.

Mit Schriftsatz vom 25. 6. 2014 lehnte die klagende Partei die Senatspräsidentin ***** mit der wesentlichen Begründung ab, dass diese es unterlassen habe zu erheben, wie oft die drei Beklagten bei den jeweils zuständigen Richtern tätig seien. Die Beklagten seien als Rechtsanwalt, Rechtsanwaltsanwärterin bzw Notar im Sprengel des angerufenen Prozessgerichts tätig. Aufgrund des räumlichen Wirkungskreises aller dreier Beklagten, deren beruflicher Kontakte und der Tätigkeit des Drittbeklagten als Gerichtskommissär sei die Lage mit einer Klage gegen einen Richter des Gerichtshofs vergleichbar. Der abgelehnten Senatspräsidentin wird die Verweigerung rechtlichen Gehörs und die Ausübung eines sachlich nicht gerechtfertigten Ermessens vorgeworfen.

Mit dem angefochtenen Beschluss vom 15. 7. 2014 wies der Ablehnungssenat des Oberlandesgerichts Graz diesen Ablehnungsantrag ab. Er ging davon aus, dass der Ablehnungsantrag gegen die Senatspräsidentin ***** offenkundig unbegründet sei, sodass vor der Entscheidung weder die in § 22 Abs 2 JN vorgesehene Äußerung der abgelehnten Richter einzuholen noch den Beklagten eine Äußerungsmöglichkeit einzuräumen sei. Der in einem Ablehnungsantrag gekleidete Vorwurf an die abgelehnte Richterin, nicht erhoben zu haben, wie oft die drei Beklagten bei den jeweils zuständigen Richtern, nun insbesondere bei der abgelehnten Senatspräsidentin, tätig seien, komme einer Aufforderung an die abgelehnte Richterin gleich, unzulässige amtswegige Erkundungsbeweise aufzunehmen. Eine richterliche Fristsetzung zur Nachbringung einer ausreichenden Begründung (Substantiierung) der Ablehnungserklärung und umso mehr der Substantiierung dienliche amtswegige Erhebungen seien unzulässig.

Rechtliche Beurteilung

Der dagegen gerichtete Rekurs der klagenden Partei ist nicht berechtigt.

1. § 24 Abs 2 JN ist als eine abschließende Regelung über die Rechtsmittelzulässigkeit zu verstehen. Diese Bestimmung schließt im Fall der Zurückweisung eines Ablehnungsantrags durch das Gericht erster Instanz den Revisionsrekurs bei bestätigender Entscheidung generell aus, und zwar unabhängig davon, ob das Erstgericht den Antrag meritorisch behandelt und das Vorliegen eines Ablehnungsgrundes verneint oder den Ablehnungsantrag aus formellen Gründen zurückgewiesen hat (RIS‑Justiz RS0122963, RS0098751).

2. Gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Graz vom 4. 6. 2014 unter dem Vorsitz der abgelehnten Senatspräsidentin ist ein weiteres Rechtsmittel nicht zulässig. Dieser Beschluss ist somit unanfechtbar und rechtskräftig. Nach eingetretener Rechtskraft können Ablehnungsgründe hinsichtlich des zu dieser Entscheidung führenden Verfahrens nicht mehr wahrgenommen werden (RIS‑Justiz RS0045978). Jede andere Auffassung würde zu dem systemwidrigen Ergebnis führen, dass eine rechtskräftige Entscheidung im Rahmen eines nachfolgenden Ablehnungsverfahrens beseitigt werden könnte, obwohl eine derartige Durchbrechung der Rechtskraft grundsätzlich der Nichtigkeitsklage nach § 529 ZPO vorbehalten ist und selbst eine solche auf einen Ablehnungsgrund nicht gestützt werden kann (RIS‑Justiz RS0045978 [T3]).

3. Aufgrund der Rechtskraft des Beschlusses des Oberlandesgerichts Graz vom 4. 6. 2014 können Ablehnungsgründe hinsichtlich des zu dieser Entscheidung führenden Verfahrens daher nicht mehr wahrgenommen werden (vgl zB 8 Ob 665/87; 9 ObA 142/88; 1 Ob 183/10h ua), weshalb dem Ablehnungsantrag schon aus diesem Grund zu Recht nicht Folge gegeben wurde.

4. Der Ablehnungsantrag wäre allerdings als unzulässig zurückzuweisen gewesen (1 Ob 183/10h; 1 Ob 226/10g), weshalb die angefochtene Entscheidung daher mit einer entsprechenden Maßgabe zu bestätigen war (vgl zB 3 Ob 133/04m).

5. Das Ablehnungsverfahren ist ein Zwischenstreit, über dessen Kosten nach den Regeln des Ausgangsverfahrens unabhängig von dessen Ausgang zu entscheiden ist (RIS‑Justiz RS0126588; 2 Ob 43/11d; 9 Ob 47/14y). Der Kläger hat den Beklagten die Kosten ihrer Rekursbeantwortungen nach § 41 iVm § 50 ZPO zu ersetzen (3 Ob 18/14i; 9 Ob 47/14y).

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