Spruch:
Begründung
Rechtliche Beurteilung
2.1 Die §§ 149 bis 158i VersVG beinhalten allgemeine Vorschriften im Rahmen des mit „Haftpflichtversicherung“ übertitelten 6. Kapitels des 2. Abschnitts dieses Gesetzes. Eine Haftpflichtversicherung soll grundsätzlich im Rahmen des Versicherungsvertrags jenes Risiko abdecken, dass der Versicherungsnehmer von einem Dritten (zu Recht oder zu Unrecht) auf Schadenersatz in Anspruch genommen wird (Schauer, Das österreichische Versicherungsvertragsrecht³, 392; Voit/Knappmann in Prölss/Martin Versicherungsvertragsgesetz27 Vor §§ 149‑158h Rz 1; 7 Ob 144/99y). Durch derartige Schadenersatzforderungen eines Geschädigten wird das Vermögen des Haftpflichtigen belastet; der mit dem Versicherer abgeschlossene Versicherungsvertrag gibt dem Versicherungsnehmer den Anspruch, ihn von dieser Schuld zu befreien.
Schauer Koch Bruck/Möller 9 Baumann
Kurzka, Armbrüster 28 Buschbell/Hering 5 van Bühren 5 Harbauer 8 Obarowski Münchener Kommentar zum Versicherungsvertragsgesetz [2011] ARB Rz 332).
Dagegen argumentieren Geroldinger/Laimböck (Zur Aufrechnung und Absonderung in der Rechtsschutzversicherung, RdW 2009/513 ff), dass zwar neben zahlreichen Ähnlichkeiten auch wesentliche Unterschiede zwischen Rechtsschutz‑ und Haftpflichtversicherung bestünden. Gehe es aber um den Kostenersatzanspruch des Gegners, würden die Unterschiede in den Hintergrund treten. Dieser Anspruch diene vor allem auch dazu, den Obsiegenden so zu stellen, als hätte es zur Absicherung seines Rechtsstandpunkts des gerichtlichen Verfahrens gar nicht erst bedurft. Im Kern gehe es darum, dass der Verfahrensaufwand ‑ ein Schaden ‑ ersetzt werde. Zudem sei der Befreiungsanspruch in seinem Bestand und auch in seiner Höhe von der Ersatzpflicht an den Kostengläubiger abhängig; nur in dem Ausmaß, in dem der Versicherte belangt werde, bestehe der Anspruch gegen den Versicherer überhaupt. Bei Zusammenschau dieser Argumente erscheine die Rechtsschutzversicherung hinsichtlich des Kosten-ersatzanspruchs der Haftpflichtversicherung stark angenähert. Der soziale Schutzgedanke hinter § 157 VersVG, sicherzustellen, dass die Leistung des Versicherers zur Schadenbegleichung eingesetzt werde und nicht anderen Konkursgläubigern ein ihnen nicht zustehender Vorteil zufalle, sei auf den durch das Verfahren geschädigten Gegner umzulegen. Dabei sei dem Verfahrensgegner bei Insolvenz des Versicherten in analoger Anwendung des § 157 VersVG ein Absonderungsrecht zuzugestehen.
In 2 Ob 200/78 entschied der Oberste Gerichtshof, dass die vergleichbare Interessenlage des geschädigten Dritten im Konkursfall des Schädigers und im Fall des mangelnden Zureichens seiner Verlassenschaft (bei beschränkter Erbenhaftung) es rechtfertige, kraft Analogie den Anspruch des geschädigten Dritten auf abgesonderte Befriedigung aus der Entschädigungsforderung anzuerkennen. In 7 Ob 144/99y sprach der Oberste Gerichtshof aus, dass § 157 VersVG nicht nur im Konkursfall gelte, sondern kraft Analogie auch im Ausgleichsfall, dies weil die Interessenlage des geschädigten Dritten im Konkursfall des Schädigers und im Fall eines Ausgleichs desselben durchaus vergleichbar sei. Beiden Entscheidungen lagen aber Haftpflicht-versicherungsfälle zugrunde. Aus diesen Entscheidungen ist daher für eine analoge Anwendung des § 157 VersVG auf andere Sparten der Schadensversicherung nichts gewonnen.
5. Nach der Rechtsprechung setzt ein Analogieschluss das Vorhandensein einer Gesetzeslücke, das heißt, einer „planwidrigen“, nicht gewollten Unvollständigkeit voraus. Eine solche Lücke ist dort anzunehmen, wo das Gesetz gemessen an seiner eigenen Absicht und immanenten Teleologie unvollständig und ergänzungsbedürftig ist, ohne dass eine Ergänzung einer vom Gesetz gewollten Beschränkung widerspricht. Eine echte Lücke liegt vor, wenn man von einem bestimmten Standpunkt aus die konkrete Regelung eines Sachverhalts erwartet, eine solche aber fehlt. Die bloße Meinung des Rechtsanwenders, eine Regelung sei wünschenswert, rechtfertigt die Annahme einer Gesetzeslücke noch nicht. Genauso bedeutet es noch keine durch Analogie zu schließende Gesetzeslücke, wenn der Gesetzgeber eine Regelung nicht vorgenommen hat, die ein Autor als wünschenswert empfindet. Den Gerichten kommt nämlich nicht die Aufgabe zu, im Wege einer allzu weitherzigen Interpretation rechtspolitische Aspekte zu berücksichtigen, die den Gesetzgeber bisher (bewusst oder unbewusst) nicht veranlasst haben, eine Gesetzesänderung vorzunehmen. Analogie ist daher ausgeschlossen, wenn ersichtlich ist, dass der Gesetzgeber die Rechtsfolge nur eintreten lassen will, wenn gerade die Voraussetzungen des geregelten Tatbestands erfüllt sind, also die Nichtregelung dem Plan des Gesetzes entspricht (7 Ob 212/11v mwN).
6. Die Bestimmung des § 157 VersVG entspricht immer noch der Stammform des VersVG 1958, BGBl 1959/2, lediglich mit der Ausnahme, dass der Begriff „Insolvenzverfahren“ jenen des Konkursverfahrens ersetzte.
Die Rechtsschutzversicherung wurde zunächst durch BGBl 1993/90 (in Umsetzung der Rechtsschutzversicherungs‑Richtlinie 97/344/EWG) geregelt und in der Folge durch BGBl 1994/509 und BGBl I 34/2012 novelliert, ohne dass eine § 157 VersVG entsprechende Regelung für die Rechtsschutzversicherung eingeführt wurde.
Der Senat schließt sich der deutschen Lehre an, wonach eine analoge Anwendung des in der Haftpflichtversicherung geltenden § 157 VersVG in der Rechtsschutzversicherung aufgrund deren eigenständigen Charakters nicht in Betracht kommt. Dies zeigt schon die Gegenüberstellung der Ziele der Haftpflichtversicherung und der Rechtsschutzversicherung.
Nach allgemeinem Schadenersatzrecht kann jedermann für einen Schaden, den er durch sein Verhalten einem anderen zugefügt hat, ersatzpflichtig werden. Durch die Haftpflichtversicherung möchte sich der Versicherungsnehmer davor schützen, zur Erfüllung von Schadenersatzansprüchen Dritter eigenes Vermögen aufwenden zu müssen. Darüber hinaus kommt dem Geschädigten in der Haftpflichtversicherung ausdrücklich besonderer Schutz zu, obwohl er selbst am Vertrag nicht beteiligt ist. Zwar hat er - mit Ausnahmen, etwa in der Kfz‑Haftpflichtversicherung - gegen den Versicherer keinen direkten Anspruch, sondern ist auf den Schadenersatzanspruch gegen den Versicherungsnehmer beschränkt. Verfügungen des Versicherungsnehmers über den Befreiungsanspruch sind aber zugunsten des Geschädigten unwirksam (§ 156 Abs 1 VersVG). Daher haftet dieser Anspruch dem Geschädigten bevorzugt. Auch der exekutive Zugriff durch andere Gläubiger des Versicherungsnehmers auf die Forderung ist gegenüber dem Geschädigten wirkungslos (§ 156 Abs 1 Satz 2 VersVG). Zuletzt dient der Anspruch selbst im Konkurs des Versicherungsnehmers primär zu seiner Befriedigung (§ 157 VersVG).
Die Rechtsschutzversicherung hingegen sorgt für die Wahrnehmung der rechtlichen Interessen des Versicherungsnehmers. Ihr Zweck besteht allein darin, dem Versicherungsnehmer die Bezahlung von Rechtskosten abzunehmen und dadurch einen erleichterten „Zugang zum Recht“ zu ermöglichen (Schauer, DasösterreichischeVersicherungsvertragsrecht3, 442). Die Rechtsschutz-versicherung soll nicht nur streitfördernd, sondern womöglich streitschlichtend wirken (4 Ob 57/11b). Anders als die Haftpflichtversicherung dient sie keinem besonderen Schutz des Prozessgegners.
Einen diesbezüglichen rechtspolitischen Wunsch hat der Gesetzgeber trotz der vielfach sich bietenden Möglichkeiten bisher aber nicht aufgegriffen.
Mangels planwidriger Gesetzeslücke kommt eine analoge Anwendung des in § 157 VersVG für die Haftpflichtversicherung geregelten Absonderungsrechts auf die Rechtsschutzversicherung nicht in Betracht.
7. Dennoch ist dem Revisionsrekurs Folge zu geben.
Nach § 6 Abs 2 IO können Rechtsstreitigkeiten über Absonderungsansprüche auch nach der Eröffnung des Insolvenzverfahrens, jedoch nur gegen den Insolvenzverwalter anhängig gemacht und fortgesetzt werden.
Im vorliegenden Fall machte der Kläger mit dem für die Zulässigkeit des Rechtswegs allein maßgeblichen Inhalt der Klage einen Absonderungsanspruch geltend. Der materiell‑rechtliche Einwand, dass der Kläger über einen derartigen Anspruch nicht verfüge, führt zur Abweisung der Klage. Im fortgesetzten Verfahren wird daher das Erstgericht mit Urteil über den Klageanspruch zu entscheiden haben.
8. Da die im erstgerichtlichen Verfahren erstatteten Schriftsätze und die Streitverhandlungstagsatzung nicht nur der Prozesseinrede, sondern auch der Hauptsache gedient haben, sind dafür keine klar abgrenzbaren Kosten aufgelaufen, die dem Kläger bereits jetzt als Kosten eines Zwischenstreits zuerkannt werden könnten (Obermaier, Kostenhandbuch², Rz 294 mwN).
Anderes gilt für die Rekurs‑ und Revisionsrekurskosten, die dem obsiegenden Kläger gemäß §§ 41, 50 Abs 1 ZPO bereits jetzt zuzusprechen sind (Obermaier aaO, Rz 296 mwN).
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