OGH 3Ob95/14p

OGH3Ob95/14p23.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** AG, *****, vertreten durch Dr. Christian Widl, Rechtsanwalt in Wien, wider die beklagte Partei H. ***** GesmbH, *****, vertreten durch Dr. Peter Schütz, Rechtsanwalt in Stixneusiedl, wegen 150.000 EUR sA, über die außerordentliche Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht vom 3. April 2014, GZ 4 R 223/13p‑34, womit infolge Berufung der klagenden Partei das Urteil des Handelsgerichts Wien vom 8. August 2013, GZ 53 Cg 37/11d‑30, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00095.14P.0723.000

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Rechtliche Beurteilung

Gegenstand des Revisionsverfahrens ist die Frage, ob die Klägerin (als Eigentümerin einer angeblich beschädigten Skulptur) ihre Schadenersatzklage gegen die Beklagte (als Spediteurin und Lagerhalterin) nach der Erstreckung der Tagsatzung vom 18. Jänner 2011 auf unbestimmte Zeit wegen angekündigter, jedoch gar nicht geführter Vergleichsverhandlungen und trotz zweifachen Eintritts des Ruhens des Verfahrens gehörig fortgesetzt hat. Die Vorinstanzen bejahten diesen Verjährungseinwand der Beklagten übereinstimmend. Die Revision zeigt keine unvertretbare Fehlbeurteilung dieser nach den jeweiligen Umständen des Einzelfalls zu beurteilenden und deshalb grundsätzlich nicht erheblichen Rechtsfrage (RIS-Justiz RS0034805 ua) auf, sodass sie als unzulässig zurückzuweisen ist (§ 510 Abs 3 ZPO).

1. Die Rechtsansicht des Berufungsgerichts, der Klägerin habe jedenfalls seit April 2011 klar sein müssen, dass das Erstgericht erst nach der Verständigung seitens der Klägerin vom Ergebnis der beabsichtigten Vergleichsverhandlungen ausschreiben werde, seither also die Klägerin zur Vornahme der für die Fortsetzung des Verfahrens erforderlichen Handlungen gehalten war (vgl RIS‑Justiz RS0034778), blieb in der Revision unbekämpft. Der Klägerin war daher im Interesse der zügigen Prozessführung nur eine wesentlich kürzere Zeit der Untätigkeit zuzubilligen, als in den Fällen, in denen sie beim säumigen Gericht die Vornahme der ausstehenden Prozesshandlung zu betreiben gehabt hätte (RIS‑Justiz RS0034691; RS0109334 [T2]).

Bis zur (amtswegigen) Ausschreibung der nächsten Tagsatzung im Oktober 2011 (für den 19. Jänner 2012) vergingen aber etwa 6 Monate, in denen die Klägerin nicht nur die angekündigten Vergleichsgespräche (weiterhin) nicht in Angriff nahm, sondern davon auch keine Mitteilung an das Prozessgericht machte.

2. Die Revision trägt auch nichts Stichhältiges gegen den Vorwurf des Berufungsgerichts vor, angesichts des weiteren Unterbleibens von Vergleichsgesprächen (sowohl vor der Tagsatzung vom 19. Jänner 2012, bei der erstmals Ruhen eintrat, als auch danach) sei der Klägerin auch durch den Eintritt des Ruhens am 19. Jänner 2012 eine ungewöhnliche Untätigkeit anzulasten. Der Oberste Gerichtshof hat schon ausgesprochen, dass der Eintritt des Ruhens des Verfahrens für sich allein die Unterbrechungswirkung der Klage dann noch nicht zu beseitigen vermag, wenn das Verhalten des Klägers bis dahin keinen Anhaltspunkt für die Annahme bietet, dass er sein Recht nicht ausübe (RIS-Justiz RS0034719; R. Madl in Kletečka/Schauer , ABGB-ON 1.01 § 1497 Rz 35). Ein solcher Anhaltspunkt lag hier aber, wie zu Punkt 1. dargelegt vor.

3. In Summe fällt der Klägerin daher mit dem Ende der ersten Ruhensfrist im April 2012 eine Untätigkeit von (6 + 3 =) 9 Monaten zur Last. Die in erster Instanz zur Rechtfertigung ihrer Passivität vorgetragenen Gründe konnte die Klägerin zum Einen nicht beweisen, zum Anderen sind sie unerheblich:

3.1. Der Vorwurf der Klägerin, die Beklagte habe ihr nicht die für Vergleichsgespräche unter Einbeziehung des Transportversicherers der Beklagten erforderlichen Unterlagen übermittelt, ist nach den Feststellungen widerlegt. Denn dem Klagevertreter war bereits am 19. Jänner 2011 die Verjährungsverzichtserklärung des Transportversicherers übermittelt worden.

3.2. Die Ansicht des Berufungsgerichts, zwischen den Streitteilen sei das Abwarten des Ausgangs des weiteren, von der Klägerin gegen den Transportversicherer wegen des Transports einer anderen, angeblich beschädigten Skulptur geführten Prozesses nicht abgesprochen worden, bekämpft die Revisionswerberin nicht; sie verweist nur auf ihr Interesse an einem solchen Abwarten. Mangels Vereinbarung (vgl RIS‑Justiz RS0034542) bildet das Abwarten der dort erzielten Beweisergebnisse (zur Urheberschaft der dort streitverfangenen Skulptur) keinen die Untätigkeit der Klägerin rechtfertigenden Grund (RIS-Justiz RS0034548; vgl RS0034649; 5 Ob 215/08s).

4. Die Annahme einer nicht gehörigen Fortsetzung der vorliegenden Klage durch die Vorinstanzen erweist sich daher schon deshalb als nicht korrekturbedürftig, weil der Wegfall der Unterbrechungswirkung der Klageeinbringung jedenfalls schon bei Ablauf der ersten Ruhensfrist anzunehmen ist, als der Klägerin ein nicht gerechtfertigter Verfahrensstillstand von etwa 9 Monaten zur Last fiel (vgl die Beispiele aus der Judikatur bei R. Madl § 1497 Rz 34). Dieser Passivität der Klägerin konnte vertretbar entnommen werden, dass es ihr an dem erforderlichen Ernst zur Erreichung ihres Prozesszieles fehlte (RIS-Justiz RS0034805).

Auf die frühest mögliche Stellung des ersten Fortsetzungsantrags und auf die Versäumung der Tagsatzung vom 6. November 2012 durch den Klagevertreter, die neuerlich zum Eintritt des Ruhens führte, sowie deren ehebaldigste Fortsetzung, kommt es daher gar nicht mehr an.

5. Ob die Gründe für die ungewöhnliche Untätigkeit unmittelbar bei der Klägerin oder in deren Verhältnis zum Klagevertreter oder im Verhältnis des Rechtsanwalts zum Gericht zu suchen sind, ist unerheblich, weil davon ausschließlich die Sphäre der Klägerin betroffen ist (RIS-Justiz RS0034867 [T7]).

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