OGH 3Ob63/14g

OGH3Ob63/14g23.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Prückner als Vorsitzenden, den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Dr. Klaus Dieter Strohbach, Dr. Wolfgang Schmidauer, Rechtsanwälte in Grieskirchen, gegen die beklagten Parteien 1. ***** E*****, 2. M*****, beide vertreten durch Mag. Ludwig Nowotny, Rechtsanwalt in Peuerbach, 3. H*****, vertreten durch den Sachwalter Mag. Ludwig Nowotny, Rechtsanwalt in Peuerbach, wegen Feststellung, über die außerordentlichen Revisionen der klagenden Partei und der erst‑ und zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Linz als Berufungsgericht vom 20. Februar 2014, GZ 3 R 17/14m‑27, womit der Berufung der drittbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels vom 19. November 2013, GZ 36 Cg 95/12s‑23, Folge gegeben und womit der Berufung der erst- und zweitbeklagten Partei gegen das Urteil des Landesgerichts Wels vom 19. November 2013, GZ 36 Cg 95/12s‑23, nicht Folge gegeben wurde, zu Recht erkannt:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0030OB00063.14G.0723.000

 

Spruch:

 

Der Revision der erst‑ und zweitbeklagten Partei wird nicht Folge gegeben.

Der Revision der klagenden Partei wird Folge gegeben und das Berufungsurteil in seinem Punkt 2. dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts einschließlich der Kostenentscheidung mit der Maßgabe wiederhergestellt wird, dass es in seinem Punkt 1. zu lauten hat wie folgt:

„Es wird zwischen der klagenden Partei und den beklagten Parteien festgestellt, dass der Stornierungsvertrag vom 30. März 2012, AZ 538/2011/Dr.St/P des öffentlichen Notars Dr. S***** nicht wirksam ist.“

Die drittbeklagte Partei ist schuldig, dem Kläger die mit 3.323,64 EUR bestimmten Kosten der Revision (darin enthalten 326,94 EUR USt, 1.362,64 EUR Barauslagen) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die erst‑ und zweitbeklagte Partei sind schuldig, dem Kläger die mit 2.255,56 EUR bestimmten Kosten der Revisionsbeantwortung (darin enthalten 375,93 EUR USt) binnen 14 Tagen zu ersetzen.

Die erst‑ bis drittbeklagte Partei sind schuldig, dem Kläger die mit 3.132,34 EUR (darin enthalten 522,05 EUR USt) bestimmten Kosten des Berufungsverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.

 

Entscheidungsgründe:

Die Erst‑ und der Zweitbeklagte sind ‑ aufgrund näher bezeichneter Abhandlungsverfahren ‑ je zu einem Viertel und der Drittbeklagte zur Hälfte „außerbücherliche Eigentümer“ einer Liegenschaft mit landwirtschaftlich genutzten Flächen.

Der Kläger schloss mit den Beklagten am 11. November 2011 einen Kaufvertrag über die Liegenschaft zu einem Kaufpreis von 770.000 EUR. Der von einem öffentlichen Notar errichtete Kaufvertrag enthält die Bestimmung, dass die Rechtskraft des Vertrags durch die sachwalterschaftsbehördliche bzw pflegschaftsbehördliche Genehmigung sowie die Genehmigung durch die Bezirksgrundverkehrskommission bedingt ist.

Dieser Kaufvertrag wurde hinsichtlich des unter Sachwalterschaft stehenden Drittbeklagten pflegschafts-gerichtlich genehmigt.

Nachdem die Bezirksgrundverkehrskommission mitgeteilt hatte, dass eine Genehmigung nur unter bestimmten, näher bezeichneten Auflagen erteilt werden könne, wobei die Grundverkehrskommission im Februar 2012 beschloss, die Entscheidung über den Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung zurückzustellen und ein Bekanntmachungsverfahren durchzuführen, beantragte der Vertragserrichter die Aussetzung des Grundverkehrs-verfahrens. Eine bescheidmäßige (rechtskräftige) Entscheidung der Grundverkehrskommission über den Antrag auf grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrags vom 11. November 2011 liegt (noch) nicht vor.

Am 30. März 2012 wurden zwei neue Kaufverträge betreffend die Liegenschaft unterfertigt. Mit einem Kaufvertrag verkauften die Beklagten einen Teil der Liegenschaft im Ausmaß von etwa 7 ha 12 a 40 m2 an den Kläger. Der andere Kaufvertrag betraf den restlichen Teil der Liegenschaft im Ausmaß von ca 15 ha 33 m2, die an einen Dritten verkauft wurde. Auch diese beiden Kaufverträge wurden vom ursprünglichen Vertragserrichter verfasst und am 30. März 2012 von der damaligen Sachwalterin des Drittbeklagten, vom Kläger und dem weiteren Käufer und von der Erstbeklagten im eigenen Namen und im Vollmachtsnamen des Zweitbeklagten unterfertigt.

Am selben Tag wurde ein vom Vertragserrichter verfasster Stornierungsvertrag vom Kläger, der Sachwalterin des Drittbeklagten und der Erstbeklagten im eigenen Namen und im Vollmachtsnamen des Zweitbeklagten unterfertigt. Vereinbart wurde darin, dass die Vertragsparteien den Kaufvertrag vom 11. November 2011 vollinhaltlich und unwiderruflich aufheben und stornieren, wobei sie erklärten, aus dem Kaufvertrag wechselseitig keine wie immer gearteten Forderungen oder Ansprüche zu stellen.

Ebenfalls am 30. März 2012 wurden zwei vom Vertragserrichter vorbereitete Treuhandvereinbarungen von der Sachwalterin des Drittbeklagten, von der Erstbeklagten im eigenen Namen und im Vollmachtsnamen des Zweitbeklagten und vom Kläger bzw dem weiteren Käufer unterfertigt.

In beiden Treuhandvereinbarungen ist ua festgehalten:

„... Die Vertragsparteien stellen fest, dass der gegenständliche Kaufvertrag nur dann in Geltung tritt und verbüchert werden kann, wenn er sowohl sachwalterschaftsbehördlich als auch von der Grundverkehrskommission genehmigt wird. Sollte entweder die sachwalterschaftsbehördliche oder die grundverkehrsbehördliche Genehmigung für diesen Vertrag nicht erteilt werden, so wird ausdrücklich vereinbart, dass der ursprüngliche Kaufvertrag zwischen den Verkäufern einerseits und ... (Kläger) vom 11. November 2011 aufrecht bleibt und der diesbezügliche Stornierungsvertrag vom 30. März 2012 keine Wirkung erlangt.“

Bei Unterfertigung der Kaufverträge, des Stornierungsvertrags und der beiden Treuhandvereinbarungen am 30. März 2012 waren alle Unterfertigenden gleichzeitig anwesend. Die Anwesenden hatten von vornherein die Absicht, alle fünf Urkunden zu unterfertigen. Aus Sicht des Klägers war es Bedingung für den Abschluss des Stornierungsvertrags und der neuen Kaufverträge, dass entweder der alte Kaufvertrag vom 11. November 2011 oder der neue Kaufvertrag vom 30. März 2012 wirksam ist. Vor Unterfertigung des Stornierungsvertrags erklärte der vertragserrichtende Notar den Anwesenden wahrnehmbar sinngemäß, dass für den Fall, dass die neuen Kaufverträge vom 30. März 2012 nicht genehmigt würden, der Kaufvertrag vom 11. November 2011 aufrecht bleibe.

Es kann nicht festgestellt werden, dass der Erstbeklagten und/oder der damaligen Sachwalterin des Drittbeklagten im Zeitpunkt der Unterfertigung der Treuhandvereinbarungen bewusst gewesen wäre, dass in den Treuhandvereinbarungen eine Bestimmung enthalten ist, wonach der ursprüngliche Kaufvertrag vom 11. November 2011 aufrecht bleibt und der Stornierungsvertrag keine Wirkung erlangt, wenn die sachwalterschaftsbehördliche oder die grundverkehrs-behördliche Genehmigung für die neuen Kaufverträge versagt wird.

Es kann nicht festgestellt werden, dass die Beklagten die Stornierung des Kaufvertrags vom 11. November 2011 von einer Bedingung, nämlich der sachwalterschaftsbehördlichen und grundverkehrs-behördlichen Genehmigung der neuen Kaufverträge, abhängig machen wollten.

Nach Unterfertigung der Verträge vom 30. März 2012 beantragte der Vertragserrichter beim Pflegschaftsgericht die Genehmigung des Stornierungsvertrags und der Kaufverträge vom 30. März 2012, wobei er die Treuhandvereinbarungen zunächst nicht vorlegte. Mit Schreiben vom 24. April 2012 übermittelte der Vertragserrichter dem Pflegschaftsgericht auch die Treuhandvereinbarungen.

Mit (mittlerweile rechtskräftigem) Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom 4. Juni 2012 wurden der Stornierungsvertrag vom 30. März 2012 sachwalterschafts-behördlich genehmigt und die Kaufverträge vom 30. März 2012 sachwalterschaftsbehördlich nicht genehmigt.

Ein Antrag des Klägers und des weiteren Käufers auf pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Treuhandvereinbarungen wurde mit rechtskräftigem Beschluss des Pflegschaftsgerichts vom 10. Mai 2013 mangels Antragslegitimation zurückgewiesen.

Der Kläger beabsichtigt, Eigentum zumindest an Teilen der Liegenschaft zu erwerben und zu diesem Zweck, soferne der Eigentumserwerb nicht durch einen anderen Kaufvertrag erfolgt, den Kaufvertrag vom 11. November 2011 „durchzuführen“.

Es kann nicht festgestellt werden, ob bei Fortsetzung des Verfahrens betreffend die grundverkehrsbehördliche Genehmigung des Kaufvertrags vom 11. November 2011 eine grundverkehrsbehördliche Genehmigung, allenfalls unter Auflagen, erteilt werden wird oder nicht.

Die Beklagten haben die Absicht, die Liegenschaft zu verkaufen. Sofern aber der Prozess vor Abschluss des Kaufvertrags noch nicht beendet sein sollte, würde von den Beklagten ein Kaufvertrag unter der Bedingung geschlossen, dass der Kläger im gegenständlichen Verfahren nicht obsiegt.

Der Kläger stellt (vgl S 3 f in ON 13) das Urteilsbegehren, es werde mit Rechtswirksamkeit zwischen den Streitteilen festgestellt, dass der Stornierungsvertrag vom 30. März 2012 jedenfalls keine Wirksamkeit erlange, soferne nicht die Kaufverträge vom 30. März 2012 pflegschafts-gerichtlich und grundverkehrsbehördlich genehmigt würden.

Die Stornierung des Kaufvertrags vom 11. November 2011 sei unter der Bedingung gestanden, dass für beide Kaufverträge vom 30. März 2012 eine sachwalterschaftsbehördliche und grundverkehrsbehördliche Genehmigung erlangt werde. Die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Stornierungsvertrags sei nicht wirksam geworden, weil die Genehmigung ohne die in den Treuhandvereinbarungen enthaltenen Bedingungen erteilt worden sei.

Die Beklagten wenden ein, dass der Stornierungsvertrag zuerst geschlossen worden sei. Die in den Treuhandvereinbarungen enthaltene Bedingung sei ihnen nicht zur Kenntnis gebracht worden. Sie seien darüber in die Irre geführt worden. Der Stornierungsvertrag sei daher nicht wirksam bedingt worden.

Das Erstgericht gab dem Klagebegehren statt.

Rechtlich vertrat es die Auffassung, dass es nicht in die Kompetenz des Pflegschaftsgerichts falle, die künftigen schuldrechtlichen Beziehungen zwischen den Vertragsteilen zu gestalten. Der Stornierungsvertrag wäre daher gemäß den in den Treuhandverträgen enthaltenen Bestimmungen nur dann wirksam, wenn die neuen Kaufverträge vom 30. März 2012 pflegschaftsgerichtlich genehmigt worden wären. Da das nicht der Fall sei, sei dem Feststellungsbegehren stattzugeben.

Das Berufungsgericht gab der dagegen von der Erst- und dem Zweitbeklagten erhobenen Berufung nicht Folge und änderte das Ersturteil über Berufung des Drittbeklagten dahin ab, dass es das Begehren hinsichtlich des Drittbeklagten abwies. Es sprach aus, dass die Werte der Entscheidungsgegenstände jeweils 30.000 EUR überstiegen und erklärte die ordentliche Revision für nicht zulässig.

Das Berufungsgericht ging davon aus, dass die Beklagten den Inhalt der Treuhandvereinbarung vereinbart hätten. Zwar wären die in den Treuhandvereinbarungen enthaltenen Bedingungen zweckmäßigerweise wegen des bestehenden Zusammenhangs in den Stornierungsvertrag und in die neuen Kaufverträge aufzunehmen gewesen. Das Geschäft sei jedoch insgesamt als Einheit anzusehen, mit dem die formulierten Vertragsbedingungen eindeutig zusammenhingen. Die Erst‑ und der Zweitbeklagte müssten daher die vereinbarten aufschiebenden Bedingungen des Stornierungsvertrags gegen sich gelten lassen.

Dem Drittbeklagten sei hingegen ein Sachwalter bestellt. Nachdem die Treuhandvereinbarungen nach wie vor nicht pflegschaftsgerichtlich genehmigt seien, sei von einer schwebenden Unwirksamkeit der Treuhandvereinbarungen hinsichtlich des Drittbeklagten auszugehen. Zwar könne das Pflegschaftsgericht einen zur Genehmigung vorgelegten Vertrag nur genehmigen oder nicht genehmigen, aber keine Vertragsänderung vornehmen. Allerdings lägen hier fünf gesondert zu beurteilende Willenserklärungen des Drittbeklagten, vertreten durch seine Sachwalterin, vor. Zwischen diesen Willenserklärungen läge jeweils „zumindest eine juristische Sekunde“. Da der Stornierungsvertrag vor den Treuhandvereinbarungen geschlossen worden sei, habe das Pflegschaftsgericht dem Stornierungsvertrag und den neuen Kaufverträgen wirksam die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung versagt. Hingegen liege eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der (nachträglichen) Treuhandvereinbarung und der darin festgelegten Bedingungen nicht vor. Mangels Wirksamkeit der Willenserklärung des Drittbeklagten (gemeint: bezüglich der Treuhandvereinbarungen) sei ihm gegenüber das Feststellungsbegehren abzuweisen.

Gegen das Berufungsurteil wendet sich die außerordentliche Revision des Klägers mit dem Antrag auf Abänderung dahin, dass dem Klagebegehren auch gegenüber dem Drittbeklagten stattgegeben werde.

Die außerordentliche Revision der Erst‑ und des Zweitbeklagten beantragt eine Abweisung des Klagebegehrens auch ihnen gegenüber.

Rechtliche Beurteilung

Beide Revisionen sind zulässig, weil die Beurteilung des Berufungsgerichts korrekturbedürftig ist.

In den ihnen freigestellten Revisionsbeantwortungen beantragen der Kläger und der Drittbeklagte die Zurückweisung der Revision der Gegenseite; hilfsweise stellen sie den Antrag, der Revision der Gegenseite nicht Folge zu geben.

Die Revision der Erst‑ und des Zweitbeklagten ist nicht berechtigt; die Revision des Klägers ist berechtigt.

1. Die in erster Instanz von den Beklagten behauptete „Irreführung“ hat sich auf Tatsachenebene nicht erwiesen: Nach den Feststellungen klärte der Vertragserrichter alle Beteiligten vorweg darüber auf, dass die Wirksamkeit des Stornierungsvertrags von der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung der neuen Kaufverträge abhing. Dass sich die Erstbeklagte bzw die Sachwalterin des Drittbeklagten dessen nicht „bewusst“ waren, ändert nichts daran, dass die Treuhandvereinbarungen von sämtlichen Beklagten geschlossen und damit für sie ‑ beim Drittbeklagten vorbehaltlich der pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung - bindend wurden.

2. Die Erst‑ und der Zweitbeklagte zeigen in ihrer Revision grundsätzlich zutreffend auf, dass sämtliche zwischen den Streitteilen geschlossenen Vereinbarungen entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts hinsichtlich ihrer Wirksamkeit einheitlich zu beurteilen sind:

2.1 Es bestehen tatsächlich keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Erst‑ und die Zweitbeklagte einen Kaufvertrag nur über ihre Anteile geschlossen hätten bzw der Kläger mit einem Kauf der Anteile bloß der Erst‑ und des Zweitbeklagten ‑ was zu einer Miteigentümergemeichaft des Klägers und des unter Sachwalterschaft stehenden Drittbeklagten an der Liegenschaft geführt hatte ‑ zugestimmt hätten. Schon aus dem Kaufvertrag vom 11. November 2011 ergibt sich zweifelsfrei, dass die Rechtswirksamkeit des gesamten Kaufvertrags, also auch der Verkauf der Anteile der Erst- und des Zweitbeklagten, durch die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung hinsichtlich des Drittbeklagten bedingt ist (vgl etwa VI in Beilage ./A).

Beide Treuhandvereinbarungen (je I. Abs 2) legen fest, dass bei Versagung der sachwalterschaftsbehördlichen Genehmigung der neuen Kaufverträge ausdrücklich vereinbart wird, dass der ursprüngliche Kaufvertrag zwischen den Verkäufern und dem Kläger aufrecht bleibt und der Stornierungsvertrag vom 30. März 2012 keine Wirksamkeit erlangt.

2.2 Daraus folgt aber, dass die Beurteilung, ob der Stornierungsvertrag vom 30. März 2012 in Ansehung des Drittbeklagten wirksam pflegschaftsbehördlich genehmigt wurde, auch auf die Beurteilung durchschlägt, ob die „Stornierung“ des ersten Kaufvertrags für die Erst‑ und den Zweitbeklagten wirkt.

War daher die „Stornierung“ des ersten Kaufvertrags in Ansehung des Drittbeklagten, die im Ergebnis einer (nachträglich wirksam gewordenen) Versagung seiner zunächst erteilten pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung gleichkommt, wirksam, sind auch der Erst‑ und die Zweitbeklagte an den ersten Kaufvertrag nicht gebunden. War hingegen diese „Stornierung“ gegenüber dem Drittbeklagten unwirksam, sind auch der Erst‑ und die Zweitbeklagte an den ersten Kaufvertrag gebunden.

2.3 Da somit das Schicksal des Stornierungsvertrags und damit im Ergebnis das Schicksal des ersten Kaufvertrags für alle Beklagten gleich zu sein hat, bedarf es keiner Auseinandersetzung mit der in beiden Revisionen aufgeworfene Frage eines rechtlichen Interesses an einer Feststellung bloß gegenüber dem Drittbeklagten.

3. Das ‑ von den Beklagten auch nicht in Abrede gestellte ‑ rechtliche Interesse des Klägers an der begehrten Feststellung der Unwirksamkeit des Stornierungsvertrags gegenüber sämtlichen Beklagten liegt vor: Die Beklagten haben sich ausdrücklich auf die Wirksamkeit der Stornierungsvereinbarung berufen. Bei einem Obsiegen des Klägers wäre zwischen den Streitteilen bindend geklärt, dass die Beklagten an den ersten Kaufvertrag, der in Ansehung des Drittbeklagten bereits pflegschaftsbehördlich genehmigt worden war, gebunden sind, dieser also nur noch durch die ‑ zum maßgeblichen Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung erster Instanz weder erteilte noch versagte ‑ grundverkehrsbehördliche Genehmigung bedingt ist.

4. Das Pflegschaftsgericht genehmigte den Stornierungsvertrag hinsichtlich des Drittbeklagten nicht wirksam:

4.1 Vertretungshandlungen des gesetzlichen Vertreters können in der vorgelegten Form nur genehmigt, nicht aber abgeändert werden (3 Ob 293/01m; 5 Ob 212/12f; RIS‑Justiz RS0048113; RS0048117 [T3, T5]). Der Vertragspartei des Betroffenen darf kein anderer Vertrag aufgezwungen werden (3 Ob 293/01m).

4.2 Dem Pflegschaftsgericht lagen bei seiner Beschlussfassung auch die Treuhandvereinbarungen vor. Es nahm ‑ wie sich dem unstrittigen Inhalt seines Beschlusses (Blg ./K) entnehmen lässt ‑ in seiner Begründung der Genehmigung des Stornierungsvertrags auf diese Treuhandvereinbarungen auch ausdrücklich Bezug. Das Pflegschaftsgericht erachtete aber einerseits formell, es sei zur Genehmigung der Treuhandvereinbarungen nicht angerufen worden und verwies im Übrigen materiell darauf, dass die Treuhandvereinbarungen für den Drittbeklagten nicht günstig seien, weil sich mittlerweile herausgestellt habe, dass die Liegenschaft um einen weit besseren Kaufpreis veräußert werden könne.

4.3 Diese Vorgangsweise war unzulässig, weil auch für das Pflegschaftsgericht nicht nur erkennbar sein musste, sondern auch ‑ durch Vorlage der Treuhandvereinbarungen ‑ erkennbar war, dass die in den Treuhandvereinbarungen enthaltenen Bedingungen als Einheit mit dem Stornierungsvertrag aufzufassen und daher auch als Bestandteil des Stornierungsvertrags zu werten waren. Das Pflegschaftsgericht hätte daher den Stornierungsvertrag nur entweder mit den in den Treuhandvereinbarungen enthaltenen Bedingungen genehmigen oder dem Stornierungsvertrag samt diesen Bedingungen die Genehmigung versagen können.

4.4 Die gegenteilige Beurteilung würde zu dem Ergebnis führen, dass bloß wegen des Umstands, dass die Bedingung nicht in dem Stornierungsvertrag selbst enthalten war, das Pflegschaftsgericht den Stornierungsvertrag genehmigen und die Treuhandvereinbarungen nicht beachten hätte können. Wäre etwa die in den Treuhandvereinbarungen enthaltene Bedingung im Stornierungsvertrag selbst enthalten gewesen, bestünde kein Zweifel daran, dass sie auch Bestandteil des Stornierungsvertrags waren. Nichts anderes kann für den hier zu beurteilenden Fall gelten, bei dem die Bedingung des Stornierungsvertrags lediglich in einer Art „Sideletter“ vereinbart wurde.

Das Berufungsgericht, das im Übrigen selbst sämtliche am 30. März 2012 geschlossenen Vereinbarungen als „Einheit“ ansah, lässt bei seiner Beurteilung die Festellungen außer Acht, wonach der Vertragserrichter alle Anwesenden vor Unterfertigung darüber informierte, dass der erste Kaufvertrag im Fall der Nichtgenehmigung der neuen Kaufverträge aufrecht bleibe.

4.5 Das Pflegschaftsgericht durfte sich bei dieser Sachlage auch nicht auf den formalen Standpunkt zurückziehen, die Treuhandvereinbarungen seien ihm nicht zur Genehmigung vorgelegt worden: Vielmehr hätte es, als ihm die Treuhandvereinbarungen nachträglich vom Vertragserrichter vorgelegt wurden, die Sachwalterin, die ihrerseits nach Treu und Glauben gehalten gewesen wäre, den Stornierungsvertrag samt Treuhandvereinbarungen zur Genehmigung vorzulegen (vgl RIS‑Justiz RS0049151), um Aufklärung ersuchen und darauf hinweisen müssen, dass der Stornierungsvertrag und die Treuhandvereinbarungen inhaltlich eine Einheit bildeten und daher eine bloß teilweise Genehmigung nicht möglich sei.

4.6 Eine wirksame pflegschaftsgerichtliche Genehmigung des Stornierungsvertrags samt den in den Treuhandvereinbarungen enthaltenen Bedingungen wurde somit nicht erteilt. Unter Berücksichtigung, dass den Kaufverträgen vom 30. März 2012 die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung rechtskräftig versagt wurde, ist der erste Kaufvertrag, der ursprünglich pflegschaftsgerichtlich rechtskräftig genehmigt worden war, vorbehaltlich der grundverkehrsbehördlichen Genehmigung, die bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung erster Instanz weder erteilt noch versagt wurde, für die Parteien bindend.

5. Die fehlende Genehmigung des Stornierungsvertrags samt Treuhandvereinbarungen durch das Pflegschaftsgericht in Ansehung des Drittbeklagten führt zur Beurteilung, dass das Klagebegehren des Klägers auch ohne neuerliche Befassung des Pflegschaftsgerichts berechtigt ist: Würde der nunmehrige Sachwalter des Drittbeklagten den Stornierungsvertrag neuerlich (also samt den in den Treuhandvereinbarungen enthaltenen Bedingungen) vorlegen, bestünden nur zwei Möglichkeiten: Entweder genehmigt das Pflegschaftsgericht den Stornierungsvertrag vollständig, also mit der darin enthaltenen Bedingung, dass der zweite Kaufvertrag pflegschaftsgerichtlich genehmigt wird. Die andere Möglichkeit wäre, dem Stornierungsvertrag einschließlich der in den Treuhandvereinbarungen enthaltenen Bedingungen die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung zu versagen.

In beiden Fällen ist aber, da den weiteren Kaufverträgen rechtskräftig die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung versagt wurde, der Stornierungsvertrag nicht bindend.

In beiden Fällen wäre somit das Klagebegehren berechtigt: Im Fall der rechtskräftigen Genehmigung des gesamten Stornierungsvertrags deswegen, weil bereits endgültig feststeht, dass die darin enthaltene Bedingung (Genehmigung der weiteren Kaufverträge) nicht erfüllt ist. Im Fall der Versagung der Genehmigung ergäbe sich die Berechtigung des Klagebegehrens daraus, dass der Stornierungsvertrag mangels Genehmigung von vornherein gegenüber dem Drittbeklagten endgültig unwirksam ist und diese Unwirksamkeit aus den ebenfalls bereits dargelegten Gründen auch gegenüber der Erst‑ und dem Zweitbeklagten durchschlägt.

6. Das hat im Ergebnis in Stattgebung der Revision des Klägers zu einer Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils hinsichtlich des Drittbeklagten zu führen. Da die pflegschaftsgerichtliche Genehmigung der Kaufverträge vom 30. März 2012 bereits rechtskräftig versagt wurde, war der Spruch amtswegig dahin zu verdeutlichen (RIS‑Justiz RS0039357), dass bloß die ‑ bereits endgültig feststehende ‑ Unwirksamkeit des Stornierungsvertrags festzustellen ist.

7. Die Entscheidung über die Kosten des Berufungs‑ und des Revisionsverfahrens gründet sich auf §§ 41, 50 ZPO. Für das Berufungsverfahren gebührt lediglich ein Einheitssatz von 150 % (§ 23 Abs 9 RATG).

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