OGH 10Ob31/14b

OGH10Ob31/14b15.7.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden sowie die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch, Dr. Schramm und die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei M*****, vertreten durch Dr. K. H. Plankel, Dr. H. Mayrhofer, Mag. S. Ganahl, Rechtsanwälte in Dornbirn, gegen die beklagten Parteien 1. I***** AG, *****, vertreten durch Dorda Brugger Jordis Rechtsanwälte GmbH in Wien, und 2. A***** AG, *****, vertreten durch Jank Weiler Rechtsanwälte OG in Wien, wegen 5.099,99 EUR sA, über die Revision der klagenden Partei gegen das Urteil des Handelsgerichts Wien als Berufungsgericht vom 29. Jänner 2014, GZ 1 R 291/13k‑18, womit infolge Berufung der zweitbeklagten Partei das Teilurteil des Bezirksgerichts für Handelssachen Wien vom 18. Juli 2013, GZ 13 C 781/11i‑13, abgeändert wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00031.14B.0715.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Das angefochtene Urteil wird aufgehoben und dem Berufungsgericht eine neuerliche Entscheidung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

 

Begründung:

Die Eltern des am 10. 1. 1989 geborenen Klägers erwarben über Vermittlung und nach Beratung eines A*****‑Finanzberaters für ihren Sohn am 20. 10. 2003 632,51106 Stück Aktien der erstbeklagten Partei zum Kaufpreis von 4.000 EUR und am 16. 5. 2006 weitere 475,34060 Stück Aktien der erstbeklagten Partei zum Kaufpreis von 3.999,99 EUR. Im Zuge dessen wurde bei der zweitbeklagten Partei ein Wertpapierdepot eröffnet. Mit dem Erwerb schenkten die Eltern dem Kläger diese Aktien.

Der Kläger begehrt mit der am 2. 9. 2011 beim Erstgericht eingebrachten Klage von den beklagten Parteien zur ungeteilten Hand die Zahlung von 5.099,99 EUR sA. Zug um Zug gegen Rückübertragung seiner Aktien; in eventu begehrt er die Feststellung der Haftung der beklagten Parteien für den ihm aus dem Erwerb der Aktien entstandenen Schaden. Er brachte im Wesentlichen vor, er habe die Aktien auf Grundlage des seinerzeit aktuellen Kapitalmarktprospekts erworben, wonach die Emissionserlöse für eine entsprechende Veranlagung in Immobilien verwendet werden würden. Tatsächlich seien jedoch die Erlöse dazu verwendet worden, über Zwischenschaltung konzerninterner Tochtergesellschaften der zweitbeklagten Partei Aktien der I***** KG und auch der erstbeklagten Partei zur Kursmanipulation und Spekulation anzukaufen. Die erstbeklagte Partei hafte für die unrichtigen Prospektangaben als Emittentin, die zweitbeklagte Partei als Emissionsbank der gegenständlichen Aktien. Die zweitbeklagte Partei hafte darüber hinaus auch wegen Verletzung der Wohlverhaltensregeln des WAG 1996, wobei das Verhalten des Abschlussvermittlers der zweitbeklagten Partei gemäß § 1313a ABGB zuzurechnen sei. Dies insbesondere auch deshalb, weil die zweitbeklagte Partei den Abschlussvermittler dahingehend geschult habe, dass die gegenständlichen Aktien ein absolut sicheres Investment seien, weil die Mittel aus den Wertpapierverkäufen in Immobilien investiert würden. Der Abschlussvermittler habe daher die gegenständlichen Aktien als mündelsicher dargestellt. Die Eltern des Klägers hätten diese Aktien keinesfalls erworben, wenn sie davon Kenntnis gehabt hätten, dass mit den Mitteln der Kapitalerhöhung Aktienkäufe finanziert werden würden.

Die beklagten Parteien hafteten dem Kläger daher solidarisch für die Rückabwicklung der getätigten Rechtsgeschäfte infolge arglistiger Täuschung und Irreführung. Die Haftung der beklagten Parteien gegenüber dem Kläger stütze sich aber auch auf das Schadenersatzrecht, weil der Kläger durch ein auch strafrechtlich relevantes deliktisches Zusammenwirken der beklagten Parteien geschädigt worden sei. So sei die erstbeklagte Partei von der zweitbeklagten Partei infolge gesellschaftsrechtlicher Verflechtungen und weitgehender Personenidentität im Vorstand wie auch durch einen sogenannten Managementvertrag faktisch und rechtlich beherrscht und zu rechtsgeschäftlichen Transaktionen zur Erzielung eines gewollten Kursniveaus missbraucht worden. Die beklagten Parteien hätten dadurch gerichtlich strafbare Tatbestände verwirklicht, sodass auch eine deliktische Haftung der beklagten Parteien für den dem Kläger entstandenen Schaden bestehe. Der Kläger hätte den investierten Betrag anderweitig auf einem Sparbuch bei einer Verzinsung von zumindest 4 % im Jahr angelegt. Der ursprüngliche Investitionsbetrag von insgesamt 7.999,99 EUR verringere sich um einen vom Kläger im Rahmen eines gerichtlichen Vergleichs mit der Abschlussvermittlerin aus dem Rechtsgrund „Schadenersatz aus Fehlberatung“ erhaltenen Betrag von 2.900 EUR.

Die beklagten Parteien beantragten die Abweisung des Klagebegehrens. Die zweitbeklagte Partei wendete im Wesentlichen ein, der Vermittler sei ihr nicht als Erfüllungsgehilfe zurechenbar. Eine Verletzung von Aufklärungs‑ und Beratungspflichten liege nicht vor. Die Ansprüche aus Schadenersatz und Irrtumsanfechtung seien bereits verjährt. Die zweitbeklagte Partei habe keine schadenersatz‑ oder irrtumsrelevanten Handlungen oder Unterlassungen gesetzt. Eine Haftung der zweitbeklagten Partei aufgrund der Prospektangaben bestehe nicht. Der Kläger sei aktiv nicht klagslegitimiert, weil es Aktionären grundsätzlich verwehrt sei, Schadenersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen, auch wenn sie durch die Schädigung der Gesellschaft mittelbar einen Schaden in ihrer Beteiligung erfahren haben (Reflexschaden). Schließlich wendete die zweitbeklagte Partei ein Mitverschulden des Klägers sowie die Unzulässigkeit des hilfsweise gestellten Feststellungsbegehrens ein.

Das Erstgericht gab mit Teilurteil dem Klagebegehren gegenüber der zweitbeklagten Partei statt. Es führte in rechtlicher Hinsicht im Wesentlichen aus, die zweitbeklagte Partei müsse sich eine Falschberatung durch den Vermittler nach § 1313a ABGB zurechnen lassen, weil der Berater und Vermittler mit der zweitbeklagten Partei in ständiger Geschäftsbeziehung stehe, sein wirtschaftlicher Erfolg somit auch vom Ausmaß der Vermittlung ihrer Produkte abhänge und daher sein Interesse an der Vermittlung der Verträge grundsätzlich mit jenem der Bank an deren Abschluss parallel laufe. Die Eltern des (zum Ankaufszeitpunkt minderjährigen) Klägers hätten eine sichere Veranlagung mit höheren Zinsen als bei einem Bausparvertrag und Prämiensparbuch gewollt. Dem Berater hätte gleich auffallen müssen, dass die Eltern des minderjährigen Klägers anfangs keine Kenntnisse im Veranlagungsbereich gehabt haben. Ein sorgfältig handelnder Berater hätte Aktien jedenfalls nicht als geeignete Anlageform für den Kläger ansehen dürfen. Für ein dem Kläger zuzurechnendes Mitverschulden seiner Eltern bleibe kein Raum. Die Ansprüche des Klägers seien trotz der im Jahr 2003 erfolgten ersten Ankäufe nicht verjährt, weil der Kläger und seine Familie erst 2009 von dem den Aktien innewohnenden Risiko erfahren hätten.

Das Berufungsgericht wies in Stattgebung der Berufung der zweitbeklagten Partei das gegen die zweitbeklagte Partei gerichtete Klagebegehren ab. Es erledigte die Mängel‑ sowie die Tatsachen‑ und Beweisrüge nicht, sondern führte in rechtlicher Hinsicht aus, die Eltern des Klägers seien gemäß § 154 Abs 3 ABGB in der hier noch anzuwendenden Fassung vor dem KindNamRÄG 2013 ohne pflegschaftsgerichtliche Genehmigung nicht in der Lage gewesen, die gegenständlichen Aktien aus Mitteln des minderjährigen Klägers zu erwerben. Wie sich aus der in der Beilage ./1A enthaltenen „Erklärung für minderjährige Depotinhaber“ ergebe, hätten die Eltern des Klägers die Aktien aus eigenen Mitteln im eigenen Namen erworben, um sie danach ihrem Sohn zu schenken. Damit seien jedoch ausschließlich die Eltern des Klägers Käufer der Aktien geworden, sodass zwischen dem Kläger und der zweitbeklagten Partei keinerlei Rechtsbeziehung bestanden habe. Damit sei aber der Kläger nicht zur Geltendmachung von auf den Beratungsvertrag und/oder das WAG 1996 gestützten Schadenersatzansprüchen gegen die zweitbeklagte Partei aktiv klagslegitimiert. Auch ein Ersatz von Vermögensschäden aus dem Rechtsinstitut des Vertrags mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter scheide aus, weil beim Vertrag mit Schutzwirkungen zugunsten Dritter reine Vermögensschäden grundsätzlich nicht ersetzt werden. Schließlich sei das auf deliktische Schadenersatzansprüche gestützte Prozessvorbringen des Klägers zu unbestimmt geblieben, weil nicht ausgeführt worden sei, was der Kläger nach der Schenkung der Aktien im Falle des Hervorkommens dieser Manipulationen gemacht hätte und welcher über die vom Wertpapierberater A***** als Schadenersatz bereits erhaltenen 2.900 EUR hinausgehender Schaden ihm dadurch entstanden sei.

Die ordentliche Revision sei zulässig, weil noch keine Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs zur gegenständlichen Fallkonstellation (Ankauf durch die Eltern und Schenkung an den Minderjährigen) existiere und diese Rechtsfrage, wie sich aus der in der Beilage ./1A enthaltenen Formularklausel ergebe, über den Einzelfall hinausgehe.

Gegen diese Entscheidung richtet sich die Revision des Klägers wegen Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens und unrichtiger rechtlicher Beurteilung mit dem Antrag, das angefochtene Urteil im Sinne einer Wiederherstellung des klagsstattgebenden Ersturteils abzuändern. Hilfsweise wird ein Aufhebungsantrag gestellt.

Die zweitbeklagte Partei beantragt in ihrer Revisionsbeantwortung, die Revision als unzulässig zurückzuweisen bzw ihr keine Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Die Revision ist zulässig, weil die darin geltend gemachte Mangelhaftigkeit des Berufungsverfahrens vorliegt, und im Sinne der beschlossenen Aufhebung auch berechtigt.

Der Revisionswerber macht in seinem Rechtsmittel im Wesentlichen geltend, das Berufungsverfahren sei mangelhaft geblieben, weil das Berufungsgericht die Parteien mit seiner Rechtsansicht über eine fehlende Aktivlegitimation des Klägers und eine fehlende Bestimmtheit des Prozessvorbringens des Klägers zu den von ihm auch geltend gemachten deliktischen Schadenersatzansprüchen überrascht habe. Die Frage, ob es dem Kläger aus dem vom Berufungsgericht genannten Grund allenfalls an der Aktivlegitimation fehle, sei im bisherigen Verfahren mit den Parteien nicht erörtert worden. Auch die beklagten Parteien hätten die Aktivlegitimation des Klägers nicht mit der Begründung bestritten, dass die Aktien von den Eltern des Klägers aus eigenen Mitteln im eigenen Namen angeschafft worden seien, um sie danach ihrem Sohn zu schenken. Hätte das Berufungsgericht seine Rechtsansicht mit dem Kläger erörtert, hätte er ergänzend vorgebracht, dass die finanziellen Mittel für den Ankauf der Aktien aus einem Bausparvertrag des Klägers stammten, der Ankauf somit nicht mit Mitteln der Eltern des Klägers erfolgt sei. Weiters hätte der Kläger insbesondere darauf hingewiesen, dass bereits im Zeitpunkt der Beratung und somit vor dem Ankauf festgestanden sei, dass die Aktien für den Kläger gekauft werden, die Eltern des Klägers somit nur als dessen gesetzliche Vertreter, nicht aber im eigenen Namen den Aktienkaufvertrag mit der zweitbeklagten Partei abgeschlossen haben. Es hätte sich daher ergeben, dass nicht ein Ankauf der Wertpapiere durch die Eltern des Klägers im eigenen Namen, sondern ein Ankauf im Namen des Klägers mit Mitteln aus einem Bausparvertrag des Klägers erfolgt sei, sodass der Kläger auch auf den Beratungsvertrag und/oder das WAG 1996 gestützte Schadenersatzansprüche gegen die zweitbeklagte Partei geltend machen könne. Auch der Umstand, dass sich das Berufungsgericht mit der Frage der deliktischen Schadenersatzansprüche nicht näher auseinandergesetzt habe, weil das Vorbringen des Klägers dafür als nicht ausreichend angesehen worden sei, sei für den Kläger überraschend. Das Berufungsgericht hätte daher die Schlüssigkeit der Klage mit dem Kläger zunächst erörtern und dem Kläger Gelegenheit zu einem ergänzenden Sachvortrag geben müssen. Der Kläger hätte in diesem Fall ein in der Revision näher ausgeführtes ergänzendes Prozessvorbringen erstattet. Im Übrigen sei das diesbezügliche Vorbringen des Klägers im erstinstanzlichen Verfahren nicht unbestimmt geblieben.

Der erkennende Senat hat dazu Folgendes erwogen:

1. Nach § 182a ZPO hat das Gericht das Sach- und Rechtsvorbringen der Parteien mit diesen zu erörtern und darf seine Entscheidung auf rechtliche Gesichtspunkte, die eine Partei erkennbar übersehen oder für unerheblich gehalten hat, nur stützen, wenn es diese mit den Parteien erörtert und ihnen Gelegenheit zur Äußerung gegeben hat. Das Gericht darf die Parteien in seiner Entscheidung daher nicht mit einer Rechtsauffassung überraschen, die sie nicht beachtet haben und auf die sie das Gericht nicht aufmerksam gemacht hat. Dies gilt insbesondere auch für das Rechtsmittelverfahren (RIS‑Justiz RS0037300 [T1 und T46]). Nach der herrschenden Rechtsprechung bedarf es aber keiner richterlichen Anleitung zu einem Vorbringen, gegen das der Prozessgegner bereits Einwendungen erhoben hat. Angesichts solcher Einwendungen hat die andere Partei ihren Prozessstandpunkt selbst zu überprüfen und die erforderlichen Konsequenzen zu ziehen. Auch die Verpflichtung nach § 182a ZPO kann nicht bezwecken, das Gericht zur Erörterung eines Vorbringens zu zwingen, dessen Schwächen der Prozessgegner aufzeigte (RIS‑Justiz RS0122365). Die Verletzung der richterlichen Anleitungs‑ und Erörterungspflicht fällt unter den Revisionsgrund der Mangelhaftigkeit des Verfahrens. Der Rechtsmittelwerber hat daher in einer Verfahrensrüge wegen Verletzung der Pflichten des § 182a ZPO darzulegen, welches zusätzliche oder andere Vorbringen er erstattet hätte, wenn ihm nach Erörterung Gelegenheit dazu geboten worden wäre (RIS‑Justiz RS0037095 [T4, T5, T6]).

2. Zutreffend macht der Revisionswerber geltend, dass die Frage seiner allenfalls fehlenden Aktivlegitimation zur Geltendmachung der gegenständlichen Klagsansprüche im Hinblick auf das Fehlen einer pflegschaftsgerichtlichen Genehmigung für den Ankauf der Aktien weder im Verfahren mit den Parteien erörtert noch von einer der beklagten Parteien releviert worden wäre. Der Einwand der fehlenden aktiven Klagslegitimation durch die zweitbeklagte Partei in ihrem Schriftsatz vom 3. 1. 2012 (vgl S 32 f in ON 5) beschränkte sich ausschließlich darauf, dass es dem Kläger als Aktionär und nur mittelbar Geschädigten verwehrt sei, Schadenersatzansprüche der Gesellschaft geltend zu machen (Reflexschaden). Im Zuge der Erörterung des Erwerbs der Aktien durch den damals noch minderjährigen Kläger in der Tagsatzung am 29. 3. 2012 (ON 10) gingen die Parteien und das Erstgericht offenbar übereinstimmend davon aus, dass für den Erwerb der Aktien keine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung erforderlich gewesen sei.

2.1 Die vom Berufungsgericht in der angefochtenen Entscheidung nunmehr vertretene Rechtsansicht, die Eltern des Klägers wären ohne gerichtliche Genehmigung gar nicht in der Lage gewesen, die Aktien aus Mitteln des minderjährigen Klägers zu erwerben, war daher für den Kläger überraschend. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass zur Frage, ob entsprechend den Ausführungen des Berufungsgerichts die Eltern des Klägers die Aktien aus eigenen finanziellen Mitteln im eigenen Namen oder ‑ wie dies vom Kläger geltend gemacht wird ‑ ein Ankauf der Aktien durch seine Eltern als seine gesetzlichen Vertreter in seinem Namen und aus seinen finanziellen Mitteln (Bausparvertrag) erfolgt ist, keine eindeutigen Feststellungen des Erstgerichts vorliegen, da darüber zwischen den Parteien bisher offensichtlich kein Streit bestanden hat. Das Erstgericht ging daher bei seiner Entscheidung offenkundig von einer insoweit nicht bestrittenen Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung der gegenständlichen Schadenersatzansprüche aus.

3. Auch wenn man mit den Ausführungen des Berufungsgerichts davon ausgeht, dass für eine Anlegung von Mündelgeld in Form von Wertpapieren nach § 230e ABGB idF vor dem Inkrafttreten des KindNamRÄG 2013, BGBl I 2013/15, eine pflegschaftsgerichtliche Genehmigung gemäß § 154 Abs 3 ABGB idF vor dem Inkrafttreten des KindNamRÄG 2013 erforderlich gewesen wäre (vgl Thunhart in Fenyves/Kerschner/Vonkilch , Klang ³ § 154 Rz 37), wäre zu berücksichtigen, dass ein der gerichtlichen Genehmigung bedürftiger Vertrag bis zur Entscheidung des Pflegschaftsgerichts mit Bindung beider Vertragsteile nur schwebend unwirksam gewesen wäre. Nach Erreichen der Volljährigkeit gibt es keine nachträgliche gerichtliche Genehmigung mehr. Es ist dann allein Sache des Volljährigen selbst, den Zustand durch Genehmigung im Sinne der Vollwirksamkeit oder durch Nichtgenehmigung im Sinne der Wirkungslosigkeit des Vertrags zu beenden, und zwar seit dem Inkrafttreten des KindRÄG 2001, BGBl I 2000/135, durch eine schriftliche Erklärung des volljährig Gewordenen im Sinne des § 154 Abs 4 ABGB idF vor dem Inkrafttreten des KindNamRÄG 2013, BGBl I 2013/15 (vgl 1 Ob 101/07w; SZ 2004/46; 5 Ob 68/92 ua; RIS‑Justiz RS0049032). Es kann daher auch ein von seinen Eltern beschenkter Minderjähriger nach Erlangung der Geschäftsfähigkeit selbst das in seinem Namen geschlossene Anlagegeschäft durch schriftliche Erklärung genehmigen (vgl Dullinger , Bankgeschäfte Minderjähriger [Teil 2], ÖBA 2005, 791 [796]).

4. In Fällen, in denen Geschenkgeber die Eltern sind und diese auch das Anlagegeschäft des Minderjährigen abgeschlossen haben, kann man allerdings das Geschäft unter Umständen auch durch Interpretation als Vertrag zu Gunsten Dritter (§§ 881 f ABGB) „retten“. Im Fall eines (echten) Vertrags zu Gunsten Dritter (§ 881 Abs 2 ABGB) schließt der Geschenkgeber das Anlagegeschäft ‑ ohne vorherige Schenkung an den Minderjährigen ‑ im eigenen Namen ab und vereinbart mit der Bank, dass das angelegte Kapital inklusive Zinsen etc dem Begünstigten zusteht. Das angelegte Sparbuch, Wertpapierdepot könnte (und sollte wohl auch) dennoch von vornherein auf den Namen des Minderjährigen lauten. Da bei dieser Konstruktion nicht Geld des Minderjährigen, sondern eigenes Geld des Geschenkgebers angelegt wird, brauchen die Vorschriften über die Anlegung von Mündelgeld nicht eingehalten zu werden. Die Wirksamkeit des Anlagegeschäfts zwischen Geschenkgeber und Bank ist daher in jedem Fall von einer gerichtlichen Genehmigung unabhängig (vgl Dullinger , Bankgeschäfte Minderjähriger [Teil 2], ÖBA 2005, 791 [796 f]).

4.1 Bei einem echten Vertrag zu Gunsten Dritter wird auch dem Dritten (im vorliegenden Fall: Kläger) ein eigenständiges Forderungsrecht gegen den Versprechenden eingeräumt. Der Schuldner haftet dem Begünstigten beim echten Vertrag zu Gunsten Dritter wegen Vertragsverletzung, wobei §§ 1298 und 1313a ABGB anzuwenden sind (vgl Apathy/Riedler in Schwimann , ABGB³ § 882 Rz 10 mwN).

Davon zu unterscheiden ist jedoch der „Vertrag mit Schutzwirkung zu Gunsten Dritter“, der als selbständiges Rechtsinstitut vor allem im Schadenersatzrecht von Bedeutung ist. Beim Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter ist anerkannt, dass besondere vertragliche Schutz‑ und Sorgfaltspflichten nicht nur gegenüber dem Vertragspartner, sondern auch gegenüber Dritten bestehen. Reine Vermögensschäden werden nach überwiegender Lehre und Rechtsprechung beim Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter grundsätzlich nicht ersetzt ( Kalss in Kletečka/Schauer , ABGB‑ON 1.01 §§ 881, 882 Rz 9 f mwN).

4.2 Im vorliegenden Fall ist entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts nicht zu prüfen, ob das von den Eltern des Klägers abgeschlossene Anlagegeschäft als „Vertrag mit Schutzwirkungen zu Gunsten Dritter“, bei dem ein Ersatz reiner Vermögensschäden in der Regel nicht in Betracht kommt, anzusehen ist, sondern ob es sich dabei allenfalls um einen echten Vertrag zu Gunsten des Klägers im Sinne der §§ 881 f ABGB handelt, welcher dem Kläger ein eigenes Forderungsrecht gegenüber der zweitbeklagten Partei einräumt. Dabei ist auch zu berücksichtigen, dass für die Gültigkeit eines solchen Vertrags zu Gunsten Dritter die Geschäftsfähigkeit des Begünstigten keine Voraussetzung ist, da auch eine Annahme durch den Dritten nicht erforderlich ist, sondern ihm nur das Recht auf Zurückweisung des aus dem Vertrag erworbenen Rechts zusteht (RIS‑Justiz RS0114818 = 3 Ob 44/00t; RIS‑Justiz RS0017080).

5. Aus den dargelegten Ausführungen ergibt sich, dass das Berufungsgericht die Parteien mit seiner Rechtsansicht über die fehlende Aktivlegitimation des Klägers zur Geltendmachung der Klagsansprüche überrascht hat und die vom Erstgericht dazu bisher getroffenen Feststellungen eine abschließende Beurteilung dieser Frage noch nicht ermöglichen.

6. Soweit das Berufungsgericht weiters die Ansicht vertritt, das auch auf deliktische Schadenersatzansprüche im Zusammenhang mit Kursmanipulation durch die Geschäftsführung der beklagten Parteien gestützte Klagebegehren sei mangels ausreichenden Vorbringens unschlüssig geblieben, ist ebenfalls darauf hinzuweisen, dass bei angeblicher Unschlüssigkeit des Klagebegehrens nicht sofort abzuweisen ist, sondern es muss vom Gericht eine Verbesserung angeregt werden. Der Verbesserungsauftrag ist von Amts wegen zu erteilen, selbst wenn die Partei durch einen Rechtsanwalt vertreten ist und die Notwendigkeit einer Präzisierung nicht selbst erkannte. Ein solcher Verbesserungsversuch unterblieb sowohl in erster Instanz als auch im Berufungsverfahren. Es wäre daher mit den Grundsätzen eines fairen Verfahrens unvereinbar, wenn das Berufungsgericht erstmals eine angebliche Unschlüssigkeit des Klagebegehrens aufgreift und das Klagebegehren ohne weitere Aufforderung unter Hinweis auf die fehlende Schlüssigkeit abweist (3 Ob 222/12m mwN).

Das Berufungsurteil leidet somit an einem Mangel, der eine erschöpfende Erörterung und gründliche Beurteilung der Streitsache zu hindern geeignet war (§ 503 Z 2 ZPO) und muss daher aufgehoben werden.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 Abs 1 ZPO.

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