OGH 8ObA38/14t

OGH8ObA38/14t26.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Prof. Dr. Spenling als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Kuras und Dr. Brenn sowie die fachkundigen Laienrichter KR Hermann Furtner ADir. Angelika Neuhauser als weitere Richter in der Arbeitsrechtssache der klagenden Partei D***** R*****, vertreten durch die Freimüller Obereder Pilz & Partner Rechtsanwälte GmbH in Wien, gegen die beklagte Partei A***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Thomas Jappel, Rechtsanwalt in Wien, wegen 2.049,10 EUR brutto zuzüglich 183,12 EUR netto sA und Ausstellung eines Dienstzeugnisses, über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien als Berufungsgericht in Arbeits‑ und Sozialrechtssachen vom 16. Mai 2014, GZ 10 Ra 5/14z‑29, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO iVm § 2 Abs 1 ASGG).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen der Ansicht der Beklagten geht es im Anlassfall nicht um die Frage, zu welchem Zeitpunkt eine E‑Mail‑Erklärung dem Erklärungsempfänger zugegangen ist, ob diese Erklärung bzw ihr Zugang (form‑)wirksam ist und bis zu welchem Zeitpunkt ein Widerruf der Erklärung zulässig ist. Vielmehr hat das Berufungsgericht zutreffend darauf hingewiesen, dass es entscheidend darauf ankommt, wie die Auflösungserklärung des Klägers für den Geschäftsführer der Beklagten unter Berücksichtigung der gegebenen Umstände, nämlich der konkreten Erklärungen und Verhaltensweisen der Gesprächspartner, bei objektiver Betrachtungsweise zu verstehen war (vgl RIS‑Justiz RS0028612; RS0113932). Diese Beurteilung ist typisch von den Umständen des Einzelfalls abhängig und begründet im Allgemeinen keine erhebliche Rechtsfrage (vgl RIS‑Justiz RS0028641).

Die Schlussfolgerung des Berufungsgerichts, für den Geschäftsführer der Beklagten sei zweifelsfrei zu erkennen gewesen, dass der Kläger unter Einhaltung der kollektivvertraglichen Kündigungsfrist das Arbeitsverhältnis kündigen wollte, erweist sich als nicht korrekturbedürftig. Die Parteien waren sich über diese Art der Auflösung des Arbeitsverhältnisses einig. Dementsprechend wies der Geschäftsführer der Beklagten den Kläger ausdrücklich auf die Kündigungsfrist hin und erklärte zudem, dass die E‑Mail‑Erklärung als Auflösungserklärung nicht reiche.

2. Das Argument der Beklagten, dass ein vorzeitiger Austritt nach dem zugrunde liegenden Kollektivvertrag nicht der Schriftform bedürfe, bleibt ohne Bedeutung, weil nicht von dieser Art der Beendigung des Arbeitsverhältnisses auszugehen ist. Die von den Vorinstanzen angestellten Überlegungen zur Wirksamkeit der Telefax‑Erklärung des Klägers sind keineswegs geklärt (vgl etwa 1 Ob 237/13d EvBl 2014/82). Diese Frage muss hier aber nicht geprüft werden, weil sich die Parteien auch darüber einig waren, dass aufgrund der Kündigungserklärung des Klägers das Arbeitsverhältnis aufgelöst werden sollte. Nach ständiger Rechtsprechung können die Parteien von einer Schriftformklausel einverständlich abgehen (RIS‑Justiz RS0038673; RS0014378). Nach Maßgabe der Günstigkeit kann auch von einem (zulässigen) kollektivvertraglichen Formgebot, das den Inhalt des Arbeitsvertrags betrifft und auf diesen einwirkt, durch Individualvereinbarung abgegangen werden (Risak, Schriftformgebote im Arbeitsrecht, ZAS 2013/10, 54).

Mangels erheblicher Rechtsfrage war die außerordentliche Revision zurückzuweisen.

Stichworte