OGH 4Ob87/14v

OGH4Ob87/14v24.6.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei O***** GmbH, *****, vertreten durch Mag. Hartmut Gräf, Rechtsanwalt in Kirchdorf an der Krems, gegen die beklagte Partei M***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Schanda und andere Rechtsanwälte in Wien, wegen Unterlassung und Urteilsveröffentlichung (Streitwert im Provisorialverfahren 36.000 EUR), über den außerordentlichen Revisionsrekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Oberlandesgerichts Wien als Rekursgericht vom 28. März 2014, GZ 2 R 43/14d‑9, womit der Beschluss des Handelsgerichts Wien vom 23. Jänner 2014, GZ 53 Cg 61/13m‑5, abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: AT:OGH:2014:E108088

 

Spruch:

Der außerordentliche Revisionsrekurs wird mangels der Voraussetzungen des § 528 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Die klagende Partei hat die Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung selbst zu tragen.

Text

Begründung

Zur Sicherung des inhaltsgleichen Unterlassungsbegehrens verbot das Rekursgericht dem beklagten Gashandelsunternehmen mit einstweiliger Verfügung, im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs Tarifvergleiche in Postwurfsendungen anzustellen, ohne in deutlicher Weise auf die Unterschiede bei der Preisberechnung, nämlich auf den bei der Gesamttarifberechnung nur bei der Beklagten berücksichtigten Neukundenrabatt und dessen zeitliche Befristung, hinzuweisen oder ähnliche Geschäftspraktiken anzuwenden. Die blickfangartige Hervorhebung einer Ersparnis von 204 EUR werde nicht ausreichend deutlich erläutert, was zur Irreführung geeignet sei. Die Preisvergleichstabelle enthalte verschiedene Beträge, sodass es schon genauerer Aufmerksamkeit und Überlegung bedürfe, um die Höhe des Neukundenrabatts zu erfahren. Die Klägerin habe nicht vorgebracht, dass sich die Werbung ausschließlich an Bestandskunden der Beklagten richte. Wenn sich die Werbung an Kunden anderer Mitbewerber richte, sei die Werbung unter dem Aspekt des bei der Klägerin nicht angeführten Neukundenrabatts irreführend. Das Unterlassungsgebot sei unter Vermeidung unbestimmter Begriffe so umzuformulieren gewesen, dass darin der Kern der Verletzungshandlung nachvollziehbar zum Ausdruck komme.

Rechtliche Beurteilung

Die Beklagte vermag in ihrem außerordentlichen Rechtsmittel keine erheblichen Rechtsfragen im Sinn des § 528 Abs 1 ZPO aufzuzeigen.

Ob eine Ankündigung im Einzelfall zur Irreführung geeignet ist, ist keine erhebliche Rechtsfrage, soweit nicht eine krasse Fehlbeurteilung vorliegt, die im Interesse der Rechtssicherheit aufgegriffen werden muss (RIS‑Justiz RS0053112 [T3]); dies gilt gleichermaßen für die Frage, ob ein aufklärender Hinweis ausreichend deutlich ist (4 Ob 220/11y). Wird durch das Verschweigen wesentlicher Umstände ein falscher Gesamteindruck hervorgerufen und ist die Unvollständigkeit geeignet, das Publikum in für den Kaufentschluss erheblicher Weise irrezuführen, so ist der Preisvergleich unzulässig (4 Ob 164/05d; RIS‑Justiz RS0121669).

Die Beurteilung der hier beanstandeten Werbeaussage nach ihrem Gesamteindruck als irreführend ist ‑ sowohl was die blickfangartige Hervorhebung einer Ersparnis von 204 EUR als auch was die Preisvergleichstabelle anlangt ‑ jedenfalls vertretbar. Der von der Beklagten herangezogene Vergleichsfall, der zu 4 Ob 150/13g (als nicht irreführend) beurteilt wurde, unterscheidet sich in der Gestaltung der angegriffenen Werbung. Er betraf nicht nur einen anderen Vergleichstarif eines anderen Mitbewerbers, sondern war auch optisch anders ausgestaltet (deutlicherer aufklärender Hinweis in vergleichbarer Schriftgröße als bei dem hier beanstandeten Text; zusätzlicher Hinweis: „Bitte beachten Sie“).

Gleichfalls vertretbar ist die der angefochtenen Rekursentscheidung zugrundeliegende Auffassung, dass das Wort „Neukundenrabatt“ noch nicht zwingend eine Befristung nahelegt. Der diesbezügliche Hinweis befindet sich aber in unauffälligem Kleindruck ohne Hervorhebung in der Fußnote.

Ob durch eine Neuformulierung des Spruchs nur eine Verdeutlichung vorgenommen oder das Begehren unter Berücksichtigung des dazu erstatteten Vorbringens in unzulässiger Weise überschritten wurde, bildet ‑ mangels hier vorliegender aufzugreifender Fehlbeurteilung im Einzelfall ‑ gleichfalls keine Rechtsfrage erheblicher Bedeutung (RIS‑Justiz RS0041192). Es bildet keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung, wenn das Rekursgericht die von der Klägerin allgemein angesprochenen beanstandeten Mängel des Preisvergleichs („unberücksichtigte Vergünstigungen“ für den Kunden des Mitbewerbers) einerseits durch Erwähnung des Neukundenrabatts und dessen zeitlicher Befristung präzisiert und durch die Erweiterung des Verbots auf ähnliche Geschäftspraktiken ‑ innerhalb der vom Klagevorbringen und ‑begehren gesteckten Grenzen erweitert, um Umgehungen durch den Verpflichteten nicht allzu leicht zu machen (vgl RIS‑Justiz RS0037733, RS0037607).

Es trifft im Übrigen nicht zu, dass sich das Rekursgericht zur Begründung seines Unterlassungsgebots ausschließlich auf die blickfangartige Hervorhebung einer Ersparnis von 204 EUR gestützt hätte, setzt es sich doch auch mit dem irreführenden Gesamteindruck der beanstandeten Preisvergleichstabelle auseinander. Der von der Beklagten monierte Begründungsmangel ist daher schon im Ansatz nicht nachvollziehbar.

Da der Klägerin die Beantwortung des gegnerischen Revisionsrekurses nicht freigestellt wurde, hat sie die Kosten ihrer nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung notwendigen Beantwortung selbst zu tragen (§ 508a Abs 2 ZPO).

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