European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:E107739
Rechtsgebiet: Zivilrecht
Spruch:
Der Revision wird Folge gegeben.
Das angefochtene Urteil wird dahin abgeändert, dass das Urteil des Erstgerichts wiederhergestellt wird.
Die beklagte Partei ist schuldig, der klagenden Partei die mit 6.011,04 EUR (darin enthalten 774,90 EUR USt und 1.362 EUR an Barauslagen) bestimmten Kosten des Rechtsmittelverfahrens binnen 14 Tagen zu ersetzen.
Entscheidungsgründe:
Die Beklagte plante die Errichtung eines Einfamilienhauses mit einer Wohnfläche von etwa 2.500 m2 und einem Investitionsvolumen von über 10 Mio EUR. Sie beauftragte die Klägerin auf Basis des Anbots vom 27. 4. 2007 mit Planleistungen hinsichtlich Heizungsanlage, Lüftungsanlage, Raumkühlung, Sanitärinstallation (inklusive Ausstattungsgegenstände), technische Ausstattung von Schwimmbad und Whirlpool sowie Wellnessbereich, Multimediaanlage sowie „sämtliche weitere technischen Installationen inklusive Endgeräte“. Weiters sollte sie die Bauaufsicht dafür übernehmen. Bei der Planung waren vorgesehen: Vorplanung (Projekt‑ und Planungsvorbereitung), Entwurfplanung (System‑ und Integrationsplanung), Bewilligungsplanung (Einreichplanung) und Ausführungsplanung (Führungspläne, Projektpläne). Von Anfang an wurde das Bauvorhaben „zeitgleich von Architektur und Haustechnik“ geplant. Ab etwa April 2007 gab es zahlreiche Sonderwünsche des Bauherrn, die im Anbot der Klägerin nicht enthalten waren. Dadurch erhöhten sich die Herstellungssummen. Die Klägerin plante oftmals bereits die Haustechnik, obwohl die Architekturplanung noch nicht freigegeben war. Dies verursachte eine erhebliche Mehrbelastung der Klägerin. Die Parteien vereinbarten, abgehend vom Vertrag, dass der Aufwand der Klägerin nach Stundensätzen zu honorieren sei. Eine Höchstgrenze des Honorars wurde nicht vereinbart.
Die Beklagte bezahlte die Rechnungen der Klägerin im Gesamtbetrag von 286.580,57 EUR umgehend. Die Rechnungen vom 31. 12. 2007 bis 6. 2. 2008 im Gesamtbetrag von 64.065,12 EUR hingegen bezahlte sie nicht mehr. Als der Geschäftsführer der Klägerin am 5. 2. 2008 mit dem Vertreter der Beklagten Rücksprache hielt, wurde ihm erklärt, dass sich die Beklagte auf Grund der ihrer Meinung nach „überbordenden Konsulentenkosten“ für eine Beendigung der Zusammenarbeit entschieden habe. Mit sofortiger Wirkung sei die gesamte Planungstätigkeit und die örtliche Bauaufsicht inklusive Rechnungsprüfung einzustellen. Die Klägerin bot an, ihre Leistungen gegen entsprechende Entlohnung auch weiterhin durchzuführen. Es möge für die Fortsetzung der Leistungen der gewünschte Leistungsumfang definiert werden. Mit E‑Mail vom 7. 2. 2008 schlug der Geschäftsführer der Klägerin einen Weg zur Fertigstellung der Planung vor. Die Detailplanung für die Gewerke sollten die ausführenden Unternehmen in Abstimmung mit dem Auftraggeber übernehmen. Die grundsätzlichen Versorgungsschemata werde die Klägerin erstellen. Die Anpassung der „TGA‑Ausführungspläne an die Architekturdetailpläne“ solle durch die ausführenden Unternehmen im Zuge der Montageplanung erfolgen. Dies bringe eine wesentliche Reduktion des erforderlichen Zeitaufwands. Weiters hielt der Geschäftsführer der Klägerin die wesentlichen Planungsschritte fest. Unter anderem gab er an, dass die Entwurfsplanung zu 60 % und die Ausführungsplanung zu 30 % erledigt sei. Die Beklagte erwiderte, dass sie an der Fachplanungsleistung kein Interesse habe. Es möge präzisiert werden, welche Planungsleistungen die Klägerin noch erbringen und welcher „endgültige, beste Letztpreis für das Planungspaket“ angeboten werde. Im E‑Mail des Geschäftsführers der Beklagten an die Klägerin vom 7. 2. 2008 hielt dieser fest, dass seiner Meinung nach die Entwurfs‑ und Ausführungsplanung bereits zu 88,5 % erledigt sei.
Der Geschäftsführer der Klägerin wies im E‑Mail vom 8. 2. 2008 den Geschäftsführer der Beklagten darauf hin, dass er augenscheinlich einer Fehlinformation unterliege, wenn er davon ausgehe, dass die TGA‑Planung für das gesamte Bauvorhaben abgeschlossen sei und es sich bei der Weiterführung nur mehr um Anpassungen handle. Er verwies auf den bereits prognostizierten noch fehlenden, aber erforderlichen Planungsaufwand. Der zu erwartende Aufwand sei bei weitem nicht gedeckt, es sei denn, die Beklagte könne Planungsvorgaben eindeutig definieren. Sollte der Geschäftsführer der Beklagten sich gegen eine weitere Zusammenarbeit entscheiden, werde die Klägerin sämtliche Planungsunterlagen dem weiterführenden Haustechnikplaner geordnet übergeben. Die Klägerin werde, wenn dies erforderlich sei, dem neuen Haustechnikplaner für Rückfragen zur Verfügung stehen.
Die Zusammenarbeit wurde Anfang Februar 2008 beendet. Die Klägerin gab weder Ausführungs‑ noch Montagepläne frei. Die Entwurfspläne der Klägerin waren etwa zu 60 %, die Führungspläne zu etwa 30 % fertiggestellt. Nach dem E‑Mail der Klägerin vom 8. 2. 2008 gab es zwischen den Parteien keine Kommunikation zum Bauvorhaben mehr. Es wurden keine Mängel gerügt. Es kann nicht festgestellt werden, welche Pläne (seien es Entwurfspläne, Führungspläne oder Ausführungspläne) die Klägerin der Beklagten konkret übergeben hat und inwieweit die Beklagte die von der Klägerin erstellten Pläne für die Haustechnik umgesetzt hat. Jedenfalls zogen die ausführenden Unternehmen den von der Klägerin erstellten Plan „Schema Wärmepumpen“ für die konkreten Montagearbeiten heran. Der Plan enthält die Bemerkung „zur Planung am 22. 6. 2007“. Das umrandete, mit „Freigabe“ überschriebene Rechteck ist nicht ausgefüllt. Die Klägerin gab diesen Plan nicht frei.
Die Klägerin begehrt den restlichen Werklohn von 64.065,12 EUR.
Gegenstand des Revisionsverfahrens ist nur mehr die von der Beklagten bis zur Höhe des Klagsbetrags compensando eingewendete Gegenforderung, die die Beklagte darauf stützt, dass das von der Klägerin erstellte „Schema Wärmepumpen“ Mängel aufweise, weil sich die Raumtemperatur nicht wunschgemäß einstellen lasse. Ursache sei die nicht normgemäße Situierung der Reguliereinrichtung für den hydraulischen Abgleich der Stränge. Da die Beklagte nicht das erhalten habe, was sie bestellt habe, sei ihr ein Nachteil erwachsen, welcher nicht sanierbar sei, sodass ihr gemäß § 933 ABGB zumindest ein Preisminderungsanspruch zustehe.
Die Klägerin bestreitet die eingewandte Gegenforderung. Auf Grund der rudimentär erbrachten Vorleistungen und der sich laufend ändernden Bauherrnwünsche habe man versucht, den Planungsstand halbwegs aktuell zu halten. Bevor es zu einer Ausführungs‑ und Montageplanung überhaupt gekommen sei, habe die Beklagte das Vertragsverhältnis zur Klägerin ohne Vorliegen eines wichtigen Grundes mit sofortiger Wirkung aufgekündigt. Die Klägerin habe weder Ausführungs‑ noch Montagepläne freigegeben, die im Zusammenhang mit den von der Beklagten behaupteten Mängeln stünden. Die Klägerin sei gehindert worden, Fertigstellungsarbeiten bei der Planung durchzuführen. Sie habe festgehalten, dass die Planung noch nicht fertig sei. Damit sei klar gewesen, dass vor der Verwendung der Plandokumentation der Klägerin mit ihr Rücksprache gehalten werden müsse, ob die Pläne „fertig“ seien. Dass das „Schema Wärmepumpe“ noch nicht freigegeben gewesen sei, sei anhand des Planes erkennbar gewesen, er habe keinen Freigabevermerk gehabt. Der Beklagten und den ausführenden Unternehmen habe bekannt sein müssen, dass die Planleistungen noch nicht abgeschlossen seien. Die Beklagte trage das alleinige Verschulden daran, dass sie dies nicht erkannt habe.
Das Erstgericht erkannte die Klagsforderung als mit 64.065,12 EUR als zu Recht, die Gegenforderungen als nicht zu Recht bestehend und gab dem Klagebegehren statt. Die Beklagte und die von ihr beigezogenen Unternehmen hätten sich auf den Plan „Schema Wärmepumpen“ der Klägerin gestützt, obwohl dieser von ihr nicht freigegeben worden sei und sie auch noch Anfang Februar 2008 mehrfach darauf hingewiesen habe, dass ihre Planung noch nicht abgeschlossen sei. Dazu komme, dass die Planung der Klägerin im Hinblick auf laufende Änderungen auch in der Architekturplanung ständigen Änderungen unterworfen gewesen sei und die Beklagte die Zusammenarbeit mit der Klägerin Anfang Februar 2008 abrupt beendet habe. Die Beklagte habe keine weiteren Planungsunterlagen angefordert. Auch wenn der Plan „Schema Wärmepumpen“ diverse Mängel habe, sei dies nicht von der Klägerin zu vertreten, da sie keine Möglichkeit gehabt habe, Verbesserungen der Pläne vorzunehmen oder diese frei zu geben. Es wäre an den ausführenden Unternehmen gelegen, offensichtliche Fehlplanungen nicht umzusetzen oder Rücksprache mit der Klägerin zu halten.
Das Berufungsgericht änderte das Urteil dahin ab, dass es die Gegenforderung mit 32.000 EUR als zu Recht bestehend erkannte und damit das Klagebegehren in diesem Umfang samt 8,38 % Zinsen seit 5. 2. 2011 abwies. Es folgte der Ansicht der Beklagten, dass die Klägerin zum Ersatz von Mängelfolgeschäden verpflichtet sei. Der überlassene Plan „Schema Wärmepumpen“ wirke genau ausgearbeitet und erwecke nicht den Eindruck, dass es sich dabei nur um einen vorläufigen Entwurf handle. Es fehle ein konkreter Hinweis darauf, dass der Plan noch nicht endgültig sei und erst überarbeitet werden müsste. Abgesehen davon habe die Klägerin die hohen Kosten ihrer Tätigkeit damit begründet, dass sie Pläne laufend habe überarbeiten müssen. Es sei nicht üblich, dass Pläne vom Planverfasser freigegeben werden müssten. Die Klägerin hätte sich eine Freigabe eindeutig vorbehalten müssen. Aus dem Hinweis, dass die Pläne für das gesamte Bauvorhaben noch nicht abgeschlossen seien, habe die Beklagte keineswegs (zweifelsfrei) entnehmen können, dass die ihr wenig später von der Klägerin übermittelten Pläne tatsächlich fehlerhafte, unfertige und noch nicht überarbeitete Entwürfe gewesen seien. Die Klägerin hätte damit rechnen müssen, dass die Pläne ohne weitere Rücksprache mit ihr zur Ausführung des Bauvorhabens herangezogen würden. Da der Plan „Schema Wärmepumpen“ mangelhaft sei, sei der Klägerin eine Vertragsverletzung anzulasten, sodass die Beklagte gemäß § 933a ABGB einen Anspruch auf Ersatz des Mangelfolgeschadens habe. Ob das bauausführende Unternehmen die mangelhafte Planung der Klägerin hätte erkennen können, sei ohne Belang, weil der Beklagten als Bauherrin ein allfälliges Verschulden dieses Unternehmens nicht angelastet werden könne.
Das Berufungsgericht sprach aus, dass die ordentliche Revision nicht zulässig sei, weil keine Rechtsfragen erheblicher Bedeutung zu lösen seien.
Gegen die teilweise Abweisung des Klagebegehrens richtet sich die außerordentliche Revision der Klägerin.
In der ihr vom Obersten Gerichtshof freigestellten Revisionsbeantwortung beantragt die Beklagte, die Revision zurückzuweisen, hilfsweise ihr nicht Folge zu geben.
Rechtliche Beurteilung
Die Revision ist zur Wahrung der Rechtssicherheit zulässig, sie ist auch berechtigt.
Der Unternehmer hat keinen Anspruch auf Ausführung oder Vollendung des Werks. Der Besteller kann vielmehr nach seinem Belieben die Inangriffnahme oder die Fortsetzung und die Vollendung des Werks hindern, weil es unbillig und unzweckmäßig wäre, ihn zu zwingen, das Werk auch dann herstellen zu lassen, wenn sein Interesse daran nicht mehr besteht (RIS‑Justiz RS0021809). Die Abbestellung des Werks ist daher grundsätzlich immer zulässig, der Abbesteller hat aber die in § 1168 ABGB vorgesehenen Folgen zu tragen (RIS‑Justiz RS0025771; RS0021831). Die Pflicht des Bestellers erschöpft sich in der Gegenleistung (RIS‑Justiz RS0021831). Der Werkbesteller behält nach § 1168 ABGB aber den beschränkten Entgeltanspruch, wenn die Verhinderung in Umständen ihren Grund hat, die auf Seiten des Bestellers liegen, wie etwa der Umstand, dass er einem anderen die weiteren Arbeiten überträgt (RIS‑Justiz RS0021782).
Die Beklagte war als Werkbestellerin berechtigt, die Fortsetzung und Vollendung des Werks abzulehnen und die Klägerin aufzufordern, ihr die bisher geleisteten und zu bezahlenden Arbeiten auszufolgen. Mit der vorzeitigen Beendigung des Vertragsverhältnisses entfallen grundsätzlich die Erfüllungsansprüche der Beklagten auf Übergabe eines vollendeten und damit mängelfreien Werks. Die Klägerin ist nur verpflichtet, jene Teile ihres Werks (Pläne) zu übergeben, die sie bereits erstellt hat, und zwar in dem Zustand, in dem sie sich bei Untersagung der Fortsetzung des Werks befunden haben. Dass die Klägerin als Werkunternehmerin in Relation zum geforderten Entgelt unadäquate Teilleistungen erbracht hätte, was nur im Rahmen eines Einwands gegen die Werklohnforderung Berücksichtigung finden könnte, behauptet die Beklagte ohnehin nicht.
Auch bei Beendigung des Werkvertragsverhältnisses bestehen weiterhin Schutz‑ und Sorgfaltspflichten des Werkunternehmers (vgl RIS‑Justiz RS0017049). Die Frage ist, ob die Klägerin solche verletzt hat, sodass sie gegenüber der Beklagten schadenersatzpflichtig geworden ist.
Das Berufungsgericht wirft der Klägerin vor, bei Übergabe der Pläne nicht ausreichend darauf hingewiesen zu haben, dass diese noch nicht fertig seien und der Ausführung nicht zugrunde gelegt werden könnten. Aus der Forderung der Beklagten, das Vertragsverhältnis mit sofortiger Wirkung zu beenden, ergibt sich nach den Umständen des vorliegenden Falls bereits klar und deutlich, dass die übergebenen Pläne gar nicht fertiggestellt sein konnten. Wird die Fertigstellung des Werks ausdrücklich mit sofortiger Wirkung untersagt, hat die Klägerin gar keine Möglichkeit, unfertige Pläne fertigzustellen. Überdies hielt die Klägerin ausdrücklich fest, mit welchem Prozentsatz ihre Planungstätigkeit abgeschlossen ist, woraus sich ergibt, dass sämtliche Planungsarbeiten noch nicht fertig waren. Sie bot ausdrücklich an, die Planungstätigkeit gegen Entgelt zu vollenden. Damit hat die Klägerin ausreichend darauf hingewiesen, dass die Pläne nicht fertiggestellt waren und damit nicht fehlerfrei sein konnten. Gründe, warum die Beklagte hätte annehmen können, dass gerade der Plan „Schema Wärmepumpen“ im Gegensatz zu allen anderen Plänen doch so weit fertiggestellt gewesen sein sollte, dass er der Ausführung zugrunde gelegt werden hätte können, ergeben sich weder aus dem Vorbringen noch aus den Feststellungen. Die Beklagte hätte zumindest vorher bei der Klägerin Rücksprache halten und von ihr Aufklärung fordern müssen. Dies hat die Klägerin der Beklagten auch angeboten. Auch der Plan selbst erweckt nicht den Eindruck, bereits zur Verwendung für die Ausführung geeignet zu sein. Das auf ihm umrandete Rechteck für die Bestätigung „Freigabe“ ist leer. Schon damit, dass auf dem Plan eine Freigabebestätigung vorgesehen ist, hat sich die Klägerin ‑ im Gegensatz zur Rechtsmeinung des Berufungsgerichts ‑ die Freigabe ohnehin vorbehalten. Dass sie nicht erteilt wurde, ergibt sich daraus, dass der Vermerk nicht ausgefüllt ist. Legt die Beklagte die nicht freigegebenen, sondern ungeprüften, noch unvollständigen und möglicherweise auch fehlerhaften Pläne ohne weitere Prüfung oder Rücksprache der Ausführung zugrunde, so macht sie dies auf eigene Gefahr. Sie hat den daraus entstandenen Schaden selbst zu tragen. Die Klägerin hat keine Verletzung von Schutz‑ und Sorgfaltspflichten zu vertreten.
Die eingewandte Gegenforderung besteht damit nicht zu Recht, wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat. Es ist daher das erstinstanzliche Urteil wiederherzustellen.
Die Kostenentscheidung gründet sich auf §§ 50, 41 ZPO.
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