OGH 5Ob52/14d

OGH5Ob52/14d20.5.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätin Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth, Dr. Brenn und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei v***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Roland Kassowitz, Rechtsanwalt in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach Mag. R*****, vertreten durch Dr. Johannes Schuster, Mag. Florian Plöckinger, Rechtsanwälte in Wien, wegen Aufhebung einer Miteigentumsgemeinschaft (Streitwert: 78.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Wien vom 30. Oktober 2013, GZ 14 R 78/13p‑19, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

1. Die Bezeichnung der beklagten Partei wird auf Verlassenschaft nach Mag. R*****, geboren am *****, verstorben am ***** (1 A 181/13x Bezirksgericht Hernals) richtig gestellt.

2. Die außerordentliche Revision wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Unstrittig ist, dass vier Wohnungen in dem auf der streitverfangenen Liegenschaft errichteten Zinshaus so angelegt sind, dass sie zum Teil in dem auf der Nachbarliegenschaft befindlichen Zinshaus liegen. Im Revisionsverfahren beruft sich die Beklagte nur mehr auf die von ihr eingewandte Realteilung durch Begründung von Wohnungseigentum, die auch ohne bauliche Abtrennung möglich sei, in dem nur die bis zur Feuermauer, die die Grundgrenze zur Nachbarliegenschaft bilde, reichenden Teile der Wohnungen (zur Ermittlung des Mindestanteils nach § 2 Abs 9 WEG) herangezogen würden.

Damit macht die Beklagte keine Gründe von der Erheblichkeit des § 502 Abs 1 ZPO geltend.

Rechtliche Beurteilung

1. Die Begründung von Wohnungseigentum, die die Beklagte präferiert, gilt als Sonderform der Realteilung (RIS‑Justiz RS0106352; RS0013236 [T2]). Der Realteilung kommt zwar grundsätzlich Vorrang vor der Zivilteilung zu (§ 843 ABGB; RIS‑Justiz RS0013236; Sailer in KBB 4 § 843 ABGB Rz 1). Sie setzt aber voraus, dass überhaupt wohnungseigentumstaugliche Objekte in ausreichender Zahl vorhanden sind oder ohne unverhältnismäßigen Aufwand geschaffen werden können, und dass die Miteigentümer auch über ausreichende Mindestanteile verfügen, die die Zuweisung von Sondernutzungsrechten an konkreten Objekten erlauben (vgl RIS‑Justiz RS0101771; Würth in Rummel , ABGB 3 § 3 WEG Rz 6).

2. Eine Wohnung iSd § 2 Abs 2 WEG 2002 ist ein baulich abgeschlossener, nach der Verkehrsauffassung selbständiger Teil eines Gebäudes, der geeignet ist, der Befriedigung eines individuellen Wohnbedürfnisses von Menschen zu dienen. Diese Begriffsumschreibung hat das WEG 2002 der ständigen Rechtsprechung entnommen (vgl Würth aaO Rz 8 zu § 2 WEG). Schon vor dessen Geltung war nach der Verkehrsauffassung und höchstgerichtlichen Rechtsprechung für das Vorliegen einer „Wohnung“ die Selbständigkeit und Abgeschlossenheit eines Teils eines Gebäudes mit der Eignung, auf Dauer individuelle Wohnbedürfnisse zu befriedigen, maßgeblich (vgl RIS‑Justiz RS0060945; RS0069338).

3. Da sich ein Wohnungseigentumsobjekt stets zur Gänze auf ein und derselben Liegenschaft befinden muss, ist ein grenzüberschreitendes Wohnungseigentum nicht möglich ( Würth/Zingher/Kovanyi , Wohnrecht II 22 § 2 Rz 4, T. Hausmann in Hausmann/Vonkilch , Österreichisches Wohnrecht § 2 Rz 5; 5 Ob 41/94 = wobl 1994/65; vgl auch 5 Ob 37/01d; 5 Ob 160/01t; RIS-Justiz RS0082865). Für das Erfordernis „Abgeschlossenheit nach allen Seiten“ ergibt sich daraus, dass die Wohnung innerhalb der Grundstücksgrenzen baulich abgetrennt sein muss. Das wird im allgemeinen Verkehr üblicherweise durch die Errichtung einer Mauer erreicht. Entgegen der Ansicht der Revisionswerberin fehlt es ohne Durchführung entsprechender Baumaßnahmen an der Wohnungseigentumstauglichkeit der über die Grundstücksgrenze ragenden Wohnungen.

4. Die von der Beklagten angestrebte Naturalteilung durch Wohnungseigentumsbegründung ohne Vornahme der zur Herstellung der baulichen Abgeschlossenheit erforderlichen Umbauten kommt ‑ wie dargelegt ‑ schon aus rechtlichen Erwägungen nicht in Betracht. Damit ist der von ihr als Mangel des Berufungsverfahrens gerügte Umstand, dass sich das Gericht zweiter Instanz mit der Mängelrüge nicht auseinandersetzte, ohne Relevanz für den Verfahrensausgang.

5. Einer weiteren Begründung bedarf dieser Beschluss nicht (§ 510 Abs 3 ZPO).

Stichworte