OGH 6Ob49/14w

OGH6Ob49/14w10.4.2014

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisonsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, die Hofrätin des Obersten Gerichtshofs Dr. Grohmann und den Hofrat des Obersten Gerichtshofs Univ.‑Prof. Dr. Kodek als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei L***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinfried Eberl ua Rechtsanwälte in Salzburg, gegen die beklagte Partei V***** e. Gen., *****, vertreten durch Dr. Wolfgang Hirsch und Dr. Ursula Leissing, Rechtsanwälte in Bregenz, wegen Feststellung (Streitwert 63.000 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Urteil des Oberlandesgerichts Innsbruck als Berufungsgericht vom 14. Jänner 2014, GZ 4 R 194/13f‑44, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision wird mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen (§ 510 Abs 3 ZPO).

Begründung

Rechtliche Beurteilung

1. Entgegen den Revisionsausführungen ist das Berufungsgericht bei der Stattgebung des Feststellungsbegehrens nicht von der ständigen Rechtsprechung abgewichen. Der Revisionswerberin ist zuzugeben, dass eine Feststellungsklage nicht schon deshalb zulässig ist, weil sich der Schaden noch durch Zahlungen Dritter verringern könnte (RIS‑Justiz RS0038934 [T5]). Andererseits hat der Oberste Gerichtshof im Zusammenhang mit Anlegerschäden wiederholt ausgesprochen, dass dann, wenn das betreffende Wertpapier noch nicht verkauft ist und der rechnerische Schaden nach der Differenzmethode ermittelt werden kann, der Geschädigte auf die Feststellungsklage zu verweisen ist (RIS‑Justiz RS0120784). Wenn das Berufungsgericht in der vorliegenden Sonderkonstellation, in der nicht nur die zu erwartende Konkursquote, sondern auch die strittige Zuordnung einer Kreditausfallsversicherung zu verschiedenen Forderungen der klagenden Partei die Höhe des Klagebegehrens beeinflussen, zu der Auffassung gelangte, die vorliegende „perplexe Situation“ rechtfertige ein Feststellungsinteresse der klagenden Partei, so ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken. Insoweit entspricht der vorliegende Sachverhalt jenen Fällen, in denen der Oberste Gerichtshof in Anlegerfällen ausgesprochen hat, dass der Ersatzanspruch vor der Realisierung des erworbenen Anlageprodukts nicht beziffert werden kann (9 Ob 53/03i; 8 Ob 123/05d; vgl auch 1 Ob 115/11k).

2.1. Dazu kommt, dass die klagende Partei ohnedies auch ‑ wenngleich eventualiter ‑ ein Leistungsbe-gehren erhoben hat. Damit wäre aber für die beklagte Partei aus der Abweisung des Feststellungsbegehrens nichts zu gewinnen, müsste diesfalls doch dem Leistungsbegehren stattgegeben werden.

2.2. Die Ansprüche der klagenden Partei sind auch nicht verjährt. Nach neuerer Rechtsprechung kann nämlich ein Schaden, der von Anfang an nicht mit Feststellungs‑, sondern mit Leistungsbegehren geltend zu machen gewesen wäre, nicht zur Abweisung auch des Leistungsbegehrens wegen Verjährung führen, wenn jedenfalls eines dieser Begehren innerhalb der Verjährungsfrist erhoben wurde und eines der Begehren inhaltlich berechtigt ist (6 Ob 53/13g, 4 Ob 135/13a), kann doch die beklagte Partei in diesem Fall nicht (berechtigt) davon ausgehen, sie werde nicht mehr in Anspruch genommen werden.

3. Nach den Feststellungen der Vorinstanzen hatte die klagende Partei Treibstoffe an die Firma S***** geliefert, die in der Hoffnung darauf, noch einen Investor zu finden, die (rechtzeitige) Stellung eines Konkursantrags unterließ. Dies billigte und unterstützte die beklagte Partei, der klar war, dass es zur Insolvenz der Firma S***** kommen würde, wenn kein Investor gefunden würde. Die Geschäftspartner von S*****, darunter die klagende Partei, wurden darüber nicht aufgeklärt, um den Geschäftsbetrieb aufrechterhalten zu können. Hätte die klagende Partei von den Problemen der Firma S***** gewusst, hätte sie im März 2010 evidentermaßen keine Treibstoffe mehr geliefert, jedenfalls nicht unter Kreditierung des Kaufpreises. Damit hat die beklagte Partei letztlich aber durch ihr Gesamtverhalten die Klägerin zur Lieferung von Treibstoff trotz drohender Insolvenzgefahr verleitet, wobei die beklagte Partei aufgrund der Zession der Kundenforderungen der Firma S***** an die Beklagte auch wusste, dass sie im Fall der Insolvenz von den Lieferungen der Klägerin wirtschaftlich profitieren würde, weil diesfalls ihr der Veräußerungserlös zugute käme, während die Lieferanten wie die klagende Partei nicht bedient würden. Wenn die Vorinstanzen in dieser Konstellation die Voraussetzungen eines Schadenersatzanspruchs nach § 1295 Abs 2 ABGB bejaht haben, so ist darin keine vom Obersten Gerichtshof im Interesse der Rechtssicherheit aufzugreifende Fehlbeurteilung zu erblicken, zumal die Frage, ob Sittenwidrigkeit vorliegt, regelmäßig eine solche des Einzelfalls darstellt (RIS‑Justiz RS0042881 [T6]).

4. Damit bringt die beklagte Partei aber keine Rechtsfrage der im § 502 Abs 1 ZPO geforderten Bedeutung zur Darstellung, sodass die Revision spruchgemäß zurückzuweisen war.

Stichworte