OGH 4Ob218/13g

OGH4Ob218/13g25.3.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch die Vizepräsidentin Dr. Schenk als Vorsitzende und durch die Hofräte Dr. Vogel, Dr. Jensik, Dr. Musger und Dr. Schwarzenbacher als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei B***** e.Gen.m.b.H., *****, vertreten durch Mag. Dr. Bernhard Glawitsch und Mag. Ernst Sutter, Rechtsanwälte in Linz, gegen die beklagte Partei Ö***** AG, *****, vertreten durch Mag. Franz Podovsovnik, Rechtsanwalt in Wien, wegen 323.400 EUR sA, über den Rekurs der beklagten Partei gegen den Beschluss des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 30. August 2013, GZ 38 R 48/13k‑22, womit das Urteil des Bezirksgerichts Favoriten vom 23. November 2012, GZ 3 C 718/12m‑18, aufgehoben wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Rekurs wird nicht Folge gegeben.

Die Kosten des Rekursverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung

Die Klägerin war seit 1979 Bestandnehmerin auf einer Liegenschaft der Beklagten im Bereich des ehemaligen Südbahnhofs; darauf war bereits bei Abschluss des Bestandvertrags ein Superädifikat errichtet. Im Jahr 2008 kamen die Streitteile ‑ insbesondere wegen des bevorstehenden Umbaus des Areals im Zuge der Errichtung des Hauptbahnhofs ‑ überein, das Bestandverhältnis aufzulösen. Sie schlossen am 25. 7. 2008 einen gerichtlichen Räumungsvergleich zum 31. 12. 2008 ab und vereinbarten am selben Tag, dass die auf der Liegenschaft errichteten Superädifikate samt Ein- und Umbauten auf dieser verbleiben und in das Eigentum der Beklagten übergehen sollten. In Anlehnung an eine Amortisationsvereinbarung im Hauptvertrag (Amortisationspflicht der Beklagten gegenüber der Klägerin betreffend die auf der Bestandsache errichteten Baulichkeiten bis 31. 12. 2011) und unter Berücksichtigung eines Wertermittlungsgutachtens verpflichtete sich die Beklagte zur Zahlung eines Betrags von 241.000 EUR sowie eines Investitionskostenbeitrags von 28.500 EUR, sohin insgesamt eines Betrags von 269.500 EUR Zug um Zug gegen vereinbarte Übergabe und Rechnungslegung. Spätestens im Jänner 2009 wurde das Bestandobjekt gemäß der Räumungsverpflichtung an die Beklagte übergeben. Eine Zahlung leistete diese jedoch nicht.

Die Klägerin begehrt von der Beklagten die Zahlung von 269.500 EUR samt USt, insgesamt daher 323.400 EUR, aus der Vereinbarung vom 25. 7. 2008.

Die Beklagte wendete unter anderem Verjährung des Klagsanspruchs ein. Zwischen dem Zeitpunkt der Fälligkeit im Oktober/November 2008/längstens Jänner 2009 und der Klageeinbringung vom 16. 5. 2012 lägen mehr als drei Jahre.

Das Erstgericht wies die Klage wegen Verjährung gemäß § 1486 Z 1 ABGB ab. Es handle sich um eine Forderung für Lieferung von Sachen oder Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb. Zum Geschäftsbetrieb der Beklagten gehöre auch der Betrieb und die Errichtung eines Bahnhofsgeländes. Zu beachten sei auch, dass die eingeklagte Forderung Zug um Zug gegen geräumte Übergabe des Bestandobjekts fällig sein sollte. Für die Übergabe sei ein Exekutionstitel geschaffen worden, der gemäß § 575 ZPO binnen sechs Monaten nach Eintritt der Räumungsverpflichtung außer Kraft getreten wäre, wenn bis dahin keine Exekution beantragt worden wäre. Es wäre daher völlig systemwidrig, wenn die Durchsetzung der Räumungsverpflichtung bis spätestens 30. 6. 2009 hätte erfolgen müssen und für die Durchsetzung der Zahlungsverpflichtung 30 Jahre Zeit zur Verfügung stünden.

Das Berufungsgericht hob das Urteil des Erstgerichts auf und trug ihm eine neue Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf. Den Rekurs an den Obersten Gerichtshof ließ es mit der Begründung zu, bei der Frage, ob Forderungen aus dem Verkauf eines Superädifikats oder einer Investitionsablöse für ein Superädifikat der kurzen Verjährungsfrist des § 1486 ABGB unterliegen, handle es sich um eine Rechtsfrage grundsätzlicher Bedeutung, zu der noch keine höchstgerichtliche Rechtsprechung bestehe. Das Berufungsgericht erachtete die Klageforderung nicht als verjährt. Weder die Aufgabe der Mietrechte noch die Rückstellung des Bestandobjekts falle unter die Bestimmung des § 1486 ABGB. Ein vertraglich zugesicherter Investitionskostenersatz unterliege der dreißigjährigen Verjährungsfrist des § 1479 ABGB. Wenn man die Investitionskostenablöse als Gegenleistung für die Übereignung des Superädifikats sähe, entspräche dies einer Forderung aus einem Grundstücksverkauf, zumal ein Gebäude nicht iSv § 1486 ABGB „geliefert“ werden könne.

Dagegen richtet sich der Rekurs der Beklagten mit dem Antrag, das erstgerichtliche Urteil wiederherzustellen. Die Forderung für die Übereignung eines Superädifikats, welche im Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb des Anspruchsberechtigten stehe, sei eine Forderung für die Lieferung einer Sache bzw eine sonstige Leistung iSd § 1486 Z 1 ABGB. Dasselbe gelte für die Forderung (im Geschäftsbetrieb) für die Aufgabe von Mietrechten oder die Rückstellung eines Bestandobjekts. Die vom Berufungsgericht dargelegte Rechtsansicht, wonach die Verjährungsbestimmungen über den Verkauf von Liegenschaften anzuwenden seien, sei überraschend. Das Berufungsverfahren sei daher mangelhaft geblieben.

Die Klägerin beantragt in ihrer Rekursbeantwortung, das Rechtsmittel der Beklagten zurückzuweisen bzw ihm nicht Folge zu geben.

Rechtliche Beurteilung

Der Rekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. § 1486 Z 1 ABGB unterwirft Forderungen für die Lieferung von Sachen oder die Ausführung von Arbeiten oder sonstige Leistungen in einem gewerblichen, kaufmännischen oder sonstigen geschäftlichen Betrieb der dreijährigen Verjährung, also Forderungen des Verkäufers bzw Unternehmers auf die Gegenleistung des Käufers bzw des Bestellers, nicht aber die Forderung des Verkäufers bzw Unternehmers auf Rückzahlung eines Teils der eigenen Leistung (RIS‑Justiz RS0034280); auch nicht Forderungen aus der Veräußerung eines Unternehmens oder von Teilen eines Unternehmens (RIS‑Justiz RS0034308; RS0034298).

2. Rechte aus einem Vertrag verjähren nach §§ 1478 ff ABGB mangels einer kürzeren Verjährungsfrist in dreißig Jahren (RIS‑Justiz RS0080886); so auch die Forderung nach Leistung eines vertraglich zugesagten Investitionskostenersatzes (8 Ob 524/89 = RIS‑Justiz RS0080886 [T1]).

3. Wenn Gegenstand des Kaufvertrags der Erwerb einer unbeweglichen Sache ist, verjährt die Kaufpreisforderung nicht in drei Jahren (RIS‑Justiz RS0034175).

4. Superädifikate gelten zwar als bewegliche Sachen. Die Übertragung von Rechten an Superädifikaten erfolgt aber ‑ nicht anders als bei nicht verbücherten Liegenschaften ‑ durch Urkundenhinterlegung nach dem UHG; die Bestimmungen über die Zwangsversteigerung von Liegenschaften wurden auch auf Superädifikate ausgedehnt, und Superädifikate werden auch im Gewährleistungsrecht als unbewegliche Sachen behandelt (9 Ob 29/11x). Ein Bestandvertrag über ein Grundstück, auf dem sich ein mit Zustimmung des Grundeigentümers vom Vormieter errichtetes Superädifikat befindet, das nach dem Willen der vertragsschließenden Parteien der dauernden Wohnraumversorgung oder der geschäftlichen Betätigung des Mieters dienen soll, unterliegt den Bestimmungen des MRG (RIS‑Justiz RS0069261).

5. Die Klageforderung besteht einerseits aus einem ‑ im Vertrag so bezeichneten -Investitionskostenbeitrag (28.500 EUR + USt) und andererseits aus einer Zahlungsverpflichtung der Beklagten aus einer Amortisationsvereinbarung (241.000 EUR + USt). Diese vertraglich vereinbarte Zahlungsverpflichtung hat ihre Grundlage in der vorzeitigen Beendigung des Bestandvertrags und der (laut Bestandvertrag bestehenden) Amortisationspflicht der Beklagten betreffend die auf der Bestandsache errichteten Baulichkeiten bis 31. 12. 2011. Sie steht damit in einem synallagmatischen Zusammenhang mit der Zustimmung der Klägerin zur vorzeitigen Aufgabe ihrer Bestandrechte. Die Klageforderung ist daher insgesamt als eine Art Investitions- oder Aufwandersatz zu sehen. Eine Qualifizierung als Kaufvertrag über die auf der Liegenschaft befindlichen Superädifikate scheidet schon aus Mangel am Interesse an diesen Bauwerken seitens der Beklagten aus, zumal sie nach Räumung durch die Klägerin abgerissen wurden.

6. Es trifft zwar zu, dass der gegenständliche Vertragsanspruch in einem Zusammenhang mit der unternehmerischen Tätigkeit beider Streitteile steht, jedoch handelt es sich dabei nicht um eine „sonstige Leistung in einem geschäftlichen Betrieb“ iSd § 1486 Z 1 ABGB, sondern um eine Art Gelegenheitserwerb (vgl 6 Ob 64/05p; RIS‑Justiz RS0034149), liegt doch die Rückforderung von getätigten Investitionen nicht im Geschäftszweck der Klägerin. Der Klageanspruch fällt daher nicht unter die Bestimmung des § 1486 Z 1 ABGB.

7. Die Aufzählung des § 1486 ABGB ist taxativ, schließt aber eine Analogie nicht aus (RIS‑Justiz RS0034205 [T1]). Im vorliegenden Fall ist aber auch eine Analogie nicht geboten, weil die Klageforderung nicht in einem engen Zusammenhang mit dem Geschäftsbetrieb der Klägerin steht und es sich hier schlicht um die Abwicklung eines Bestandverhältnisses handelt. Wie bereits ausgeführt, unterliegen Vertragsansprüche ‑ insbesondere auch solche auf Investitionskostenersatz ‑ grundsätzlich der allgemeinen, 30‑jährigen Verjährungsfrist. Dasselbe gilt für Liegenschaftstransaktionen (auch im Zusammenhang mit Superädifikaten).

8. Das Berufungsgericht hat daher zutreffend die Verjährung des Klagsanspruchs verneint.

9. Der im Rekurs gerügte Mangel des Berufungsverfahrens liegt nicht vor (§ 510 Abs 3 Satz 3 ZPO).

10. Dem Rekurs der Beklagten ist somit nicht Folge zu geben.

11. Die Kostenentscheidung gründet auf § 52 ZPO.

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