OGH 10Ob9/14t

OGH10Ob9/14t25.2.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr. Hradil als Vorsitzenden und durch die Hofräte Dr. Fellinger, Dr. Hoch und Dr. Schramm sowie die Hofrätin Dr. Fichtenau als weitere Richter in der Verlassenschaftssache nach dem am ***** verstorbenen K*****, zuletzt wohnhaft in *****, über den außerordentlichen Revisionsrekurs der erbl. Tochter D*****, vertreten durch Dr. Christian Pichler, Rechtsanwalt in Reutte, gegen den Beschluss des Landesgerichts Innsbruck als Rekursgericht vom 13. September 2013, GZ 52 R 85/13a‑145, womit der Beschluss des Bezirksgerichts Reutte vom 28. Mai 2013, GZ 3 A 1/12b‑139, bestätigt und im Kostenpunkt abgeändert wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2014:0100OB00009.14T.0225.000

 

Spruch:

Der Akt wird dem Erstgericht zurückgestellt.

 

Begründung:

Das Erstgericht wies „das Erbrecht“ (gemeint: die Erbantrittserklärung) der Revisionsrekurswerberin als ehelicher Tochter des Erblassers aufgrund des Testaments vom 16. 3. 2009 ab und stellte „das Erbrecht“ der E***** aus dem Titel der gesetzlichen Erbfolge mit einem Drittel fest. Als Begründung führte es aus, das 2009 errichtete Testament sei formungültig, E***** komme das gesetzliche Erbrecht zu, da der Erblasser die Vaterschaft zu ihr anerkannt habe.

Mit dem angefochtenen Beschluss gab das Rekursgericht dem Rekurs der ehelichen Tochter nicht Folge und bestätigte den Beschluss des Erstgerichts mit der Maßgabe, dass es deren Erbantrittserklärung aus dem Titel des am 16. 3. 2009 errichteten Testaments abwies. Es sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und der ordentliche Revisionrekurs nicht zulässig ist. Dem von E***** erhobenen Kostenrekurs gab es teilweise Folge.

Gegen die Entscheidung des Rekursgerichts erhob die eheliche Tochter ein als „außerordentlicher Revisionrekurs“ bezeichnetes Rechtsmittel, in eventu „Zulassungsvorstellung gemäß § 63 Abs 1 AußStrG verbunden mit Revisionsrekurs“. Das Erstgericht legte dieses Rechtsmittel dem Obersten Gerichtshof vor.

Rechtliche Beurteilung

Diese Vorlage entspricht nicht dem Gesetz:

1. Nach § 62 Abs 3 AußStrG ist der Revisionsrekurs ‑ außer im Fall der Abänderung des Zulassungsausspruchs nach § 63 Abs 3 AußStrG ‑ jedenfalls unzulässig, wenn der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und das Rekursgericht nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt hat. Dies gilt gemäß § 62 Abs 4 AußStrG nicht, soweit der Entscheidungsgegenstand nicht rein vermögensrechtlicher Natur ist.

2. Bei der Beurteilung der Frage, ob ein rein vermögensrechtlicher oder ein nicht rein vermögensrechtlicher Entscheidungsgegenstand vorliegt, ist der Entscheidungsgegenstand der Hauptsache maßgeblich, auch wenn es um verfahrensrechtliche Fragen geht. In Verlassenschaftssachen liegt regelmäßig ein Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur vor (RIS‑Justiz RS0122922), führen die Ansprüche aus dem Verlassenschaftsverfahren doch dazu, dass die Vermögenslage des Erben verändert werden kann (RIS‑Justiz RS0109919; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG, § 59 Rz 23). Auch bei der hier in Frage stehenden Abweisung einer Erbantrittserklärung geht es somit um einen Anspruch rein vermögensrechtlicher Natur (10 Ob 15/07i mwN; 8 Ob 6/06z; Kodek in Gitschthaler/Höllwerth , AußStrG, § 59 Rz 25).

3. Besteht ‑ wie im vorliegenden Fall ‑ der Entscheidungsgegenstand rein vermögensrechtlicher Natur nicht ausschließlich in einem Geldbetrag, hat das Rekursgericht zutreffenderweise einen Bewertungsausspruch getroffen (§ 59 Abs 2 AußStrG).

4. Hat das Rekursgericht ausgesprochen, dass der Entscheidungsgegenstand an Geld oder Geldeswert insgesamt 30.000 EUR nicht übersteigt und hat es  nach § 59 Abs 1 Z 2 AußStrG den ordentlichen Revisionsrekurs für nicht zulässig erklärt, steht dem Rechtsmittelwerber nur der Rechtsbehelf der Zulassungsvorstellung nach § 63 AußStrG zur Verfügung. Das Rechtsmittel ist in diesem Fall vom Erstgericht nicht dem Obersten Gerichtshof, sondern unter Anschluss der eigenen Akten dem Rekursgericht vorzulegen (§ 69 Abs 3 AußStrG).

5. Wird im Anwendungsbereich des § 63 Abs 1 AußStrG anstelle der Zulassungsvorstellung ein außerordentlicher Revisionsrekurs erhoben, so ist das Rechtsmittel ‑ auch wenn es direkt an den Obersten Gerichtshof gerichtet ist ‑ dem Rekursgericht vorzulegen, weil es in sinngemäßer Anwendung des § 84 Abs 2 zweiter Satz ZPO als Zulassungsantrag zu werten ist. Solange das Rekursgericht nicht auf eine Abänderung des Zulässigkeitsausspruchs entschieden hat, ist der Oberste Gerichtshof sowohl betreffend die Frage der Zulässigkeit und der Rechtzeitigkeit des Revisionsrekurses als auch hinsichtlich dessen inhaltlicher Berechtigung funktionell unzuständig (RIS‑Justiz RS0109623 [T20]).

Das Erstgericht wird somit das Rechtsmittel dem Rekursgericht vorzulegen haben.

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