VfGH A1/12

VfGHA1/1228.2.2012

Zurückweisung der Klage gegen eine Gemeinde auf Rückzahlung zu Unrecht einbehaltener Kanalbenützungsgebühr; Möglichkeit der Erwirkung eines Bescheides über die Gebührlichkeit des Anspruches

Normen

B-VG Art137 / Bescheid
BAO §1 Abs1, §215, §239
B-VG Art137 / Bescheid
BAO §1 Abs1, §215, §239

 

Spruch:

Die Klage wird zurückgewiesen.

Begründung

Begründung

1. Mit der vorliegenden auf Art137 B-VG gestützten Klage begehrt die klagende Partei von der beklagten Partei die Rückzahlung von € 4.080,79 s.A. Dieser Betrag sei der klagenden Partei mit dem im Instanzenzug ergangenen Bescheid des Gemeindevorstandes der Marktgemeinde Fels am Wagram vom 2. März 2011 als schmutzfrachtbezogener Anteil an der Kanalbenützungsgebühr für das Grundstück mit der Adresse Flugplatzstraße 12 in Fels am Wagram vorgeschrieben worden. Dieser (im eigenen Wirkungsbereich der Gemeinde erlassene) Bescheid sei jedoch mit Bescheid der Niederösterreichischen Landesregierung vom 7. Oktober 2011 auf Grund einer Vorstellung der klagenden Partei behoben worden. Mit Schreiben vom 23. November 2011 habe die klagende Partei die beklagte Partei zur Rückzahlung des zu Unrecht einbehaltenen Betrages aufgefordert. Eine Reaktion der beklagten Partei sei nicht erfolgt.

2. Gemäß Art137 B-VG erkennt der Verfassungsgerichtshof über vermögensrechtliche Ansprüche gegen den Bund, die Länder, die Gemeinden und die Gemeindeverbände, die weder im ordentlichen Rechtsweg auszutragen, noch durch Bescheid einer Verwaltungsbehörde zu erledigen sind.

3. Der Gesetzgeber hat Verfahren zur Durchsetzung behaupteter Rückzahlungsansprüche geschaffen: Nach §215 Abs1 BAO (gemäß §1 Abs1 BAO ist dieses Bundesgesetz nunmehr auch auf landesrechtlich geregelte Abgaben anzuwenden) ist ein sich aus der Gebarung (§213) unter Außerachtlassung von Abgaben, deren Einhebung ausgesetzt ist, ergebendes Guthaben eines Abgabepflichtigen zur Tilgung fälliger Abgabenschuldigkeiten zu verwenden, die dieser Abgabepflichtige bei derselben Abgabenbehörde hat; dies gilt nicht, soweit die Einhebung der fälligen Schuldigkeiten ausgesetzt ist. Soweit eine derartige Verwendung nicht möglich ist, sind nach §215 Abs4 leg.cit. Guthaben nach Maßgabe der Bestimmungen des §239 zurückzuzahlen oder unter sinngemäßer Anwendung dieser Bestimmungen über Antrag des zur Verfügung über das Guthaben Berechtigten zugunsten eines anderen Abgabepflichtigen umzubuchen oder zu überrechnen. Nach §216 BAO ist mit Bescheid (Abrechnungsbescheid) über die Richtigkeit der Verbuchung der Gebarung (§213) sowie darüber, ob und inwieweit eine Zahlungsverpflichtung durch Erfüllung eines bestimmten Tilgungstatbestandes erloschen ist, auf Antrag des Abgabepflichtigen (§77) abzusprechen. §239 BAO sieht vor, dass die Rückzahlung von Guthaben (§215 Abs4) auf Antrag des Abgabepflichtigen oder von Amts wegen erfolgen kann.

Wie die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (etwa 23.10.2008, 2008/16/0116) zeigt, ist über einen auf §239 BAO gestützten Rückzahlungsantrag - den die klagende Partei ihrem Vorbringen nach mit dem Schreiben vom 23. November 2011 schon gestellt haben dürfte -, sofern ihm nicht formlos Folge gegeben wird, mit Bescheid zu entscheiden (s. auch Ryda/Langheinrich, Anbringen in der Bundesabgabenordnung und deren Behandlung durch die Abgabenbehörde, Teil II, FJ 2002, 212). Dasselbe gilt nach dem klaren Gesetzeswortlaut für einen Antrag auf Abrechnung nach §216 BAO. Für die klagende Partei bestehen somit, wie der Verfassungsgerichtshof bereits im Erkenntnis VfSlg. 16.931/2003 zu einem ähnlich gelagerten Klagebegehren ausgesprochen hat, Möglichkeiten, bei der zuständigen Behörde einen Bescheid über die Gebührlichkeit des von ihr vor dem Verfassungsgerichthof geltend gemachten Anspruches zu erwirken. Somit fehlt es an einer Prozessvoraussetzung für ein Verfahren nach Art137 B-VG, weshalb die Klage ohne weiteres Verfahren zurückzuweisen ist.

4. Diese Entscheidung konnte gemäß §19 Abs3 Z2 lita iVm §7 Abs2 lita VfGG ohne Durchführung einer mündlichen Verhandlung in nichtöffentlicher Sitzung getroffen werden.

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