OGH 3Ob249/13h

OGH3Ob249/13h22.1.2014

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Dr.

Prückner als Vorsitzenden sowie den Hofrat Univ.‑Prof. Dr. Neumayr, die Hofrätin Dr. Lovrek und die Hofräte Dr. Jensik und Dr. Roch als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei A*****, vertreten durch Mag. Angelika Prüfling, Rechtsanwältin in Wien, gegen die beklagte Partei Verlassenschaft nach der am ***** geborenen und am ***** verstorbenen, zuletzt in *****, wohnhaft gewesenen M*****, vertreten durch den Verlassenschaftskurator Dr. Christian Lang, Rechtsanwalt in Wien, und des auf ihrer Seite beigetretenen Nebenintervenienten K*****, vertreten durch Dr. Carl Benkhofer, Rechtsanwalt in Wien, wegen Aufkündigung, infolge außerordentlicher Revision des Nebenintervenienten gegen das Urteil des Landesgerichts für Zivilrechtssachen Wien als Berufungsgericht vom 15. Oktober 2013, GZ 38 R 122/13t‑38, womit infolge Berufungen der beklagten Partei und des Nebenintervenienten das Urteil des Bezirksgerichts Meidling vom 12. Februar 2013, GZ 6 C 384/12x‑29, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Die außerordentliche Revision des Nebenintervenienten wird gemäß § 508a Abs 2 ZPO mangels der Voraussetzungen des § 502 Abs 1 ZPO zurückgewiesen.

Begründung

Im Streit über die Wirksamkeit der Aufkündigung haben die Vorinstanzen die Passivlegitimation der Verlassenschaft nach der vormaligen Mieterin, die am ***** verstorben ist, mit der Begründung bejaht, dass der Nebenintervenient, der Sohn der Verstorbenen mangels eines gemeinsamen Haushalts die von § 14 Abs 3 Satz 1 MRG geforderten Voraussetzungen für den Eintritt in den Mietvertrag nicht erfülle; da es zu keiner Sonderrechtsnachfolge nach § 14 Abs 2 und 3 MRG gekommen sei, bleibe die Verlassenschaft (der ruhende Nachlass) weiterhin Mieterin.

Nach den vom Berufungsgericht übernommenen Feststellungen des Erstgerichts benützte der an der Adresse seiner Mutter gemeldete Nebenintervenient auch im Jahr 2012 die Wohnung nicht zu Wohnzwecken; er kam nur alle paar Wochen kurz wegen der Post und der Pflanzen vorbei. Nach mehrjähriger krankheitsbedingter Abwesenheit (sowohl von Mutter als auch Sohn) wäre er spätestens ab 2012 wieder in der Lage gewesen, in der Wohnung zu wohnen. Bei der Mutter bestand bis zu ihrem Tod die Absicht, in die Wohnung zurückzukehren.

In seiner außerordentlichen Revision stellt der Nebenintervenient keine erhebliche Rechtsfrage dar. Er rückt in den Vordergrund, dass die Frage der Passivlegitimation unrichtig gelöst worden sei. Fehle eine eintrittsberechtigte Person, würden die Hauptmietrechte mit Rechtskraft der Einantwortung auf die Erben übergehen. Auch die Eintrittsberechtigung sei im Hinblick auf die Rückkehrabsicht des Nebenintervenienten in die Wohnung unrichtig gelöst worden.

Rechtliche Beurteilung

1. Nun ist zwar richtig, dass keine Feststellungen über das Ergebnis des Verlassenschaftsverfahrens getroffen wurden. Dieses ergibt sich aber eindeutig aus dem Verlassenschaftsakt 1 A 48/12h des Bezirksgerichts Meidling und wurde auch dem weiteren Verfahren zugrunde gelegt (wie allein schon die Bestellung eines Verlassenschaftskurators zeigt, der noch im Berufungsstadium für die Verlassenschaft aufgetreten ist): Das Verlassenschaftsgericht hat den drei Kindern der Verstorbenen, darunter dem Nebenintervenienten am 28. Juni 2012 mitgeteilt, dass mangels an Aktiven die Abhandlung gemäß § 153 Abs 1 AußStrG unterbleibt.

Im erstinstanzlichen Verfahren haben sich die beklagte Partei (ON 6 und ON 11/AS 39 verso) und der Nebenintervenient (siehe ON 8 und 18) zwar auf die fehlende Passivlegitimation der Verlassenschaft berufen, allerdings im Hinblick auf die Sonderrechtsnachfolge im Sinne des § 14 MRG und nicht wegen einer Einantwortung der Verlassenschaft an die Erben.

Findet eine Einantwortung nicht statt, bleibt die Passivlegitimation der Verlassenschaft bestehen (RIS‑Justiz RS0013117).

2. Bei der Beurteilung der Eintrittsvoraussetzung des gemeinsamen Haushalts gemäß § 14 Abs 3 MRG ist auf die faktischen Verhältnisse abzustellen (RIS‑Justiz RS0107188 [T2]). Gemeinsamer Haushalt setzt ein auf Dauer ausgerichtetes gemeinsames Wohnen und Wirtschaften voraus (RIS‑Justiz RS0069741 [T2]). Ob eine ‑ auch längere ‑ Abwesenheit vorübergehend oder auf Dauer ist, bestimmt sich nicht bloß nach ihrer Dauer; ausschlaggebend ist vielmehr die Willensrichtung der Betroffenen. Ist die Abwesenheit krankheitsbedingt, dann steht auch ihre längere Dauer der Annahme des Fortbestehens des gemeinsamen Haushalts nicht entgegen, sofern die Absicht, in die Wohnung zurückzukehren, fortbesteht und ihre Verwirklichung nicht schlechthin ausgeschlossen ist (RIS‑Justiz RS0069705).

Jedenfalls hängt die Beantwortung der Frage, wie die für die Annahme des Bestehens einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft maßgeblichen Kriterien zu gewichten sind, von den Umständen des Einzelfalls ab (RIS‑Justiz RS0043702).

Die Vorinstanzen haben sich ausführlich mit der Frage auseinandergesetzt, ob die verstorbene Mieterin und ihr Sohn zum maßgeblichen Zeitpunkt, dem Tod der bisherigen Mieterin (RIS‑Justiz RS0069744) im gemeinsamen Haushalt (im Sinne einer Wohn- und Wirtschaftsgemeinschaft) in der Wohnung lebten. Dabei haben sie auch die krankheitsbedingt erzwungene mehrjährige Abwesenheit sowohl der Mutter als auch des Sohnes berücksichtigt. Sie zogen daraus, dass der Nebenintervenient nicht mehr in die Wohnung zog, obwohl ihm dies spätestens ab 2012 wieder möglich gewesen wäre, auf die Aufgabe der Absicht, die Haushaltsgemeinschaft mit der Mutter (im Fall ihrer intendierten Rückkehr in die Wohnung) aufrechtzuerhalten, weil seine Abwesenheit nicht mehr durch gesundheitliche Umstände erzwungen gewesen sei. Diese Beurteilung hält sich im Rahmen der höchstgerichtlichen Rechtsprechung und bedarf keiner Korrektur aus Gründen der Rechtssicherheit.

3. Mangels erheblicher Rechtsfrage (§ 502 Abs 1 ZPO) ist die außerordentliche Revision des Nebenintervenienten zurückzuweisen.

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