OGH 6Ob62/13f

OGH6Ob62/13f30.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat als Revisionsgericht durch den Senatspräsidenten des Obersten Gerichtshofs Hon.‑Prof. Dr. Pimmer als Vorsitzenden und durch die Hofräte des Obersten Gerichtshofs Dr. Schramm, Dr. Gitschthaler, Univ.‑Prof. Dr. Kodek und Dr. Nowotny als weitere Richter in der Rechtssache der klagenden Partei H***** B***** GmbH, *****, vertreten durch Dr. Reinhard Bruzek, Dr. Heinz Ager und Dr. Hubertus Bruzek, Rechtsanwälte in Elsbethen, gegen die beklagte Partei DI W***** P*****, vertreten durch Dr. Franz Zimmermann, Rechtsanwalt in Klagenfurt, wegen 32.159,33 EUR sA (Revisionsinteresse 30.223,08 EUR), über die außerordentliche Revision der beklagten Partei gegen das Teilurteil des Oberlandesgerichts Graz als Berufungsgericht vom 7. Februar 2013, GZ 3 R 204/12p‑150, womit das Urteil des Landesgerichts Klagenfurt vom 15. September 2012, GZ 29 Cg 130/05v‑145, teilweise bestätigt wurde, in nichtöffentlicher Sitzung den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0060OB00062.13F.0930.000

 

Spruch:

Der Revision wird Folge gegeben.

Die Entscheidungen der Vorinstanzen werden aufgehoben. Dem Erstgericht wird die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung aufgetragen.

Die Kosten des Revisionsverfahrens sind weitere Verfahrenskosten.

Begründung:

Im Jahre 2002 lieferte die Klägerin an die ***** L***** OEG als Verarbeiterin (im Folgenden L***** OEG) Aluminiumprofile, die aus Polyamid‑Hohlprofilleisten im Verbund mit Alu‑Hohlprofilen bestanden und eine sehr filigrane Konstruktion waren. Die L***** OEG benötigte diese zur Umsetzung des Bauvorhabens Volksschule V*****, musste sie zu diesem Zwecke weiterverarbeiten und beauftragte daher die G***** GmbH & Co KG (im Folgenden G***** KG), 6 m lange Aluminiumprofile zu beschichten. Im Rahmen dieses Beschichtungsvorgangs kam es zu Verformungen der Aluminiumprofile. Obwohl der G***** KG die entsprechenden Herstellerhinweise, die eine sogenannte Mittenunterstützung vorsahen, die ein Durchhängen der Profilstangen bei deren Erwärmung im Zuge des Beschichtungsvorgangs auf 180° bis 200° verhindern hätten sollen, bekannt waren, nahm sie von dieser Maßnahme Abstand und verwendete ihr eigenes Aufhängesystem, was bei einer noch unbekannten Stückzahl der von der G***** KG beschichteten Aluminiumprofile zu Verformungen, insbesondere zu Verdrehungen in einer Mindestlänge von 10 bis 40 cm an den Enden, führte. Die L***** OEG bemängelte diese unterschiedlich stark ausgeprägten Verformungen der Aluminiumprofile.

Im Verfahren 3 C 27/03z des Bezirksgerichts Feldkirchen machte die G***** KG als Klägerin ihren Werklohn für die Beschichtung gegenüber der L***** OEG als Beklagte mit dem Betrag von 5.871,07 EUR sA geltend. Die L***** OEG behauptete Mängel bei der Beschichtung ‑ nämlich deren nicht sach‑ und fachgerechte Durchführung ‑ und hielt der Klagsforderung einen Schaden aus der Nachbestellung der Aluminiumprofile bis zu deren Höhe als Gegenforderung aufrechnungsweise entgegen. Die nunmehrige Klägerin nahm an diesem Prozess als Nebenintervenientin auf Seiten der L***** OEG teil.

Dem Klagebegehren wurde nach Verneinung der Gegenforderung rechtskräftig stattgegeben, weil das Gericht, dem Gutachten des nunmehrigen Beklagten als Sachverständigen folgend, zum Ergebnis kam, dass sowohl bei der Beschichtung als auch beim Aufhängen der Profile dem Stand der Technik entsprochen und die Beschichtung daher ordnungsgemäß durchgeführt worden sei. Die Verdrehungen im Endbereich seien durch das verwendete Material (zwei verschiedene Werkstoffe) bedingt bzw, soferne es zu größeren Verdrehungen gekommen sei, auf einen Fehler der Nebenintervenientin (= nunmehrige Klägerin) zurückzuführen gewesen.

Im Verfahren 2 C 32/05p des Landesgerichts Salzburg machte die L***** OEG als Klägerin ihren mit 22.573,54 EUR sA bezifferten Schaden gegen die nunmehrige Klägerin als dort Beklagte geltend. Der nunmehrige Beklagte (= Gerichtssachverständiger im Vorverfahren) nahm nach Streitverkündung durch die nunmehrige Klägerin auf Seiten der L***** OEG als Nebenintervenient am Verfahren teil. Dieses endete mit einem der Klage stattgebenden Urteil. Dies wurde im Wesentlichen mit der Bindungswirkung der Feststellung im Vorprozess des Bezirksgerichts Feldkirchen (dass die Verdrehungen im Endbereich bis zu 1 m durch einen Materialfehler des Profilherstellers entstanden seien) begründet.

Im vorliegenden Verfahren begehrt die Klägerin vom beklagten Sachverständigen eine Schadenersatzzahlung von 32.159,33 EUR sA, die sich einerseits aus dem Betrag von 30.223,08 EUR, zu deren Zahlung die Klägerin im Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg verurteilt worden war, zusammensetzt; darin sind 22.573,57 EUR an Kapital, 2.048,64 EUR an Zinsen, 3.749,15 EUR an Verfahrenskosten, zu zahlen an die L***** OEG als dortige Klägerin, und 1.851,72 EUR an Verfahrenskosten, zu zahlen an den hier beklagten Sachverständigen als dortigen Nebenintervenienten, enthalten; andererseits ist dies der Betrag von 1.936,25 EUR an eigenen Vertretungskosten, die die Klägerin als Nebenintervenientin im Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen nicht ersetzt bekommen hat.

Die Klägerin wirft dem beklagten Sachverständigen vor, durch sein unrichtiges Gutachten im Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen seien dort bindende Feststellungen über einen von der Klägerin zu verantwortenden Materialfehler unter gleichzeitiger Verneinung eines Beschichtungsfehlers durch die G***** KG getroffen worden, die zum Unterliegen der Klägerin im Folgeverfahren vor dem Landesgericht Salzburg geführt hätten. Aufgrund dieses unrichtig erstatteten Gutachtens seien das Bezirksgericht Feldkirchen und ‑ aufgrund der Bindungswirkung ‑ auch das Landesgericht Salzburg in ihren Urteilen zur Feststellung gelangt, die G***** KG habe als Beschichtungsunternehmen die Aufhängungs‑ und Abstützungsmaßnahmen der zu beschichtenden Aluminiumprofile ordnungsgemäß durchgeführt. Ein von der Klägerin zu verantwortender Materialfehler sei die Ursache für die aufgetretenen Verformungen gewesen. Dieser Materialfehler sei aber in Wahrheit nicht vorgelegen, sondern tatsächlich ein mangelhaftes Vorgehen des Beschichters Ursache der Mängel gewesen.

Mit rechtskräftigem Zwischenurteil vom 22. Juni 2011 erkannte das Berufungsgericht das Klagebegehren für dem Grunde nach zu Recht bestehend. Es stellte fest, die Ursache der Verformung der Aluminiumprofile sei die unterbliebene Mittenunterstützung während des Beschichtungsvorgangs im Betrieb der G***** KG gewesen. Der dem Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen als Gerichtssachverständiger beigezogene Beklagte hätte erkennen müssen, dass das Vorgehen der G***** KG bei der Aufhängung der Aluminiumprofile nicht dem Stand der Technik entsprochen habe, nicht aber ‑ wie von ihm angenommen ‑ Spannungen im Material zu den Mängeln führten. Ein objektiv richtiges Gutachten hätte einen anderen Ausgang der Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen und vor dem Landesgericht Salzburg bewirkt. Da somit das fachlich und sachlich unrichtige Gutachtensergebnis ausschlaggebend für die die Klägerin beschwerenden gerichtlichen Entscheidungen gewesen sei, sei die Haftung des beklagten Sachverständigen für den durch sein unrichtiges Gutachten verursachten Schaden dem Grunde nach zur Gänze gegeben. Das Klagebegehren sei jedoch der Höhe nach noch nicht spruchreif, weil der (fiktive) Ausgang der Vorverfahren bei richtigem Gutachten vom Erstgericht noch zu prüfen sei.

Im zweiten Rechtsgang gab das Erstgericht dem Klagebegehren statt. Die Feststellungen des Erstgerichts beschränken sich auf die Wiedergabe der Feststellungen des Berufungsgerichts zum Anspruchsgrund in dessen Zwischenurteil, die Wiedergabe einiger Aussagen sowie der spruchmäßigen Erledigung der Vorverfahren. Daraus leitete das Erstgericht ab, bei der Klägerin sei durch das falsche Gutachten des Beklagten ein Schaden in Höhe der Klagsforderung eingetreten. In seiner rechtlichen Beurteilung befasste sich das Erstgericht hauptsächlich mit dem ‑ in Wahrheit durch die Entscheidung des Berufungsgerichts bereits feststehenden ‑ Anspruchsgrund. Ohne das unrichtige Gutachten wären der Klägerin die eingetretenen Schäden nicht entstanden.

Das Berufungsgericht bestätigte dieses Urteil hinsichtlich des aus dem Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg abgeleiteten Schadenersatzanspruchs von 30.223,08 EUR sA als Teilurteil und hob es hinsichtlich des auf das Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen gestützten Anspruchs von 1.936,25 EUR auf und trug dem Erstgericht insoweit die neuerliche Entscheidung nach Verfahrensergänzung auf.

Im Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg sei der Beklagte trotz Streitverkündung durch die nunmehrige Klägerin auf Seiten der dort klagenden L***** OEG dem Verfahren als Nebenintervenient beigetreten, obwohl Regressansprüche derselben gegen ihn unabhängig vom Zutreffen seiner gutachterlichen Ausführungen kaum denkbar gewesen seien. Dieser Beitritt führe daher dazu, dass der Beklagte einem nicht beigetretenen Nebenintervenienten gleichzuhalten sei, sodass er im vorliegenden Regressprozess von allen Einwendungen ausgeschlossen sei, die er ‑ als Streithelfer auf Seiten der Streitverkünderin ‑ schon im Prozess vor dem Landesgericht Salzburg erheben hätte müssen. Dieses Ergebnis erscheine zwingend, könnte sonst die von der Rechtsprechung entwickelte Bindungswirkung als Folge der Streitverkündung durch einen (unnotwendigen) Beitritt auf Seiten des Gegners des Streitverkündenden unterlaufen werden. Dies könne nur dann nicht gelten, wenn eine Streitverkündung beider Parteien vorliege, der Adressat ‑ abhängig vom Verfahrensausgang ‑ von beiden Parteien im Regressweg in Anspruch genommen werden könnte und er sich daher entscheiden müsse, auf welcher Seite er beitrete. Eine solche Situation sei hier jedoch nicht vorgelegen, sodass er der nunmehrigen klagenden Partei im Vorverfahren vor dem Landesgericht Salzburg hinsichtlich der Bekämpfung der Höhe des Anspruchs Streithilfe leisten hätte können.

Die nunmehrigen Einwendungen des Beklagten gegen die Höhe des Anspruchs seien gemäß § 179 ZPO zurückzuweisen. Die Konzentration des Vorbringens spätestens in der vorbereitenden Tagsatzung sei unverzichtbare Voraussetzung für die zügige Abwicklung des Beweisverfahrens. Jedes spätere Vorbringen sei an sich bereits verspätet. Dass der Beklagte mit der gänzlichen Änderung seines Bestreitungsvorbringens neues Vorbringen erstattet habe, sei ebensowenig zweifelhaft wie dessen Eignung, das Verfahren erheblich zu verzögern.

Hingegen seien noch weitere Feststellungen erforderlich, um den hypothetischen Verfahrensausgang des Verfahrens vor dem Bezirksgericht Feldkirchen, falls der Beklagte ein zutreffendes Gutachten erstattet hätte, zu klären.

Die Revision sei nicht zulässig, weil keine qualifizierte Rechtsfrage im Sinne des § 502 Abs 1 ZPO zu lösen sei.

Hiezu hat der Oberste Gerichtshof erwogen:

Rechtliche Beurteilung

1. Die Revision ist aus Gründen der Rechtssicherheit zulässig; sie ist auch im Sinne des eventualiter gestellten Aufhebungsantrags berechtigt.

2. Vorweg ist darauf hinzuweisen, dass über die Frage des Mitverschuldens im Verfahren über den Grund des Anspruchs zu entscheiden ist (RIS‑Justiz RS0106185). Hingegen gehört der Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht nicht zum Anspruchsgrund, sondern betrifft die Schadenshöhe (RIS‑Justiz RS0040783). Soweit der Beklagte daher weiterhin ein Mitverschulden der Klägerin behauptet, steht dem ‑ wie schon das Berufungsgericht zutreffend erkannt hat (§ 510 Abs 3 ZPO) ‑ die Rechtskraft des Zwischenurteils entgegen.

3.1. Hat das Erstgericht eine verfahrensrechtliche Entscheidung gemäß § 179 ZPO nicht getroffen und von der beantragten Beweisaufnahme aus materiell‑rechtlichen Gründen Abstand genommen, die zweite Instanz aber das neue Vorbringen gemäß § 179 ZPO für unstatthaft erklärt, so kann diese Entscheidung des Berufungsgerichts in dritter Instanz überprüft werden (RIS‑Justiz RS0036739).

3.2. Eine der Voraussetzungen für die Zurückweisung nach § 179 ZPO ist, dass die Zulassung des neuen Vorbringens die Erledigung des Verfahrens erheblich verzögern würde (6 Ob 110/12b). Eine solche Verzögerung kann nur eintreten, wenn die Behandlung des neuen Vorbringens die Entscheidung der Sache hinausschieben würde, der Schluss der Verhandlung also auf einen späteren Zeitpunkt verlegt werden müsste. Um das neue Vorbringen zu erledigen, müsste zumindest noch eine sonst nicht erforderliche zusätzliche Tagsatzung stattfinden oder ein anderer Verfahrensschritt gesetzt werden, der eine Hinausschiebung der Entscheidung zur Folge hätte ( Schragel in Fasching/Konecny ² § 179 ZPO Rz 6).

3.3. Im vorliegenden Verfahren hat der Beklagte bereits mit Schriftsatz ON 128 vorgebracht, die Klägerin hätte im Vorverfahren vor dem Landesgericht Salzburg die geltend gemachten Ansprüche nicht im Detail bestritten, sondern sich nur auf die Unrichtigkeit des Gutachtens gestützt. Nach diesem Vorbringen hat das Erstgericht drei weitere Tagsatzungen zur mündlichen Verhandlung abgehalten. Damit hätte das neu erstattete Vorbringen aber keine zusätzliche Tagsatzung erforderlich gemacht und die Erledigung des Verfahrens nicht erheblich verzögert. § 179 ZPO bietet daher keine taugliche Grundlage dafür, das Vorbringen des Beklagten zur Schadensminderungspflicht unbeachtet zu lassen.

4.1. Nach ständiger Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs erstrecken sich die Wirkungen eines materiell‑rechtskräftigen zivilgerichtlichen Urteils so weit auf den einfachen Nebenintervenienten und denjenigen, der sich am Verfahren trotz Streitverkündung nicht beteiligt hat, als diese Personen als Parteien eines als Regressprozess geführten Folgeprozesses keine rechtsvernichtenden oder rechtshemmenden Einreden erheben dürfen, die mit den notwendigen Elementen der Entscheidung des Vorprozesses in Widerspruch stehen. In diesem Rahmen sind sie daher an die ihre Rechtsposition belastenden Tatsachenfeststellungen im Urteil des Vorprozesses gebunden, sofern ihnen in jenem Verfahren insoweit unbeschränktes rechtliches Gehör zustand (1 Ob 2123/96d SZ 70/60; RIS‑Justiz RS0107338).

4.2. Diese Bindungswirkung besteht aber nur gegenüber demjenigen, der im Hauptprozess den Streit verkündet hat, nicht aber auch gegenüber dem am Hauptprozess beteiligten Prozessgegner (10 Ob 144/05g). Es besteht keine Bindung an Feststellungen, die der Nebenintervenient wegen entsprechenden Vorbringens „seiner“ Hauptpartei nicht bekämpfen konnte (vgl 4 Ob 111/07p; RIS‑Justiz RS0122420). Aus diesem Grund kann etwa der Nebenintervenient auf Seiten des Klägers die von der Hauptpartei behauptete, vom Beklagten außer Streit gestellte Schadenshöhe nicht wirksam bestreiten; er ist in einem Regressprozess, in dem er vom Beklagten des Vorprozesses in Anspruch genommen wird, nicht von Einwendungen gegen die Schadenshöhe ausgeschlossen, die dem im Vorprozess ergangenen materiell rechtskräftigen Urteil zugrunde liegt (4 Ob 111/07p).

4.3. Hingegen erstreckt sich die Bindungswirkung eines Urteils auch auf den Nebenintervenienten, der im Vorprozess auf Seiten der Partei beitrat, die ihm nicht den Streit verkündet hatte, wenn ihn diese Hauptpartei nun in Anspruch nimmt (7 Ob 159/07v).

4.4. Ist angesichts des Prozessvorbringens der Streitteile eine Inanspruchnahme des Dritten je nach dem Prozessausgang durch den schließlich Unterlegenen denkbar, so kann dieser wählen, auf wessen Seite er dem Verfahren als Nebenintervenient beitritt (RIS‑Justiz RS0117330).

5.1. Im vorliegenden Fall wurde dem Beklagten im Verfahren vor dem Landesgericht Salzburg zwar von der nunmehr klagenden ‑ damals beklagten ‑ Partei der Streit verkündet; er trat jedoch auf Seiten der damaligen Klägerin dem Verfahren bei. Eine derartige Konstellation wurde von der Rechtsprechung ‑ soweit ersichtlich ‑ bisher nicht behandelt.

5.2. Grundsätzlich ist davon auszugehen, dass es dem (potentiellen) Nebenintervenienten grundsätzlich frei stehen soll, einzuschätzen, welche Ansprüche ihm wahrscheinlich erscheinen und welche Partei er durch eine Nebenintervention unterstützen will. Dies hat auch dann zu gelten, wenn dem (potentiellen) Nebenintervenienten durch eine der Streitparteien der Streit verkündet wurde (vgl 1 Ob 287/02s).

6.1. Zutreffend verweist das Berufungsgericht darauf, dass ein Regresspflichtiger, dem von einer Prozesspartei der Streit verkündet wurde, nicht willkürlich auf Seiten der Gegenpartei beitreten kann und damit im Verhältnis zur streitverkündenden Partei in einem Folgeprozess die Bindung vermeiden kann. In einem solchen Fall wäre ‑ insoweit ist dem Berufungsgericht zu folgen ‑ der auf Seiten der Gegenpartei beitretende Nebenintervenient ebenso zu behandeln wie eine Partei, die nach Streitverkündung dem Verfahren überhaupt nicht als Nebenintervenient beigetreten ist.

6.2. Eine derartige Konstellation liegt hier jedoch nicht vor. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts war es nämlich nicht von vornherein ausgeschlossen, dass der Beklagte auch Regressansprüchen seitens der L***** OEG ausgesetzt sein würde. Immerhin hat die L***** OEG das Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen verloren. Von daher war ex ante betrachtet keineswegs ausgeschlossen, dass diese Gesellschaft im Fall ihres Verlustes des Prozesses auch gegen die nunmehrige klagende Partei vor dem Landesgericht Salzburg Regressansprüche gegen den Beklagten erheben würde. Hätte dieser nämlich im Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen ein richtiges Gutachten erstattet, so ist nach den derzeitigen Verfahrensergebnissen (die nach Auffassung des Berufungsgerichts freilich noch einer Ergänzung bedürfen) zumindest nicht ausgeschlossen, dass die L***** OEG bereits das Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen gewonnen hätte.

6.3. Dass wegen der den Nebenintervenienten treffenden Bindungswirkung die nunmehrige klagende Partei als seinerzeitige Nebenintervenientin im Verfahren vor dem Bezirksgericht Feldkirchen an das Verfahrensergebnis gebunden war, schloss einen Beitritt des nunmehrigen Beklagten als Nebenintervenient auf Seiten der L***** OEG keineswegs aus, kann die Bindungswirkung doch nicht zu Lasten des im Vorprozess vor dem Bezirksgericht Feldkirchen nicht als Partei oder Nebenintervenient beteiligten, sondern als Gutachter fungierenden Beklagten gehen.

6.4. Ist der Beklagte aber zu Recht auf Seiten der L***** OEG als Nebenintervenient beigetreten, so bestand für ihn weder eine Veranlassung noch eine rechtliche Möglichkeit, die Höhe der von der L***** OEG begehrten Schadenersatzforderung zu bestreiten.

6.5. Entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts besteht daher für eine Bindung des Beklagten an das Ergebnis des Verfahrens vor dem Landesgericht Salzburg kein Raum.

7. Damit muss aber der Einwand der Verletzung der Schadensminderungspflicht inhaltlich behandelt werden.

7.1. Aus § 1304 ABGB folgt, dass der Geschädigte verpflichtet ist, den Schaden möglichst gering zu halten. Er verletzt die Schadensminderungspflicht, wenn er schuldhaft Handlungen unterlässt, die von einem verständigen Durchschnittsmenschen gesetzt worden wären und geeignet wären, den Schaden abzuwehren oder zu verringern. Was zugemutet werden kann, bestimmt sich nach den Interessen beider Teile im Einzelfall und nach den Grundsätzen des redlichen Verkehrs. Maßgebend ist, ob der Geschädigte jene Sorgfalt außer Acht gelassen hat, die ein verständiger Teilnehmer in seiner Lage angewandt hätte, um eine Schädigung nach Möglichkeit abzuwenden. Im Nichtergreifen eines Rechtsmittels oder der Unterlassung einer Prozessführung kann eine Verletzung der Schadensminderungspflicht liegen (8 Ob 85/06t mwN; vgl RIS‑Justiz RS0027787, RS0023573).

7.2. Im fortgesetzten Verfahren sind daher nähere Feststellungen dazu erforderlich, welche Auswirkungen es auf die beiden Vorverfahren gehabt hätte, wenn der Beklagte ein in allen von ihm begutachteten Fragen richtiges Gutachten abgegebenen hätte (vgl RIS‑Justiz RS0026360) und ob ein anderes Prozessverhalten der klagenden Partei im Vorverfahren zu einer Minderung des Schadens geführt hätte und schuldhaft unterlassen wurde.

8. Zusammenfassend erweist sich daher die Rechtssache entgegen der Rechtsansicht des Berufungsgerichts noch nicht als spruchreif, sodass spruchgemäß mit Aufhebung vorzugehen war.

Der Kostenvorbehalt gründet sich auf § 52 ZPO.

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