OGH 5Ob48/13i

OGH5Ob48/13i20.9.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.-Prof. Dr. Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der wohnrechtlichen Außerstreitsache der Antragstellerin Dr. E***** D*****, vertreten durch Dr. Walter Eisl, Rechtsanwalt in Amstetten, gegen die Antragsgegner 1. F***** I*****, 2. R***** S*****, 3. M***** S*****, beide *****, 4. M***** H*****, 5. R***** S*****, 6. R***** I*****, 7. F***** H*****, 8. H***** S*****, 9. J***** D*****, 10. H***** S*****, 11. Dkfm. R***** H*****, diese vertreten durch Dr. Andreas Haberl, Dr. Gotthard Huber, Rechtsanwälte in Vöcklabruck, 12. M***** L*****, 13. R***** L*****, 14. B***** L*****, 15. M***** L*****-J*****, 16. Dr. W***** J*****, 17. Ing. J***** H*****, 18. W***** R*****, 19. M***** E*****, mit Ausnahme der Elftantragsgegnerin vertreten durch Ing. M***** B*****, wegen §§ 29, 52 Abs 1 Z 5 WEG 2002, über den Revisionsrekurs der Antragstellerin gegen den Beschluss (richtig: Sachbeschluss) des Landesgerichts Wels als Rekursgericht vom 24. Oktober 2012, GZ 22 R 281/12y-40, mit dem infolge Rekurses der Antragstellerin der Sachbeschluss des Bezirksgerichts Vöcklabruck vom 1. August 2012, GZ 25 Msch 1/11d-30, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

European Case Law Identifier: ECLI:AT:OGH0002:2013:0050OB00048.13I.0920.000

 

Spruch:

Der Revisionsrekurs wird zurückgewiesen.

Die Antragstellerin ist schuldig, der 11. Antragsgegnerin Dkfm. R***** H***** die mit 373,68 EUR (darin 62,28 EUR an Umsatzsteuer) bestimmten Kosten ihrer Revisionsrekursbeantwortung zu ersetzen.

Begründung

Das Rekursgericht sprach aus, dass der Wert des Entscheidungsgegenstands 10.000 EUR übersteigt und der ordentliche Revisionsrekurs zulässig sei. Der Entscheidung 5 Ob 210/10h sei ein Sachverhalt zugrunde gelegen, nach dem die Frage des Vorteils iSd § 29 Abs 3 zweiter Fall WEG 2002 bereits im Verfahren erster Instanz releviert worden sei. Zur Frage, ob im Fall einer Beschlussanfechtung nach § 29 WEG 2002 bei (unstrittigem) Nichtzureichen der Rücklage das Vorliegen des Ausnahmetatbestands des § 29 Abs 3 zweiter Fall WEG 2002 ohne jegliche Relevierung (gemeint: des Aufhebungsgrundes nach § 29 Abs 2 Z 2 WEG 2002) durch die Antragstellerin von den Antragsgegnern behauptet werden müsse, liege keine Rechtsprechung des Höchstgerichts vor. Diese Frage sei hier insofern entscheidungswesentlich, als diesfalls mangels Erörterung der angefochtene Beschluss aufzuheben und das Verfahren an das Gericht erster Instanz zurückzuverweisen wäre.

Der von der Antragstellerin wegen unrichtiger rechtlicher Beurteilung erhobene Revisionsrekurs ist entgegen dem ‑ den Obersten Gerichtshof nicht bindenden (§ 71 Abs 1 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002) ‑ Ausspruch des Rekursgerichts nicht zulässig. Die Zurückweisung des Revisionsrekurses wegen Fehlens einer erheblichen Rechtsfrage kann sich auf die Ausführung der Zurückweisungsgründe beschränken (§ 71 Abs 3 AußStrG iVm § 37 Abs 3 MRG, § 52 Abs 2 WEG 2002):

Rechtliche Beurteilung

1. Nach § 29 Abs 2 WEG 2002 hat das Gericht den Mehrheitsbeschluss aufzuheben, wenn die Veränderung den Antragsteller übermäßig beeinträchtigen würde (Z 1) oder die Kosten der Veränderung ‑ unter Berücksichtigung auch der in absehbarer Zeit anfallenden Erhaltungsarbeiten ‑ nicht aus der Rücklage gedeckt werden könnten (Z 2). Gemäß § 29 Abs 3 WEG 2002 hat eine Aufhebung des Mehrheitsbeschlusses aus dem Grund des § 29 Abs 2 Z 2 WEG 2002 nicht stattzufinden, wenn der nicht gedeckte Kostenanteil von der beschließenden Mehrheit getragen wird oder wenn es sich um eine Verbesserung handelt, die auch unter Berücksichtigung der fehlenden Kostendeckung in der Rücklage allen Wohnungseigentümern eindeutig zum Vorteil gereicht.

2.1. Das Rekursgericht ist hier auf der Grundlage näher bezeichneten Parteivorbringens der Antragstellerin davon ausgegangen, dass diese bei unstrittig fehlender Deckung der Kosten der Veränderung in der Rücklage nicht den Aufhebungsgrund nach § 29 Abs 2 Z 2 WEG 2002 geltend gemacht habe.

2.2. Die (eingeschränkte; vgl dazu RIS-Justiz RS0083783; RS0029344; RS0070480; RS0069653) Amtswegigkeit im wohnrechtlichen Außerstreitverfahren wird sich nun in der Rechtsache auf den geltend gemachten Beschlussanfechtungsgrund erstrecken, aber auch beschränken (vgl 5 Ob 4/10i immolex 2011/7 [ Edelhauser ]; vgl auch [allerdings zu § 37 MRG idF vor dem WohnAußStrBeglG] 5 Ob 75/05y wobl 2006/87).

2.3. Der Frage der Auslegung des Parteivorbringens auf seine Behauptungstauglichkeit in Bezug auf den geltend gemachten Anspruch kommt allerdings keine über den Einzelfall hinausgehende Bedeutung zu. Gegenteiliges gilt im Interesse der Wahrung der Rechtssicherheit nur dann, wenn die Auslegung des Parteivorbringens mit seinem Wortlaut unvereinbar ist oder gegen die Denkgesetze verstieße (RIS-Justiz RS0042828 [insb T6 und T7]; jüngst 5 Ob 31/13i). Eine der letztgenannten, eine erhebliche Rechtsfrage begründenden Voraussetzungen liegt hier aber nicht vor:

3. Die Antragstellerin hat zwar in ihrem verfahrenseinleitenden Schriftsatz vor dem Erstgericht tatsächlich ‑ in einem Halbsatz ‑ vorgebracht, dass die Kosten der Veränderung nicht in der Rücklage gedeckt seien. Folgend hat die Antragstellerin allerdings ausdrücklich bekundet, sich nicht grundsätzlich gegen die beschlossene thermische Sanierung zu stellen und sich nur gegen bestimmte Umstände der Planung und Durchführung der in Aussicht genommenen Baumaßnahmen (vermeintliches Fehlen geeigneter Kostenvoranschläge, unterbliebene Hausbegehung, Fehlen korrekter Pläne, Abgrenzung zum öffentlichen Gut, Klärung von Substanzschäden) verwahrt. Wenn das Rekursgericht aus diesem Parteivorbringen der Antragstellerin ableitete, dass diese nicht den Aufhebungsgrund nach § 29 Abs 2 Z 2 WEG 2002 geltend gemacht habe, dann liegt darin keine als unvertretbar aufzugreifende Beurteilung des im gegebenen Einzelfall vorliegenden Parteivorbringens.

4. Soweit sich die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs neuerlich auf die (für einzelne Gewerke) unterbliebene Einholung von drei Kostenvoranschlägen beruft, so bildet dieser Umstand als solcher keinen Beschlussaufhebungsgrund nach § 29 Abs 2 WEG 2002, war doch Gegenstand des zu überprüfenden Mehrheitsbeschlusses nicht die Vergabe bestimmter Gewerke (vgl 5 Ob 124/99t).

5. Betreffend die von der Antragstellerin ins Treffen geführten Adaptierungsarbeiten in ihrer Wohnung im Gefolge der Fassadenerneuerung oder einer andernfalls drohenden „wesentlich“ schlechteren Belichtung setzt sich die Antragstellerin ‑ unzulässig (RIS-Justiz RS0043312) ‑ über die den Obersten Gerichtshof bindenden erstgerichtlichen Feststellungen hinweg; demnach ist ein Versetzen der Fenster technisch nicht notwendig, im Bereich der Fenster kann auch eine dünnere Dämmschicht angebracht werden und schließlich ist ‑ selbst gegebenenfalls ‑ keine „wesentliche“ Beeinträchtigung der Belichtung in der Wohnung der Antragstellerin festgestellt.

6.1. Da die Antragstellerin in ihrem Revisionsrekurs insgesamt keine erhebliche Rechtsfrage geltend macht, ist dieser zurückzuweisen.

6.2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 37 Abs 3 Z 17 MRG (iVm § 52 Abs 2 WEG 2002); die 11. Antragsgegnerin hat auf die Unzulässigkeit des Revisionsrekurses hingewiesen.

Stichworte