OGH 5Ob24/13k

OGH5Ob24/13k16.7.2013

Der Oberste Gerichtshof hat durch den Senatspräsidenten Hon.‑Prof. Dr.

Danzl als Vorsitzenden und die Hofrätinnen Dr. Hurch und Dr. Lovrek sowie die Hofräte Dr. Höllwerth und Mag. Wurzer als weitere Richter in der Grundbuchsache des Antragstellers B***** Z*****, vertreten durch Dr. Berthold Riedl, öffentlicher Notar in Wiener Neustadt, wegen Einverleibung des Eigentumsrechts an der EZ ***** GB *****, über den Revisionsrekurs des Antragstellers gegen den Beschluss des Landesgerichts Wiener Neustadt als Rekursgericht vom 27. November 2012, AZ 19 R 84/12g, mit dem infolge Rekurses des Antragstellers der Beschluss des Bezirksgerichts Wiener Neustadt vom 25. Juli 2012, TZ 20676/2012, bestätigt wurde, den

Beschluss

gefasst:

 

Spruch:

Dem Revisionsrekurs wird nicht Folge gegeben.

Begründung

Unter Vorlage des Schenkungsvertrags vom 17. 11. 2012, des Staatsbürgerschaftsnachweises vom 9. 10. 1987, der Selbstberechnungserklärung vom 22. 5. 2012 und einer Zustimmungserklärung vom 24. 4. 2012 begehrte der Antragsteller die Einverleibung seines Eigentumsrechts ob dem Hälfteanteil an der Liegenschaft EZ ***** KG *****. An diesem Hälfteanteil ist ein Veräußerungsverbot nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 (WBFG 1968) zugunsten des Bundeslandes Niederösterreich einverleibt.

Die Zustimmungserklärung vom 24. 12. 2012 trägt den Briefkopf des Antragstellervertreters und hat folgenden Inhalt:

„Im Lastenblatt der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** ist das Veräußerungsverbot gemäß WBFG 1968 für das Bundesland Niederösterreich einverleibt, C‑Lnr. 3a.

Das Land Niederösterreich erteilt seine Zustimmung, dass ohne sein weiteres Einvernehmen, jedoch nicht auf seine Kosten, ungeachtet des vorgezeichneten Veräußerungsverbotes, jedoch bei Aufrechterhaltung desselben, aufgrund des notariellen Schenkungsvertrages vom 17. 11. 2011 ob dem Hälfteanteil der [Geschenkgeberin] an der Liegenschaft EZ ***** Grundbuch ***** die Einverleibung des Eigentumsrechts für [den Antragsteller], geboren am [...], erfolgen kann.“

Unter diesen Textzeilen befindet sich der handschriftliche Vermerk „F2‑HE‑19/148.114“. Unter der ebenfalls in Handschrift gehaltenen Ortsangabe „St. Pölten“ samt Datum steht in Druckschrift der Vermerk „Für das Land Niederösterreich“. Die daran anschließende Unterschrift ist unleserlich. Links davon ist das Siegel des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung (Abt F2‑A, B) angebracht.

Das Erstgericht wies den Antrag auf Einverleibung des Eigentumsrechts ab, weil eine Vollmacht, die Zustimmungserklärung vom 24. 4. 2012 im Namen des Landes Niederösterreich abgeben zu können, nicht nachgewiesen worden sei.

Das Rekursgericht gab dem Rechtsmittel des Antragstellers nicht Folge. Der Niederösterreichischen Landesverfassung 1979 sei zu entnehmen, dass die Landesregierung oberstes Organ des Landes als Träger von Privatrechten sei. Art 48 Abs 1 NÖ LV 1979 enthalte jedoch eine ausdrückliche Verordnungsermächtigung für eine Geschäftsordnung der Landesregierung. Nach der darauf fußenden Verordnung sei das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied der Landesregierung zur Fertigung von Urkunden, die das Land als Träger von Privatrechten berechtigten oder verpflichteten, berechtigt; dieses könne sich bei der Fertigung solcher Urkunden nach den organisationsrechtlichen Vorschriften auch durch Bedienstete vertreten lassen. Mit den „organisationsrechtlichen Vorschriften“ im Sinne dieser Bestimmung sei in erster Linie die Verordnung über die Geschäftsordnung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung gemeint. Diese lege fest, dass sich der Landeshauptmann oder die einzelnen Mitglieder der Landesregierung bei den zu treffenden Entscheidungen, Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen durch den Landesamtsdirektor, die Gruppenleiter und Abteilungsleiter sowie durch einzelne Bedienstete, jeweils in dem diesen zugewiesenen Aufgabenbereich, vertreten lassen könnten, die dann auch zur Unterfertigung der Erledigungen ermächtigt seien.

Das NÖ Wohnungsförderungsgesetz 2005 sehe in § 11 Abs 3 vor, dass das Eigentum an einer Liegenschaft, an der ein Veräußerungsverbot einverleibt sei, bis zur Tilgung des Darlehens durch Rechtsgeschäfte unter Lebenden nur mit schriftlicher Zustimmung der Landesregierung übertragen werden dürfe. Das Land Niederösterreich gebe in regelmäßigen Abständen ‑ wie gerichtsbekannt ‑ den Bezirksgerichten bekannt, welche Beamten des Amtes der Landesregierung befugt seien, in seinem Namen zu zeichnen und gehe daher offensichtlich selbst davon aus, dass der Nachweis der Zeichnungsbefugnis erforderlich sei. Auch im Gesetz selbst bestehe kein ausreichender Hinweis dafür, dass die Zeichnungsbefugnis eines Beamten des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung nicht nachgewiesen werden müsse.

Jedenfalls bestünden gegen die vorgelegte Urkunde aber begründete Bedenken iSd § 94 Abs 1 Z 2 GBG, weil nach § 9 Abs 1 der Verordnung über die Geschäftsordnung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung Erledigungen, sofern es sich um Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs des Landes handle, mit „Niederösterreichische Landesregierung“ und darunter die Unterschrift des betreffenden Mitglieds der Landesregierung oder, wenn dieses nicht selbständig unterfertige, mit „Niederösterreichische Landesregierung: i.A.“ zu zeichnen seien. Da die Zeichnung der Zustimmungserklärung vom 24. April 2012 diesen Vorgaben nicht entspreche, sei sie keine taugliche Eintragungsgrundlage.

Den Revisionsrekurs ließ das Rekursgericht zu, weil höchstgerichtliche Rechtsprechung zur Frage fehle, ob im Falle der Fertigung einer (gemeint: Privat‑)Urkunde für ein Bundesland durch einen Beamten des Amtes der Landesregierung die Zeichnungsberechtigung urkundlich nachzuweisen sei. Weiters fehle höchstgerichtliche Rechtsprechung, ob eine von den maßgeblichen landesrechtlichen Vorschriften abweichende Form der Fertigung im Zusammenhang mit einer unleserlichen Unterschrift geeignet sei, begründete Bedenken gegen die Befugnis des zeichnenden Beamten zur Fertigung privatrechtlicher Urkunden zu erwecken.

Gegen diese Entscheidung richtet sich der Revisionsrekurs des Antragstellers mit dem Antrag, diese dahin abzuändern, dass die begehrte Eintragung bewilligt werde.

Rechtliche Beurteilung

Der Revisionsrekurs ist zulässig, aber nicht berechtigt.

1. Die Wohnbauförderung nach dem WBFG 1968 BGBl 1967/280 ist ‑ jedenfalls in dem hier interessierenden Bereich ‑ privatwirtschaftlich konzipiert (vgl dazu Krejci , Zivilrechtsfragen zum neuen Wohnbauförderungs- und Wohnhaussanierungsrecht [I], ÖZW1985, 1 f).

2. Ein Veräußerungsverbot nach § 22 Abs 1 WBFG 1968 wirkt gegen Dritte und bindet auch die Rechtsnachfolger. Wie bereits das Rekursgericht zutreffend ausgeführt hat, ist für die Zustimmung zur Eigentumsübertragung aufgrund eines nach dem Wohnbauförderungsgesetz 1968 einverleibten Veräußerungsverbots nach der Übergangsbestimmung des § 19 Abs 4 des NÖ Wohnungsförderungsgesetzes 2005 dessen § 11 Abs 3 letzter Satz anzuwenden. Diese Bestimmung ordnet an, dass im Falle eines einverleibten Veräußerungsverbots das Eigentum (Miteigentum, Wohnungseigentum, Baurecht) an der Liegenschaft bis zur Tilgung des Darlehens durch Rechtsgeschäft unter Lebenden „nur mit schriftlicher Zustimmung der Landesregierung“ übertragen werden darf.

3. Die Landesregierung ist ein Kollegialorgan. Ihr obliegt nach Art 101 Abs 1 B‑VG die Vollziehung in den Ländern. Nach Art 34 Abs 2 NÖ Landesverfassung 1979 ist sie auch das oberste Organ des Landes als Träger von Privatrechten. Sie hat durch Verordnung ihre Geschäftsordnung zu erlassen (Art 48 Abs 1 NÖ LV 1979).

4. Nach Art 49 Abs 1 NÖ LV 1979 sind die Angelegenheiten der Landesregierung und des Landeshauptmanns vom Amt der Landesregierung zu besorgen. Für dieses ist auf der Grundlage des Art 3 des B‑VG über Ämter der Landesregierungen eine Geschäftsordnung zu erlassen.

5. Zur Fertigung von Urkunden, die das Land als Träger von Privatrechten berechtigen oder verpflichten, ist nach § 14 Abs 2 der Verordnung über die Geschäftsordnung der Niederösterreichischen‑Landesregierung „das nach der Geschäftsverteilung zuständige Mitglied der Landesregierung berechtigt“, das sich bei der Fertigung solcher Urkunden nach den organisationsrechtlichen Vorschriften auch durch Bedienstete vertreten lassen kann. § 7 Abs 1 der Verordnung über die Geschäftsordnung des Amtes der Niederösterreichischen‑Landesregierung ergänzt diese Bestimmung. Danach werden der Landeshauptmann oder die einzelnen Mitglieder der Landesregierung ‑ unbeschadet ihrer durch das L‑VG und das B‑VG geregelten Verantwortlichkeit ‑ bei den zu treffenden Entscheidungen, Verfügungen oder sonstigen Amtshandlungen „durch den Landesamtsdirektor, die Gruppenleiter und Abteilungsleiter sowie durch einzelne Bedienstete, jeweils in dem diesen vom Landeshauptmann, vom zuständigen Mitglied der Landesregierung, vom Gruppenleiter oder vom Abteilungsleiter zugewiesenen Aufgabenbereich, vertreten“. Die Geschäftsordnung für das Amt der Niederösterreichischen‑Landesregierung regelt damit, inwieweit sich diese bzw deren Mitglieder bei der Wahrnehmung ihrer Organzuständigkeit vertreten lassen können. Diese Vertretungsmöglichkeit bezieht sich nicht nur auf Angelegenheiten der Hoheitsverwaltung, sondern gilt auch für die Privatwirtschaftsverwaltung (VwGH 20. 12. 1984, 83/08/0012 ÖJZ 1985/285A zur GO für das Amt der TirLReg).

6. Als Zwischenergebnis ist damit festzuhalten, dass sich die Landesregierung bzw deren nach der Geschäftsverteilung (§ 2 der Verordnung über die Geschäftsordnung NÖ‑Landesregierung) zuständiges Mitglied ‑ wie bereits das Rekursgericht zutreffend aufgezeigt hat ‑ auch im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung bei der Abgabe von Erklärungen vertreten lassen kann. Die nach § 11 Abs 3 letzter Satz des NÖ Wohnungsförderungsgesetzes 2005 geforderte schriftliche Zustimmungserklärung kann daher grundsätzlich auch von einem Bediensteten des Amtes der Niederösterreichischen‑Landesregierung für diese bzw das nach der Geschäftsordnung zuständige Mitglied abgegeben werden.

7. Aus der dargestellten Rechtslage ist zunächst nur abzuleiten, dass eine Verteilung der der

Landesregierung zukommenden Geschäfte auch bei Wahrnehmung von Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung auf Bedienstete des Amtes der Niederösterreichischen-Landesregierung erfolgen kann. Bei der Geschäftsordnung handelt es sich jedoch um eine innerdienstliche Regelung über die Vertretung der Landesregierung oder deren Mitglieder (VfSlg 8900/1980; VfGH vom 11. 6. 1982, B 248/78; 14. 6. 1982, B 46/79 ua). Die Befugnis eines bestimmten Bediensteten im Namen der Landesregierung eine privatrechtliche Zustimmungserklärung abzugeben, kann daraus nicht abgeleitet werden.

7.1 Besteht ‑ hier nach dem WBFG 1968 ‑ ein einverleibtes Veräußerungsverbot, kann eine Veräußerung der Liegenschaft wirksam nur mit Zustimmung des Verbotsberechtigten, die grundsätzlich in einverleibungsfähiger Form zu erteilen ist, vorgenommen werden (5 Ob 12/94 NZ 1994/310 [ Hoyer ]; Rechberger/Bittner ², Grundbuchsrecht Rz 133; Kodek , Grundbuchsrecht § 9 Rz 88; Rz 93: schriftliche Zustimmung des Landes bei gesetzlichen Veräußerungs- und Belastungsverboten aufgrund von Wohnbauförderungsvorschriften).

7.2 Privaturkunden, aufgrund deren eine Einverleibung stattfinden soll, müssen neben den Erfordernissen der §§ 26, 27 GBG auch die in § 32 Abs 1 GBG genannten Angaben enthalten. Dazu zählt die ausdrückliche Erklärung desjenigen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll, dass er in die Einverleibung zustimme. Das gilt auch, wenn eine Behörde selbst Vertragspartner ist ( Weigand in Kodek , Grundbuchsrecht § 33 Rz 3). Nach § 31 Abs 1 GBG ist Grundlage der Einverleibung entweder eine öffentliche Urkunde oder eine solche Privaturkunde, auf der die Unterschriften der Parteien gerichtlich oder notariell beglaubigt sind. Zufolge § 31 Abs 2 GBG ist die gerichtliche oder notarielle Beglaubigung der Unterschrift auf einer Privaturkunde dann nicht erforderlich, wenn diese Urkunde mit der genehmigenden Erklärung einer Behörde des Bundes oder eines Landes versehen ist, die berufen erscheint, die Interessen desjenigen wahrzunehmen, dessen Recht beschränkt, belastet, aufgehoben oder auf eine andere Person übertragen werden soll. Genehmigende Erklärungen (einer Behörde) des Bundes (5 Ob 367/60 RZ 1961, 88) oder des Landes (5 Ob 354/63; 5 Ob 249/02g SZ 2002/174; 5 Ob 105/06m [Agrarbehörde]) wurden in der Rechtsprechung auch ohne Beglaubigung der Unterschriften der Parteien für ausreichend erachtet, wenn sie mit dem Amtssiegel versehen sind (dazu ausführlich 5 Ob 59/10b SZ 2010/61; vgl auch RIS‑Justiz RS0015961).

7.3 Stammt die Erklärung, durch die grundbücherliche Rechte beschränkt, belastet, aufgegeben oder auf eine andere Person übertragen werden sollen, nicht vom Berechtigten, sondern von einem hiezu Bevollmächtigten, gehört die Vollmacht selbst zu den Eintragungsgrundlagen (5 Ob 2199/96k = NZ 1997, 336 [ Hoyer ] = SZ 69/42; 5 Ob 11/72 [5 Ob 18/72] = SZ 45/74). Das gilt auch in Bezug auf solche Erklärungen, die in Vertretung des aus einem Veräußerungs- oder Belastungsverbot Berechtigten abgegeben werden (5 Ob 214/09w).

7.4 Anders als beim Vorliegen einer privatrechtlichen Vollmacht, ist der urkundliche Nachweis der Verfügungsbefugnis im Allgemeinen jedoch nicht erforderlich, wenn ein Beamter für eine Behörde einschreitet. Dazu wurde in der Rechtsprechung des Obersten Gerichtshofs in Grundbuchsachen bislang wie folgt Stellung genommen:

7.4.1 Zu

den grundbuchsrechtlichen Erfordernissen im Zusammenhang mit Anträgen der Gemeinde auf Ersichtlichmachung nach dem Stadterneuerungsgesetz aF wurde wiederholt judiziert, dass der mit dem Dienstsiegel der für rechtliche Bauangelegenheiten zuständigen Abteilung versehene und von einem Beamten für den Abteilungsleiter unterschriebene Antrag eine öffentliche Urkunde im Sinne des § 292 Abs 1 ZPO darstellt, die vollen Beweis dessen begründet, was darin von der Behörde erklärt wird. Das Gericht ist demnach nicht befugt, zu prüfen, ob der Antrag die Unterschrift einer nach inneren Vorschriften über die Organisation dieser Behörde hiezu berechtigten Person trägt (5 Ob 81/92; 5 Ob 57/92; RIS‑Justiz RS0051401).

7.4.2 In der Entscheidung 5 Ob 65/93 wurde erkannt, dass es bei Vorliegen einer öffentlichen Urkunde (eines Anmeldungsbogens) nicht Sache des Gerichts ist, zu prüfen, ob der unterfertigende Beamte nach Maßgabe der inneren Bestimmungen der einschreitenden Behörde zur Ausstellung der Urkunde berechtigt war. In der Entscheidung 5 Ob 197/09w = NZ 2010/104, 375, wurde dargelegt, dass es bei Vorliegen einer öffentlichen Urkunde nicht Sache des Gerichts ist, weiter danach zu forschen, ob der unterfertigende Beamte nach Maßgabe der inneren Bestimmungen der einschreitenden Behörde zur Ausstellung der Urkunde berechtigt war.

7.4.3 Auch bei Vorliegen eines in der vorgeschriebenen Form beurkundeten Beglaubigungsvermerks, der den Voraussetzungen des § 31 Abs 1 GBG genügt, ist nicht zu prüfen, ob der Vermerk von dem innerhalb der zuständigen Behörde durch die Geschäftsverteilung zur Erledigung berufenen Beamten ausgestellt wurde (RIS‑Justiz RS0060579). Gemeinsam ist diesen Entscheidungen (zum Beglaubigungsvermerk vgl Weigand aaO § 31 GBG Rz 10), dass es sich jeweils um öffentliche Urkunden handelt, welchen Beweiskraft iSd § 292 Abs 1 ZPO und die Vermutung der Echtheit nach § 310 Abs 1 ZPO zukommt. Aus diesen Urkundenwirkungen folgt unter anderem, dass die beurkundete Erklärung tatsächlich vom Aussteller stammt (vgl Bittner in Fasching/Konecny ² § 292 ZPO Rz 42).

8.1 Eine öffentliche Urkunde muss von einer öffentlichen Behörde ausgestellt oder von einer mit öffentlichem Glauben versehenen Person errichtet oder durch besondere gesetzliche Vorschrift als öffentliche Urkunde erklärt worden sein. Öffentliche Behörden sind jene, die die Hoheitsverwaltung ausüben. Ob einer Institution eine solche Eigenschaft zukommt, richtet sich nach den Vorschriften des öffentlichen Rechts (Bittner aaO § 292 ZPO Rz 20).

8.2 Grundlage der hier beantragten Eintragung ist eine Erklärung gemäß § 11 Abs 3 NÖ Wohnungsförderungsgesetz 2005, die die bereits beschriebenen Merkmale aufweist. Bei einer solchen Erklärung handelt es sich ‑ auch losgelöst von den vorliegenden Besonderheiten ‑ schon deshalb um keine öffentliche Urkunde im Sinne des § 33 Abs 1 lit a GBG, sondern um eine Privaturkunde, weil sie nicht im Rahmen der Hoheitsverwaltung ausgestellt wird. Eine solche privatrechtliche Erklärung lag zwar der Entscheidung 5 Ob 32/12k (Zak 2012/341, 173) zugrunde; eine Auseinandersetzung mit der hier wesentlichen Frage konnte dort aber unterbleiben, weil die Mitunterfertigung der Vertragsurkunde durch einen Dritten von vornherein als Zustimmung des Verbotsberechtigten (des Landes Tirol) zur Übernahme eines Darlehens der Wohnbauförderung ausschied.

8.3 Zu den Voraussetzungen für die Bewilligung einer grundbücherlichen Eintragung aufgrund einer von einem Land ausgestellten Privaturkunde (Löschungserklärung) hat der Oberste Gerichtshof aber bereits in seiner Entscheidung 5 Ob 354/63 (SZ 36/153) wie folgt grundlegend Stellung genommen:

Sofern ein Bundesland in seiner Eigenschaft als Träger von Privatrechten Urkunden auszustellen hat, durch die seine grundbücherlichen Rechte beschränkt, belastet, aufgegeben oder auf andere Personen übertragen werden sollen, sind sie von den zu seiner Vertretung gemäß der betreffenden Landesverfassung befugten Personen zu fertigen und mit dem Landessiegel zu versehen.

In concreto gelangte der Oberste Gerichtshof in dieser Entscheidung zur Bestätigung der Abweisung des Begehrens, weil die Urkunde nur von einem Landesrat und nicht, wie in der Landesverfassung vorgesehen, vom Landeshauptmann und zwei Landesräten unterfertigt war.

9.1 Daraus kann abgeleitet werden, dass regelmäßig keine Bedenken gegen die Vertretungsmacht im Sinne des § 94 Abs 1 Z 2 GBG bestehen werden, wenn sich die Zeichnungsberechtigung der einschreitenden Organe für die Landesregierung als oberstes Organ des Landes als Träger von Privatrechten unmittelbar aus der Landesverfassung ergibt. Treten jedoch nicht die nach der Landesverfassung berufenen Organe auf, sondern lassen sich diese bei der Abgabe von Erklärungen im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung vertreten, ist, wie in jedem anderen Fall, in dem die Einverleibung aufgrund einer Privaturkunde erfolgen soll, dem Grundbuchsgericht die Verfügungsbefugnis des Vertreters nachzuweisen. Davon abzugehen bieten die oben wiedergegebenen organisationsrechtlichen Vorschriften keinen Anlass. Es wurde bereits darauf hingewiesen, dass sich die Geschäftsordnung des Amtes der Niederösterreichischen‑Landesregierung als Verwaltungs-verordnung ausschließlich an die nachgeordneten Verwaltungsorgane wendet (vgl Kienberger , Grundzüge der Organisation der Landesverwaltung, AnwBl 1982, 361 ff). Die darauf beruhende Verteilung der Geschäfte auf einzelne Bedienstete gilt zwar auch in Angelegenheiten der Privatwirtschaftsverwaltung, betrifft jedoch ausschließlich den internen Amtsbetrieb (vgl VfGH vom 11. 6. 1982, B 248/78; 28. 11. 1997, V 115/96).

9.2 Damit gelangten die Vorinstanzen zu Recht zur Auffassung, dass dem Grundbuchsgericht die Verfügungsbefugnis des für die Landesregierung im Rahmen der Privatwirtschaftsverwaltung einschreitenden Beamten nachzuweisen gewesen wäre. Schon das Fehlen dieser Eintragungsgrundlage musste zur Gesuchsabweisung führen.

10.1 Zutreffend hat das Rekursgericht auch darauf hingewiesen, dass die vorgelegte Zustimmungserklärung nicht der vorgeschriebenen Form entspricht. Bedenken gegen das Bestehen und den Umfang einer Vertretungsmacht bei Verfügungshandlungen, wie der Zustimmungserklärung eines Verbotsberechtigten zur Einverleibung, sind § 94 Abs 1 Z 2 erster Fall GBG zu unterstellen (5 Ob 214/09w SZ 2009/140 = NZ 2010, 251 [ Hoyer ] mwN).

10.2 Gemäß § 9 Abs 1 der Verordnung über die Geschäftsordnung des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung werden die Erledigungen, sofern es sich um Angelegenheiten des selbständigen Wirkungsbereichs des Landes handelt, mit „Niederösterreichische Landesregierung“ und darunter die Unterschrift des betreffenden Mitglieds der Landesregierung oder, wenn dieses nicht selbst unterfertigt, mit „Niederösterreichische Landesregierung: I.A.“ gezeichnet. Die hier zu beurteilende Urkunde selbst rührt erkennbar nicht von der Niederösterreichischen Landesregierung her. Sie trägt zwar das Siegel des Amtes der Niederösterreichischen Landesregierung, ist aber wiederum für das Land Niederösterreich gezeichnet. Letztlich ist die Unterschrift des einschreitenden Beamten nicht lesbar, sodass selbst bei Vorlage der internen Organisationsvorschriften und Vertretungsregelungen nicht überprüft werden könnte, ob dem im Namen des Landes (?) oder der Niederösterreichischen Landesregierung (?) einschreitenden Beamten tatsächlich die Befugnis zukommt, die nach § 11 Abs 3 letzter Satz NÖ Wohnungsförderungsgesetz 2005 geforderte Erklärung abzugeben. Auch die vom Rekursgericht iSd § 94 Abs 1 Z 2 erster Fall GBG aufgezeigten Bedenken gegen diese Erklärung sind daher berechtigt.

11. Dem Revisionsrekurs war damit insgesamt ein Erfolg zu versagen.

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