VfGH B248/78

VfGHB248/7811.6.1982

Geschäftsordnung des Amtes der Tir. Landesregierung; keine Rechtsverordnung; Zusammenfassung von Bescheiden mehrerer Behörden in einer Ausfertigung verfassungsrechtlich unbedenklich

Normen

B-VG Art83 Abs2
AVG §56
AVG §58
GeschäftsO des Amtes der Tiroler Landesregierung. LGBl 56/1976
B-VG Art83 Abs2
AVG §56
AVG §58
GeschäftsO des Amtes der Tiroler Landesregierung. LGBl 56/1976

 

Spruch:

Die Beschwerde wird abgewiesen.

Begründung

Entscheidungsgründe:

I. 1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 7. Juli 1977 wurde der Beschwerdeführer der Übertretung nach §99 Abs1 litb iVm §5 Abs4 lita StVO 1960 und der Übertretung nach §102 Abs5 lita KFG 1967 schuldig erkannt.

Dagegen hat der Beschwerdeführer Berufung erhoben, über die mit Bescheid vom 27. Feber 1978 entschieden wurde.

Dieser Bescheid wird wie folgt eingeleitet:

"Die Landesregierung entscheidet hinsichtlich der Übertretung der

StVO, der Landeshauptmann entscheidet hinsichtlich der Übertretung

des KFG über die Berufung des Herrn Dr. H. M., ... gegen das

Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kufstein vom 7. 7.

1977 ... wie folgt:

..."

Die Berufung wurde hinsichtlich der Übertretung der StVO als unbegründet abgewiesen. Hinsichtlich der Übertretung des KFG wurde ihr Folge gegeben, der Schuldspruch behoben und das Verwaltungsstrafverfahren nach §45 Abs1 lita VStG 1950 eingestellt.

Der Berufungsbescheid ist wie folgt gefertigt:

"Für die Landesregierung:

Für den Landeshauptmann:

i. A. Dr. M."

2. Gegen diesen Berufungsbescheid - und zwar offenkundig nur gegen den die Berufung abweisenden Teil - wendet sich die vorliegende, auf Art144 B-VG gestützte Beschwerde, in der die Verletzung des verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechtes auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter behauptet und die Aufhebung des angefochtenen Bescheides, hilfsweise die Abtretung der Beschwerde an den VwGH beantragt wird.

II. Der VfGH hat über den angefochtenen Bescheidteil erwogen:

1. a) Der Beschwerdeführer begründet seine Behauptung, im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter verletzt worden zu sein, zunächst damit, daß der bekämpfte Bescheid in rechtswidriger Weise von einem Beamten gefertigt worden sei, der nicht Vorstand einer Abteilung des Amtes der Tir. Landesregierung gewesen sei. Gemäß §9 der Geschäftsordnung des Amtes der Tir. Landesregierung, LGBl. 56/1976, (im folgenden kurz: GO 1976) dürften sich der Landeshauptmann und die Landesregierung nur durch die Vorstände der Abteilungen, die Gruppenvorstände oder vom Landesamtsdirektor vertreten lassen. Überdies ergebe sich aus den §§11 und 12 GO 1976, daß die Abteilungs- und Gruppenvorstände nur zuständig seien, einen Erledigungsentwurf zu fertigen, nicht aber die nach außen gehende Erledigung selbst zu unterschreiben. Umsoweniger sei daher ein Beamter, der nur Referent sei, berechtigt, selbständige Erledigungen vorzunehmen.

Außerdem sei die GO 1976 verfassungsrechtlich bedenklich, da sie vom Landeshauptmann und nicht von der Landesregierung erlassen worden sei.

Schließlich hätten gesetzwidrigerweise zwei verschiedene Behörden, nämlich einmal der Landeshauptmann und einmal die Landesregierung, in einem einzigen Bescheid entschieden.

b) Der VfGH hat wiederholt ausgesprochen, daß es sich bei den auf Grund des §3 Abs2 des Bundesverfassungsgesetzes vom 30. Juli 1925, BGBl. 289, betreffend Grundsätze für die Einrichtung und Geschäftsführung der Ämter der Landesregierungen außer Wien, erlassenen Geschäftsordnungen der Ämter der Landesregierungen um Angelegenheiten der inneren Organisation handelt, die die Zuständigkeit und damit auch das Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht berühren (vgl. zB VfSlg. 8900/1980 und die dort zitierte Vorjudikatur). Selbst wenn der bekämpfte Bescheid von einem Beamten unterfertigt worden sein sollte, der hiezu nach den innerdienstlichen Vorschriften nicht berufen war, würde dies sohin den Beschwerdeführer nicht im erwähnten Grundrecht verletzen.

Die Geschäftsordnungen der Ämter der Landesregierungen enthalten keine allgemeinen Anordnungen; sie sind keine Rechtsverordnungen. So enthalten auch die §§9, 11 und 12 GO 1976 nur eine innerdienstliche Regelung über die Vertretung des Landeshauptmanns, der Landesregierung oder einzelner ihrer Mitglieder durch Beamte, die die Verantwortlichkeit dieser Organe unberührt läßt (vgl. zB VfSlg. 8637/1979). Es kann daher aus Anlaß des vorliegenden Beschwerdefalles ein Verfahren zur Prüfung der Gesetzmäßigkeit der GO 1976 nicht eingeleitet werden (vgl. VfSlg. 8900/1980).

Die Zusammenfassung von Bescheiden mehrerer Behörden in einer Ausfertigung ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Der Spruch des bekämpften Berufungsbescheides läßt deutlich erkennen, welcher Teil der Erledigung der Landesregierung (Übertretung der StVO) und welcher dem Landeshauptmann (Übertretung des KFG) zuzurechnen ist (vgl. VfSlg. 8304/1978 und die dort zitierte Vorjudikatur).

Angefochten ist - wie erwähnt - nur der der Landesregierung zuzurechnende Bescheidteil. Diese Behörde war die zuständige Behörde; sie hat eine Sachentscheidung getroffen. Der Beschwerdeführer ist sohin im verfassungsgesetzlich gewährleisteten Recht auf ein Verfahren vor dem gesetzlichen Richter nicht verletzt worden.

2. Die behauptete Verletzung verfassungsgesetzlich gewährleisteter Rechte hat sohin nicht stattgefunden.

Das Verfahren hat nicht ergeben, daß der Beschwerdeführer in von ihm nicht geltend gemachten verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechten oder wegen Anwendung einer rechtswidrigen generellen Rechtsnorm in einem Recht verletzt wurde.

Die Beschwerde war daher abzuweisen.

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